Uher Tonbandgeräte - tönende Erinnerung. Ein-Blick in die "95".
#1
Moin, moin,

da ich in den letzten Wochen etwas zum Koffer-Räumen gezwungen gewesen war, sind mir auch einige Bandgeräte aus dem Haufen "kann weg - ist aber eigentlich interessant" in die Hände gefallen. Die Uher SN-Threads und die Notwendigkeit, die Röhren-Uhers aufzusschrauben, um an die Seriennummern zu kommen, hat ihr übriges dazu getan, dass ich mich mit den hübschen Teilchen beschäftigt habe: Wenn man schon fotografiert, dann kann man ja gleich etwas mehr fotografieren. Und wenn man schon etwas mehr fotografiert, dann kann man ja auch darüber nachdenken, was man da eigentlich fotografiert. Und wenn man schon mit dem Denken beginnt ...
Also habe ich meine Tastatur etwas malträtiert und das Ergebnis hier eingestellt, damit Wolfgang am Samstag nicht an "Trittbretter" denkt, sondern etwas zu Lesen hat. Wessen Aufmerksamkeitsdauer jedoch nur noch für eine SMS reicht, der möge alles Folgende ignorieren.

   

"Die Magnetbandgeräte erfüllen den alten Traum des Menschen, Sprache und Musik und alle akustischen Äußerungen der Umwelt selbst aufzunehmen und für beliebig häufiges Wiedergeben aufbewahren zu können.
Zum Foto-Amateur gesellte sich der Tonband-Amateuer. Seine technischen Hilfsmittel sind keinesfalls teurer als hochwertige Kameras; die Vielseitigkeit seiner Arbeit verschafft ihm mindestens die gleiche Freude und Befriedigung. ...
"
So leitete Herr Dr.-Ing. Hans Knobloch 1955 seinen "Ratgeber für die Praxis mit dem Heimtonbandgerät - Der Tonband-Amateur" ein.

   

Im August 1955 stellten die Uher Werke, München, auf der Großen Deutschen Rundfunk-, Fernseh- und Phono-Ausstellung in Düsseldorf, ihr erstes eigenes Tonbandgerät, das Uher 95 vor. Dieses Gerät hatten die Herren Konstrukteure und Techniker der Süddeutschen Mechanischen Werkstätten, Josef König, Hubert Richt, Albert Liebl und Hermann Haak, seit 1953, neben ihren eigentlichen Aufgaben bei der SMW, vor allem nach Feierabend, sowie an Sonn- und Feiertagen entwickelt. Schon 1954 soll die Bandmaschine fertig gewesen sein.
Ende Oktober 1955 begann die Produktion und allein im Juli des folgenden Jahres wären, so lässt sich im Uher-Buch lesen, viertausend Geräte abgesetzt worden und konnte die Fertigung auf eintausend Exemplare pro Monat gesteigert werden. Spätestens in der dritten Auflage des Büchleins "Der Tonband-Amateur" war die Uher 95 im Bild berücksichtigt worden.


Das Handbuch des Rundfunk- und Fernsehgroßhandels für den Jahrgang 1955/56 präsentierte die Uher wie folgt:

Tonband-Gerät Uher 95
Neupreis: 550,-- DM
Röhrenbestückung: EF804, ECC83, EL84, EC92, EM71
Magnetband Gerät: Koffer; Doppelspur; 9,5 cm/s; Spieldauer 2x 60 min bei 9,5 cm/s für 350m Band; Spulengröße max. 150 mm Durchmesser; 3 Magnetköpfe, davon 1x Löschen 1x Aufnahme, 1x Wiedergabe, hochohmig.
Frequenzbereich: 60 - 10 000 Hz +/- 3 dB bei 9,5 cm/s; Dynamikumfang: 55 dB (DIN E6045)
Verstärker: Aufsprech- und Wiedergabeverstärker kombiniert 3 Stufen + HF-Generator für Aufnahme, 4 Stufen für Wiedergabe; Ausgangsleistung 4 W; 2 Eingänge: 100 kOhm (10 mV), 200 Ohm (0,2 mV); Lautstärkeregler für Aufnahme und Wiedergabe.
Bedienung: 8 Drucktasten für Vorlauf, Rücklauf, Start, Stop, Wiedergabe, Aufnahme, Mikrofon, Aufnahme Radio, Aufnahme-Sperre; 2 Drehschalter für Lautsprecher Ein/Aus/Außenlautsprecher und für Ein/Aus/Lautstärke
Technische Besonderheiten: Aussteuerungskontrolle durch Magischen Fächer
1 Lautsprecher: 130 x 70 mm eingebaut; Anschluß für Außenlautsprecher (4 Ohm)
Stromversorgung: 110, 125, (160), 220, 240 V Wechselstrom; 59W, 1 Sicherung 0,3A für 220V
Ausführung und Gewicht: Koffer: Metallrahmen, Deckel: Polyester, beide mit Kunstfolie überzogen, beige, 360 x 149 x 270 mm, Gewicht 8,5 kg


Es scheint tatsächlich, die Uher 95 wäre über eine gewisse Zeit hinweg mit einer 3-Kopf-Bestückung zur Auslieferung gekommen. Allerdings werden im Netz ebenso auf ihrem Typenschild als "Uher 95" bezeichnete Geräte beschrieben, die mit einem Kombikopf ausgerüstet sind. Wann diese Umstellung erfolgt ist, mögen mir Wissende erzählen.
Das trifft übrigens gleichermaßen auf die Ausstattung der Uher 95 mit einem Übertrager für den Mikrofon-Eingang zu.

Den Grund für die Umstellung auf eine einfachere Konfiguration sehe ich in den Kosten. In diesem Zusammenhang sei die Einleitung einer Patent-Anmeldung vom März 1955 für ein "Laufwerk für Tonbandgeräte" der SMW zitiert: "Nachfolgend beschriebene Neuerung betrifft eine Antriebsvorrichtung für Tonbandgeräte, die bei geringstem Aufwand an billigen Bauelementen sämtliche Anforderungen, die an ein zuverlässiges Tonbandgerät nach dem heutigen Stand der Technik gestellt werden, in hohem Maße gerecht wird."

