Jahrestag: Walter Weber erfindet die Vormagnetisierung.
#1
Folgende Link hat mir trolltest geschickt

http://de.wikipedia.org/wiki/18._April#W...2C_Technik

Er hat auch verraten, wer dafür gesorgt hat, das Walter Weber überhaupt eingetragen wurde - Danke Hans-Joachim!

Nun hat es Weber neben einem Einstein schwer, auch wenn mir persönlich die Vormagnetisierung wichtiger ist als die Relativitätstheorie. Aber man könnte Weber schon ein bisschen mehr in die Nähe eines Gutenberg rücken, denn dessen Buchdruckkunst hat mit der Magnetbandtechnik ein kongeniales Pendant bekommen.

Vielleicht erfahren wir in diesem Thread etwas mehr über die Person Webers, die sicher auch abseits des Labors interesant war, seine Mitstreiter, seine Arbeit.

Edit: Den Auszug aus der Wikipedia-Seite (s. Link oben) eingefügt / 19.04.05

Wissenschaft, Technik
1940 - Walter Weber (Reichsrundfunkgesellschaft GmbH) vermerkt in seinem dienstlichen Tagebuch die Entdeckung der Hochfrequenz-Vormagnetisierung für das Magnetbandgerät. Das Zeitalter der hochwertigen Magnetbandaufzeichnung beginnt.
Michael(F)
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#2
Walter Weber (1907 – 1944)

Walter Weber, 1907 in Gelsenkirchen geboren, erhielt seine technische Grundausbildung von 1925 bis 1927 an der Ingenieur-Akademie in Oldenburg. Während seiner ersten Berufsjahre bei Siemens und Halske lernte er Hans Joachim von Braunmühl kennen, der ihn im Sommer 1931 zur Reichs-Rundfunkgesellschaft (RRG) holte. Seine weitere Ausbildung eignete sich Weber nebenberuflich an: so holte er Ostern 1932 das Abitur nach, studierte drei Semester an der Technischen Hochschule Charlottenburg und vier Semester an der Universität Berlin. 1938 schloß er dieses Studium mit der Promotion zum Doktor der Philosophie bei dem bekannten Akustiker Friedrich Trendelenburg ab. Die Dissertation „Das Schallspektrum von Knallfunken und Knallpistolen mit einem Beitrag über Anwendungsmöglichkeiten in der elektroakustischen Meßtechnik“ galt als „eine besonders wertvolle Arbeit, die das Interesse vieler Fachgenossen wachrief“.

Vor und neben der Dissertation hatte Weber schon fundierte Arbeiten für die RRG ausgeführt, unter anderem die Doppeltonmethode ausgearbeitet, Grundlage seiner Publikation über die „Störfähigkeit nichtlinearer Verzerrungen“ - besonders anspruchsvoll wegen des schwierig zu bewertenden subjektiven Eindrucks. 1935 entwickelte Weber ein Kondensatormikrofon mit umschaltbarer kugel- und nierenförmiger Richtcharakteristik, das später von der Berliner Firma Georg Neumann gebaut wurde. von Braunmühl und Weber veröffentlichten 1936 das Buch „Einführung in die angewandte Akustik“ - es wurde „bald ein ständiger Begleiter für alle, die mit der Rundfunktechnik zu tun hatten.“ Das V. Kapitel, „Schallaufzeichnungsverfahren“, schließt mit der Feststellung:
„Neuerdings ist es gelungen, die kostspieligen und schweren Stahlbänder durch filmartige Schallträger zu ersetzen, auf denen eine magnetisierbare Schicht angebracht ist. Es hat den Anschein, als ob die dadurch bedingten Verbesserungen der Qualität bei gleichzeitiger Verringerung des Umfanges der Apparatur der magnetischen Schallaufzeichnung neue Aufgabengebiete erschließen würde. „

