Acetatbänder
#1
Hallo,

Hier Mal ne Frage am Rande. Ich habe beim Aufräumen ORWO Bänder vom Typ CPS 35 gefunden, die aller Wahrscheinlichkeit von meinem Vater stammen.
Kann ich die Dinger auf der A77 spielen, ohne dass das den Tonkopf rasiert? Die sind ja an sich sehr hart....

Danke schonmal und Gruß aus der Niederlausitz.
A77 2- und 4-Spur, G36, RFT SK 3930, RFT CAW-WI, SP 3930 und REMA 2072 + B2725 konstant
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#2
Kannst du. Natürlich sind die etwas rauer als moderne Bänder, aber es ist unkritisch. Das Basismaterial, also in dem Fall Zelluloseazetat hat allerdings mit der Rauigkeit nicht viel zu tun, diese ergibt sich aus der Beschichtung und der Überflächenbehandlung derselben (Kalandrierung).

Sei aber beim Umgang mit dem Band vorsichtig, Azetatband ist sehr spröde, gerade im Alter, und reißt gerne. Azetatband war grundsätzlich Bockmist und hatte nur Nachteile (außer dem billigen Preis). BASF nahm es schon Ende der 40er Jahre aus der Produktion, Agfa-Leverkusen in den 50ern, Orwo und Weltmarktführer Scotch erst Anfang der 70er.

Gruß
Stefan
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#3
Danke. Werde den Inhalt dann Mal vorsichtig sichern.
A77 2- und 4-Spur, G36, RFT SK 3930, RFT CAW-WI, SP 3930 und REMA 2072 + B2725 konstant
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#4
Hallo Namenloser ReFuchs,

Sehr wahrscheinlich sind diese ORWO Bänder in 1/2 Mono aufgenommen. Das kann u.U. dazu führen, das die Aufnahmen bei der 1/4 Spur Maschine etwas leise rüberkommen. Man kann aber zumindest hören was auf den Bändern ist. Wie schon erwähnt, sind die Bänder nicht sonderlich hart im Nehmen aber haben so einen ganz besonderen Duft. thumbsup Wie ich grad lese, hast Du ja eine 1/2 Spur Maschine... also geht Dein Vorhaben.

Liebe Grüsse Andre
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#5
André, ein Halbspurmonoband sollte sich ohne Pegelverlust auf einer Viertelspurmaschine wiedergeben lassen. Es sei denn, die aufnehmende Maschine entstammte tatsächlich noch der Zeit, als die Halbspurmonoaufnahme auf der "unteren" Bandhälfte aufgezeichnet wurde, da in diesem Fall das rechte Viertelspurkernpaket nicht die gesamte Aufzeichnung abtastet. Bei der "gängigen" Mono/Links ist "oben" Aufzeichnung bleibt hat der gesamte Spalt was zum Abtasten.

niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
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#6
... ich heiße im übrigen Ingo.
Mein Vater besaß ein Smaragd, dass ich auch noch besitze, was allerdings nicht läuft. Demnach dürften die Bänder in der Tat Halbspur sein.
A77 2- und 4-Spur, G36, RFT SK 3930, RFT CAW-WI, SP 3930 und REMA 2072 + B2725 konstant
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#7
Hallo Ingo,

auf Deiner 1/2 Spur A77 kannst Du das probieren. Erwarte nicht zuviel. Es gab durchaus gute Smaragde .
Ich hab bei einem von meinen BG's auch Bänder dabei gehabt die ganz passabel klangen.

Trotzdem bin ich irritiert Nils.

   


.jpg   image.jpg (Größe: 15.82 KB / Downloads: 499)

Vielleicht irre ich mich auch.


Liebe Grüße Andre
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#8
Du hast recht mit den Spurlagen und ich habe recht mit dem Pegel. Nehmen wir mal einen Bezugspegel von 257 nWb/m, da wird schnell deutlich, dass es sich hier um eine Relation handelt, da es sich auf Meter bezieht. Bei dem Viertelspurkopf haben wir eine Spurbreite von 1 mm, den Bandfluss können wir hier praxisnah mit 257 pWb/mm angeben. Bei unserem Halbspurkopf würde 514 pWb/2mm daraus werden. Bei der Wiedergabe ist es egal, ob die Aufzeichnung "breiter" ist.
Wenn eine 1-mm-Spur von einem 2-mm-Kopf abgetastet wird, fehlt folglich die Hälfte des Pegels.

niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
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#9
Hallo zusammen,

so wie Du das beschreibst mein lieber Niels mag das ja sein, aber die Bänder um die es geht, sind mit grosser Sicherheit nicht in die Sättigung gefahren. Schon gar nicht mit einem Smaragd. Da aber der TE eine 1/2 Spur A77 am Start hat, erübrigt sich doch alles oder? Von daher, alles gut. thumbsup

Liebe Grüsse Andre
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#10
Kofferklauen?

André, ich habe den Eindruck, dass wir aneinander vorbeireden. Aus schierer Neugier wüsste ich nur gerne an welcher Stelle?

Du schriebst: "Sehr wahrscheinlich sind diese ORWO Bänder in 1/2 Mono aufgenommen. Das
kann u.U. dazu führen, das die Aufnahmen bei der 1/4 Spur Maschine etwas
leise rüberkommen."
Darauf habe ich mich bezogen, in dem ich dargestellt habe, dass wegen der Spurlage in diesem Fall kein Pegelverlust zu erwarten ist.

Das hat aber mit Sättigung rein gar nichts zu tun.

niels
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#11
Vollspurlöschkopf,'index.php?page=Thread&postID=212572#post212572 schrieb:Sei aber beim Umgang mit dem Band vorsichtig, Azetatband ist sehr spröde, gerade im Alter, und reißt gerne. Azetatband war grundsätzlich Bockmist und hatte nur Nachteile (außer dem billigen Preis). BASF nahm es schon Ende der 40er Jahre aus der Produktion, Agfa-Leverkusen in den 50ern, Orwo und Weltmarktführer Scotch erst Anfang der 70er.

