25.12.2015, 18:26
Nachdem ich mich im ersten Teil der Gerätevorstellung außen aufgehalten habe, werfen wir mal im zweiten und letzten Teil einen Blick in die Innereien.
Und da ist es kaum weniger interessant als außerhalb!
Wenn man an der rechten Schmalseite die beiden Verriegelungsschrauben gelockert hat, kann man das Gehäuseoberteil nach links aufklappen, wobei es von einer Schiene in einem Winkel von ca. 100 Grad fixiert wird. Die Verriegelungsschrauben indes dürfen nicht ganz herausgeschraubt werden, denn sonst muss man die Gegenstücke im Gehäuse suchen! 2-3 Umdrehungen reichen.
Dann steht die Maschine so vor dem staunenden Betrachter:
Die Mechanik ist identisch mit den bewährten Modellen von IV bis IV-S und hat nur wenige bewegte Teile sowie zwei Silikon-Rundriemen. Ihr habt sicher Verständnis dafür, dass ich die Mechanik nicht noch weiter zerlegt habe. Unter dem Abschirmblech rechts (linkes Foto) befindet sich die Regelelektronik für den Motor, dessen Drehzahl über ein gezahntes Rad und einen Magnet-Tachokopf, ähnlich wie bei Revox, abgetastet wird.
Das rechte Foto zeigt die Rückseite der Frontplatte mit den beiden Pegelreglern und diversen Schaltern.
Im Gegensatz zum Modell 4.2 ist bei der "E" praktisch die gesamte Elektronik auf einer großen Platine untergebracht. "Praktisch", weil etwa der Mikroverstärker und der Leitungsverstärker separat eine Etage darunter wohnen.
Die Epoxyplatte ist extrem sorgfältig von Hand bestückt, es kamen nur hochwertige Bauteile, etwa Elkos von Sprague, zum Einsatz. Von den beiden Philips-Elkos will ich jetzt mal nichts sagen . Aber auch da hat es wohl zuverlässige Exemplare gegeben.
Wenn die Maschine mit der Front zum Betrachter steht, sitzt vorn links zunächst der Bias-Oszillator (mit den beiden Transen auf dem Kühlblech), darüber folgt der Aufnahmeverstärker. Der Mikrofonvorverstärker sitzt übrigens eine Etage tiefer in einem separaten Abschirmhäuschen.
In der linken oberen Ecke finden wir den Wiedergabeverstärker, dann folgt der Referenz- und Einmessoszillator (die Abteilung mit dem grauen Drehschalter). Darunter, in Richtung Front, zunächst die in Linie zu einem Glied aufmarschierten Siliziumdioden der Bedienungslogik, der Line- und Direct-Verstärker und darunter der Anzeigeverstärker für das Modulometer.
Rechts sind etwa die Schaltung für den Tape/Direct-Schalter, die Lautsprecher-Endstufe mit dem Lautstärkepoti für den Kopfhörerausgang und die Betriebsspannungs-Stabilisierung zu erkennen. Ja, die Lautstärke des Kopfhörers bei der Aufnahmekontrolle kann tatsächlich nur mittels dieses Trimmpotis eingestellt werden. Da man aber meist denselben Hörer benutzt, fällt das nicht sonderlich ins Gewicht. Bei Wiedergabe kann die Lautstärke aber mit dem Poti auf der Bedienfront geregelt werden, sofern man am Ausgang nicht einen bestimmten Pegel benötigt, denn der hängt am selben Poti!
Der Lautsprecher allerdings, der hat mich dann doch etwas schockiert! Da findet sich doch tatsächlich folgender Aufdruck auf dem Magneten:
Taiwan! Was für ein Sakrileg....
Zur Elektronik sollte ich noch ein paar Anmerkungen machen.
Die Nagra E hat einen Sinus-Oszillator an Bord, der ein paar Testfrequenzen (1, 6.3 und 10 kHz) mit -12 dB, sowie 1 kHz mit -8 dB generieren kann, um die Maschine praktisch vor Ort und ohne weiteres Equipment auf die bevorzugte Bandsorte einmessen zu können! Man benutzt zur Pegelkontrolle dabei das auf Hinterbandanzeige geschaltete Modulometer. Die einzelnen Schritte der Einmessung möchte ich hier nicht beschreiben; sie entsprechen dem üblichen Schema, nur, dass man hier außer (ggf.) einem Azimut- und Pegelmessband keine externen Messmittel benötigt. Der ganze Vorgang dauert, wenn man Übung darin hat, sicher kaum länger als 5 Minuten. Ich habe 10 gebraucht, um die Kiste auf PER 368 einzustellen.
So was ist einfach genial und erleichtert einem die Arbeit mit so einer Maschine ungemein! Ebenso braucht man sich keine Gedanken zu machen, wenn man statt mit IEC1/CCIR lieber mit NAB arbeiten möchte, etwa, weil die heimische Maschine mit dieser Norm entzerrt ist. Bei mir etwa ist es so, dass alle meine Maschinen außer der A77 bei 19 cm/s nur mit NAB-Entzerrung ausgerüstet sind. Wenn ich die Nagra E daran anpassen möchte, brauche ich nur drei Lötbrücken auf den Platinen zu öffnen, und schnell neu einzumessen!
Das eingebaute Drehspulinstrument kann weiterhin zur Kontrolle der internen Spannungen auf der Platine benutzt werden, indem eine (mitgelieferte) Messleitung auf einen Stift gesteckt und eine weitere Brücke geöffnet wird. Das Modulometer ist dann als Gleichspannungsvoltmeter mit einem Messbereich von 18 V in Betrieb! Diese Messleitung gehört eigentlich ins Ersatzteilfach unter der Platine, ist aber bei meinem Exemplar nicht mehr vorhanden. Ein Nachbau dürfte wirklich kein Problem sein, wenn ich ein Muster hätte.
Wenn man zwei Schrauben entfernt (eine links am Kühlkörper der Oszillator-Transistoren, eine rechts am Kühlkörper der Spannungsregelung), kann man die Hauptplatine ohne Weiteres nach hinten hochklappen.
Hinten quer fand ich nach dieser Verrichtung eine papierne Überraschung. Es handelte sich um den Schaltplan, der, auf dünnes Papier im Format DIN A2 gedruckt, wie die Packungsbeilage einer Arzneimittelpackung gefaltet war. Eigentlich hätte das keine Überraschung sein sollen, es steht ja oben auf dem kleinen Aluschild zwischen den Spulen!
Aber dass der Plan tatsächlich unberührt und jungfräulich noch dort liegt, hätte ich nicht erwartet. Irgend welche "spares", also Ersatzteile, von denen auf dem Schild ebenfalls die Rede ist, fand ich aber nicht. Was das wohl für Teile sein sollten?
Der Schaltplan, der auch Servicehinweise enthält, war ziemlich zerknittert, aber wofür gibt es Bügeleisen? Ich werde davon eine A2-Kopie machen lassen und das Original dann wieder in sein Versteck legen.
So, damit ist meine kleine Vorstellung der Kudelski'schen Aufnahmeapparatur beendet. Ich habe inzwischen festgestellt, dass meine abgedrückten 440 Euro ziemlich günstig waren; zur Zeit werden europaweit einige andere Nagra-E-Exemplare für 495 bis 880 Euronen feilgeboten; darunter allerdings eine seltene Blaue aus Fronkreisch!
Hoffentlich habe ich jetzt nicht bei allen Forenmitgliedern Begehrlichkeiten geweckt, die zu diversen Privatinsolvenzen unter euch führen.
Aber die "kleinen Schweizerinnen" haben einen Vorteil gegenüber schnöden Consumergeräten aus Plastik: sogar Ehefrauen und sonstige Lebenspartner(innen) lassen sich von den feinmechanischen Kleinoden in den Bann ziehen und können sich in Grenzen durchaus dafür begeistern. Diese Erfahrung habe ich jedenfalls gemacht... ^^
Diesmal wurde nicht mal gemeckert "wo soll das denn nun noch stehen?"
