Ferrograph von 1959 Test mit altersgerechtem EMI-Tape von 1960
#1
Es hat mir keine Ruhe gelassen das alte Schlachtschiff mit einem authentischen Bandmaterial zu testen.

Neben alten Scotch Bändern fiel mir ein Original EMI-Tape in die Hände, ich denke es ist ein Langspielband.
Der Verpackungszettel als auch eine Notitz des Vorbesitzers des Ferrographen belegen daß es sich hierbei um Aufnahmen aus dem Jahre 1960 handelt.
Das Gerät war zweifelsfrei einmal im Besitz eines Pfarrers aus Wales, er hat unter anderem seine Predigten zur Übung auf die Bänder gesprochen und es befindet hauptsächlich kirchlicher Inhalt
wie Osterpassion, Musik zur Weihnacht oder Teile von Predigten als auch Eigenaufnahmen vom Kirchenkinderchor auf den verschiedenen Tonträgern.
Ist schon seltsam diese Kinderstimmen zu hören welche nun auch bereits über 60 Jahre alt sind...

Eine andere Bandseite war qualitativ nicht mehr zu retten da angelöscht, so daß ich hier eine Frequenzmessung mit altersgerechten Bandmaterial vornehmen wollte.
Ausgesteuert wurde mit 20 dB unter dem angenommenen Vollaussteuerungspegel. (bestimmt nach der Anzeige auf dem eingebauten Spitzenwertmesser)

Was gegenüber dem Test mit dem modernen Bandmaterial hier auffällt, ist der relativ gerade Frequenzgang bis 14 KHz, allerdings ist im unteren Bereich ein zeitiger Abfall zu beobachten.
Das hat mich etwas ins Grübeln gebracht, vielleicht habe ich doch zu niedrig ausgesteuert so daß die Frequenzen unter 100 Hz im stärkeren Bandrauschen untergegangen sind..

Ich bin jedoch verwundert daß mit dem vorher getesteten ORWO Low Noise Band so ein stark höhenbetonter Frequenzgang errreicht wird (etwas hatte ich ja erwartet...), wogegen mit dem altersgerechten EMI-Tape eine linearere Aufzeichnungskurve entstanden ist.
Aber ob ich jetzt die Entzerrung und die Vormagnetisierung auf das moderne Bandmaterial umstelle weiß ich noch nicht, ich habe dafür auch keine Abgleichvorschrift, wohl aber die Einstellungen die 1959 mit dem Testband in der Fabrilk vorgenommen worden.

Rein klanglich gefällt mir das moderne Bandmaterial mit den wahrscheinlich unpassenden Einstellungen auch recht gut.


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#2
Ferrograph,'index.php?page=Thread&postID=239846#post239846 schrieb:vielleicht habe ich doch zu niedrig ausgesteuert so daß die Frequenzen unter 100 Hz im stärkeren Bandrauschen untergegangen sind..
Diese Überlegung macht keinen Sinn.
Stattdessen würde ich mal prüfen, bis zu welchen Frequenzen nach unten in der Wiedergabe-Entzerrung der Omega-Gang kompensiert wird und wo ansonsten die untere Grenzfrequenzen im Aufnahme- und Wiedergabe-Fall liegen.

MfG Kai
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#3
kaimex,'index.php?page=Thread&postID=239857#post239857 schrieb:Stattdessen würde ich mal prüfen, bis zu welchen Frequenzen nach unten in der Wiedergabe-Entzerrung der Omega-Gang kompensiert wird und wo ansonsten die untere Grenzfrequenzen im Aufnahme- und Wiedergabe-Fall liegen.
Das wäre auch mein erster Schritt.

Grüße, Peter
Grüße
Peter


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(Konrad Adenauer)
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#4
Kaimex,'index.php?page=Thread&postID=239864#post239864 schrieb:Zitat von »kaimex«



Stattdessen würde ich mal prüfen, bis zu welchen Frequenzen nach unten in der Wiedergabe-Entzerrung der Omega-Gang kompensiert wird und wo ansonsten die untere Grenzfrequenzen im Aufnahme- und Wiedergabe-Fall liegen.
Hallo Kai,

wie stelle ich das am besten an?
Da bin ich als Anfänger unterwegs.
Für etwas Hilfe und Hinweise beim Erfassen des Omega Ganges wäre ich dankbar.
(Ich habe kein Referenz- oder amtliches Messband)

Im Voraus besten Dank
Jan
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#5
Hallo Jan,

kostenlose Unterlagen zu Ferrograph 4 habe ich bislang nur gefunden bei
http://www.michaelclemensrailways.co.uk/?atk=311
http://www.michaelclemensrailways.co.uk/?atk=312

Da wird der Frequenzgang mit 50-10000 Hz +-2 dB spezifiziert.
Davon ist deine Messung mit einer unteren Grenze im Sinne der +- 2dB von etwas oberhalb 63 Hz nun wirklich nicht weit entfernt, sodaß "wundern" eigentlich nicht angesagt ist.
Wenn man ein Schaltbild hätte mit Wertangaben zu den Widerständen, Kondensatoren und Induktivitäten, könnte man die Grenzen ausrechnen oder einer Schaltungssimulation entnehmen. In dem o.a. Schaltbild fehlen diese Werte. Dann muß man messen, wenn einen die Neugier plagt oder man den Jetzt-Zustand verbessern möchte.
Man muß also ins Schaltbild schauen und ergründen von wo nach wo man da bei Aufnahme und Wiedergabe die jeweils wirksamen Frequenzgänge (ohne Band) messen könnte.
Den Omega-Gang selbst mißt du nicht. Damit ist gemeint der Frequenz-proportionale Anstieg der vom Fluß im Band in einem idealen Tonkopf induzierten Spannung. Damit "über alles" ein flacher Frequenzgang erzielt wird, ist im Wiedergabe-Verstärker die Verstärkung in einem Bereich von meist etwas oberhalb 1 kHz bis zu ?50? Hz genau umgekehrt gestaltet worden, steigt also zu tiefen Frequenzen entsprechend an, im Idealfall von 1 kHz zu 50 Hz um den Faktor 20 entsprechend 26 dB. Dieser Anstieg muß natürlich irgendwo enden. Das tut er entweder "von allein", weil nicht beliebig viel Verstärkung vorhanden ist, oder per Design, imdem dem Kondensator im Gegenkopplungs-Netzwerk des Verstärkers, der diesen Anstieg bewirkt, ein Widerstand parallel geschaltet ist. Diesen realen "inversen Omega-Gang" kann man messen, indem man am Eingang des Wiedergabe-Verstärkers Spannung einspeist und am Ausgang mißt.
Ansonsten haben Aufnahme- und Wiedergabe-Verstärker durch die überall vorhandene C-R-Kopplung oder Koppel-Transformatoren natürlich eine untere Grenzfrequenz, die sich diesem Effekt auch noch überlagert. Wenn die Koppel-Cs und der o.a. Gegenkopplungs-C durch Alterung Kapazität verlieren, dann rutschen diese Grenzfrequenzen nach oben.

MfG Kai
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#6
kaimex,'index.php?page=Thread&postID=239877#post239877 schrieb:Man muß also ins Schaltbild schauen und ergründen von wo nach wo man da bei Aufnahme und Wiedergabe die jeweils wirksamen Frequenzgänge (ohne Band) messen könnte.
Das ist eine zuverlässige Möglichkeit. Eine andere verlangt leider ein Messband mit definierter Frequenzgangaufzeichnung, ist aber - zumindest kontrollhalber - einfacher für diejenigen, die sich in der Schaltungstechnik nicht so gut zurechtfinden, vor allem wenn die Schaltpläne des Entzerrernetzwerks zu fehlen scheinen, was das Prozedere um ein gutes Stück erschwert.

Grüße, Peter
Grüße
Peter


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#7
Danke an euch, Kai und Peter.
Jetzt kenne den Begriff Omega Gang und kann mir etwas darunter vorstellen, man lernt halt nicht aus.

Schaltpläne und eine vernünftige Beschreibung des Aufnahme/Wiedergabeverstärkers sind im Handbuch zum Gerät enthalten.
Dann werde ich mich mal durch das Röhrenwunder messen.
Vielleicht finde ich ja noch einen gealterten Kondensator oder Kohleschichtwiderstand.
Wobei hier noch klassisch im Wiedergabenetzwerk eine Induktivität werkelt.
Aber deren Wert wird sich ja nicht verändert haben, das schließe ich erst mal aus.

Ist das richtig daß im Aufnahmezweig linear ohne Höhen oder Tiefenbeeinflussung gearbeitet wird ?
(Laut Beschreibung: "The recording amplifier has an essential flat characteristic from 50 to 15.000 c.p.s..")
Die Entzerrung des vom Band wiedergegebenen "verbogenen" Frequenzverlaufes wird nur im Wiedergabeverstärker realisiert?