Gruß
Stefan
Muß hier mal meinen Senf dazugeben: Ich habe selber noch gut und gerne 30 Stück 1000m vom Typ ORWO CR50, CPR50/Typ100 im Bestand und nutze die auch auf der M15. Die Bänder sind sehr stabil, überhaupt nicht spröde und wickeln, bis auf ein paar Ausnahmen, auch einwandfrei. Das ältere CR50 ist in etwa so glatt kalandriert wie das AGFA PER 528, die CPR50 können sich sogar mit den modernsten Bändern messen, was die Oberflächenglätte angeht. Acetatbänder sind sehr stabil, selbst bei Stop aus vollem Umwickeln auf der M15a reißt da nichts. Die CPS35/Typ112 waren allerdings bekannt dafür, leicht zu reißen, besonders wenn die Kanten verschränkt wurden. Der Vorgänger CPR35/Typ110 war da besser im nehmen. ORWO hielt solange an der AC-Folie fest, weil erstens die Produktionsanlagen dafür da waren und man das gut im Griff hatte (aus diesem Grund hielt ja auch BASF an seiner Luvithermfolie fest und wechselte erst spät auf PE) und weil, nach Aussagen eines DEFA-Mannes es den Tontechnikern lieber war, wenn das Band gerade zerriß und sich nicht dehnte, wie es bei PE der Fall ist.
Viele Grüße,

Matthias
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#12
Danke Matthias, das wusste ich auch noch nicht. Ich habe die alten Bänder eigentlich immer gemieden, da ich der Ansicht war, und ebenfalls mein Vater, als das Smaragd den Dienst quittierte, spielte er die Bänder nicht mehr auf der Tesla.
Zumindest werde ich Mal den Inhalt "sichten"
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#13
Leicht verspätet ein Nachtrag:

Zitat aus Beitrag #2: BASF nahm [das Acetatband] schon Ende der 40er Jahre aus der Produktion

Es mag etwas zynisch klingen, aber das Produktions-Ende dieses I.G. Farbenindustrie-Bandtyps lässt sich auf die Minute genau bestimmen: nämlich am 29. Juli 1943, gegen 17:53 Uhr - da ereignete sich nämlich eine fatale Explosion 100 m neben der Magnetophonband-Fabrik, die vollständig zerstört wurde. Von den Folgen für die Mitarbeiter will ich hier nichts schreiben.

BASF (genauer eben: I.G. Farbenindustrie) produzierte als Notlösung Masseband auf PVC-Basis (also mit Magnetpigment "gefüllte" PVC-Folie), erste Fertigungen liefen im Oktober/November 1943 an. I.G. Farbenindustrie Werk Wolfen stieg - da Magnetband ein "kriegswichtiges Produkt" war - im Herbst 1943 vom Labor- bzw. Technikums-Stadium zur Magnetband-Produktion um und blieb bis Kriegsende (und als Agfa Wolfen bzw. ORWO darüber hinaus) beim Schichtband auf Celluloseazetat-Folie.

Celluloseazetat-Band war also keineswegs "grundsätzlich Bockmist", sondern seit 1933/1934 der - bitteschön - mit Respekt zu nennende Urtyp des Magnetbands als Serienprodukt.

F.E.
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#14
ReFuchs,'index.php?page=Thread&postID=212749#post212749 schrieb:Danke Matthias, das wusste ich auch noch nicht. Ich habe die alten Bänder eigentlich immer gemieden, da ich der Ansicht war, und ebenfalls mein Vater, als das Smaragd den Dienst quittierte, spielte er die Bänder nicht mehr auf der Tesla.
Zumindest werde ich Mal den Inhalt "sichten"
Alles ab AGFA (Ost) CR ist relativ glatt kalandriert und kein Kopftöter. Wenn man bedenkt, daß das AGFA-West PER 525 aus den 70ern genauso rauh ist wie die alten C und CH-Bänder der AGFA-Ost, spricht also nichts dagegen, diese Bänder zum gelegentlichen Abspielen auf eine moderne Maschine zu tun.
Neuaufnahmen auf den alten Bändern würd ich aber nicht mehr machen.
Viele Grüße,

Matthias
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#15
Hallo an Friedrich und die anderen,

da muss ich meine "Bockmist"-Aussage präzisieren. Zu seiner Zeit, also in den 1930er Jahren, war das Azetatband natürlich ein Qualitätsprodukt nach dem letzten Stand der Dinge, dem Respekt gebührt. Sobald aber in den folgenden Jahrzehnten mit PVC und PE wesentlich modernere Materialien zur Verfügung standen, war Azetatband letzte Wahl. Sicher, besonders als Standardband (also um 50µm) erfüllte es seinen Zweck, hatte aber so viele Nachteile, dass man es ab den 60er Jahren bis heute durchaus als "Bockmist" bezeichnen darf. Es ist hygroskopisch und damit klimaabhängig, spröde, die Quersteifigkeit ist minimal (man kann es von der Seite her zerreißen wie Papier), die Schmiegsamkeit ist schlechter, es wickelt meist schlechter, es neigt zur Zersetzung (erkennbar an penetrantem Essiggeruch)... reicht das?

Amerikanische Hersteller führten es teilweise noch bis Anfang der 70er Jahre, aber ab den 60ern immer nur als Low-Budget-Alternative zu den teureren PE-Typen. Vor allem Scotch war mit dem Typ 111 erfolgreich (ich meine, das flog 1972 aus dem Programm). Beworben wurden die AC-Typen für "normale Anwendungen", während PVC- und PE-Bänder immer für "hohe Ansprüche" und langfristige und klimaunabhängige Archivierung empfohlen wurden. Langspielbänder auf AC-Basis waren extrem defektempfindlich.

Orwo hat auch noch lange AC-Bänder produziert, die hatten aber in der Mangelwirtschaft sicher keine andere Wahl.

Gruß
Stefan
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#16
Vollspurlöschkopf,'index.php?page=Thread&postID=212809#post212809 schrieb:Orwo hat auch noch lange AC-Bänder produziert, die hatten aber in der Mangelwirtschaft sicher keine andere Wahl.