Der Preis schien also nicht ganz unwichtig. Denn welcher Anwender und zu welchem Zweck hätte dieser anno 1955 so ein Tonbandgerät einsetzen sollen?
Der Einstandspreis von 550 D-Mark für die Uher 95 lag zwar nur 50 Mark über dem Preis für eine Spiegelreflex-Kamera Contaflex II der Zeiss-Ikon. Doch die konnte sich der Normalbürger auch nicht leisten.
In Anbetracht eines durchschnittlichen Monatslohns von 181 DM im Jahre 1955 konnte der normale Arbeitnehmer weder das eine noch das andere bezahlen. Ebenso wenig das Konkurrenz-Modell Telefunken KL65 für 13 cm-Spulen, das 1956 im Koffergehäuse für 598 DM angeboten worden war und dabei einen doch deutlich "leichter" verarbeiteten Eindruck gemacht hatte. Da half es auch nicht, dass die Preisspanne der Grundig Koffer-Tonbandgeräte erst bei 698 D-Mark begonnen und bei utopischen 1.125 DM geendet hatte.
Die Uher war also zweifellos ein gutes Angebot gewesen. Doch entsprach Mitte der fünfziger Jahre der Preis der Uher 95 halt etwa 809 kg Brot. 2009 hätte diese Menge Backwaren, nach statistischen Erhebungen, beim deutschen Durchschnittsbäcker immerhin 2.750 Euro gekostet! Hätte man als Gegenwert zur Uher 1955 873 Liter Bier bekommen, hätte eine solche Party-Badewannenfüllung 2009 mit 2.400 Euro bezahlt werden müssen. Fachhandels-Bier, kein Hau-Weg-Die-Schei...-Bier.
Lediglich in Butter müsste eine Uher heute nummerisch kaum teurer bezahlt werden, als damals. Arme Bauern. Jedenfalls, wenn sie es 1955 versäumt haben sollten, ausreichend Brot als Tauschmittel für spätere Jahrzehnte zurückzulegen. Aber auch 81,25 kg Butter hätte sich der Durchschnitts-Verdiener anno 1955 kaum als Vorrat weg gelegt. Erst Recht nicht, um damit Musik zu hören.
Und wahrscheinlich hätte sich der Durchschnitts-Verdiener zudem gefragt, warum er und wovon er Musik hätte aufzeichnen sollen. Er hätte sich auch gefragt, wann er die aufgezeichnete Musik hätte abhören sollen. Denn auf der Arbeit arbeitete man. Und das oft zehn Stunden am Tag, sechs Tage die Woche. Wenn keine Extra-Schichten noch mehr Zeit verbrauchten. Und den Weg zur Arbeit beschritt man 1955 noch oft zu Fuß, nicht mit einer Luxus-Limousine mit eingebauter Uher 95 oder auch nur mit eingebautem Radio. Und wenn der Familien-Vater denn tatsächlich zuhause gewesen war, dann ging er meist eher in den Kleingarten, zur Gemüse-Ernte, als ins Wohnzimmer, zum Musikhören. Wenn er denn schon wieder ein Wohnzimmer zum Musikhören gehabt hatte, dort nicht die Wohnungseigentümerin wohnte, dort nicht der Sohn auf der Couch schlief oder noch die Flüchtlingsfamilie aus Pommern einquartiert war.

Eine Uher 95 war also 1955 noch eher nicht für den Durchschnittsverdiener gebaut. Maßstab für die Entwicklung der 95 war es daher gewesen, "vielseitige Verwendungsmöglichkeiten" zu erschließen. "Vom Tisch-Tonbandgerät bis zum Koffer-Tonstudio für jeden Bedarf und Beruf. Für Amateure, für Kaufleute, Lehrer, Ärzte, Richter, Schriftsteller, Rechtsanwälte, Redner, Künstler, Dozenten, Schauspieler, Wissenschaftler, Musiker - bei Konferenz, Werbung, Schmalfilmvertonung, Vortrag, Versammlung, Unterhaltung etc."

Es waren also vor allem die Besserverdiener und es waren professionelle Anwender, neben dem regulären Tonstudio-Bedarf, auf die die Uher zugeschnitten gewesen war. Und für diesen Bereich hießen die Platzhirsche unter den Tonbandgeräte-Herstellern AEG und Grundig. Und beispielsweise die Reporter von Kurt Bier und ihre Nachfolger aus dem Grundig-Programm von 1954 (Druckstück 9545) wogen mindestens das Doppelte, waren deutlich größer als die Uher 95, und nur das "Sparmodell" Grundig TK9 hatte als Tischgerät - ohne Verstärker und Lautsprecher - überhaupt preislich annähernd mit der "Kleinen" aus München konkurrieren können.
Dabei bedeutete "klein" nicht etwa leistungsschwach! Die Ausgangsleistung der Endstufe mit ihren 4 Watt war für damalige Verhältnisse tatsächlich nicht eben gering dimensioniert gewesen. Manche ausgewachsene Radio-Geräte boten weniger Leistung; beispielsweise ein TK9 hatte 2,5 Watt und nur die großen Grundig Recorder stellten ganze 5 Watt Arbeitsleistung zur Verfügung.


Wann die bereits erwähnten technischen Veränderungen in die Uher 95 Einzug gehalten hatten, kann ich nicht sagen. Zementiert wurden die Modifikation der Serie bereits 1956.
Die Variante des Uher-Tonbandgerätes mit Kombikopf bekam nun die Bezeichnung 95S. Eine Version, die wohl dem ursprünglichen Finish entsprochen hatte, hieß von nun an 95L. Außerdem kamen ein Tischgerät 95T und ein Einbau-Chassis 95C, beide auf der Basis der 95S heraus.

Die Luxus-Ausführung Uher 95L erhielt weiterhin den Übertrager eingebaut, der den Einsatz langer Mikrofon-Kabel ermöglichen sollte. Schließlich konnte die Uher, die ja auf eine feste Stromversorgung angewiesen ist, oft nicht selber an die Aufnahmequelle heran geschafft werden. Die Impedanz von 200 Ohm sollte, so das Uher-Buch, die Verwendung von Kabeln von bis zu 200 Metern Länge ermöglichen.
Außerdem bekam die 95L weiterhin eine Dreikopf-Konfiguration spendiert. Das Ziel war vor allem die Möglichkeit, für Aufnahme und Wiedergabe die optimale Spaltbreite für die Tonköpfe zum Einsatz bringen zu können, anstatt den für Kombiköpfe üblichen Kompromiss eingehen zu müssen.
Die Option der Hinterbandkontrolle realisierte Uher mit einem Hinterband-Kontrollgerät HBK H149, das als Zubehör erworben werden konnte; die zu dessen Anschluss notwendige, zusätzliche 5pol-Tuchel-Buchse ließ sich in einer entsprechenden Aussparung nachrüsten. In dem Büchlein "Der Tonband-Amateur" (3. Aufl, 1957, S. 32, Bild 13) ist so eine Uher 95L, samt HBK und Kopfhörer, abgebildet.

Die Technischen Daten aus der Service-Anleitung besagen für die 95L

Bandgeschwindigkeit: 9,53 cm/s
Spurlage: international, Doppelspur
Köpfe: 1 Wiedergabekopf, 1 Aufnahmekopf, 1 Löschkopf (Trimagnetic-System)
Max. Spulengröße: 15 cm Durchmesser
Spieldauer: 2x 45 Min. (Standardband 260 m); 2x 60 Min. (Langspielband 350 m)
Frequenzbereich: 50 - 11.000 Hz
Störabstand: > 45 dB
Gleichlaufabweichung: +/- 0,3 %
Ausgangsleistung: 4 Watt
Klirrfaktor: max. 5 % tot. (1.000 Hz Vollaussteuerung)
Eingänge: Mikrofon: 0,2 mV / 200 Ohm symm., Radio 4 mV / 200 kOhm
Ausgang: 1 V / 1 kOhm, 4 V / 4 kOhm
Netzanschluß: Wechselstrom 50 oder 60 Per. umschaltbar, 110, 125, 220, 240 Volt
Stromaufnahme: 58 VA
Sicherungen: 100 mA (Anodenstrom), 300 mA, 700 mA (Netz) (5x 20 mm, Auslösung träge)
Testband: Uher T950


Der Großhandelskatalog für das Jahr 1957/58 (S. 874f) ergänzt folgende Informationen:

Neupreis: 550,-- DM (einschl. Verbindungskabel und Leerspule)
1 Lautsprecher: permanent-dynamisch 11,5 x 7 cm
Ausführung und Gewicht: Koffer mit braunem Kunstlederbezug, Abdeckplatte Polystyrol, elfenbeinfarben
Abmessungen: 36 x 15 x 27 cm
Gewicht 8,6 kg



Quasi das gleiche Gerät, jedoch ohne das Trimagnetic-System und den Übertrager für den niederohmigen Mikrofon-Anschluß, bekam in der zweiten Generation, den Suffix "S", für "Standardgerät" (... oder etwa "Standgerät", wie eine zeitgenössische Werbung meint?). Die Uher 95S war etwa fünfzig Mark preiswerter als die Luxus-Version.
Dementsprechend weichen einige der Technischen Daten in der Service-Anleitung von denen der 95L ab:

Köpfe: 1 Löschkopf, 1 Kombikopf
Eingänge: Mikrofon: 2 mV / 2 MOhm, Radio: 2 mV / 50 kOhm



Das Chassis 95C kam ohne Verstärker und Lautsprecher auf den Markt und sollte sich genauso in eigene Gehäuse-Kreationen wie in einen Regie-Tisch, vor allem aber in eine Musiktruhe einsetzen lassen. Das gleiche Chassis, ohne Endstufe und Lautsprecher, kam auch als Tischgerät 95T, in einem Stoff-überzogenen, Wohnzimmer-tauglichen Gehäuse in den Handel.

