20.06.2018, 16:53
Heute wieder etwas für Präzisionsfreunde (und nein, das ist nicht ironisch gemeint )
Nachdem bei mir nach Jahrzehnten endlich wieder ein Fühlhebelmessgerät (chinesischer Puppitast-Nachbau) eingezogen ist, habe ich seit gestern sämtliche Umlenkrollen meines kleinen M15A-Arsenals auf max. 5µm Rundlaufabweichung justiert – mit dem altbewährten Gummihammer 8o
Hier ein Beispiel des Resultats:
https://youtu.be/C9EYqtxuLR4
(Anmerkung: bei 0:05 läuft eine Klebestelle mit ca. 48µm Klebeband durch.)
Vorzugsweise habe ich die Rollen dort zentriert, wo es drauf ankommt: an der Bandlauffläche und nicht etwa am Wellenende (obgleich dort der Hebel länger und die messbare Abweichung größer ist).
Bei der im Video gezeigten kleineren und zugleich kritischsten Rolle unmittelbar vor dem Kopfträgereinlauf liegt das Maximum beider Abweichungen nicht bei derselben Winkelstellung. Ursache hierfür dürften Drehtoleranzen der Rollen sein (in den Fertigungsunterlagen mit max. 0,01 mm angegeben, wenn ich mich recht erinnere). Bei einer Rolle war das Eiern sogar deutlich fühl- und sichtbar, doch im Langsamlauf kann erst eine Messuhr zeigen, an welcher Stelle das Maximum und damit der Einsatzort für das Hämmerchen liegt.
Pro Maschine war die Aktion eine Sache von zehn Minuten für alle drei Rollen, „schwerer Hammer, leichte Schläge“, diese Regel kannte ich noch von früher ... und der alte Knacker kann es offenbar immer noch 8)
Das Richten von Wellen hatte ich kurz nach dem Abi zunächst eine Zeitlang bei Rheinmetall (!) geübt ohne zu ahnen, wozu ich das eines Tages vielleicht noch gebrauchen könnte. Von allen Arbeiten, die damals anstanden, hatten mir Drehbank, Schleifmaschine und Präzisionsmesstisch am meisten zugesagt, und mitunter blieb ich dafür sogar mal was länger :whistling:
Schon wenige Monate später landeten bei mir immer häufiger T9 und M5 Maschinen (mehr oder weniger malade) zwecks Asyl, Pflege bzw. Reparatur. (Mit der M5 Konstruktion war ich gewissermaßen aufgewachsen, nur zu jenen Zeiten hätte ich sie noch nicht reparieren können). Hier bekam ich auch seltenere Bauformen auf den Tisch, bei denen unterschiedliche Geschwindigkeitsklassen (also 76/38/19 bzw. 38/19/9) durch Tonwellenaufsätze mit unterschiedlichen Durchmessern realisiert wurden. Zu diesem Zweck war der Tonwellenstumpf konisch geformt (ähnliches Prinzip wie bei Morsekegeln), die Aufsätze wurden mit einer Madenschraube vom Wellenende gelöst:
Ein ständiges Ärgernis dieser Methode war die Zentrierung, deren Präzision bereits durch zufällig hineingeratene Staubkörner litt (gefordert: 0,5...1µm je nach Aufsatzdurchmesser). Drehte man jedoch beim Befestigen den Aufsatz ein wenig auf der Welle, konnte man mit etwas Glück die beteiligten Rundheits- und Konzentrizitätsabweichungen gegen Null kompensieren (wonach ich die gegenseitige Stellung von Welle und Rolle natürlich für die Zukunft markierte).
Nicht selten allerdings war durch rauhen Umgang (beliebteste Ursache: zu starke Andruckrollenkraft) der Wellenstumpf verbogen, was sich in unterschiedlich großen Abweichungen am unteren und oberen Ende bemerkbar machte, und da diese Motorwellen – im Gegensatz zu M15/M15A Tonwellen – nicht gehärtet waren, konnte (bzw. musste) man sie entsprechend „bearbeiten“ ...