Gruß
Stefan
Muß auch hier nochmal meinen Senf dazugeben. Bis Anfang der 70er Jahre unter Ulbricht war die wirtschaftliche Lage gar nicht mal so schlecht, wenn man von der Ausgangslage der DDR ausgeht. Schlechter wurde es erst nach Machtergreifung durch Honecker..
Mitte der 60er Jahre plante man eine neue Magnetbandfabrik in Dessau, die ca. 1969 in Betrieb ging. Dort nutzte man ausschlichlich PE-Folie, logischerweise erstmal für Dreifach- und Doppelspielband, aber auch Computer- und Videoband.
Wolfen produzierte derweil das Acetatband weiter, allerdings nur noch als 50µ und als 35µ. Ca. 1975 wurde dann alles auf PE-Folie umgestellt.
Viele Grüße,

Matthias
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#17
So, Mal kurzer Zwischenstand. Hab das erste der besagten Bänder auf der G36. Bespielt mit Musik der 60er und frühen 70er. Halbspur Mono. Es wickelt sehr sauber und es ist außer das Virspannband nix gerissen. Qualitativ klingt es etwas nach Mittelwelle, stellenweise auch nach Mikrofonaufnahmen. Könnte sicher auch an der damaligen Zeit liegen. Ich denke das dürfte dann unter Umständen noch die erste Aufnahme sein...
Gruß Ingo.
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#18
Ingo,

du denkst sicher daran, dass in den 1960er Jahren allenfalls einige wenige Amateur-Tonbandgeräte einen Frequenzgang hatten, der über 8 ... 10 kHz hinausging - insofern reproduzierst du mit "Mittelwellenklang" nur den damaligen Stand der Technik. Auf das Problem "Spaltstellung / Azimut" will ich hier garnicht eingehen, das ist berechtigterweise ein Dauerthema hier im Forum.

F.E.
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#19
Ingo, welches Band hast du bespielt? Ich habe auch noch etwas ORWO CPR35 bzw. Typ 110 bei mir und möchte mir daraus eine Spule für meine B36 wickeln. Ich denke die hatten ja damals in den 50ern auch nicht anderes für die Revox. Ich denke für Elvis wirds gereicht haben....

VG Martin
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#20
Friedrich Engel,'index.php?page=Thread&postID=212881#post212881 schrieb:Ingo,

du denkst sicher daran, dass in den 1960er Jahren allenfalls einige wenige Amateur-Tonbandgeräte einen Frequenzgang hatten, der über 8 ... 10 kHz hinausging - insofern reproduzierst du mit "Mittelwellenklang" nur den damaligen Stand der Technik. Auf das Problem "Spaltstellung / Azimut" will ich hier garnicht eingehen, das ist berechtigterweise ein Dauerthema hier im Forum.

F.E.
Das stimmt so nicht ganz, die Philips-Geräte um 1960 kamen bei 9,5 cm/s zumindest laut Datenblatt schon auf 14 kHz, bei 19 mehr (weiß ich leider nicht auswendig). Für billigere Geräte mag es aber zutreffen und die Realität der Aufnahmen, die man häufig auf Flohmärkten etc. findet trifft es definitiv zu.
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#21
Die Revox B36 war für die 50er zumindest schon ein sehr gutes Gerät und kam mit 19 auf 12kHz sowie mit 9,5 auf 7 kHz.

ftp://ftp.studer.ch/Public/Products/Revo...B36_Op.pdf

Die kleinen Grundik TK14-27 lagen bis Mitte der 60er mit 9.5 bei max 12kHz

VG Martin
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#22
Hallo!

UHER´s Spitzenmodell der 50er Jahre hatte, lt. BDA (in div. Prospekten standen werbewirksamere Daten) folgende Daten:

   

Wobei leider wichtige Zusatzinformationen zu den Frequenzgängen fehlen (+-??dB/etc.)

Gruß
Wolfgang
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#23
Es handelt sich um alte Aufnahmen. Die müssten seinerzeit auf dem Smaragd, eventuell noch auf nem ZK 120 gemacht worden sein. Eine Neuaufnahme habe ich auf dem Material noch nicht gemacht.
Ich denke, bei 19 lassen sich bestimmt ganz gute Ergebnisse erzielen. Die vorhandenen Aufnahmen sind zwar etwas dumpf, haben aber keine Drop Outs und Klingen, an der Zeit gemessen, eigentlich ganz ordentlich.

Gruß Ingo
A77 2- und 4-Spur, G36, RFT SK 3930, RFT CAW-WI, SP 3930 und REMA 2072 + B2725 konstant
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#24
Vorsicht, Martin, zur Angabe der oberen Frequenzgrenze gehört immer die Toleranz, also der Abfall gegenüber 1 kHz, sonst vergleicht man Äpfel mit Birnen. Für die B36 gilt bis 12 kHz +1/-2 dB und bis 15 kHz -5dB.
Übliche Grenze war bei Angaben damals -6dB Abfall, gute Geräte gingen 1958 bis etwa 16 kHz (Grundig TK 35, Uher 700er), in den 60ern noch etwas besser.

Wenn du authentische Bänder auf deiner B36 verwenden willst, besorg dir BASF LGS 35 (wird auf ebay preiswert gehandelt), ein solides und heute noch problemloses PVC-Langspielband.