Gegenüber dem Modell "S" weichen nur wenige Technischen Daten aus der Service-Anleitung für die 95C und 95T ab:

Ausgang: 1 V / 50 kOhm
Stromaufnahme: 45 VA


Aus dem Großhandelskatalog für das Jahr 1957/58 lassen sich noch einige ergänzende Daten für das 95T entnehmen:

Neupreis: 447,-- DM (einschl. Verbindungskabel und Leerspule)
Abmessungen: 35 x 13 x 26 cm
Gewicht 6 kg


   

Konsequent wuchs das Uher-Programm der fünfziger Jahre weiter. Die 95S hieß nun 95K und mit den neuen Modellen der dritten Generation führte Uher 1957 eine zweite Arbeitsgeschwindigkeit ein: Beispielsweise die Uher 495 bot erstmals Viertelspur bei 9,5 und 4,75 cm/s und somit eine Laufzeit von bis zu vier Stunden. Damit wurde die Uher zum Diktiergerät, zum Telefon-Aufzeichnungsgerät und zum Raumüberwachungsgerät.
Eine vierte Buchse erlaubte nicht nur den Anschluss des Akustomaten, der die Uher bei Geräuschen oder Sprache einschaltete, sondern auch den Anschluss einer Fernbedienung, eines Fußschalters oder eines Mikrofons mit Start/Stop-Schalter. Sie ließ sich mit einem Dia-Steuergerät genauso, wie mit einem Schmalfilm-Synchroner verbinden.
Besonders war auch die Möglichkeit, die Uher mit Hilfe eines Wechsel-Richters an 6 V- oder 12 V-Autobatterien zu betreiben. Zumindest für die zweite Serie (wie abgebildet) wies die Zeitungs-Werbung "Tonerlebnisse" 1958 extra, in Fett-Druck und vor dem Bild eines PKW, auf diese Möglichkeit hin.

Auch die Uher 495 zeigt deutlich, das Tonband'eln war in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre in der Bundesrepublik zumindest nicht nur das Hobby der Hi-Fi-, nicht einmal der Musik-Fans gewesen. Und seine Ausstattung war nicht unbedingt auf den Durchschnittsbürger zugeschnitten. Das spiegelte sich auch in den Technischen Daten wieder, die, was die Klangqualität anging, im Vergleich zu den Vorläufer-Modellen nur bedingt verbessert aussahen.

Bandgeschwindigkeit: 4,75 cm/s und 9,5 cm/s (umschaltbar)
Spurlage: international Doppelspur
Köpfe: 1 Löschkopf, 1 Kombikopf
Max. Spulengröße: 15 cm Durchmesser
Spieldauer: bei 4,75 cm/s 2x 120 min (Langspielband 350 m) oder 2x 90 min (Standardband 260 m), bei 9,53 cm/s 2x 60 min (Langspielband 350 m) oder 2x 45 min (Standardband 260 m)
Frequenzumfang: 50 - 6.000 Hz bei 4,75 cm/s oder 50 - 11.000 Hz bei 9,53 cm/s
Störabstand: > 45 dB
Gleichlaufabweichung: +/- 0,3 % bei 9,53 cm/s oder +/- 0,9 % bei 4,75 cm/s
Ausgangsleistung: 3 Watt
Klirrfaktor: max. 5 % tot. (Vollaussteuerung 333 Hz am hochohmigen Ausgang)
Eingänge: Mikrofon: 2 mV / 10 MOhm, Radio: 2 mV / 20 kOhm, Phono: 100 mV / 1 MOhm
Ausgänge: 1 V / 20 kOhm, 3,3 V / 4 Ohm
Netzanschluß: Wechselstrom 50 Per. (Umbau auf 60 Per. möglich), 110, 125, 160, 220, 240 Volt
Stromaufnahme: 54 VA
Sicherungen: 150 mA (Anodenstrom), 300 mA (Fernsteuerung), 400 mA, 800 mA (Netz) (alle Sicherungen 5 x 20 mm träge Auslösung)
Testband: Uher T475, Uher T950


Auch hier kann der Großhandelskatalog ergänzende Informationen liefern:

Neupreis: 598,-- (einschl. Verbindungskabel und Leerspule)
Besonderheiten: Fernsteuerung Start und Stop; Telefonadapter; für alle Schmalfilm-Synchroner geeignet; Anschlüsse für Uher Akustomat und Fernsteuerung (Start und Stop) mit Fußschalter; Start/Stop-Schalter am Mikrofon, Tricktaste
1 Lautsprecher: perm.-dyn. 11,5 x 7 cm
Ausführung und Gewicht: Koffer mit braunem Kunstlederbezug, Abdeckplatte Polystyrol, elfenbeinfarben; 36 x 15 x 27 cm; Gewicht: 8,5 kg



Die Uher 495 dürfte das erste Gerät der Serie gewesen sein, die mit einer neu konzipierten Röhren-Ausstattung an den Start gegangen war, was unmittelbar in den Technischen Daten, anhand der mit 3 Watt angegebenen Ausgangsleistung kenntlich wurde. Ich schließe daraus, sie war erst später im Jahr 1957 auf den Markt gekommen.


Die Umstellung auf eine niedrigere Ausgangsleistung betraf das bereits zur Hannover-Messe (28. April bis 7. Mai 1957) präsentierte neue Spitzenmodell des Jahrgangs 1957 nicht! In der Werbung zur Messe ist das 495 übrigens noch nicht genannt.

   

Die neue Uher war nun tatsächlich vor allem für den Musik-Freund gebaut. Wenn der auch nicht ganz arm gewesen hatte sein dürfen.
"Bitte legen Sie diesen Prospekt ungelesen zur Seite, wenn Sie ein Gerät von mittelmäßigen Fähigkeiten suchen", forderte Uher die Interessenten auf. Die Halbspur-Maschine Uher 195 ließ sich zwischen 9,5 und 19 cm/s umstellen und glänzte mit einer 3-Kopf-Ausstattung. Für das "Funkhaus im Koffer" warb Uher, neun Jahre vor der Einführung der DIN 45 500, erstmals mit dem Attribut "Hi-Fi".

   

Das sogenannte "Reise-Klang-Studio" hatte die Ausstattung übernommen, die schon der 95L spendiert worden war: Den fest eingebauten Übertrager für niederohmige Mikrofone und das Trimagnetic-System für die optimale Kopfspalt-Auswahl sowie mit der Möglichkeit der Hinterbandkontrolle, mit Hilfe des externen Monitor-Verstärkers.