Nach ersten Ansätzen 1938, die Qualität des Magnetophons zu steigern, führte eine marginale Betriebsstörung Weber im April 1940 auf den Weg zur entscheidenden Verbesserung, der Hochfrequenzvormagnetisierung, die den Magnetton mit einem Sprung an die Spitze aller Aufzeichnungsverfahren brachte. In Zusammenarbeit mit AEG entstand eine Geräte-Generation, die „uneingeschränkt die Zustimmung des Betriebes, vor allem von Seiten der Programmgestalter“ fand: 1944 war der deutsche Rundfunk „ohne Hochfrequenzmagnetofon schlechthin nicht mehr denkbar“. Weber und von Braunmühl gelang eine Reihe weiterer Erfindungen und Pionier-Entwicklungen, so die stereofone Aufzeichnung auf Magnetband, erstmals 1942/1943 vorgeführt, sowie Vorschläge für die Synchronisation von Ton und Bild beim Kinefilm.

Einige Labors der RRG mussten im Verlauf des Krieges von Berlin nach Kosten im Wartheland, in der Umgebung von Posen, verlegt werden. Weber ging am Abend des 18. Juli 1944 nach einer Besprechung zum Schwimmen und brach, nachdem er das Becken verlassen hatte, mit einem Herzschlag zusammen. Auch sofortige ärztliche Hilfe kam für den erst 37jährigen zu spät. Seine technischen Leistungen würdigte sein kollegialer Vorgesetzter von Braunmühl mit den Worten „Die deutsche Rundfunktechnik hat einen ihrer fähigsten Köpfe verloren, der in zwölfjähriger schöpferischer Produktivität eine Fülle von technisch verwertbaren Erfolgen erzielte, die ... heute überhaupt nicht mehr wegzudenken sind.“

Das Magnetband-Verfahren ist im Wesentlichen von drei Berlinern perfektioniert worden: die Geräte von Eduard Schüller bei AEG, das Magnetband von dem gebürtigen Berliner Friedrich Matthias bei I.G. Farben in Ludwigshafen; seine vier Jahrzehnte konkurrenzlose Qualität verdankt es der Hochfrequenz-Vormagnetisierung Walter Webers aus dem Berliner Haus des Rundfunks.

Friedrich Engel
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#3
=> Friedrich,

danke für diese Kurzbio, die Lust auf mehr macht. Mit heutigen Worten würde man bei Werdegang Webers wohl vom zweiten Bildungsweg sprechen. Gibt es zu diesem ganzen Thema weitere biographische / historische Literatur?

Ich fühle mich ein wenig in meine Schulzeit zurückversetzt, wo ich fleissig die Stadtbücherei frequentierte und immer sehr gerne die Bücher gelesen habe, die im Wissenschafts- und Technik-Milieu spielten, also die Bücher, in denen etwas entwickelt, entdeckt und erfunden wurde. Dabei war mir egal ob das nun historisch korrekt oder hart an der Wahrheit vorbei erfunden war - Hauptsache das Flair stimmte. Das waren meisst altmodische Schinken, geschrieben in einer Zeit, in der Technik noch nicht verpönt war.

Während man über Rudolf Diesel und Robert Bosch nachlesen kann, wird man bei Weber und Kollegen wohl vergebens suchen? Oder doch nicht?
Michael(F)
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#4
=> Michael: das kann und soll anders werden - das Manuskript ist in Arbeit. Spätestens dann (und) wenn die Sache in Druck geht, werde ich das hier bekannt machen. Ich rechne mit Manuskript-Abschluss zum Jahresende.

Friedrich
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#5
Zitat:Michael Franz postete
........