Gruß
Stefan
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#25
Angesichts der fleißigen Aufzählens, welche Geräte Anfangs der 1960er Jahre welchen Frequenzgang hatten, möchte ich mich ausnahmsweise selbst zitieren:

"allenfalls einige wenige Amateur-Tonbandgeräte einen Frequenzgang hatten, der über 8 ... 10 kHz hinausging"

Zur folgenden Empfehlung! Eine gewichtige Einschränkung ist nötig: LGS-Bänder stammen aus den Jahrgängen 1953 bis ca. 1968. Ihre Koerzitivfeldstärke liegt bei ca. 23 kA/m, während Heim-Tonbandgeräte ab Anfang der 1970er Jahre auf das - übrigens heute noch gültige - Referenzleerband C 264 Z eingestellt wurden, dessen Koerzitivfeldstärke bei ca. 27 kA/m liegt - dementsprechend verändert sich der Arbeitspunkt und, wegen höherer Empfindlichkeiten bei kurzen Wellenlängen, auch die Aufnahme-Entzerrung usw. So gesehen, sollten LGS-Bänder für Aufnahmen nur auf nicht-neu-eingestellten Tonbandgeräten der Jahrgänge VOR 1970 verwendet werden. Neuere Geräte auf diese Veteranen einzumessen halte ich für problematisch, da genaugenommen auch die Wiedergabe-Entzerrung geändert werden müsste - damit gerät die ganze Kiste durcheinander, was sich spätestens herausstellt, wenn neuere Bänder bespielt werden sollen (kommt allerdings ganz auf die Ansprüche an, Musik macht das Band eigentlich immer).

Übrigens: ich hatte hier mal, absichtlich provozierend, gefragt, auf welchen Dokumenten die Behauptungen der Art beruhen, das Heimtonband-Gerät XY sei ab Werk auf Band ABC eingemessen. Die Antworten waren, wie erwartet, annähernd Null. Wenn die Unterschiede zwischen einzelnen Fabrikaten wirklich solchen Aufwand erfordert hätten, wäre die ganze Normungsarbeit absurd und wirkungslos gewesen. Auch japanische Hersteller haben sich immer (mit einer Informationspanne bei CC) an die genormten Bezugsband-Leerteile bzw. Referenzleerbandteile gehalten, die im Heimtonbereich traditionell von BASF stammten (so auch das C 264 Z von 1969). Ich befürchte, bei diesem Einmessen werden nur die Produktionsschwankungen, sprich: - unbedingt erforderlichen - Toleranzen zwischen den einzelnen Produkten ausgeglichen. Wenn nun Band 999 an der unteren, dagegen Band 666 an der oberen Toleranzgrenze liegt, kommt leicht der Verdacht auf, hier handele es sich um zwei verschiedene Klassen (was allenfalls für die einzelnen Entwicklungsstufen auch der Heimtonbänder gilt).

Es ist ein beachtlicher Unterschied, ob ein Gerätehersteller das Band ABC für seine Produkte empfiehlt oder sie darauf einmisst.

F.E.
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#26
LGS 35 habe ich einiges hier. Es gab von BASF noch Standardband LGS 52 mit dieser rötlich schimmernden Rückseitenbeschichtung. Was ist eigentlich davon zu halten?

VG Martin
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#27
LGS 35 ist nahezu identisch mit LGS 52. Zumindest während bestimmter Fabrikationsphasen war die PVC-Trägerfolie des LGS 52 rot eingefärbt (also definitiv keine Rückseitenmattierung, sondern nur zur optischen Unterscheidung vom Langspielband LGS 35), schließlich gab es noch LGS 26 als Doppelspielband. Da das Magnetpigment - von Chargenschwankungen abgesehen - bei allen drei Fertigungsarten das gleiche war, sind die obigen Anmerkungen auch für alle gleich.

F.E.
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#28
Danke dir, Friedrich. Muss ich dich nochmal löchern weil mir über die Bucht ein als LGS 35 angebotene Spule mit einigen roten Schnipseln zugeflogen ist. Hat jetzt zwar nichts mit Acetat zu tun aber doch mit authentischen Bändern für Bandmaschinen welche vor 1970 gebaut wurden.

Ein Bandschnipsel ist auf der Rückseite mit einen matteren etwas helleren rot versehen. Die Bandinnenseite hat aber genau das helle braun wie LGS52. Auf der roten Rückseite steht "Agfa Magnetophon Band FR6516". Es war manuell auf einer 13er Spule verklebt mit LGS52 Schnipseln. Ist das überhaupt ein vergleichbares Band?

VG Martin
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#29
Hallo Martin,

zu deiner Frage kann ich wenig sagen, da ich das Agfa FR kaum mehr als der Typbezeichnung nach kenne. Da sich aber Agfa immer nach dem jeweiligen Bezugsband-Leerteil (ausnahmsweise nicht C 264 Z, sondern einer seiner Vorgänger) gerichtet hat, dürften sich FR und LGS 52 in der Praxis nicht allzu stark unterscheiden.

F.E.
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#30
Das ist jetzt spannend! Ich werde auf die Schnelle in meiner Sammlung nicht fündig, aber ich könnte schwören, mindestens einmal ein LGS 35 mit dieser auffallenden roten Farbe gesehen zu haben! Definitiv gefunden habe ich ein Stück LGS 26 mit auffälliger Rückseite, allerdings nicht ganz so dunkel rot wie ich in Erinnerung hatte.
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#31
Hallo Ragnar_AT,

anbei eine Lieferliste der BASF AG, vermutlich von Oktober 1959:

   

Der ganze Aufwand diente also dazu, dass der Verbraucher / Benutzer sofort erkennen konnte, mit welchem Bandtyp er es zu tun hatte.
"Rückseite: braun" beim Langspielband hieß schlicht, dass die PVC-Folie glasklar war.

Notabene: das Doppelspielband war damals noch nicht entwickelt.

F.E.
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#32
Friedrich,

Friedrich Engel,'index.php?page=Thread&postID=212975#post212975 schrieb:Neuere Geräte auf diese Veteranen einzumessen halte ich für problematisch, da genaugenommen auch die Wiedergabe-Entzerrung geändert werden müsste

vielen Dank für diesen Hinweis - dann wäre also die "artgerechte" Entzerrung für LGS35 auf einem Heimgerät bei 19 cm/s eher 100 µs statt der gewohnten 3180 + 50 µs? Waren denn die aufkommenden LH-Bänder Ende der 1960er-Jahre auch der Anlass für die Entzerrungsänderung (1966 für BB 19 H und 1968 für BB 9.5, nach Tabelle 37 in den Zeitschichten)?