   

Zusätzlich war die 195 jedoch tatsächlich auf beste Klangqualität getrimmt worden. So baute ihr Koffer nicht nur höher, als der aller ihrer Vorgänger, er musste das auch tun, denn am Boden des Koffers verbarg sich ein zusätzlicher, parallel geschalteter Lautsprecher des sogenannten Doppelklang-Strahlers.
Die Konstrukteure der SMW waren zu dem Wiedergabe-System ihres Hi-Fi-Modells auf eine interessante Idee gekommen. Denn schließlich sollte die 195 nicht wirklich größer werden und dabei vor allem tragbar bleiben; irgendwoher musste das Quellmaterial für die hochwertige Aufnahme ja kommen und also wollte man sich die Möglichkeit zur Eigenaufnahme in Freier Wildbahn nicht verbauen. Daher war es nicht möglich, den Koffer größer zu gestalten oder gar "unten offen" zu halten, damit das schließlich dort eingesetzte 18 cm-Chassis freien Zugang zur Umgebung hätte. Tatsächlich zieren die Seiten der Uher rundherum Schlitze, durch die der Schall, den das große Chassis erzeugt, aus dem Gehäuse austreten kann. Um die Sprachverständlichkeit nicht einzuschränken, hatten die Techniker der 195 zudem eine Schaltung spendiert, mit der sich das Wiedergabesystem nach Sprache und Musik umschalten ließ. Außerdem gab es eine Klangblende, die ebenfalls bereits mit der 95L eingeführt worden war.
Darüber hinaus war dieses Spitzengerät natürlich auch mit all den Neuerungen ausgestattet, über die ein paar Monate später auch das Modell 495 verfügen sollte: Die Fernsteuerbarkeit durch den Akustomat, Fuß-Kickschalter und Finger-Tipschalter, Mikrofon usw.

Der Einleger zur Service-Anleitung nennt folgende Daten der Uher 195:

Bandgeschwindigkeit: 9,5 cm/s und 19,05 cm/s (umschaltbar)
Spurlage: international Doppelspur
Köpfe: 1 Löschkopf, 1 Aufnahmekopf, 1 Wiedergabekopf (Trimagnetic-System)
Max. Spulengröße: 15 cm Durchmesser
Spieldauer: bei 9,53 cm/s 2x 60 min (Langspielband 350 m) oder 2x 45 min (Standardband), bei 19,05 cm/s 2x 30 min (Langspielband 350 m), oder 2x 23 min (Standardband)
Frequenzumfang: 30 - 11.000 Hz bei 9,53 cm/s oder 30 - 17.000 Hz bei 19,05 cm/s
Störabstand: > 50 dB
Hochfrequenz: 75 kHz
Gleichlaufabweichung: +/- 0,3 % bei 9,53 cm/s oder +/- 0,2 % bei 19,05 cm/s
Ausgangsleistung: 4 Watt
Klirrfaktor: max. 5 % tot. (Vollaussteuerung 333 Hz am hochohmigen Ausgang)
Eingänge: Mikrofon: 0,1 mV / 200 Ohm symm., Radio: 1,5 mV / 20 kOhm, Phono: 100 mV / 1 MOhm
Ausgänge: 1 V / 20 kOhm, 4 V / 4 Ohm
Netzanschluß: Wechselstrom 50 Per. (Umbau auf 60 Per. möglich), 110, 125, 160, 220, 240 Volt
Stromaufnahme: 58 VA
Sicherungen: 150 mA (Anodenstrom), 300 mA Fernsteuerung, 400 mA, 800 mA Netz (alle Sicherungen 5 x 20 mm träge Auslösung)
Testband: Uher T950, T1900


Auch hier gibt das Handbuch des Großhandels weitere Informationen:

Neupreis: 685,-- (einschl. Verbindungskabel und Leerspule)
Besonderheiten: regelbarer Höhenentzerrer für Wiedergabe; Mithören vor Band über eingebauten Lautsprecher, hinter Band über zusätzliches Kontrollgerät; Aussteuerungskontrolle durch Magischen Fächer; Banduhr (beleuchtet); Schalter für Sprache/Musik, Tricktaste; Hinterband-Kontrollgerät; Uher Akustomat und Fernsteuerung (Start und Stop) mit Fußschalter; Start/Stop-Schalter am Mikrofon
2 Lautsprecher: 1 perm.-dyn. 18 cm Durchmesser, 1 perm.-dyn. 11,5 x 7 cm; Anschlüsse für Außenlautsprecher; Verstärker
Ausführung: Koffer mit braunem Kunstlederbezug, Abdeckplatte Polystyrol, elfenbeinfarben
Abmessungen: 36 x 17,5 x 27 cm
Gewicht: 8,75 kg



"Das Werkzeug des Intendanten" war nicht ganz preiswert gewesen. Auch wenn die Uher 195 schon im folgenden Jahr billiger wurde: Den Werkspreis, der dann bis zum Ende der Bauzeit stabil bleiben sollte, bezifferte der Prospekt von 1958 mit 635 DM. 2009 entsprachen die 2.570 Brot-Euro.

Grundigs 15 cm-Bandgeräte konnte bei den Leistungsdaten der Uher nicht mithalten und selbst die neue TK30 erreichte den im Prospekt genannten, nominellen Frequenzumfang der Uher nicht, konnte allerdings zum vergleichbaren Preis mit 18cm-Spulen, einem nun "dekadischen Bandlängenzählwerk" und "3D-Klang" punkten.
Die Fähigkeit der Hinterbandkontrolle, die Uher in der 195 realisiert hatte, blieb den meisten Konkurrenten über Jahre verwehrt! "Mithören bei der Aufnahme" meinte bei denen vor Band. Ein AEG Magnetofon KL35 oder die Revox B36 hatten das auch gekonnt; für sehr viel mehr Geld. Erst eine Grundig Typ 45 (bzw. 46 oder 47) sollte hier, Jahre später, wieder gleichziehen können.

   

Das Jahr 1958 brachte nochmal einige Neuerungen. Das "Amateur Koffer-Tonstudio 195" und der "Langspiel Tonbandkoffer 495" waren weiterhin verfügbar gewesen, erhielten als zusätzliche Ausstattung einen extra Knopf, der eine Pause-Funktion initiierte. Die 195 gab es nun in verschiedenen Ausführungen: "Koffer mit Kunstlederbezug, Abdeckplatte Polystyrol, braun und elfenbein, grau und weiß, oder blau und weiß."
Die vierte Version der Serie x95 brachte zudem eine grundlegende Renovierung des Basismodells: Die Uher 95K, immer noch mit einer Bandgeschwindigkeit, Halbspur-Auslegung und Kombikopf-Ausstattung, war nun ein 3-Röhren-Gerät mit 3,5 Watt Ausgangsleistung. Auch das Tischgerät 95T war von nun an mit einer Endstufe, zum direkten Anschluss eines Außenlautsprechers, ausgestattet gewesen. Das Gerät hatte nun eine Schnellstop-Funktion bekommen und sämtliche Koffer-Modelle einen größeren Lautsprecher (13 x 7,5 cm).

Die Modelle 95K, 95T, sowie die modifizierte 195 und 495 präsentierte Uher beispielsweise in der Zeitungs-Werbung "Festhalten ..." zur Fußball-Weltmeisterschaft 1958.

Auf der Basis des selben Chassis vervollständigten die Modelle 295 und 395 das Programm in der zweiten Jahreshälfte, konnten jedoch zusätzlich, wie die großen Schwestern, zwei Geschwindigkeiten. Grundsätzlich sind die 295 und die 395 tatsächlich identische Geräte. Mechanik, Verstärker, Ausstattung: Alles gleich. Jedenfalls nahezu. Die einzig relevante Abweichung findet sich im unterschiedlichen Durchmesser einer Riemenscheibe auf dem Capstan-Antrieb, der dafür sorgt, dass die Uher 295 mit 9,5 und 19 cm/s, dass das Modell 395 mit 4,75 und 9,5 cm/s läuft. Ich nehme mal an, die Wiedergabeentzerrung ist ebenfalls angepasst.

