Urheberrechtsgebühr beim Tonbandgeräte-Kauf anno dazumal
#1
Hallo,

Ich habe neulich einen nicht rationalen Kauf auf dem Flohmarkt getätigt: Privileg 100, Zustand eher schlecht, aber soll funktionieren und aus erster Hand. Mit Mikro und Netzteil. Ein kultiger, kleiner Plastikbomber.

Der Verkäufer sagte, er habe lange gespart, um die 99 DM aufzubringen, um dann nochmal 5 DM Urheberrechtsgebühr beim Kauf bezahlen zu müssen. Ihm fiel es sichtlich schwer zu verkaufen, der von ihm vorgeschlage Preis war aber schon sehr in Ordnung (einstellig).

Das Thema Urhebergebühr stand auf keiner der Rechnungen meiner Uhers und war mir auch sonst kein Begriff. Meinem Vater sagte das allerdings gleich etwas (er hatte damals das Privileg 200).

Wann und wie musste das damals bezahlt werden und wurde das eventuell dann später direkt über den Kaufpreis abgewickelt (auch bei TapeDecks müsste das ja ein Thema gewesen sein). Waren Reportergeräte womöglich davon nicht betroffen?

Grüße 
Andreas
Festina lente!

Motto der SN-Sammler: Irgendwann haben wir sie alle...
Zitieren
#2
Diese Pauschalabgabe auf "alle Aufnahmegeräte" (egal ob privat oder professionell genutzt ) gibt es ja seit 1965 (dafür wurde 1963 die ZPÜ gegründet). 
Wobei der Anspruch auf diese Abgabe ja gegenüber dem Hersteller bzw. Importeur geltend gemacht wird und nicht gegenüber dem Endkunden.
Ich denke daher, das dieser Betrag auf dem Kaufbeleg eher politisch taktischer Natur war. Das Gerät wurde halt 1965 um diesen Betrag teurer.

Gruß Ulrich
Zitieren
#3
Hallo Andreas,

die Urheberrechts-Gebühr, damals GEMA-Abgabe genannt, war in der BRD ab dem 1.1. 1966 beim Kauf eines Tonbandgerätes jeder Art (ausgenommen reine Diktiergeräte fällig. Grundlage war ein neues Gesetz, das ab diesem Datum galt. Mit der Zahlung, die auf der Rechnung separat auftauchte und die der Händler über den Großhändler an die GEMA abführen musste, waren dem Käufer des Gerätes auf Lebenszeit (des Gerätes, nicht des Käufers) alle Rechte für die private, nichtkommerziell verwendete Aufnahme von geschützten Werken (also so gut wie alles, was im Radio lief und auf Platten erhältlich war) abgegolten und damit erlaubt.

Das war ein ungeheurer Fortschritt, denn vor diesem Datum waren solche Aufnahmen rechtlich unzulässig. Wer also vor 1966 seine Lieblingsschlager aus dem Radio aufnahm, stand mit einem Bein vor Gericht. Dennoch hat es fast jeder so getan.

Bis zu dem Zeitpunkt musste auch jede Werbeanzeige für TB-Geräte und Bänder einen entsprechenden rechtl. Hinweis enthalten. Achte mal darauf!

Die Höhe richtete sich nach dem Endverkaufspreis des Gerätes. Beispiel: 300DM-Klasse (einfaches Monogerät) 5 DM, Mittelklasse ca 350 bis ca 600 DM (also Uher report oder Grundig TK 245) 10 DM, darüber 15 und in der Preisklasse über 1000 DM (z.B. Uher 22 spezial) 20 DM.

Um 1970 herum wurde das System geändert, die Gebühr wurde nicht mehr auf die Geräte, sondern auf die Leermedien aufgeschlagen, also Bänder und Cassetten, dort aber nicht mehr separat beim Kauf ausgewiesen.

VG Stefan
Zitieren
#4
Die Gebühr auf Geräte (Beispiel Unterhaltungselektronik) gibt es doch bis heute. Leermedien kamen nur dazu.