Viele Grüße
Andreas
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#33
Hallo Andreas,

deine Annahme trifft zu: DIN 45 513 Blatt 3, Juni 1962, spricht von "Frequenzgang des Übertragunsmaßes eines RC-Gliedes in Parallelschaltung mit einer Zeitkonstante von 100 µs" - also fehlt hier noch die beim BB 19h ab Oktober 1966 hinzugekommene Tiefenentzerrung mit 3180 µs (die Höhenentzerrung wurde damals auf 50 µs geändert). Ältere Normblätter fehlen mir leider.

DIN 45 513 Blatt 4, Juni 1962, schreibt bei 9,5 cm/s 120 + 3180 µs vor, die Ausgabe 1966 fehlt mir ebenfalls, sie muss dann 90 + 3180 µs vorgeschrieben haben.

Ohne die merklich verbesserten Eigenschaften der LH-Bänder - und den "Parallelprodukten" der anderen Hersteller - gegenüber der Generation LGS wären diese Änderungen ab 1966 nicht möglich gewesen.

Also: alter LGS-Wein in neuen Schläuchen ist, wie immer, eine riskante Sache. Natürlich könnte man die Wiedergabe-Entzerrungs-Differenzen mit einem ordentlichen Filternetzwerk nachbilden und kompensieren. Aber: vom Arbeitspunkt und der dito Aufnahme-Höhenanhebung müsste ja auch die Rede sein, wenn auf LGS-Oldies aufgenommen werden soll - ich würde jedem vom "Rückbau" abraten, der die Zusammenhänge nicht bestens kennt und dann sehr wahrscheinlich mitten in der Arbeit die Übersicht verliert (ich würde sowieso die Finger davon lassen).

F.E.
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#34
Hallo Friedrich,

vielen Dank für die chronologische Zusammenfassung!

Friedrich Engel,'index.php?page=Thread&postID=213171#post213171 schrieb:Ohne die merklich verbesserten Eigenschaften der LH-Bänder - und den "Parallelprodukten" der anderen Hersteller - gegenüber der Generation LGS wären diese Änderungen ab 1966 nicht möglich gewesen.

Da ich mich im Kopf gerne mit dem Vorzeichen irre, musste ich doch noch einen Blick ins Entzerrungsbüchlein von Peter van Bommel werfen:

Die kleinere Zeitkonstante entspricht einer geringeren Höhenanhebung bei der Wiedergabe; damit wird auch weniger Rauschen verstärkt, und der Störspannungsabstand wird besser. Bei der Aufnahme wird also ein höherer Fluss aufs Band gebracht - was zu einer Verringerung der Höhenaussteuerbarkeit führt. Da sich letztere mit der neuen Bandgeneration aber signifikant verbessert hat, konnte man sich die geringere Entzerrung "leisten" - den Kompromiss also guten Gewissens zu Gunsten geringeren Rauschens verschieben.

Stimmt das so, oder habe ich wieder einen Vorzeichenfehler irgendwo?

Friedrich Engel,'index.php?page=Thread&postID=213171#post213171 schrieb:Natürlich könnte man die Wiedergabe-Entzerrungs-Differenzen mit einem ordentlichen Filternetzwerk nachbilden und kompensieren.

Glücklicherweise ist so eine Operation im Digitalzeitalter ja ohne bleibende Spuren am Bandgerät schmerzlos und lötfrei als Einzeiler durchführbar. Das hilft zumindest, wenn man gelegentlich eine Aufnahme nach vermutlich historischer Entzerrungsnorm mit einem "modernen" Bandgerät digitalisiert - was ja in der Praxis durchaus vorkommt.

Friedrich Engel,'index.php?page=Thread&postID=213171#post213171 schrieb:ich würde jedem vom "Rückbau" abraten, der die Zusammenhänge nicht bestens kennt und dann sehr wahrscheinlich mitten in der Arbeit die Übersicht verliert

Das ist je gewisslich wahr - und schützt trotzdem nicht davor, sich irgendwann aus Neugier (oder eher "Altgier"? ) beim Messen trotzdem aufs Glatteis zu wagen...

Viele Grüße
Andreas
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#35
Wenn ich das alles richtig lese und verstehe ist die alte viel zitierte Tonbandlerweisheit "Nimm erst mal gescheites aktuelles Band auf deine Maschine, dann wirst dich wurndern was da noch alles rauskommt aus deiner Maschine" im Grunde nicht anwendbar ist für Maschinen aus dem Röhrenzeitalter wie meine Revox B36 oder auch alte Grundig TK14-23 und früher? Diese Geräte waren dann im Grunde auf diese alten Bänder in Aufnahme und Wiedergabe entzerrt so das sie mit neuerem Bandmaterial schlechter spielen?

VG Martin
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#36
Hallo Martin,

nein, so schlimm ist es nicht: Eine Maschine nach alter Entzerrungsnorm wird mit einem modernen Band zwar unter dessen Möglichkeiten bleiben, aber kann trotzdem mit einem LP 35 LH bessere Ergebnisse als mit einem LGS 35 liefern. Die Verbesserung der Bandeigenschaften (die sich in weniger Rauschen und höherer Aussteuerbarkeit - eben "Low Noise, High Output = LH") niederschlagen überwiegen schon das, was man durch eine Entzerrungsänderung noch zusätzlich gewinnen kann.

Während man zwar Unterschiede im 2.5 dB-Bereich (Entspricht der Umstellung von 120 us auf 90 us) zwar eindeutig messen kann, fällt es den wenigsten Anwendern beim hören auf, wenn ein Frequenzgangfehler dieser Größenordnung vorliegt. Viele alltäglich anzutreffende Probleme (schlechter Band-Kopf-Kontakt, nicht zum Band passender Arbeitspunkt, ...) haben einen weit größeren und deutlicher hörbaren Einfluss.