Der Prospekt von 1958 nennt folgende Daten für das neue 95T:
Bandgeschwindigkeit: 9,5 cm/s
Spurlage: Doppelspur nach internationaler Norm
Spulengröße: 150 mm Durchmesser
Magnetköpfe: 2, davon 1 Aufnahme/Wiedergabe; 1 Löschen
Frequenzbereich: 40-16.000 Hz
Störspannungsabstand: > 45 dB
Gleichlaufabweichung: +/- 0,3 %
Eingänge: Mikrofon 2 mV an 10 MOhm, Rundfunk 3 mV an 20 kOhm, Phono 100 mV an 1 MOhm
Ausgänge: 1 V an 10 kOhm, 3,75 V an 4 Ohm, 5 V an 100 kOhm
Vollautomatische Drucktasten mit plastischen Symbolen für betriebssichere Bedienung
Schnellstop-Taste (mit Arretierung) für Sprachpausen bei Diktat und Schmalfilm-Synchronisation,
handverstellbarer Spannungswähler für vielseitige Anschlußmöglichkeiten: 110/125/160/220/240 Volt, 50 Hz (auf 60 Hz umschaltbar)
Aufnahme: ca. 44 VA
Abmessungen: 350 x 135 x 265 mm
Gewicht: 6,3 kg


Die Koffer-Ausführung 95K ist mit 36 x 15 x 27 cm nur geringfügig größer und wiegt wieder 8,5 kg.

Der Großhandelskatalog von 58/59 (S.880) nennt für die Uher 95T einen Neupreis von 447,-- DM und für die Uher 95K, 498,-- DM (einschl. Verbindungskabel und Leerspule).

Die Abweichungen in den Technischen Daten für das Modell 295 zu dem 95K finden sich lediglich in den Bandgeschwindigkeiten:
Zwei Bandgeschwindigkeiten: 9,5 und 19 cm/s
Frequenzbereich: 40 - 16.000 bzw. 40 - 20.000 Hz

"Das gleiche Gerät ist mit den Bandgeschwindigkeiten 4,75 und 9,5 cm/sek. und den Frequenzbereichen 40 - 8.000 Hz bzw. 40 - 16.000 Hz als Typ Uher 395 lieferbar." (Prospekt)
Der Neupreis lag bei 498,-- DM (einschl. Verbindungskabel und Leerspule).

   

Ende der fünfziger Jahre war die Zeit der Serie x95 vorbei. Der Markt hatte sich verändert, neue Anforderungen und neue Konkurrenten waren aufgetreten; die Spulen wurden kleiner, die Laufzeiten sollten länger werden. Und HiFi zog noch nicht. Wen wundert's?
Beispielsweise das deutsche Zentralorgan für "Musik aus Dosen", die FONO FORUM, hatte die Besprechung der Magnetband-Technik im Rahmen der Musik-Übertragung in den fünfziger Jahren mehr oder weniger ignoriert gehabt. Erst im April 1959 wies das Magazin, im Technik-Teil, auf "Gute Tonbandgeräte für den Heimgebrauch" hin, und erwähnte dabei beispielsweise die neue Uher Universal. Allerdings zeigt das Resümee, wirklich geeignet für die Musikübertragung schien die Technik für den Heimanwender damals nicht gewesen zu sein. Zu groß immer noch das Spannungsfeld zwischen den Verbrauchskosten einerseits und der erreichbaren Qualität andererseits.
Dies insbesondere in Anbetracht der sich ankündigenden Stereofonie. Zwar kann man im Uher-Buch nachlesen, für die Uher 195 wäre für die stereofone Wiedergabe bespielter Bänder ein Zusatzverstärkers angekündigt gewesen, doch in den Preislisten für 1958 und '59 taucht der nicht auf und zukunftsträchtig wäre das wohl auch nicht gewesen.
So listete Jörn Thiel in dem Kapitel "Mikrofon und Tonband in der Hand des Amateurs" seines Buches "Kontakte" (Möseler Verlag), in Auszügen im gleichen Heft der FONO FORUM abgedruckt, die bis dato üblichen Anwendungen der Tonband-Technik eben jenes "homo ludens mit Mikrofon und Tonband" auf: "Vielfältig ist die Anwendung des Tonbandes außerhalb der Studios: In der Schweiz hat sich der Brauch des klingenden Gästebuches bis ins Hotelwesen ausgebreitet. In Amerika darf der Doktorand per Tonband promovieren. In Belgien kontrollieren die bekannten Glockenspieler ihre ... Darbietungen durch Tonaufnahmen ... Unersetzlich ist das Band bereits in der Spracherziehung Taubstummer, und für unsere Blinden hat ein neues Zeitalter begonnen, seit Kunst und Wissenschaft ihnen in einer unbegrenzten Fonothek zur Verfügung stehen. ... Unentbehrlich ist das Band in den Diktiergeräten unserer Büros ... Der Röntgenologe spricht im verdunkelten Raum ... die Diagnose ins Mikrofon. Opernbühnen und Theater haben das Band unter ihre ersten Requisiten eingereiht. ... In Jugendfunk-, Schulfunk- und Unterhaltungssendungen wirken Amateure als Reporter, als Laienspieler und als Produzenten eigener, kleiner Hörspiele mit ..."
Der Musik-Interessierte, der sich am Abend ein Konzert von Band anhören wolle, war in dieser Auflistung noch nicht dabei gewesen. Auch nicht im Uher-Prospekt für 1958 und nicht einmal in dem für die Universal. Skurril in diesem Zusammenhang ein Hinweis in der Bedienungsanleitung für die Uher 195: "Entsprechend der verfügbaren Frequenzbereiche ist die Bandgeschwindigkeit 19 cm/sek für besonders hochwertige Musik-Aufnahmen und 9,5 cm/sek für Sprache und Musik in Rundfunk-UKW-Tonqualität geeignet." Wie viele Interessierte Nutzer hatten wohl Zugang zu besseren Quellen denn dem UKW-Rundfunk gehabt. Schellack-Platten?!

Und war für all die genannten Anwender eine x95 auf Dauer die richtige Lösung gewesen?
Immer mehr Kunden hatten sich ein Tonbandgerät leisten können, weil immer mehr der Konkurrenten preiswertere einfache Bandgeräte führten: So bot ein Spielwarenhersteller ein "Tonbandgerät für Jedermann" an. Die Phono-Trix war 1958 bei Radio RIM für nur noch 150 D-Mark, also vergleichend für 607 Brot-Euro im Jahre 2009, zu haben gewesen. Grundig kam mit der niki für 158 D-Mark (643,57 Brot-Euro) auf den Markt, die die FONO FORUM (4/59) als Eintritt in eine "neue Ära" sah: "Zwar gibt es schon lange netzunabhängige Tonbandgeräte ... aber erst jetzt ist das Taschengerät für jedermann geschaffen worden."
Zudem waren in Deutschland immer mehr Spezial-Lösungen für den Bürobedarf erschienen. Die FONO FORUM konstatierte im April 1959, "als Spezial-Bandgerät ist die in einigen hunderttausend Exemplaren in allen Ländern der Welt benutzte "Stenorette" bekannt." Hätte da eine 395 oder 495 noch eine Zukunft gehabt?

Das Uher-Buch nennt 1958 als letztes Jahr der Linie x95. In der Preisliste vom März 1959 sind die Modelle 95T (DM 411), 195 (DM 635), 295 und 395 (DM 458) noch aufgeführt. Der Großhandelskatalog für 1959/60 nennt als "letzte Mohikaner" das Uher 195 und die 95T. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an Anselms Ausspruch im Röhren-Uher-SN-Thread über "Ladenhüter". Die wurden dann 1960 bei Radio RIM verkauft: 95T und 95C für jeweils 295 DM (ohne Zubehör).