Während man über Rudolf Diesel und Robert Bosch nachlesen kann, wird man bei Weber und Kollegen wohl vergebens suchen? Oder doch nicht?
Es sind zwar noch 3 Jahre hin bis sich Pfleumers Erfindung des Magnettonbandes zum 80. Male jährt aber ein bissel was zu lesen hab ich mal hier hingestellt.

http://home.vrweb.de/~maschinendoktor/Ka...er%201.jpg

http://home.vrweb.de/~maschinendoktor/Ka...er%202.jpg

Allerdings können wir dem 60. Todestag dieses, unter Rauchern wie unter Tonbandlern wenig bekannten Sachsen gedenken.
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#6
Hallo,

ich zitiere einfach ´mal den Herrn Holenstein
(dabei geht´s wohl um das Stahlbandgerät):

"Auch ein in den Jahren 1916/17 von den amerikanischen Bell Laboratories eingeleitetes Forschungsprogramm zur Magnetaufzeichnung führte zu keinem Erfolg:1922 stellten die meisten amerikanischen Firmen ihre Aktivitäten zur Weiterentwicklung des Tonbandgeräts ein.Dies hatte zur Folge,daß einer von Glenn W.Carpenter und Wendell L. Carlson im Jahre 1920 an den Laboratorien der US-Navy entwickelte Methode der Hochfrequenz-Magnetisierung(<<High Frequency Bias>>), mit der eine bedeutende Erhöhung der Aufzeichnungsqualität erreicht werden konnte, zuwenig Beachtung geschenkt wurde. Das revolutionäre Verfahren mußte in den 30er Jahrenn in Deutschland erst wiederentdeckt werden."

Und,bezogen auf die Entdeckung von Weber und von Braunmühl:

"Entdeckt wurde das Prinzip der Vormagnetisierung allerdings bereits 19 Jahre zuvor,als die Amerikaner Wendell L.Carlson und Glenn W.Carpenter im Versuchslaboratorium der US Navy feststellten, daß auch schwache Morsesignale magnetisch aufgnommen werden konnten, wenn man dem Signal einen Wechselstrom von etwa 10000 Hertz überlagerte. Am 26. März 1921 hatten die beiden Amerikaner ihren << HF-Zusatz zur Störunterdrückung bei der Aufzeichnung auf Stahldraht >> zum Patent angemeldet."

?????


Viele Grüße
Frank
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#7
Genau so liegt der Sachverhalt.

Das Patent hätte Braunmühl und Weber eigentlich gar nicht erteilt werden dürfen, denn es bestand bereits. Letztlich wurde die Hf-Vormagnetisierung aber 'wenigstens' zwei Male vor (USA/Japan) und zwei Male (USA/USA) nach Weber entdeckt und patentiert; das Verfahren lag damals also sicher "in der Luft", ohne dezidierte Folgen allerdings.

Hinsichtlich der amerikanischen Patentierung(en) sind zwei Dinge nicht uninteressant:
1937 hatte sich die AEG mit einem Exemplar der K3 in die USA 'zum' General Electric in Schenectady, NY) gewagt, was dort aber außer einigen so süffisant-sarkastischen wie korrekten Fachanmerkungen zur noch recht mäßigen Klangqualität keine besonderen Reaktionen auslöste. Das Gerät war in der vorliegenden Form namentlich für den auf Einfachheit der Konstruktion bedachten Amerikaner schlicht überflüssig. Niemand aber kam danach auf die Idee, die Hf-Vormagnetisierung zur Qualitätsverbesserung anhand der bereits existierenden Vorschläge einzusetzen.

Übrigens auch Walter Weber nicht, denn er erfand diese Technik nicht bei gezielten Experimenten in der Sache, sondern entdeckte sie als unbeabsichtigtes Begleitphänomen seiner "Untersuchungen am Magnetophon" (Rauschminderung des Gleichstrommagnetophones durch Gegentakt- und Gegenkopplungsverfahren), was er selbst im RRG-Kolloquium vom 23. Oktober 1940 seinen Kollegen darlegt.

'Heiß' ist die Annahme eines "In-der-Luft-Liegens" aber auch dadurch, dass einer der IG-Farben-Magnetbandwissenschaftler in Ludwigshafen [Dr. Erwin Lehrer (1904-1997), Leiter der Ludwigshafener Magnetbandfertigung von 1962-1968] bei Experimenten mit dem Beschichtungsmaterial Carbonyleisen schon im Herbst 1934 mit Hf-Vormagnetisierung arbeitete, dies aber leider nicht weiterverfolgte. Was wäre gewesen, wenn ....