Viele Grüße
Andreas
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#37
Wir müssen nochmal ordentlich nachmessen, was der Bandsortenwahlschalter "Normal/Special" an der Sony TC-377 wirklich ändert. Wenn ich es noch richtig in Erinnerung habe, dann hatten wir das Gerät in Stellung "Special" auf ein DP 26 LH eingemessen und waren danach positiv überrascht, daß ein Band aus der LGS/PES-Ära auf Stellung "Normal" zwar erwartungsgemäß mehr Rauschen lieferte, aber einen ebenso neutralen Frequenzgang wie das LH-Band auf "Special".

Wenn dieser Schalter nämlich tatsächlich auch die Wiedergabeentzerrung korrekt ändert, dann wäre das Gerät geradezu ideal zum gelegentlichen Nutzen von musealem Bandmaterial, ganz ohne Löten oder digitale Hilfe. Natürlich alles im Rahmen von Amateur-Ansprüchen, denn die Einstellungen von Vormagnetisierung und entzerrung lassen sich nur global für beide Schalterpositionen vornehmen.

Viele Grüße,
Martin
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#38
Hallo, Andreas (zu #42):

gerade habe ich eine Datei BMF_Magnetband.xls in den Download-Bereich gestellt. Du findest auf dem zweiten Reiter (Entz-Diff) eine Tabelle zum Berechnen von Entzerrungs-Differenzen.

Im Prinzip bedeutet "größere Zeitkonstante" = mehr Höhenanhebung. Ist das Band (bleiben wir mal bei 19 cm/s) also für tau = 100 µs bespielt und soll auf einer Maschine mit der Entzerrung 50 + 3180 µs abgespielt werden, dann ist eine zusätzliche Höhenanhebung entsprechend der Differenz 100 µs / 50 s notwendig. Im Tiefenbereich muss die (im Gerät vorgesehene) Anhebung entsprechend 3180 µs durch entsprechende Absenkung kompensiert werden.

Die "Entzerrung in der magnetischen Schallaufzeichnung" war übrigens mein Einstieg als Produzent (nicht Verfasser) dieser Broschüre in meiner Leverkusener Zeit.

F.E.
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#39
@ Martin: Wenn ich den Schaltplan richtig lese, wird die Entzerrung nur Aufnahmeseitig umgeschaltet. Was aufnahme- und wiedergabeseitig gleich ist, ist der ca. 2 dB höhere Aufsprechpegel auf Stellung "Special", bei identischem Ausschlag der VU-Meter.

niels
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#40
Friedrich Engel,'index.php?page=Thread&postID=213230#post213230 schrieb:gerade habe ich eine Datei BMF_Magnetband.xls in den Download-Bereich gestellt. Du findest auf dem zweiten Reiter (Entz-Diff) eine Tabelle zum Berechnen von Entzerrungs-Differenzen.
Die Datei findet sich jetzt unter "Informationen - Bilder".

Gruß
Michael
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#41
@ Niels: Stimmt, das hatten wir schonmal kurz diskutiert - rein subjektiv ändert sich bei der Wiedergabe aber nicht nur der Pegel, sondern auch der Frequenzgang. Wie gesagt, wir sollten nochmal messen, vielleicht findet sich nach Weihnachten etwas Zeit dafür.

Viele Grüße,
Martin
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#42
Eine Änderung der Aufnahme Entzerrung war auch später mit einigen Sony Tapedecks wie u.a. dem TC-770ES möglich. Die nannten das "Rec EQ". Da waren die Stellungen Low - Normal - High möglich. Habe ich allerdings nie richtig verstanden was das bewirken soll. Wenn man den Background nicht hat ist das wohl eher eine Spielerei. Ich denke aber das sich durch diesen Schalter wiedergabeseitig vermutlich nichts geändert hat. Die Vorläufer befanden sich offensichtich schon in japanischen Bandmaschinen.

Ich frage mich z.B. was genau eigentlich ein "Arbeitspunkt" ist. Ich kann mir zwar was unter BIAS und REC Einstellung vorstellen mit der man hohe oder tiefe Frequenzen mehr oder weniger betont bzw. die Verstärkung des aufzunehmenden Signals regelt. Nennt man das damit erreichte dann "Arbeitspunkt"?

VG Martin
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#43
Martin,

täusche ich mich oder hast du noch nie ein Magnetband-Datenblatt in der Hand gehabt? Falls das zutrifft: schau' mal im Downloadbereich nach, da gibt es (Datenblatt-)Lektüre en masse.

In einem Satz das Wichtigste: Arbeitspunkt ist jener Vormagnetisierungsstrom, bei dem sich der beste Kompromiss zwischen Höhen- und Tiefen-Aussteuerbarkeit, bei höheren Bandgeschwindigkeiten auch des Modulationsrauschens, ergibt.

Nachsatz: Im Allgemeinen muss der AP nicht aufs Zehntel dB (hB?) genau eingehalten werden. Zumindest im Studiobereich (also 19 cm/s aufwärts) ergeben sich sinnvolle Resultate auch im Bereich +/- 0,5 dB ... 0,7 dB um den nominellen AP herum.

Noch'n Nachsatz: Um Verwechslungen vorzubeugen, spreche bzw. schreibe ich lieber von "aufnahmeseitiger Höhenanhebung" anstelle von REC-EQ oder dergleichen. "Entzerrung" sollte besser nur in Zusammenhang mit der Wiedergabe benutzt werden, denn dafür gibt es Normen (aufnahmeseitig wird nur so eingestellt, dass sich auf dem Band der genormte Bandfluss einstellt - aber weiter werde ich hier nicht in Detail gehen).

F.E.
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#44
Hallo Martin,


Edit: Ich sehe, Friedrich war schneller - meine Antwort lag schon eine Weile im offenen Browserfenster...


ich fange mal mit der zweiten Frage an - dann ergibt sich die erste quasi von selbst:

leserpost,'index.php?page=Thread&postID=213248#post213248 schrieb:Ich frage mich z.B. was genau eigentlich ein "Arbeitspunkt" ist. Ich kann mir zwar was unter BIAS und REC Einstellung vorstellen mit der man hohe oder tiefe Frequenzen mehr oder weniger betont bzw. die Verstärkung des aufzunehmenden Signals regelt. Nennt man das damit erreichte dann "Arbeitspunkt"?

Beim Magnetband wird der Begriff "Arbeitspunkt" eigentlich immer mit "dem gewählten Bias-Strom" (also der Vormagnetisierung) synonym gebraucht. Mit dem Vormagnetisierungsstrom ändern sich eigentlich alle wichtigen Eigenschaften der Aufnahme: Klirrfaktor, Empfindlichkeit (besonders für hohe Frequenzen), Aussteuerbarkeit, und so weiter. Man könnte auch die "Menge der mit einem Bias-Strom erreichten Eigenschaften" als Arbeitspunkt bezeichnen - aber das wäre nur eine semantische Spitzfindigkeit. Praktisch heißt hier "Arbeitspunkt = Bias-Einstellung".

Wie welche Eigenschaften von der Vormagnetisierung abhängen, siehst Du in den Datenblättern der Bänder: Da gibt es Kurven für all die oben genannten Größen in Abhängigkeit vom Bias-Strom. Interessant ist für das Verständnis des Sony-Einmesscomputers am Cassettendeck vor allem das Verhalten der Empfindlichkeit: Mehr Bias heißt weniger Empfindlichkeit für hohe Frequenzen - man müsste sie also bei der Aufnahme mehr verstärken, dass sie wieder gleich laut sind.

Genau das kannst Du an den zwei Balken für Höhen und Tiefen am Sony-Deck beobachten: Wenn Du den Bias-Regler hochdrehst, geht der obere Balken (vermutlich 6.3 kHz) viel schneller zurück als der untere (vermutlich 315 Hz). Deswegen setzt sich - wie Du ja auch schreibst - der Eindruck fest, der Bias-Regler sei sowas wie ein Höhen- und Tiefenregler.

Genau da liegt der Knackpunkt - es ändern sich noch andere Eigenschaften dramatisch: Mit mehr Bias geht die Höhenaussteuerbarkeit zurück, während die Tiefenaussteuerbarkeit erstmal zunimmt, und die Verzerrungen irgendwo ein ausgeprägtes Minimum haben. Das zeigen Dir die beiden Balken nur leider nicht an - und somit fördern sie ein Verhalten, eben einfach den Bias als Höhenregler zu begreifen und damit auf einen glatten Frequenzgang einzustellen. Das ist ja in der Praxis auch oft mehr als gut genug, und war auch für einige gehobene Amateur-Bandgeräte die Abgleichvorschrift (z.B. bei ASC).

Jetzt kommt aber der Rec EQ dazu:

leserpost,'index.php?page=Thread&postID=213248#post213248 schrieb:Eine Änderung der Aufnahme Entzerrung war auch später mit einigen Sony Tapedecks wie u.a. dem TC-770ES möglich. Die nannten das "Rec EQ". Da waren die Stellungen Low - Normal - High möglich. Habe ich allerdings nie richtig verstanden was das bewirken soll.

Wenn der Arbeitspunkt nach Herstellervorschlag im Datenblatt (oder nach eigenem Belieben) gewählt ist, muss man eventuell die Höhen bei der Aufnahme mehr oder weniger anheben, um einen glatten Frequenzgang zu erreichen. Wichtig dabei: Die Wiedergabeentzerrung ist durch die Norm festgelegt - so dass die Aufnahme auf allen Geräten abspielbar bleibt. (Die Diskussion weiter oben ging ja darum, wann und warum diese Norm mit Erscheinen von besseren Bändern geändert wurde).

Dazu dient der Rec EQ-Schalter: Er ändert eben nicht all die anderen Eigenschaften, sondern nur die Höhenanhebung. Problem ist nur, dass Dich die Anzeige des Decks hier ziemlich im Regen stehen lässt, weil man ja vermeintlich den gleichen Effekt schon mit dem Bias-Regler erreichen kann.

Zuletzt bleibt der Rec Level: Er gleicht Empfindlichkeitsunterschiede aus, so dass das Signal hinter Band wieder genauso laut wie vor Band ist.

Versuch mal, das alles an einem Datenblatt nachzuvollziehen - dann fügt es sich schön zusammen Smile

Viele Grüße
Andreas
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#45
Naja, ich gestehe mich noch nie recht ausgiebig mit diesem Thema befasst zu haben. Natürlich schon mit der ungefähren Funktion des BIAS Reglers weil der sich an vielen Tapes befindet. O.k. ich muss beachten das er nicht die Höhen ansich betont sondern die Empfindlichkeit des Bandes dafür verbessert. Ob dann auch wirklich mehr Höhen drauf sind ist damit noch nicht zwingend gesagt bzw. würde an der Stelle ein Rec-EQ ins Spiel kommen. Alles recht kompliziert.

Ich muss auch sagen. Mal ganz abgesehen das ich sowas an einem Tonband eh nicht einstellen kann. Es gibt Tapedecks wie das Saba CD 936, das klingt gut obwohl man gar nichts einstellen kann. Zugegeben bevorzugt mit BASF Chrom Cassetten. Dann habe ich ein Sony C-K81. Da kann man ganz viel einstellen. Spielt auch ganz brauchbar aber auch nicht besser als das Saba. Dann habe ich noch zwei Yamaha KX-10 u. KX-393 aus dem Plastikendalter. Die machen alles automatisch und klingen auch gut. Dann gab es die Firma Tandberg die den Kunden erzählt hat die meisten Höhen gehen nicht durch falsche Einmessung sondern durch falschen Aufnahmeazimut verloren. Am TCD330 kann man folgerichtig ausser dem Azimut auch nichts einstellen. Vielleicht lege ich mir mal ein Tape mit Rec EQ zu und den Effekt mal zu testen.

Ich denke ich überlasse das Thema nachwievor den Experten. Mir genügt es schon wenn ich ungefähr folgen kann. Arbeitspunkt habe ich nun schon so in etwa verstanden. Danke jedenfalls für die Erläuterung!