Die Uher-Preisliste zur Großen Rundfunk-, Fernseh- und Phono-Ausstellung 1959 kennt die Modelle x95 hingegen schon nicht mehr.
Die Universal mit drei Geschwindigkeiten und für 13 cm-Spulen war inzwischen erschienen. Das wird sicherlich irgendwann eine andere Geschichte werden. Wer sie auch immer erzählen mag.
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#2
Ein Nierentisch zum Tragen

Auf den ersten Blick sieht der Uher-Koffer wie eine verkleinerte Ausgabe des berühmten AEG Magnetofon KL15, dem ersten Heim-Tonbandgerät von 1951, aus. Im Jahre 1956 wurde die Gestaltung der Uher 95, von der Zentralstelle zur Förderung deutscher Wertarbeit e.V., mit der Aufnahme in die Sonderschau formgerechter Industrieerzeugnisse, später "Die gute Industrieform", auf der Hannover Messe gewürdigt.
Heute führt die iF International Forum Design GmbH die Uher 95 mit dem IF Design Award 1956 in der "Discipline Packaging"

   

Abgesehen von der Uher 195 sind die Koffer-Gehäuse der verschiedenen Serien identisch in Ausführung und Farbe. Unterschiede finden sich lediglich in der Führung des Riemens. Auf dessen Tragfähigkeit sollte man sich zumindest heute nicht mehr verlassen!
Die Koffer der Typen 195 bauen etwas höher und sind an den seitlichen Schlitzen erkennbar. Nur diese Hi-Fi-Modelle hatte es für den Jahrgang 1958, nach meiner Kenntnis, offiziell auch in zwei alternativen Farb-Varianten gegeben. Allerdings habe ich auch schon andere Uher 95-Modelle mit rotem Koffer und weißer Frontplatte im Netz gefunden.

   

Der Kofferdeckel besteht aus einem Kunststoff, der, wie die Autoren des Uher-Buches bemerken, auch im Fahrzeugbau Verwendung gefunden hatte und auf den man sich auch drauf stellen könne, ohne dass er leide.
Die für den Verbraucher relevante Besonderheit besteht in den zusätzlichen, patentierten Ablagen im Innern des Deckels, die die transportsichere Aufnahme von zwei Spulen, Mikrofon und Kabel erlauben.

   

Das Koffer-Gehäuse selber besteht aus verzinktem Blech und war unter den üblichen Anforderungen nicht kaputt zu kriegen. Lediglich der Koffer-Boden besteht aus Holz und ist mit acht Schrauben in dem Blech-Rahmen befestigt.

Die Bespannung der Koffer-Gehäuse besteht meist aus immer dem gleichen, unempfindlichen, mittelbraunen Kunstleder. Nur die Tischmodelle waren mit einem Stoffüberzug bespannt.

   

Die üblicherweise gold-farbenen Beschläge zeigen sich bei den meisten 50er Jahre Uher mehr oder weniger oxidiert; da unterscheiden sich die Uher nur wenig von den Geräten anderer Marken.
Die beiden Koffer-Verschlüsse sind konzeptionell merklich leichter ausgeführt als an zeitgenössischen Grundig, deutlich besser als die von zeitgenössischen Telefunken. So oder so haben sie sich für mich als immer praktikabel und ausreichend erwiesen. Die rückseitigen Koffer-Scharniere sind gesteckt, so dass sich der Deckel leicht abnehmen lässt. Auch das habe ich als praktikabel empfunden.
Die Koffer-Verschlüsse sind genietet und die Zierbeschläge sind mit Blechklemmen mit der Gehäusezarge verbunden; nur die Gurt-Halterungen sind verschraubt. Das macht Sinn, denn auf den Gurten liegt mehr Last und es war absehbar, dass die Riemen auch einmal ausgewechselt werden müssten.

   

Heute wird es vielleicht Sinn machen, auch den Zierbeschlag um die Gehäuseöffnung für den vorderen Lautsprecher einmal zu entfernen. Nur so gelangt der Uher-Pfleger an den Bespannungs-Stoff, der bei vielen Typen 95, die ich in den Händen hatte, eine Reinigung vertragen könnte.
Die auf die Stehbolzen aufgeklemmten, runden Federbleche habe ich auch an zahlreichen anderen Geräte-Typen gesehen, so dass ich mir vorstellen könnte, dass man so etwas heute noch bekommt.

Unter dem Deckel zeigt sich eine helle, gelblich-beige Frontplatte aus Polystyrol, die oft im Bereich der Bandauflage dunkel verfärbt und leider auch oft mit dunkel abgehobenen Rissen oder gar mit Brüchen verunstaltet ist.
Die Verfärbungen lassen sich in der Regel mit Seifenwasser leicht beseitigen. Die Brüche eher nicht.

   

Ein markantes Stil-Element der Uher 95 sind die beiden Tastenaggregate, zu je vier Tasten links und rechts des Kopfträgers. Diese Drucktasten entsprechen in Größe und Ambiente weitgehend dem zeitgenössisch Gewohntem, denn nahezu alle Radiogeräte dieser Zeit waren mit ähnlichen Tasten ausgestattet gewesen. Sie sind zudem groß genug, dass sie sich wirklich gut und einfach bedienen lassen.
Die linke Tastengruppe überträgt die durch den Bediener gedrückten Befehle rein mechanisch an das Laufwerk: Vor- und Rücklauf, Stop und Vortrieb. Das rechte Tastenaggregat überträgt den Bediener-Willen elektrisch an die Uher. Interessant dabei die Taste "Aufnahme Rundfunk": Aus der Anleitung der Uher 195 geht hervor, drückt man die Taste beim laufenden Aufnahmebetrieb nochmals ganz herunter, schaltet die Uher eine Muting-Funktion zu. Sie nimmt weiter auf, jedoch nicht das anliegende und ausgesteuerte Quellsignal, sondern eine Leerstelle. Und das, bis die Taste wieder losgelassen wird; sie bleibt dann, bis man auf "Stop" drückt, in der arretierten Position "Aufnahme".

   

Spätestens ab der zweiten Generation bekam die Uher ein Rücklaufsperre. Nach Stop lässt sich die Rückspul-Taste nur zum Teil drücken: Die Uher strafft das Band. Erst jetzt kann der Rücklauf ausgelöst werden.

Neben dem linken Tastenaggregat befindet sich bei den Geräten ab Baujahr 1958 ein sogenannter "Moment-Stop"-Druckknopf für die Schnellstop-Funktion. Heute würde man "Pause" dazu sagen.
Dieser im Großhandelskatalog als neunte Drucktaste bezeichneter, kleiner runder Knopf befindet sich nicht nur in der Ausstattung der Geräte der vierten Generation, sondern ist auch bei den Modellen 195 und 495 der letzten Baureihe nachgerüstet.