LG Holgi
Und da ist es kaum weniger interessant als außerhalb!
Wenn man an der rechten Schmalseite die beiden Verriegelungsschrauben gelockert hat, kann man das Gehäuseoberteil nach links aufklappen, wobei es von einer Schiene in einem Winkel von ca. 100 Grad fixiert wird. Die Verriegelungsschrauben indes dürfen nicht ganz herausgeschraubt werden, denn sonst muss man die Gegenstücke im Gehäuse suchen! 2-3 Umdrehungen reichen.
Dann steht die Maschine so vor dem staunenden Betrachter:
Die Mechanik ist identisch mit den bewährten Modellen von IV bis IV-S und hat nur wenige bewegte Teile sowie zwei Silikon-Rundriemen. Ihr habt sicher Verständnis dafür, dass ich die Mechanik nicht noch weiter zerlegt habe. Unter dem Abschirmblech rechts (linkes Foto) befindet sich die Regelelektronik für den Motor, dessen Drehzahl über ein gezahntes Rad und einen Magnet-Tachokopf, ähnlich wie bei Revox, abgetastet wird.
Das rechte Foto zeigt die Rückseite der Frontplatte mit den beiden Pegelreglern und diversen Schaltern.
Im Gegensatz zum Modell 4.2 ist bei der "E" praktisch die gesamte Elektronik auf einer großen Platine untergebracht. "Praktisch", weil etwa der Mikroverstärker und der Leitungsverstärker separat eine Etage darunter wohnen.
Die Epoxyplatte ist extrem sorgfältig von Hand bestückt, es kamen nur hochwertige Bauteile, etwa Elkos von Sprague, zum Einsatz. Von den beiden Philips-Elkos will ich jetzt mal nichts sagen . Aber auch da hat es wohl zuverlässige Exemplare gegeben.
Wenn die Maschine mit der Front zum Betrachter steht, sitzt vorn links zunächst der Bias-Oszillator (mit den beiden Transen auf dem Kühlblech), darüber folgt der Aufnahmeverstärker. Der Mikrofonvorverstärker sitzt übrigens eine Etage tiefer in einem separaten Abschirmhäuschen.
In der linken oberen Ecke finden wir den Wiedergabeverstärker, dann folgt der Referenz- und Einmessoszillator (die Abteilung mit dem grauen Drehschalter). Darunter, in Richtung Front, zunächst die in Linie zu einem Glied aufmarschierten Siliziumdioden der Bedienungslogik, der Line- und Direct-Verstärker und darunter der Anzeigeverstärker für das Modulometer.
Rechts sind etwa die Schaltung für den Tape/Direct-Schalter, die Lautsprecher-Endstufe mit dem Lautstärkepoti für den Kopfhörerausgang und die Betriebsspannungs-Stabilisierung zu erkennen. Ja, die Lautstärke des Kopfhörers bei der Aufnahmekontrolle kann tatsächlich nur mittels dieses Trimmpotis eingestellt werden. Da man aber meist denselben Hörer benutzt, fällt das nicht sonderlich ins Gewicht. Bei Wiedergabe kann die Lautstärke aber mit dem Poti auf der Bedienfront geregelt werden, sofern man am Ausgang nicht einen bestimmten Pegel benötigt, denn der hängt am selben Poti!
Der Lautsprecher allerdings, der hat mich dann doch etwas schockiert! Da findet sich doch tatsächlich folgender Aufdruck auf dem Magneten:
Taiwan! Was für ein Sakrileg....
Zur Elektronik sollte ich noch ein paar Anmerkungen machen.