VG Martin
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#46
Eine Frage habe ich noch die Geräte betreffend.

Ich habe bei mir zwei Uher 5000 Universal. Die Geräte wurden von Uher ja sehr lange gebaut. So habe ich eines aus den 60ern und eines aus den 70ern. Ist dann das ältere 60er Gerät mehr für Bänder wie z.B. BASF LGS geeignet oder betrifft das nur Röhrengeräte wie z.B. noch Grundig TK 14/17/19/23 die ja auch aus den 60ern stammen.

VG Martin
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#47
Dann bin ich nochmal so frei da reinzugrätschen. Hallo Martin.

Tonbandgeräte wurden immer auf die gerade aktuellen Bandsorten eingestellt. Mitte der 60er war das bei den westdeutschen Herstellern in der Regel BASF LGS. Bei Grundig z.B. bezog man sich vor dem C264Z jahrelang auf ein Bezugsband LGS 26 einer bestimmten Charge, ich meine, Nr. 110 211.

Mit den Jahren wurden die längerfristig produzierten Geräte in den Daten besser, weil ab Werk auf bessere Bänder eingestellt. Ein schönes Beispiel ist die Revox A77, erschienen kurz vor der LH-Ära 1967 und 10 Jahre produziert.

In der Praxis bedeuten die unterschiedlichen Arbeitspunkte: Ein 1965er Gerät erwartet ein Nicht-LH-Band (also LGS und Co). Bespielt man mit ihm ein moderneres LH-Band (dieses damit logischerweise im falschen Arbeitspunkt), sind die Höhen etwas überbetont (was unter uns gesagt bei vielen solche Altgeräte ganz willkommen ist...).

Tonbandgeräte ab Bj. 1969 (+/-) sind auf LH-Band eingestellt. Nimmt auf ihnen ältere Nicht-LH-Bänder auf, ist das Ergebnis enttäuschend, weil höhenarm.

Gewiss, es gibt noch mehr Konsequenzen und damit Effekte, hat Friedrich ja zuvor beschrieben, aber der Pegel der Höhen ist in der Praxis mit alten Bändern und Geräten der offensichtlichste Effekt (eigentlich "offenhörlichste").
Ich selbst habe eine A77 Zweispur so umgerüstet, dass man von außen per Tastendruck zwischen zwei Arbeitspunkten wählen kann: "LH" (eingemessen auf LPR 35) und "Normal" (LGS 35). So kann ich alle erdenklichen Bänder bespielen.

Und wer sich jetzt fragt, wie man auf eine so bekloppte Idee kommen kann, alte LGSse neu zu bespielen, dem verrate ich auch meinen Beweggrund: Neben dem Umstand, dass ich große Mengen besterhaltene LGS, Agfa PE 31 etc vorrätig habe, ist der Hauptgrund, dass diese ollen Dinger problemlos funktionieren. Sie schmieren nicht, sie kleben nicht, sie sondern keinen trockenen Staub ab, sie quietschen nicht, sie spielen einfach. Mit dem Zeug aus den 70ern und 80ern habe ich einfach zu oft Schiffbruch erlitten. Also kommt mir nur noch Material vor 1968 oder LH von maxell oder allenfalls LPR und DPR auf den Teller.

Ach ja, und wenn du mit deiner 60er-Jahre Uher 5000 moderne Bänder verwenden willst, stellst du dessen Bias einfach auf gleiche Höhenwiedergabe vorband/hinterband ein und fertig.

Viel Spass
Gruß,
Stefan
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#48
Hallo Stefan,

danke für die schöne Zusammenfassung. Als ich mit Tonband anfing war mir nicht bewusst das die Bandfrage so eine große Rolle spielt. Man muss nicht nur überlegen welches Gerät einem gefällt sondern auch welches Gerät auf Basis der vorhandenen Bänder Sinn macht bzw. umgekehrt.

Den größten Bestand an LH Bänder habe ich für meine Report 4000IC, 4400 IC und 4000 RM. Der Holger hat mir diese mal freundlicherweise auf mein Grundig Scotch DP Band eingestellt. Bzw. am 4000IC habe ich selber am Bias etwas gekurbelt bis es so wie das 4400IC geklungen hat. Später ist dann noch moderneres BASF DP dazu gekommen.

Auf 15er habe ich auc LGS in Standard, LP und DP sowie Agfa PE 41. Dazu zwei TP Spulen jeweils von ORWO und von Agfa PE 66. Die stehen dann für mein TK23 (hat sich irgendwie als Grundig Quintessenz etabliert obwohl ich schon mal ein TK 220 u. TK 19 probiert habe.) sowie für die beiden 5000er Universals zur Verfügung. Muss ich mal probieren ob das beige ältere besser damit umgehen kann wie das spätere graue.

Dann habe ich auch noch eine A77 Mk II im Originalzustand sowie ein B36. Letztere liegt mir da besonders am Herz Für die habe ich mittlerweile hauptsächlich LGS Langspielband sowie etwas ORWO CPR 35 und Orwo 115 LH.

Nicht zu vergessen meine Nagra 4.2 und meine ASC 4504 für welche modernere BASF LH, Maxell und Scotch 204 auf 18er Spulen zur Verfügung steht.

VG Martin
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#49
....hab ich ja am Rande einiges erfahren.... habe auch noch solche alten LGS-Bänder, die meines Erachtens noch gut zu Aufnahmen auf Revox und Co. taugen und auch keinerlei mechanische Auffälligkeiten zeigen.

Um nochmal zum Anfang des Threads zu kommen, habe ich die alten CPR´s und CPS´s mal durch und allesamt sind noch recht gut spielbar, zumindest werde ich den Originalinhalt darauf belassen und die Bänder ins Archiv einreihen. Einige waren auch 4-Spurig bespielt, denke mal noch auf dem Tesla.

Ansonsten erstmal Vielen Dank für die ausführlichen Info´s.

Ingo
A77 2- und 4-Spur, G36, RFT SK 3930, RFT CAW-WI, SP 3930 und REMA 2072 + B2725 konstant
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