Gruß Ulrich
Zitieren
#5
Interessante Staffelung. Dann hat man für die Telefunken M5 also auch nur 20DM bezahlt.
Jetzt müsste man nur mal ausrechnen wie viel Schallplatten man für den Gegenwert kaufen müsste.
Zitieren
#6
Mein Vater erzählte, dass sich damals sein Kumpel ein Tonbandgerät gekauft hat, sich vom Bertelsmann-Club oder so ähnlich öfters Schallplatten "zur Ansicht" hat zusenden lassen, die auf Band aufgenommen und wieder zurückgeschickt hat. Die Sa*!

Vielleicht war das verbreitet, die Menschen waren damals ja nicht aufrichtiger als heute. So kam evtl. die Gebühr zustande.
Zitieren
#7
(06.04.2024, 15:43)PSMS schrieb: Mein Vater erzählte, dass sich damals sein Kumpel ein Tonbandgerät gekauft hat, sich vom Bertelsmann-Club oder so ähnlich öfters Schallplatten "zur Ansicht" hat zusenden lassen, die auf Band aufgenommen und wieder zurückgeschickt hat.

Ja herrschftszeiten solch a Raubkopierer-Schwein wars des - I glabs fai nöt.

Des houmtäiping is killing se Mjusik - habt dös net gwustt ?
Wega Burschen wia eich müssens de Rolling Stones und die Elektriker da - wie heißens noch glei...
Ahh... de Ai Cee Dee Cee sans.
Jetz missat die in derer Alter nochamoi mit sibzig-ochzig auf derer Bünen nauf, nur weils kaa Güld mehr hom zum versaufa.

Ihr blöeden Buam seids schuld gwen, mit eierm Tonbandschmarrn.

Do kännt I mi aufregn daherüber Angry 


Danny     Wink
Zitieren
#8
In den Funkschau Heften, ich glaube so ab 1958, kann man öfters interessante Artikel zu dem Thema GEMA und Gebühr lesen. Auch, daß Grundig damals eine größere Summe bei Gericht hinterlegt hatte, um die Forderung der GEMA, jeder Händler hat die Daten des Käufers eines Tonbandgerätes, Namen und Adresse, der GEMA zu melden, nicht durchgesetzt wurde. Nach Vorstellung der GEMA hätte man eine Tonbandgerät nur unter Vorlage seines Ausweises kaufen können.


Gruß

Achim
Zitieren
#9
(06.04.2024, 10:50)UHER-Report-Fan schrieb: Hallo,

Ich habe neulich einen nicht rationalen Kauf auf dem Flohmarkt getätigt: Privileg 100, Zustand eher schlecht, aber soll funktionieren und aus erster Hand. Mit Mikro und Netzteil. Ein kultiger, kleiner Plastikbomber.

...
Wann und wie musste das damals bezahlt werden und wurde das eventuell dann später direkt über den Kaufpreis abgewickelt (auch bei TapeDecks müsste das ja ein Thema gewesen sein). Waren Reportergeräte womöglich davon nicht betroffen?

Grüße 
Andreas

Hallo Andreas,

aah... ...ein Crowncorder (Hersteller des Privileg 100).

Bei meiner Saba 600 ist die Gema-Gebühr separat auf der Rechnung ausgewiesen. Ich denke aber, wie schon von Ulrich angemerkt, dass das von Hersteller zu Hersteller oder gar von Händler zu Händler unterschiedlich gehandhabt wurde.

Gruß
Peter
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
Zitieren
#10
Hallo,

Vielen Dank für den Input - wieder was gelernt.

Das Privileg 100 funktioniert übrigens noch und hat nicht wie seon großer Bruder 200 einen Stoffriemen als Rutschkupplung, sondern einen Stahlriemen. Hätte nicht erwartet, dass es noch läuft, jedoch ist auch nicht viel drin, das kaputt gehen könnte - ist doch alles sehr primitiv aufgebaut. Schön ist, dass die Capstan-Aufsteckhülse für die 9,5cm/s noch dabei ist.

Hier im Radiomuseum ist sogar ein Verkaufsinserat von damals abgelichtet, auf dem die 5 DM sogar tatsächlich explizit erwähnt werden:

https://www.radiomuseum.org/r/quelle_pri...0p_10.html


VG
Andreas
Festina lente!

Motto der SN-Sammler: Irgendwann haben wir sie alle...
Zitieren
#11
Wie schon gesagt, der Betrag war auf der Rechnung immer ausgewiesen, denn das war ja der rechtl. Nachweis, dass das gekaufte Gerät "befreit" ist.

VG Stefan
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste