Wer kann diesen Bandtyp spezifizieren?
#1
Hallo allerseits!

Mir ist heute auf einer 26er Maxell-Spule ein Band mit dem fortlaufenden Aufdruck "BASF LGR 8058" zugelaufen. Kann jemand anhand dieser Info sagen, um welchen LGR-Typ es sich handelt? Hätte meine A77 da Freude dran?
Das Band ist braun, die Rückseite (beschichtet?) ist rostrot, in dieser Farbe präsentiert sich auch der Wickel. Geruch ist überraschenderweise kaum vorhanden, mit viel Einbildung riecht es ganz dezent nach Alkydharzlack.
Das Vorspannband trägt eher nicht zur Lösung bei; grün mit Aufdruck "AGFA", also vermutlich nicht original.
Danke für sachdienliche Hinweise!

Stefan
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#2
Mach doch mal ein Foto von Schicht- und Rückseite, besonders der Aufdruck würde mich interessieren.
Es gab ein BASF "LGR", das hat so gut wie nicht gerochen.
Vielleicht ist es ja einfach das.
Zweifelsfreie Klarheit verschafft die Prüfung der ELA-Eigenschaften auf dem Messtisch.

Grüße, Peter
Grüße
Peter


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Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
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#3
Stefan,

falls du Vergleichsmöglichkeiten hast: das Band dürfte nach THF (Tetrahydrofuran) riechen. Das war lange Zeit ein Standard-Lösungsmittel der BASF-Bandproduktion.

Wenn der Aufdruck nur "LGR" ist - also nicht LGR 30 oder LGR 30 P -, müsste es sich um ein Band auf PVC-Träger handeln. "8058" scheint eine Chargennummer zu sein. Ich wundere mich allerdings, dass die Chargennummer nicht nach dem Schema "A 999 B" aufgebaut ist; dann wäre "A" die Gießmaschine und "999" die eigentliche Chargennummer.

So, wie es aussieht, könnte das Band aus einer der ersten Chargen stammen, die ab ca. 1956 in Ludwigshafen gefertigt wurden (wenn es denn aus der regulären Fertigung stammt, ganz evtl. könnte es eine Vorserien-Charge sein). Das Fertigungsdatum wird man nicht mehr ermitteln können, da alle entsprechenden Unterlagen schon lange "abgängig" sind.

F.E.
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#4
Vielen Dank für die Rückmeldungen! Die Fotos hätte ich mal gleich machen sollen ... Vier Stück sind jetzt dabei. Ich habe die Fotos dergestalt nachbearbeitet, dass die Farbtöne - zumindest auf meinem Monitor - ziemlich genau der Realität entsprechen. Das Foto, das die beschichtete Seite zeigt, hat leider Reflexionen drauf und ist daher nur bedingt aussagekräftig.
Bild #4 scheint mir etwas exotisch zu sein - diese Stelle trat nach etwa 60cm zutage. Es handelt sich nur um einen Aufkleber, das ist keine Klebestelle. Wer macht denn sowas?
Einen Messtisch habe ich nicht zur Hand. Tetrahydrofuran kannte ich bislang nicht, demzufolge kann ich auch keine Vergleiche anstellen, die wirklich verlässlich wären. Aber: Ich habe das Band jetzt mal auf eine 26er Revox-Kunststoffspule gezogen. Der Zähler meiner A77 zählt dabei bis ca. 1285. Es muss sich also um ein ziemlich dickes (Normal-)Band handeln. Kenner können anhand dieses Zählstandes vermutlich auf die Länge schließen. Beim Umspulen trat sehr viel rostbrauner Staub zutage, aber trocken, kein Matsch - und nur an der linken Umlenkrolle. Die rechte ist sauber. Trotzdem muss ich jetzt erstmal putzen ...


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#5
Danke für die Bilder, die sagen mehr als 1000 Worte thumbup

Das Foto der Schicht finde ich keineswegs missraten, weil darin sehr schön der Oberflächenzustand sowie eine geringe Neigung zur Regenrinnenförmigkeit (auch Quer- oder Hohlkrümmigkeit genannt) des Bandes zu erkennen ist. Die nicht 100%ige Planlage lässt auch auf gewisse Probleme bei früherem Aufwickeln bzw. der Lagerung schließen.

Der Bandtyp ist zweifelsfrei BASF LGR, ein sog. Standardband mit Dicke 51µm, lt. "Zeitschichten" hergestellt von 1956-1967.