Die Nagra E hat einen Sinus-Oszillator an Bord, der ein paar Testfrequenzen (1, 6.3 und 10 kHz) mit -12 dB, sowie 1 kHz mit -8 dB generieren kann, um die Maschine praktisch vor Ort und ohne weiteres Equipment auf die bevorzugte Bandsorte einmessen zu können! Man benutzt zur Pegelkontrolle dabei das auf Hinterbandanzeige geschaltete Modulometer. Die einzelnen Schritte der Einmessung möchte ich hier nicht beschreiben; sie entsprechen dem üblichen Schema, nur, dass man hier außer (ggf.) einem Azimut- und Pegelmessband keine externen Messmittel benötigt. Der ganze Vorgang dauert, wenn man Übung darin hat, sicher kaum länger als 5 Minuten. Ich habe 10 gebraucht, um die Kiste auf PER 368 einzustellen.
So was ist einfach genial und erleichtert einem die Arbeit mit so einer Maschine ungemein! Ebenso braucht man sich keine Gedanken zu machen, wenn man statt mit IEC1/CCIR lieber mit NAB arbeiten möchte, etwa, weil die heimische Maschine mit dieser Norm entzerrt ist. Bei mir etwa ist es so, dass alle meine Maschinen außer der A77 bei 19 cm/s nur mit NAB-Entzerrung ausgerüstet sind. Wenn ich die Nagra E daran anpassen möchte, brauche ich nur drei Lötbrücken auf den Platinen zu öffnen, und schnell neu einzumessen!
Das eingebaute Drehspulinstrument kann weiterhin zur Kontrolle der internen Spannungen auf der Platine benutzt werden, indem eine (mitgelieferte) Messleitung auf einen Stift gesteckt und eine weitere Brücke geöffnet wird. Das Modulometer ist dann als Gleichspannungsvoltmeter mit einem Messbereich von 18 V in Betrieb! Diese Messleitung gehört eigentlich ins Ersatzteilfach unter der Platine, ist aber bei meinem Exemplar nicht mehr vorhanden. Ein Nachbau dürfte wirklich kein Problem sein, wenn ich ein Muster hätte.
Wenn man zwei Schrauben entfernt (eine links am Kühlkörper der Oszillator-Transistoren, eine rechts am Kühlkörper der Spannungsregelung), kann man die Hauptplatine ohne Weiteres nach hinten hochklappen.
Hinten quer fand ich nach dieser Verrichtung eine papierne Überraschung. Es handelte sich um den Schaltplan, der, auf dünnes Papier im Format DIN A2 gedruckt, wie die Packungsbeilage einer Arzneimittelpackung gefaltet war. Eigentlich hätte das keine Überraschung sein sollen, es steht ja oben auf dem kleinen Aluschild zwischen den Spulen!
Aber dass der Plan tatsächlich unberührt und jungfräulich noch dort liegt, hätte ich nicht erwartet. Irgend welche "spares", also Ersatzteile, von denen auf dem Schild ebenfalls die Rede ist, fand ich aber nicht. Was das wohl für Teile sein sollten?
Der Schaltplan, der auch Servicehinweise enthält, war ziemlich zerknittert, aber wofür gibt es Bügeleisen? Ich werde davon eine A2-Kopie machen lassen und das Original dann wieder in sein Versteck legen.
So, damit ist meine kleine Vorstellung der Kudelski'schen Aufnahmeapparatur beendet. Ich habe inzwischen festgestellt, dass meine abgedrückten 440 Euro ziemlich günstig waren; zur Zeit werden europaweit einige andere Nagra-E-Exemplare für 495 bis 880 Euronen feilgeboten; darunter allerdings eine seltene Blaue aus Fronkreisch!
Hoffentlich habe ich jetzt nicht bei allen Forenmitgliedern Begehrlichkeiten geweckt, die zu diversen Privatinsolvenzen unter euch führen.
Aber die "kleinen Schweizerinnen" haben einen Vorteil gegenüber schnöden Consumergeräten aus Plastik: sogar Ehefrauen und sonstige Lebenspartner(innen) lassen sich von den feinmechanischen Kleinoden in den Bann ziehen und können sich in Grenzen durchaus dafür begeistern. Diese Erfahrung habe ich jedenfalls gemacht... ^^
Diesmal wurde nicht mal gemeckert "wo soll das denn nun noch stehen?"
LG Holgi