Bitte entschuldigt meine vielleicht etwas naiven Fragen.

Viele Grüße, Jan
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#8
Ferrograph,'index.php?page=Thread&postID=239895#post239895 schrieb:Ist das richtig daß im Aufnahmezweig linear ohne Höhen oder Tiefenbeeinflussung gearbeitet wird ?(Laut Beschreibung: "The recording amplifier has an essential flat characteristic from 50 to 15.000 c.p.s..") Die Entzerrung des vom Band wiedergegebenen "verbogenen" Frequenzverlaufes wird nur im Wiedergabeverstärker realisiert?
Nein, das halte ich für unglücklich formuliert. Gemeint dürfte wohl sein, dass der Überband-Frequenzgang im Bereich 50...15.000 Hz relativ flach ist. Die Entzerrung wird über Aufnahme- und Wiedergabezweig etwa gleichmäßig aufgeteilt.

Hier eine Übersicht der Frequenzgänge der einzelnen Übertragungsglieder (NAB-typische Tiefenanhebung nicht berücksichtigt). Hier noch mit dem damals typischen IRT-"Kleiderbügel", also einer beidseitigen Frequenzbandbegrenzung im Ausgangspegel des Wiedergabeverstärkers:

[Bild: Webers-Frequenzkurven-im-Magnettonger-t-S-355.jpg]

Ferrograph,'index.php?page=Thread&postID=239895#post239895 schrieb:Bitte entschuldigt meine vielleicht etwas naiven Fragen.
Wer nicht fragt, der nicht gewinnt thumbup

Grüße, Peter
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Peter


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#9
Nachdem ich eure Informationen verinnerlicht habe, kam ich heute noch einmal auf den Gedanken, ob mein Messaufbau bei der Frequenzgangkurve nicht fehlerbehaftet war.
Zum Schluss stellte ich fest, dass mein digitaler Pegelmesser unterhalb 50 Hz nur noch rät was da angeboten wird.

O.k, dann habe ich mein analoges UNI-10 Messgerät welches mit 1,5 % Fehler von 16 Hz bis 20 KHz für Wechselspannung angegeben ist, verwendet.
Ich gehe davon aus, dass 1959 auch mit einem analogen RVM gemessen wurde, da die Ausgangsimpedanz des Ferrographen aber bei 15 Ohm liegt brauche ich kein RVM.

Und siehe da, es ergaben sich natürlich andere Werte (wer misst, misst Mist ...) sowohl für das altersgerechte EMI-TAPE als auch für eine Vergleichsmessung mit einem ORWO LP Band TYP116 Low Noise.
Wie bereits bemerkt, auffällig ist die bekannte Höhenanhebung beim modernen Band, das alte EMI Band fällt dann natürlich ab, ist aber insgesamt linearer mit den im Gerät eingestellten Parametern.

Somit liegt der nach meiner Ansicht Ferrograph innerhalb der angegebenen Toleranzen und ich werde keine Änderungen in den Entzerrungen vornehmen.

Nochmals vielen Dank an euch alle.

Viele Grüße, Jan


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#10
Ferrograph,'index.php?page=Thread&postID=239932#post239932 schrieb:Somit liegt der nach meiner Ansicht Ferrograph innerhalb der angegebenen Toleranzen und ich werde keine Änderungen in den Entzerrungen vornehmen.
Das sieht so aus, als ob die Maschine tatsächlich noch auf das EMI-Band eingemessen wäre.

Bei Verwendung eines anderen Bandtyps würde ich auf jeden Fall über eine Anpassung von VM-Arbeitspunkt und Aufnahmeentzerrung nachdenken (die müssten bei einer Maschine dieser Liga auf jeden Fall einstellbar sein). Andernfalls bestehen große Chancen, die Qualitäten modernerer Bandtypen nicht auszunutzen.

Bei digitalen Spannungsmessern sind größere Schwankungen zu tiefen Frequenzen prinzipbedingt nicht selten, da sie je nach Integrationszeit (d.h. die Zeit, über die sie für eine Probenentnahme mitteln) mehr oder weniger den Augenblickswert der Wechselspannung registrieren statt den Mittelwert über mehrere Perioden.

Grüße, Peter
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Peter


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