Eine volle 26er Spule enthält davon etwa 720m, entsprechend 63 Minuten Spielzeit bei 19 cm/s. Allerdings wirst du bei dieser Geschwindigkeit wenig Freude an Eigenaufnahmen haben, da es für 38 cm/s konzipiert und spezifiziert war. Datenblatt habe ich hier, falls gewünscht.

Dein Exemplar dürfte beim Filmton verwendet worden sein, dort dienten solche Aufkleber als Markierungspunkte, beispielsweise für die Stelle, wo die sogenannte Synchronklappe akustisch aufgezeichnet war.

Grüße, Peter
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#6
Peter, danke für die ausführliche Antwort. Am Datenblatt wäre ich interessiert.
Filmton, möglicherweise aus den 50er oder 60er Jahren klingt interessant. In meiner nächsten Mußestunde werde ich in das Band mal reinhören, auf die Gefahr hin, dass es nur ein Bericht über die Kartoffelernte in Frellstedt ist. Big Grin
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#7
Hallo Stefan,

zwei Daten- und Kurvenblätter findest du im Anhang.
Bitte zu beachten, dass die ELA-Daten mit unterschiedlichen AK-Spaltbreiten ermittelt wurden.

puckelhontas,'index.php?page=Thread&postID=211955#post211955 schrieb:auf die Gefahr hin, dass es nur ein Bericht über die Kartoffelernte in Frellstedt ist.
Möglicherweise handelt es sich um ein Zuspielband mit Synchronatmo, also z.B. mit Geräuschen, deren Quellen teilweise auch im Bild zu sehen sind. Lippensynchrone Aufzeichnungen oder fertige Mischungen wurden zu der Zeit fast durchweg auf Perfoband gespeichert, um selbst nach vielen Umspulvorgängen nicht nur den Synchronlauf, sondern auch den Synchronpunkt zu gewährleisten.

Grüße, Peter


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Grüße
Peter


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#8
Ja, die Markierung ist definitiv ein Synchronpunkt vom Film. Bandgerät an dieser Stelle Wiedergabekopf, Filmmaschine am Bildfenster einstarten.

LG Martin
Leute, bleibt schön glatt gewickelt!
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#9
Herzlichen Dank für die Datenblätter, Peter!
Hab's jetzt mal durchgehört - Casablanca war's nicht. Wink Seite 1 enthält Aufnahmen der Beatles (quer durcheinander von den ersten vier Alben bis einschließlich "Beatles For Sale") mit 19,5cm/s. Die Qualität ist "historisch", nicht nur wegen der geringen Geschwindigkeit, sondern auch, weil die Aufnahmen etwas übersteuert wurden. Seite 2 ist leer. Das werde ich wohl "as is" aufheben. Die Spieldauer lag bei etwa 58 Minuten, also dürften ein paar Meter fehlen, daher vielleicht auch das Agfa-Vorspannband. Positiv: Kein sichtbarer Abrieb mehr!
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#10
puckelhontas,'index.php?page=Thread&postID=211982#post211982 schrieb:mit 19,5cm/s. Die Qualität ist "historisch", nicht nur wegen der geringen Geschwindigkeit

Geringe Geschwindigkeit? Wenn mir bespielte Bänder in die Hände fallen, sind 19 cm/s schon ein Glücksfall in Sachen Qualität. Smile
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#11
Die Spieldauer 58 Minuten dürfte sich damit erklären lassen, dass die Produktion, zu der dieses Band gehörte, für ein Ein-Stunden-Programm gedacht war. Für An- und Absage wurden früher großzügigere Zeiten eingeplant als heutzutage.

Im damaligen Fernsehen liefen die 16-mm-Bildfilme ebenfalls mit 19 cm/s - diese Zahlengleichheit ist aber mehr oder weniger zufällig.

F.E.
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#12
Ich denke auch, dass hier jemand das Band zu privaten Zwecken bespielt hat, ohne die Markierung zu entfernen, die ja noch dazu auf die Wiedergabe keinen Einfluss hat.

Timo, das stimmt an und für sich - als "Heimanwender" nehme ich üblicherweise auch mit 9,5cm/s auf, bei Doppel- und Dreifachspielbändern reicht mir das vollkommen aus, außerdem kenne ich das aus meiner Kindheit so, da spielen auch nostalgische Anwandlungen eine Rolle. Wink Das vorliegende Band ist aber - siehe #5 - ein Standardband (also noch nicht mal LP) mit 51µm Dicke, und für 38cm/s spezifiziert. Daher bezeichnete ich 19cm/s als "langsam". Gilt halt nur für den konkreten Fall.
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#13
Mir ist schon ein absolut antikes Standardband (Anorgana Genoton) untergekommen, das durchwegs in Halbspur Mono 9,5 bespielt war (18er-Spule)... DA wird es gruselig!
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#14
Halloween ist doch eigentlich vorbei ... 8|
Anorgana ... war das damals der kurzlebige Versuch der USA, auch in der amerikanischen Besatzungszone Bänder herzustellen? Die anderen drei hatten ja Agfa, BASF und Orwo.

Das toppt sich nicht so leicht, aber siehe Bild. Mono, sehr dumpf, 350m auf 18er Spule. Willi Millowitsch, Gus Backus, Rheinlandchor, Bierzelt-Musikanten, Peter Alexander ... Neun Titel heißen "Humba humba tätärä". Titelverzeichnis vorbildlich mit Schreibmaschine getippt. Band mit Riss.


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#15
Hallo puckelhontas,

mit deiner "Herleitung" der Anorgana hat dir dein Gedächtnis einen Streich gespielt. Die Geschichte ist wesentlich komplizierter, siehe

https://www.beam-shop.de/sachbuch/film-m...r=SW317730

S. 213 ff. und 298 ff.

F.E.
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#16
Ich hab vor einem Jahrzehnt mal eine Kiste neuwertige PEM 468 im allerletzten Agfa - Karton aus der Schweiz erhalten. Alle Aufnahmen darauf waren Klassik (!!) in 4,75 (!!) und ich glaube Viertelspur....
Leute, bleibt schön glatt gewickelt!
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#17
Puckelhontas schrieb:
Zitat:Anorgana ... war das damals der kurzlebige Versuch der USA, auch in der amerikanischen Besatzungszone Bänder herzustellen? Die anderen drei hatten ja Agfa, BASF und Orwo.

Diese 4 Namen waren, soweit mir bekannt, nicht zeitgleich vorhanden.
In zeitlicher Reihenfolge der Magnetbandproduktion:
1. BASF Ludwigshafen
2. AGFA Filmfabrik Wolfen
3. Anorgana
4. AGFA Leverkusen

Bis auf 4. waren die anderen drei schon zum Kriegsende 1945 in der Magnetbandproduktion tätig,
3. war ein kriegsbedingt ausgelagerter Betriebsteil von 1.
2. war mit 1. in der IG Farben vereint und hat zusätzlich zu 1. die Produktion von Magnetband in den 40ern aufgenommen.
4. erhielt die Magnetbandproduktion erst nach dem Krieg

2. erhielt, historisch betrachtet (Zeit ist relativ), wesentlich später aus markenrechtlichen Gründen den Namen ORWO (ORiginal WOlfen) für Filme, Filmpapier, etc und Magnetbänder.

Das von Friedrich erwähnte Buch kann ich nur empfehlen.

Viele Grüße
Volkmar
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#18
Zelluloid,'index.php?page=Thread&postID=212214#post212214 schrieb:Ich hab vor einem Jahrzehnt mal eine Kiste neuwertige PEM 468 im allerletzten Agfa - Karton aus der Schweiz erhalten. Alle Aufnahmen darauf waren Klassik (!!) in 4,75 (!!) und ich glaube Viertelspur....
Das kenne ich. Allerdings fast noch steiler. Kistenweise Bänder von Concord und Audio Magnetics auf 18er- und 26,5er-Spulen, die 18er zum Teil so übervoll, dass der Wickel mehrere cm überstand! Der Nase nach zu urteilen eindeutig Kellerlagerung. Klassik in 4,75 Viertelspur Stereo, aber nur eine Bandseite bespielt und "tails out" gelagert. Da kratzt man sich NUR mehr am Kopf...

Von den Audio Magnetics habe ich damals weil preislich nicht viel falsch zu machen war die erträglichsten 10 mitgenommen um damit zu experimentieren, dürfte aber im Endeffekt eine bunte Mischung erwischt haben. Egal, 17 Euro für 10 Bänder und 5 stabile Leerhüllen sind kein nennenswerter Verlust. Teilweise waren die Bänder komplett gedehnt und schief gewickelt, die habe ich gleich optisch aussortiert.
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