Ohrkurvenanpassung aka. Loudness, sinnig, unsinnig, Lowendig?
#1
Hallo Ihr,

bekanntlich schwört der Highender auf Verstärker ohne Klangregler oder Ohrkurvenanpassung, da diese zusätzlichen Bauteile den Klang verfälschen.

Nun habe ich im Keller ein Uher Rdl, verbunden mit einem CD-Player und TFK Boxen aus den 70ern. Diese Kombi macht -trotz der lediglich 2x10 Watt laut Prospekt- ordentlich Krach und klingt auch ganz gut. Bekanntlich hat das Uher Rdl eine fest verdrahtete Ohrkurvenanpassung, die dermassen zuschlägt das ich den Bass Regler fast ganz runter gedreht habe damit der Bass nicht überbetont wird. Höre ich nun dazu im Vergleich eine wesentlich bessere Anlage, allerdings ohne Ohrkurvenanpassung, klingt diese irgendwie nicht so gewaltig, obwohl sie besser ist.
Viele Geräte aus den 60ern -die heute unter Highendern so hoch gehandelt werden- haben eine Ohrkurvenanpassung oder einen "Hifi Expander" welche teilweise sogar mit der Stereo Taste gekoppelt waren. So. z.B. das Telefunken Opus Röhrenradio. Höhen und Bässe werden dann schrecklich Überbetont. Im Prinzip sind die Dinger nicht anhörbar, was mich -vor langer Zeit- dazu bewegte das gute TFK Opus -welches sehr schön aussieht- zu entsorgen. Heute würde ich wohl noch 300€ dafür kriegen, aber wie sagte schon Goethe: Und wenn es Mode wird sich blau zu haun... Sie tun es auch.

Nun drängt sich die Frage auf: Geht es letztendlich garnicht um neutrale Wiedergabe, sondern nur darum dem Ohr einen gewaltigen Eindruck zu hinterlassen?

Ist die Ohrkurvenanpassung nur eine Modeerscheinung gewesen oder verbergen sich wissenschaftliche Erkenntnisse dahinter oder war es eher ein Mischmasch aus beidem?
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#2
Hallo Matze!

Vielleicht beantwortet dieser Wikipedia-Artikel Deine Frage.

Wobei es natürlich immer fragwürdig ist, ob die tolle wissenschaftliche Argumentation wirklich der Hintergedanke bei solchen Funktionalitäten ist, oder ob es nicht doch darum geht, Geräte zwecks Verkaufssteigerung möglichst spektakulär klingen zu lassen. Equalizer wurden ja im Heimbereich auch damit beworben, daß man mit ihnen eine optimale Anpassung an die akustischen Gegebenheiten des jeweiligen Raums vornehmen könne. Der Einsatzbereich in der Praxis sah aber dann doch meist anders aus.

Gruß,
Timo
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#3
Zitat:Matze posteteIst die Ohrkurvenanpassung nur eine Modeerscheinung gewesen oder verbergen sich wissenschaftliche Erkenntnisse dahinter oder war es eher ein Mischmasch aus beidem?
Hi

einiges von allem. Bekanntermaßen hat das Gehör bei unterschiedlichen Lautstärken auch unterschiedliche Empfindlichkeiten für Hoch- und Tieftonanteile.

Folgende Grafik kennst Du sicherlich auch:
http://members.aol.com/sbench/fm.gif

Nun kann man bei einer Wiedergabekette und einer gewünschten Lautstärke mit Klangreglern in den Verstärkern auch einen linearisierten Frequenzgang erreichen. Verringert man die Lautstärke, so kann man bei vielen Vollverstärkern für's nächtliche Musikhörern eine ander Charakteristik wählen und Bass und Hochton für leises Hören anpassen, das wäre dann eine Loudness-Schaltung.

Verzichtet man gänzlich auf Klangregelung, so muß man es dem Zufall überlassen, wann sich ein "gehörrichtiger" ausgeglichener Frequenz in abhängigkeit vom unterschiedlichen Wirkungsgrad und der "Ausgangslautstärke der Endstufe ergibt. Ohne Klangregler kann dies erst bei sehr leisen Lautstärken sein, oder bei sehr wirkungsgradarmen Boxen eben erst bei sehr lauten. Die Gesamtabstimmung der Box spielt sogar auch noch eine Rolle. Inwieweit dies Highendig oder Puristisch ist, bleibt eine geschmackliche Frage. Richtig ist sicherlich, daß eine Anlage, die aufeinanderabgestimmt wurde, keine Klangregelung braucht. Eine solche Abstimmung bezöge sich aber auf nur eine zu fixierende Lautstärke. Da man aber mitunter dennoch mal die Lautstärke varrieren möchte, machen Klangregler, Loudnessschalter oder aber auch Filterpresets für Aktiv-Boxen schon Sinn.

