Was ist hier eigentlich Phase?
#1
Habt Ihr Euch auch schon über "dünnen Raumklang" geärgert?

Beim Betrieb meiner HiFi Anlage habe ich mich nie so richtig mit der räumlichen Abbildung der Wiedergabe abfinden können. Nach gründlicher Kontrolle der gesamten Installation und Umpolversuchen an den Lautsprechern, entschloß ich mich eine einfache "Phasenmessung" durchzuführen.

Ich verkabelte einen Sinusgenerator mit dem Eingang des Verstärkers und gleichzeitig mit dem X-Eingang des Oszilloskops. Beide Lautsprecherboxen stellte ich unmittelbar nebeneinander und davor positionierte ich ein Mikrofon genau zentrisch und mit etwas Abstand mittels eines Stativs. Das Mikrofon verkabelte ich mit dem Y-Eingang des Oszilloskops.
Ich pegelte die gesamte Anordnung so ein, daß ich am Oszilloskop eine gute Ablesbarkeit der beiden Amplituden und damit Phasenverhältnisse erreichte. Über den Mikrofonabstand stellte ich die Phasenwinkelanzeige auf Null(Diagonale L-unten/R-oben).
Während des Durchstimmens des Sinusgenerators wechselte ich ständig die Balance zwischen Links und Rechts und beobachtete dabei den Bildschirm. Die abgebildete Ellipse gibt Aufschluß über die Phasenbeziehung beider Signale(x/y) zueinander.
Nach bekannter Beziehung:

sin Fie = Xo/Xss = Yo/Yss > Fie = Arcsin Xo//Xss = Arcsin Yo/Xss

Bei der Interpretation des Resultates muß unterschieden werden, ob die registriete Phasenverschiebung frequenzabhängig ist oder nicht.
Natürlich bewirkt allein die Anwesenheit der Schallstrecke zwischen Lautsprecher und Mikrofon bereits eine systembedingte Frequenzabhängigkeit der Phasenverschiebung.
Abhängig von der Messfrequenz f und einer effektiven Schallstrecke s ergibt sich für die Störphasenverschiebung:

F = 360° x f x s / 300m/s.

Dies würde für eine Meßfrequenz von 1kHz und einer Schallstrecke von 0,1m bereits eine Phasenverschiebung von 120° ergeben.

Da die Bedingungen für beide Lautsprecherboxen gleich waren, konnte ich diesen Umstand vernachlässigen.
Auf beschriebene Weise geprüft, stellte ich auf einem Kanal ab etwa 400Hz abwärts eine plötzliche Phasendrehung um ca.180° fest, die sich aber bei etwa 5kHz wieder auf den Ausgangswert normalisierte.
Als ich beide Lautsprecherboxen öffnete um zu vergleichen, was hier vielleicht verschieden war, mußte ich leider feststellen, daß der Mitteltonlautsprecher an der Frequenzweiche genau anders herum angeschlossen war, als der in der zweiten Box.
Nach Berichtigung dieses kapitalen Fehlers, verhielten sich beide Prüflinge gleich.
Die Lautsprecher konnten nun zurück an ihren alten Aufstellungsort und spielten fortan phasenrichtig.

Wie sind Eure Erfahrungen und Erlebnisse auf diesem Gebiet, giebt es vielleicht andere Tipps und Erkenntnisse?

Bernd
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#2
Moin Forum,

als allererstes kommt es natürlich stark auf das verwendete musikmaterial an, heutige entprodukte haben meist sowieso keinerlei reale akustische abbildung mehr, da sie aufgrund von diversen DSP-bewaffneten "soundmodifizierungen" jegliche natürlichkeit, aufkosten der maximal erziehlbaren lautheit verloren haben, von einigen wenigen ausnahmen mal abgesehen (live/klassik).

Elektrisch sind manche eingesetzten frequenzweichen schlicht naja "spielzeug" wenn ich so sehe was da an kram, auch in teuren konstruktionen, verbaut wird...

Auch, wie in dem thread über die Breitbänder schon diskutiert, sind heutige "hi-fi boxen" totkonstruiert, mit dem gezüchteten tiefbass aus 10cm lautsprecherchen, diese können gar nichts dazu, aufgrund des dann anstiegenden menbranhubes wird der mitteltonbereich dann stark verzerrt (dopplereffekt, modulation hervorgerufen vom membranhub).

Bei mehrweg lautsprechern mit einzelsystemen wird allein schon wegen der unterschiedlichen winkel der einzelnen chassis zum hörer, ein gutes stück der abbildung zunichte gemacht, vergleichen mit einem echten coax-system.