   

Direkt links und rechts des Kopfträges befindet sich je ein Knopf, dessen Funktion sich im Laufe der Serie verändert hat beziehungsweise dem jeweiligen Modell angepasst worden war. Je nach Modell sind hier Drehknöpfe, einer mit zusätzlicher Rast-Stellung, aber auch sogenannte "Zug-Drehregler" eingesetzt.
Eine zusätzliche Vielfalt ihres Einsatzes wurde möglich, weil die Regler in Kombination mit den Drucktasten des rechten Tastenaggregats unterschiedliche Funktionen zugewiesen bekommen. Ein Beispiel: Im Aufnahmebetrieb der Uher 195 wird mit dem linken Regler die Mithör-Lautstärke justiert, im Wiedergabe-Betrieb die Klangblende nach "hell" und "dunkel" verändert. Im Wiedergabebetrieb hat der rechte Knopf die Aufgabe, die Wiedergabe-Lautstärke zu regeln, während er im Aufnahme-Betrieb den Aufsprech-Pegel verändert. Mit dem rechten Zug-Drehknopf wird der Lautsprecher ein- (Position unten) oder ausgeschaltet (Position oben). Der linke Knopf schaltet in der oberen Position auf "Sprache", in der unteren auf "Musik". Immer gleich ist Funktion der linken Raststellung des linken Drehreglers als Hauptschalter.

Eine besondere Kombination der beiden Bedien-Systeme löst bei entsprechenden Geräten eine "Trickfunktion", das Aufnehmen ohne vorheriges Löschen einer Bandstelle, aus. Auf diese Weise lassen sich Sprache oder Geräusche in eine Musikaufnahme, Musik in eine Sprachaufnahme einfügen.
Durch Niederdrücken des rechten Zug-Drehknopfes wird der Lautsprecher für die Mithörkontrolle eingeschaltet. Dann wird auf dem rechten Tastenaggregat gleichzeitig die Sperrtaste und die gewünschte Aufnahmetaste, je nach einzuspielender Quelle, gedrückt. Mit Hilfe des rechten Zug-Drehknopfes wird die erneute Aufnahme, bei stehendem Band, ausgesteuert. Stimmt der Pegel, drückt man die Wiedergabe-Taste - Sperrtaste und Aufnahmetaste entriegeln dadurch -, löst den Vortrieb aus und dann, bei Erreichen der Bandstelle, ab der eingefügt werden soll, gleichzeitig erneut die Sperrtaste und die entsprechende Aufnahmetaste, so dass also drei Tasten des rechten Aggregates und eine des linken Blocks gedrückt sind.
Das vorherige Auspegeln der Aufsprechlautstärke und das Anfahren an die zusätzlich zu besprechende Bandstelle aus dem Wiedergabebetrieb heraus, war natürlich nicht nötig, ist aber in der Anleitung extra mit dem Argument empfohlen, nur so ließe sich die beste Qualität erzielen, würde zum Beispiel die zu bespielende Bandstelle bereits mit dem optimalen Gleichlauf erreicht.
Wird im rechten Tastenblock erneut die Wiedergabetaste gedrückt, löst diese die Aufnahme- und die Sperrtaste aus, so dass die Maschine im Wiedergabe-Betrieb weiter laufen kann, bis zum Beispiel erneut eine Bandstelle erreicht wird, in die eine weitere Aufnahme eingefügt werden soll. Dazu darf die Stellung der Zug-Drehschalters nicht aus der Aktivierung des Lautsprechers heraus verändert werden.

   

Unter der Kopfträger-Abdeckung ist eine Anzeige-Röhre eingelassen, mit deren Hilfe sich der Aufsprechepegel kontrollieren lässt. Eine beleuchtete Uhr, über dem linken Tastenblock, zeigt den Bandlauf an. Die Beleuchtung dient zudem als Betriebsanzeige.

   

Bei den Geräten, die für zwei Geschwindigkeiten ausgestattet sind, liegt der entsprechende Wahlschalter oben rechts auf der Frontplatte. Auf gleicher Höhe, zwischen den Spulen, befindet sich Umschaltmöglichkeit für die Netzspannung.

   

Uher weist übrigens dezidiert darauf hin, dass einem elektrischen Abschalten immer auch das Auslösen der Laufwerkstasten und der Funktionstasten folgen sollte, damit das Gerät beim Bandeinlegen und / oder beim elektrischen Einschalten nicht unversehens in irgendeine Betriebsart springt, was ja beispielsweise im Fernsteuer-Betrieb sogar gewünscht wäre.
Zudem bedeutet das Stehenlassen einer stromlosen Maschine bei gedrückter Laufwerkstaste für den Vortrieb auch, dass die Andruckrolle angefahren bleibt, so dass diese sich irgendwann verformen könnte.

Letztlich ist es müßig aus heutiger Sicht darüber nachzudenken, ob solch ein Design ergonomisch ist oder nicht. Wenn man sich erst einmal an die Symbole auf den Knöpfen (und passend an der Beschriftung der Buchsen) gewöhnt hat, geht die Bedienung der Uher flott von der Hand; das für mich in manchen Situationen sogar angenehmer, als bei manch "moderner" Bandmaschine mit elektrischen Tipp-Tasten.


Im Vergleich zu vielen zeitgenössischen Koffer-Tonbandgerät zeigt sich das Äußere der mir bekannten Uher-Geräte dieser Generation in aller Regel überraschend gut erhalten.
Das gilt auch für die Frontplatte aus Kunststoff. Selbst wenn man das Finish einer ordnungsgemäß behandelten 95 mit dem vieler jüngerer Bandgeräte vergleicht fällt auf, der Kunststoff zeigt üblicherweise keine Reaktion auf zum Beispiel Fingerfett oder mit salziger Haut. Nichts ist matt oder grob-porig geworden, wie bei vielen HiFi-Geräten der siebziger Jahre im Bereich der Bedienelemente üblich.

Natürlich kann es schon einmal passieren, dass ein Koffer-Tonbandgerät hin fällt. Dabei geht dann aber eher der Koffer kaputt, als die Frontplatte. Allerdings nicht bei der Stahl-bemantelten Uher.

Vielleicht schlägt hier und da die genervte Frau gewaltsam zu, wenn ihr das Mikrofon all zu oft und all zu dicht unter die Nase gehalten wurde. Meist ist ein Bruch der Frontplatte jedoch der Dummheit eines Schraubers geschuldet, und der Trägheit dessen, der nicht sofort Ersatz bestellt hat, nachdem er seiner Dummheit Ausdruck verliehen hatte. Meist ist ein Bruch der Frontplatte also Folge von handwerklichem Ungeschick und nicht von konstruktiver Nachlässigkeit der Entwickler.

   

Vier Schrauben, mehr oder weniger in der Nähe der abgerundeten Ecken des Chassis, halten die Frontplatte auf dem Rahmen. Wer eine dieser Schrauben zu fest anzieht, wenn die Uher einmal wieder zusammengebaut wird, der riskiert an dieser Stelle einen Bruch der Kunststoff-Front.
Wer die Uher zerlegen möchte und dafür zunächst die vier Messing-farbenen Schrauben samt Unterlegscheiben entfernt hat, der merkt bald, es müssen noch die Zug-Drehknöpfe entfernt werden, um die Platte letztlich abheben zu können. Wer die zwei oder drei Regler schließlich abgebaut hat und nun an dem Kunststoff zu ziehen beginnt, der riskiert dabei einen zentral gelegenen, meist Stern-förmigen Bruch, denn unter der (oberen) Kopfträger-Abdeckung verbirgt sich eine weitere Schraube.

   

Wer nach deren Entnahme "endlich" denkt und daraufhin um so kräftiger zieht, der riskiert wiederum einen Bruch, meist senkrecht nach unten, mittig unterhalb der Kopfträger, denn die Andruckrolle will erst in Richtung Tonkopf gedrückt werden, bevor sich die Frontplatte schließlich abnehmen lässt.

   

An dieser Stelle könnte man Uher kritisieren, dass der Hersteller am Material gespart habe, weil die Platte überhaupt bricht. Wer Tonbandgeräte hat schleppen müssen, bei denen beim Material-Einsatz nicht gespart worden war, der mag das anders sehen. Letztlich ist die Ausführung der Frontplatte der Uher 95 praktikabel, solange der Schrauber Rücksicht auf das Material nimmt, solange die Ehefrau des Besitzers Nachsicht mit ihrem Mann übt.