All dies schmälert die immensen Verdienste Dr. Walter Webers, der seine Entdeckung sicher eigenständig gemacht hat, nicht im geringsten.
Dabei geht noch so manch andere Erfindung bzw. Konstruktion auf sein 'Konto': So zum Beispiel das Kondensatormikrofon mit elektrisch umschaltbarer Richtcharakteristik, mit dem Georg Neumann nach dem 2. Weltkrieg allerlei Geld verdienen konnte.

Weber gebührt auf jeden Fall das unstrittige Verdienst des kundigen Praktikers und Theoretikers, sofort (!) erkannt zu haben, welches Potenzial in jener Entdeckung lag, das er deshalb auch sofort geradlinig fortentwickelte. Viel Zeit blieb ihm ja nicht mehr, wie wir Nachgeborenen heute wissen. Zu hören, was sich noch im letzten halben Jahr zwischen der ersten öffentlichen Vorführung des Magnetophones mit Hf-Vormagnetisierung am 10. Juni 1941 und der regulären, allgemeinen Betriebseinführung des Magnetophones durch die RRG im Dezember 1941 getan hat (Entzerrungsoptimierung!), nötigt einem Bewunderung ab.

Hans-Joachim
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#8
Zitat:Friedrich Engel postete
=> ... das Manuskript ist in Arbeit. Spätestens dann (und) wenn die Sache in Druck geht, werde ich das hier bekannt machen. Ich rechne mit Manuskript-Abschluss zum Jahresende.

Friedrich
Ist da was draus geworden...? Wäre neugierig.
Michael
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#9
Es ist gewaltig was im Werden, allerdings wird sich der Manuskriptabschluss wohl auf das Ende dieses Jahres (2006) verschieben. Hauptgrund ist, dass ich einen Ko-Autor gefunden habe, der besonders viel Wissen zu Eduard Schüller sowie der Nachkriegs-Magnetophongeräte-Fertigung in Berlin, Hamburg, Wedel und Hannover mitbringt. Außerdem habe ich einiges sehr Interessante zu Curt Stille herausgefunden.

MGW51, dein Beitrag vom 20.04.2005, 19:55 Uhr nennt zwei URLs, vermutlich mit Bildern von / zu Fritz Pfleumer, die aber nicht mehr zugänglich sind - falls es sich NICHT um die Aufnahmen aus der "UMSCHAU" von 1931 handelt: könntest du sie hier nochmals einstellen?

F.E.
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#10
Hallo Friedrich,

die Adressen weisen auf meinen Webspace den ich geflissentlich anderweitig belege. Den Artikel suche ich raus und sende ihn Dir per Mail.

Ganz sicher noch vor dem 20.3. d.J. Smile
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#11
Friedrich Engel hat auf meine (leider am falschen Platz gestellte) Frage nach dem Geburtsdatum Walter Webers hier noch einige biographische Daten eingestellt.

Vielen Dank!
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#12
Hab' gerade festgestellt, daß derwesten.de (das Onlineangebot der Tageszeitung WAZ) meinen Eintrag zu Walter Weber im Abschnitt Söhne und Töchter der Stadt im Wikipedia-Artikel zu Gelsenkirchen ("Erfinder der Hochfrequenz-Vormagnetisierung in der Magnettonbandtechnik") in ihre jüngst veröffentlichte Liste 100 Dinge, die Sie über Gelsenkirchen wissen sollten übernommen hat, wenn auch erst auf Platz 90.

Damit reiht sich die Tonbandtechnik nun ganz offiziell neben der Dahlbusch-Bombe, dem Einmachglas und dem Krokodil Schnappi in die Liste der großen Erfindungen ein, die die Welt Gelsenkirchenern zu verdanken hat. ;-)
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