Meinstens sind die Coax-systeme von sich auch schon "zeitrichtiger" konstruiert, da das hochton-system weit hinten sitzt (hinter der dustcap, bei hochleistungssystemen sogar noch hinter dem Tiefton magnet, da das horn auch noch platz finden muss)

Das fiel mir erstmals auf, als ich vor einer guten PA (mid/hi als coax) stand, wie exakt und ortbar doch alles ist, trotz der ganz anderen maxime (schalldruck und wirkungsgrad). Von der überragenden dynamik mal ganz abgesehen, selbst bei zimmerlautstärke haben sich die tiefen töne im bauch bemerkbar gemacht.
Daraufhin habe ich mir zwei bezahlbare PA coax chassis besorgt und mit einer aktiven frequenzweiche (erst genau wie bei PA mit 19" X-over) dann päter versuche mit zwei Motorola DSP Boards gemacht (FIR-Filter, die einen linearen zusammenhang zwischen amplitude und phase haben).
Für meinen teil hab ich festgestellt, daß die unterschiede zwar hörbar sind, aber nicht wirklich den aufwand des DSP-systems rechtfertigen, allein das coax-system ist schon für sich eine erfahrung, gut es verfärbt, und eine 1Zoll titan-membran kommt auch nicht wesentlich über 15Khz hinaus (-3dB bei nennpegel), aber die abbildung entschädigt, und die dynamik sowieso.
Ein gutes PA-chassis schaft locker 100dB/Wm SPL und das gehäuse muss nicht totgedämmt werden, wenn es dagegen noch ventiliert wird (reflexöffnung oder horn) kommt richtig live feeling auf - wobei die lautstärken dann etwaige mitbewohner zu protesten hinreissen lassen könnten. Aber ich gebe die für keine mehrwegbox der wellt mehr her.

Bekannte, die hierher kommen sagen immer es klingt mittenlastig, aber wenn sie dann mal eine zeitlang zugehört haben, sagen sie das ihre boxen zwar besser klingen, aber irgendwie tot seien, und "es von überall und nirgends kommen würde" und ich möge ihnen doch auch welche bauen, ich sag dann hey Du kannst mit ner säge umgehen, hier ist der plan, die chassis besorg ich, fang mal an, und vergiss den holzstern in der mitte nicht(sonst schwingen die holzwände mit). Selbst mit der passiven 18dB weiche, sind sie sehr zufrieden.

Natürlich ist auch auf die richtige polung der einzelnen systeme zu achten, denn sonst entstehen, wie Du schon richtig feststelltest, phasenauslöschungen im bereich der übernahmefrequenz.

Beste Grüsse,
AmImaX
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#3
Nette Idee, das mit Jules Lissajous.

Interessanter wird es, wenn man 2 Mikros nimmt. Ich denke da z.B an ein Kunstkopfmikro. Ein Mikro ist mit dem X-Eingang verbunden, das andere mit dem Y-Eingang.
Die beiden Lautsprecher haben exakt den gleichen Abstand zum Kunstkopf, auch die Winkel zur gedachten Mittelachse müssen gleich sein, ist z.B beim gleichseitigen Dreieck erfüllt.
Sind Lautsprecher, Mikrokapseln und Verstärker ideal, sieht man bei allen Frequenzen aus dem Sinusgenerator immer eine Diagonale gleicher Länge auf dem Schirm. Das geht natürlich nur in einem Raum ohne Reflexionen.
Wenn das Bild elliptisch wird, liegt eine Phasenverschiebung vor. Ändert sich das Bild auf dem Schirm in Höhe oder Breite, sind es Pegelunterschiede.
Bis zu einem gewissen Maß kann man mit so einer Anordnung einen realen Raum wie das Wohnzimmer auf seine akustischen Eigenschaften überprüfen. Interessant für die Aufstellung der Lautsprecher und den besten Platz des Zuhörers.
Es sei aber gesagt, daß Schallwellen sehr schnell kleine Wellenlängen annehmen. Ein Ton von 330 Hz hat 1 m Wellenlänge in der Luft, bei 3300 Hz sind es nur noch 10 cm.
Wellenlänge = 330 m/s / Frequenz
Wenn die Wellen von links und rechts an einem Punkt im Raum 180° Phasenverschiebung haben, löschen sie sich aus.
"Messungen" bei höheren Frequenzen haben also wenig Sinn.

Andreas, DL2JAS
Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
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