Ernstlich beschädigte M15/M15A Tonwellen sind auch heutzutage zum Glück selten, doch die hervorstehenden Umlenkrollen bekommen bei allzu sorglosem Umgang gerne einen fühl- und manchmal sogar sichtbaren Schlag mit. Unvorsichtiges Schaben oder Anstoßen an einem unnachgiebigen Gegenstand (z.B. wenn die Maschine aus Platzgründen seitlich stehend gelagert wird) reicht dafür völlig aus.
Schließlich habe ich bei meiner gerichteten („richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet...“) Messbandmaschine die Gleichlaufschwankungen bei 19, 38 und 76 zu Anfang eines 1000m Wickels gemessen, erst während der Aufnahme (üblicherweise an der prinzipbedingten Nulldrift zu erkennen), dann während zeitversetzter Wiedergabe rückwärts (d.h. mit vertauschten Wickeln), jeweils als Spitzenwert mit Bewertung nach DIN 45507 & IEC 386.
Die Werksspezifikation (THS 0,05% für 19 und 0,03% für 38/76, Schlupf 0,1%) wird mühelos unterboten:
19 cm/s, Hinterband
19 cm/s, zeitversetzt
38 cm/s, Hinterband
38 cm/s, zeitversetzt
76 cm/s, Hinterband
76 cm/s, zeitversetzt
Bei den FFT-Analysekurven sind vor allem die periodischen Schwankungskomponenten von Interesse. Die folgende Aufstellung zeigt, dass diese vor allem von der Tonwelle und der äußerst links liegenden Zählerrolle stammen. Störungen aus dem Antrieb hingegen (Tonmotor, Spannrolle, Riemen) sind nicht nachweisbar:
Übrigens steht die Anzeige des 10µm-Tasters bei der Tonwelle vollkommen still. Kaum verwunderlich, da laut Unterlagen die Toleranzgrenzen hier zwischen 0,5…0,8µm liegen. Eine Messuhr mit 1µm Genauigkeit aus DDR-Produktion ist bereits auf dem Weg zu mir. Mal sehen, was diese noch zutage fördert
Grüße, Peter
Nachdem bei mir nach Jahrzehnten endlich wieder ein Fühlhebelmessgerät (chinesischer Puppitast-Nachbau) eingezogen ist, habe ich seit gestern sämtliche Umlenkrollen meines kleinen M15A-Arsenals auf max. 5µm Rundlaufabweichung justiert – mit dem altbewährten Gummihammer 8o
Hier ein Beispiel des Resultats:
https://youtu.be/C9EYqtxuLR4
(Anmerkung: bei 0:05 läuft eine Klebestelle mit ca. 48µm Klebeband durch.)
Vorzugsweise habe ich die Rollen dort zentriert, wo es drauf ankommt: an der Bandlauffläche und nicht etwa am Wellenende (obgleich dort der Hebel länger und die messbare Abweichung größer ist).
Bei der im Video gezeigten kleineren und zugleich kritischsten Rolle unmittelbar vor dem Kopfträgereinlauf liegt das Maximum beider Abweichungen nicht bei derselben Winkelstellung. Ursache hierfür dürften Drehtoleranzen der Rollen sein (in den Fertigungsunterlagen mit max. 0,01 mm angegeben, wenn ich mich recht erinnere). Bei einer Rolle war das Eiern sogar deutlich fühl- und sichtbar, doch im Langsamlauf kann erst eine Messuhr zeigen, an welcher Stelle das Maximum und damit der Einsatzort für das Hämmerchen liegt.