Vorhandene "gehörrichtige Voreinstellungen" beziehen sich halt auf die damals gängigen Wirkungsgrade, Klangabstimmungen, mitgelieferte oder empfohlenen Boxen.
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#4
Kleines Beispiel aus der Praxis:

Ein Bekannter von mir singt in einem Chor. Vor einiger Zeit haben sie ein Konzert auf CD aufgenommen, kleinere Auflage. Auf eine Nachbearbeitung im Studio wurde verzichtet. Dafür steht auf der CD sinngemäß der Ratschlag:
Um einen natürlichen Klangeindruck zu erhalten, stellen Sie die Lautstärke so ein, wie Sie es vom Konzertsaal gewohnt sind.

Andreas, DL2JAS
Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
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#5
Richtig , bei "uns" im Theater können die im Chor auch noch nicht im "Loudness-Modus" singen und das Orchester hat auch noch keine "Loudnessschaltung"... Wink
Aber mal im Ernst: früher, vor ewigen Zeiten, habe ich auch nur mit Loudness und(!) zusätzlichen Equalizer (wie peinlich ConfusedhameSmile gehört - je mehr, desto besser - bei den damals vorhandenen "Dröhn"-Boxen Amerikanischer Bauart war das auch zweckmäßig. Heutzutage sind die Loundnesstasten ab einer gewissen Qualitätsstufe von Verstärker und Boxen eigendlich nicht notwendig...höchstend noch, wie bei mir auch, im Auto.

Also am besten ohne jedliche "Klangverbieger" :equa: oder Loudness. Es steigert auch das (Hintergrund-)Rauschen, aber das ist ein anderes Thema...Wink

Gruß Fidi

Edit: keine andere Buchstabengröße möglich
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#6
Ich bin da vorsichtiger mit solchen pauschalen Aussagen. Vielleicht findet gerade durch die "Klangverbiegung" etwas statt, was die Aufnahme näher ans "Original" bringt.

Wer weiss denn schon wie etwas klingen muss/soll?

Im Studio wird auch "verbogen". Nur wer einen "live" Auftritt gehört hat und dann den "live" Mitschnitt hört, kann (mit Einschränkungen) sagen, ob es so klingen muss/soll.

Dass Equalizer oft dazu missbraucht werden, unnatürlich viel WUMMS zu erzeugen steht auf einem anderen Blatt. Aber wenn Equalizer generell ein Teufelswerkzeug wären, würden diese Geräte nicht in so vielen Studios vorhanden sein.

Die high-endigen gadgets wie z.B. Pucks beeinflussen den Klang (jedenfalls für die, die sie benutzen) genauso. Ist das denn etwas anderes (vorrausgesetzt, es hat einen hörbaren -für wen auch immer- Effekt)? Wohl kaum!

Wenn es mit dem Puck (insert beliebige Formulierung here) klingt, dann ist dass auch ein "Klangverbiegen" und wer bestimmt, ob das ein Verbiegen in die richtige Richtung ist? Das ist doch letztendlich eine REIN SUBJEKTIVE Angelegenheit.

Wer einen Equalizer einsetzt um einen für seinen Geschmack besseres Klangbild zu erreichen, tut dieses mit der selben Berechtigung wie jemand, der ein anderes Kabel oder einen Puck oder was auch immer benutzt, um besseren Klang zu erreichen.

Edit:
Ich kann mich noch gut an meinen Klavierunterricht erinnern... Wochenlang geübt, dann vorgespielt: Nachdem ich fertig war guckte ich meinen Lehrer erwartungsvoll an. Seine Antwort "Interessant, aber Mozart hätte das wohl eher so gespielt" und er spielte das Stück fast doppelt so schnell. So viel dazu... "wie etwas klingen muss".
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#7
Wie Lego schon schrieb, dient die gehörrichtige Lautstärkeregelung dazu, bei geringer Lautstärke den vollen Klangumfang zu empfinden. Mag sein, dass das früher wichtiger war, vielleicht waren die Wände dünner und man musste leiser Musik hören. Ich muss gestehen, dass ich diese Einrichtung an meinem Braun Regie 510 manchmal nutze. Bei dem Gerät lässt die Kurve sich sogar an den Wirkungsgrad der Boxen anpassen. Ich finde das gar nicht so schlecht. Optimal eingepegelt widerspricht das nicht unbedingt der Hifi-Philosophie, denn so klingt die Musik auch bei geringerer Lautstärke dem Original näher.
Gruß,
Michael/SH

Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu (Ö v. Horvath)
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#8
Die als Seitenthema entstandene Kabeldiskussion habe ich aus Matzes thread abgetrennt und hier neu angelegt:

http://forum2.magnetofon.de/f2/showtopic.php?thread[threadid]=2450

In diesem thread geht's weiter mit "Ohrkurven" bzw. "Loudness"
Michael(F)
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#9
Zitat:Michael Franz postete
Die als Seitenthema entstandene Kabeldiskussion habe ich aus Matzes thread abgetrennt und hier neu angelegt:

http://forum2.magnetofon.de/f2/showtopic.php?thread[threadid]=2450

In diesem thread geht's weiter mit "Ohrkurven" bzw. "Loudness"
>Sad
Moin, Michael,
Kabeldiskussion??? wo war da eine Kabeldiskussion??? Es ging doch um „Loudness“???
ich finde es nicht fair, den von Etienne durch provozierende Postings in die falsche Bahn gelenkte Thread einfach zu splitten, um den doch irgendwie vorhandenen "Zusammenhang" zu zerreißen und somit deinen Freund & Mitstreiter Etienne die Hand vor den Arsch zu halten....
Mit weiterhin High-Endigen Grüßen Fidi
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#10
An dieser Stelle machte es Sinn aus der Rolle einer Moderation, den von nur wenigen Argumenten das Thema betreffend getragenen Dissens zwischen Dir und Etienne vom themenbezogenen Teil zu trennen.

Ich kann diese Entscheidung nur unterstützen.
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#11
Was bei solchen gehörrichtigen Lautstärkeregelungen geschieht, ist eine halbherzige Lösung eines tatsächlichen Problems. Unser Gehörsfrequenzgang ändert sich nämlich in Abhängigkeit von der einfallenden Lautstärke, verläuft also bei -Hausnummern- 50 dB, 70 dB und 90 dB SPL nicht in parallelen Kurven.

Man korrigiert das im Bereich niedriger Pegel mit einer kleinen Klangkorrktureinrichtung, die sich oftmals eine Anzapfung des Lautstärkestellers bediente, also ab einer bestimmten mechanischen Position des Stellers nicht mehr, oder nurmehr abgeschwächt in Erscheinung trat.
Andere Hersteller wiederum beschränkten den Einfluss auf einen Schalter, den man bewusst zu betätigen ('selbst schuld...') oder eben nicht zu betätigen hatte. Das Verfahren ist halb und daher keine Problemlösung, man muss eine bestimmte Abhörlaustärke wahren, um ordentlich hören zu können. Vielleicht ginge es etwas besser, wenn man für alle 5 dB zwischen 50 und 100 dB einen eigenen Frequenzgang definierte. Nun ja, was bei einer solchen Technikorgie finanziell oder bedienungsmäßig herauskommt, kann man sich ausmalen. Man ließ es also über die Jahre.

Ein reizvolles Problem kommt von einer ganz anderen Seite und stützt diese Entscheidung auch als sinnvoll:
Die neuzeitlichen Aufnahmetechniken nach dem AB-Verfahren orientieren sich wesentlich stärker als die X/Y-Techniken früherer Zeiten an der Wiedergabe raumbeschreibender seitlicher, bzw. pseudoseitlicher Reflexe, die die Raumtiefe beschreiben, aber deutlich schwächer sind als das 'Originalsignal'. Hören muss man sie aber, denn sonst sind sie ja nicht da. Dafür hilft aber keine gehörrichtige Laustärkeregelung, sondern nur eine vernünftige (d.h. auch ohrfreundliche!) Abhörlautstärke.

Das geht heute mitunter (obige AB-Techniken) so weit, dass man bei kritischem Abhören eines schönen Mixes sehr genau auf die Arbeitslautstärke des Tonmeisters rückschließen kann....

Hans-Joachim
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#12
Mit anderen Worten:
Ein simpler Griff zum Lautstärkeregler und ein Drehen desselben aus der einzig richtigen Position heraus führt sämtliche Überlegungen über High Fidelity im Sinne von ("sich das Original ins Wohnzimmer holen" ins absurde!

Ein weiteres Problem dürfte bei einer von der Stellung des Lautstärkereglers abhängigen Loudness-Regelung der Wirkungsgrad der Boxen sein.

"Leise" Boxen müssen für moderate Lautstärken weiter aufgedreht werden als "laute". Damit stimmt eine Regelerstellungsabhängige Korrektur nur per Zufall.

Eine richtige Lösung gäbe es doch nur dann, wenn der Wirkungsgrad der Boxen bekannt ist. Wenn man weiter denkt, kommt man bei Aktiv-Boxen raus. Gibt es Aktiv-Boxen mit Loudness-Regelung?
Michael(F)
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#13
,
Also, ich habe einen Yamaha- Verstärker, der hat einen Loudnesssteller mit einem Einstellbereich von 0 bis 10. Der Wert 0 ist mit flat, der Wert 10 mit -30 db bezeichnet.

Wofür der genau ist, weiß ich nicht einmal, weil ich das Gerät immer im sog. pure direct- Modus betreibe. Noch ist nicht alles was Krach macht am neuen Ort angeschlosen, aber es wird sich vermutlich herausstellen, dass dieser Einsteller die Loudnessfunktion der jeweiligen Abhörlautstärke anpasst.

Ach, war das schön, als ich keine geräuschempfindlichen Nachbarn hatte.....hier muß ich das erst noch testen.
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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