Pro Maschine war die Aktion eine Sache von zehn Minuten für alle drei Rollen, „schwerer Hammer, leichte Schläge“, diese Regel kannte ich noch von früher ... und der alte Knacker kann es offenbar immer noch 8)
Das Richten von Wellen hatte ich kurz nach dem Abi zunächst eine Zeitlang bei Rheinmetall (!) geübt ohne zu ahnen, wozu ich das eines Tages vielleicht noch gebrauchen könnte. Von allen Arbeiten, die damals anstanden, hatten mir Drehbank, Schleifmaschine und Präzisionsmesstisch am meisten zugesagt, und mitunter blieb ich dafür sogar mal was länger :whistling:
Schon wenige Monate später landeten bei mir immer häufiger T9 und M5 Maschinen (mehr oder weniger malade) zwecks Asyl, Pflege bzw. Reparatur. (Mit der M5 Konstruktion war ich gewissermaßen aufgewachsen, nur zu jenen Zeiten hätte ich sie noch nicht reparieren können). Hier bekam ich auch seltenere Bauformen auf den Tisch, bei denen unterschiedliche Geschwindigkeitsklassen (also 76/38/19 bzw. 38/19/9) durch Tonwellenaufsätze mit unterschiedlichen Durchmessern realisiert wurden. Zu diesem Zweck war der Tonwellenstumpf konisch geformt (ähnliches Prinzip wie bei Morsekegeln), die Aufsätze wurden mit einer Madenschraube vom Wellenende gelöst:
Ein ständiges Ärgernis dieser Methode war die Zentrierung, deren Präzision bereits durch zufällig hineingeratene Staubkörner litt (gefordert: 0,5...1µm je nach Aufsatzdurchmesser). Drehte man jedoch beim Befestigen den Aufsatz ein wenig auf der Welle, konnte man mit etwas Glück die beteiligten Rundheits- und Konzentrizitätsabweichungen gegen Null kompensieren (wonach ich die gegenseitige Stellung von Welle und Rolle natürlich für die Zukunft markierte).
Nicht selten allerdings war durch rauhen Umgang (beliebteste Ursache: zu starke Andruckrollenkraft) der Wellenstumpf verbogen, was sich in unterschiedlich großen Abweichungen am unteren und oberen Ende bemerkbar machte, und da diese Motorwellen – im Gegensatz zu M15/M15A Tonwellen – nicht gehärtet waren, konnte (bzw. musste) man sie entsprechend „bearbeiten“ ...
Ernstlich beschädigte M15/M15A Tonwellen sind auch heutzutage zum Glück selten, doch die hervorstehenden Umlenkrollen bekommen bei allzu sorglosem Umgang gerne einen fühl- und manchmal sogar sichtbaren Schlag mit. Unvorsichtiges Schaben oder Anstoßen an einem unnachgiebigen Gegenstand (z.B. wenn die Maschine aus Platzgründen seitlich stehend gelagert wird) reicht dafür völlig aus.
Schließlich habe ich bei meiner gerichteten („richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet...“) Messbandmaschine die Gleichlaufschwankungen bei 19, 38 und 76 zu Anfang eines 1000m Wickels gemessen, erst während der Aufnahme (üblicherweise an der prinzipbedingten Nulldrift zu erkennen), dann während zeitversetzter Wiedergabe rückwärts (d.h. mit vertauschten Wickeln), jeweils als Spitzenwert mit Bewertung nach DIN 45507 & IEC 386.
Die Werksspezifikation (THS 0,05% für 19 und 0,03% für 38/76, Schlupf 0,1%) wird mühelos unterboten:
19 cm/s, Hinterband
19 cm/s, zeitversetzt
38 cm/s, Hinterband
38 cm/s, zeitversetzt
76 cm/s, Hinterband
76 cm/s, zeitversetzt
Bei den FFT-Analysekurven sind vor allem die periodischen Schwankungskomponenten von Interesse. Die folgende Aufstellung zeigt, dass diese vor allem von der Tonwelle und der äußerst links liegenden Zählerrolle stammen. Störungen aus dem Antrieb hingegen (Tonmotor, Spannrolle, Riemen) sind nicht nachweisbar:
Übrigens steht die Anzeige des 10µm-Tasters bei der Tonwelle vollkommen still. Kaum verwunderlich, da laut Unterlagen die Toleranzgrenzen hier zwischen 0,5…0,8µm liegen. Eine Messuhr mit 1µm Genauigkeit aus DDR-Produktion ist bereits auf dem Weg zu mir. Mal sehen, was diese noch zutage fördert
Grüße, Peter
Grüße
Peter
_____________________
Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
Peter
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Ich bin, wie ich bin.
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(Konrad Adenauer)