Wer jedoch ein Gerät mit gebrochener Frontplatte hat, der hofft möglicherweise auf Ersatz vom Fachhandel. Meines Wissens nach kann er da heute lange hoffen. Auch die Wahrscheinlichkeit, eine wirklich heile und zudem auch noch passende gebrauchte Frontplatte zu bekommen, sollte nicht zu hoch geschraubt werden. Jedenfalls nicht die Hoffnung, eine als Ersatzteile-Träger geeignete, desolate Uher zu finden, bei der aber die Front noch perfekt ist. Nicht umsonst findet sich in einem "Online-Museum" eine 195 mit aus Holz nachgefertigter Frontplatte (http://www.unau.de/museum/d_007_30_00_00...952093.htm).

Die Regler auf der Frontplatte sind ebenfalls aus Kunststoff. Sie sind nicht einfach aufgesteckt, sondern zusätzlich mit Madenschrauben gesichert. Dies hat Uher professionell gelöst: Die Kunststoff-Kappe hat von unten eine Aussparung, in die eine quadratische Metall-Mutter gelegt ist, durch die die Madenschraube gedreht und in die Schalter-Achse ein- oder gegen die Poti-Achse gegen geschraubt wird. Dadurch liegt wenig Last auf dem Kunststoff.

   

Zudem sollten um die Poti-Achsen, unter allen Kappen Filz-Ringe liegen, was das Material der Frontplatte schont. Die fehlen heute gern, lassen sich aber leicht nachfertigen oder im Fachhandel beziehen.

   

Natürlich sollte der Schrauber darauf achten, auf jeden Fall einen passenden Schlitz-Dreher zu verwenden, um die Maden-Schrauben zu lösen. Tut er das nicht, ist der Dreher zu dick, bricht möglicherweise eine Flanke des Schlitzes der Madenschraube ab und die Schraube lässt sich kaum noch unfallfrei bewegen. Tut er das nicht, ist der Dreher zu breit, zerstört er sehr leicht den Kunststoff der Kappe, der zunächst abspant und dann bröselt. Als Folge solchen Tuns zeigen viele der Uher heute fehlende oder nicht originale Knöpfe. Also lieber den wirklich passenden Dreher suchen als nur hoffen, es würde schon klappen.

   

In der Service-Anleitung steht übrigens eine Auflistung all der Werkzeuge und Hilfsmittel, die ein Uher-Schrauber benötigt:
"Messgeräte und Hilfsmittel" (Stand 1957): "Universal Röhrenvoltmeter, NF-Millivoltmeter (20 Hz - 200 kHz), Tongenerator (20 Hz - 20 kHz), Universal Oszillograph, Uher Testband (1900, T950, T495), Schraubenzieher 5mm, 3mm und 1mm, Satz Uher Justiergabeln, Uher-Tonkopfjustierlehre, Satz Spione, Seegerringzange, Justierzange, Entmagnetisiergerät, Federwaage 1000g und 50g Messbereich."


Die beiden Kunststoff-Deckel über dem Kopfträger sind übrigens nur gesteckt. Sie stecken nicht in der Frontplatte, sondern mit Hilfe von Metallstiften in dem Chassis. Das tun sie bei meinen Uher's auch noch nach Ablauf mehrerer üblicher Tonbandgeräteleben einwandfrei.
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#3
Mechanik aus München.

Alle Modelle der Serie Uher x95 basieren auf dem selben, soliden Alu-Druckguss-Rahmen von Josef König, auf den das weithin identische Chassis aufbaut, das sich, wie auch bei Plattenspielern damals üblich. komplett aus seiner Behausung entnehmen und in ein anderes Gehäuse verpflanzen lässt. Nur die Anschluss-Buchsen und gegebenenfalls der Lautsprecher sind extra mit dem jeweiligen Gehäuse verschraubt und mit Kabeln mit der Elektronik verbunden.

   

Allen Uher 95 ist eine technische Basis-Ausstattung gemein. Die Drucktasten-Steuerung, Banduhr, Endabschaltung, schneller Vor- und Rücklauf, Aussteuerungsanzeige usw. hatten sie alle. Die Frontplatte unterscheidet sich lediglich in der Bohrung als Durchlass für den Schalter für die Geschwindigkeits-Einstellung und in der Beschriftung, welche Geschwindigkeit das Modell bietet, sowie in der Bohrung für die Schnellstop-Taste der letzten Generation.
Lediglich eine Version der Uher 95K scheinen mir durch eine Unterlegung des Lautstärke-Reglers mit einer runden Metall-Platte mit Skala erkennbar. Ein Export-Modell?

   


Unter der Frontplatte wird ein wenig Technik, werden dem Zerleger vor allem die acht Schrauben sichtbar, die den Rahmen mit dem Koffer verbinden.
Theoretisch reicht es, diese Schrauben zu lösen und zu entnehmen, um Chassis und Gehäuse voneinander trennen zu können. In der Realität eines original erhaltenen Typ 95-Koffers hindern daran die beiden Kabelbündel, die die Elektrik frontseitig mit dem Lautsprecher und rückseitig mit dem Anschluss-Terminal verbinden. Beide Kabelbäume sind so kurz ausgeführt und zudem noch so an dem Rahmen befestigt, dass selbst professionelles Origami nicht hilft, den Zugang zur Chassis-Rückseite oder zum Kofferboden zu gewähren.
Die Service-Anleitung empfiehlt hier nichts. Lediglich TAPE RECORDING UK rät, "... before taking away the top part disconnect the loudspeaker and the back of the connector plate and the chassis is then completely free."

   

Der Blick auf die Innenseite des Koffers enttarnt ein Blechgehäuse, mit nach innen abgekantetem oberen und unteren Rand, in den vorn eine Aussparung als Durchlass für den Lautsprecher belassen ist. Außerdem sind darin vier doppelte Einschnitte vorgesehen, so dass an jeder Schmalseite des Lautsprechers zwei übereinander liegende Metall-Lippen umgebogen und als Klammern über den Lautsprecher-Korb gedrückt werden können. Damit nichts klappert ist der Korb nach vorn mit einem Filzring bedämpft und sind zwischen Klammern und Korb Gummi-Ecken eingesetzt.
Bei angehobenem Chassis lassen sich die Blech-Lippen, die den Lautsprecher halten, biegen, also der Lautsprecher lösen beziehungsweise befestigen. Das Problem besteht darin, das ein wiederholtes Biegen Brüche in dem Metall verursacht: Irgendwann hält die Befestigung nicht mehr. Insbesondere, wenn das Blech bereits angerostet ist, müsste man entscheiden ob man lieber biegt oder doch lieber lötet. Die Entscheidung wäre einfacher zu fällen, wären die Lötpunkte an einer Stelle, an die man bei nicht gelöstem Chassis gut heran kommt.
Aber auch hier wäre Kritik fehl am Platze. Niemand kann ernsthaft fordern, eine Befestigungslösung für ein Konsumenten-Produkt müsste sechzig Jahre und mehr wiederholte Bewegung überdauern. Zudem sieht die Konstruktion der Uher vor, dass dies für den üblichen Service in der Regel nicht nötig ist.

Ist beispielsweise der Lautsprecher oder seine Verkabelung gelöst, hilft nun Origami, lässt sich das Chassis bei noch befestigter Anschluss-Reihe aus dem Gehäuse heraus drehen und umklappen, aufstellen.

   

"Moment mal" denkt spätestens an dieser Stelle der erfahrene Uher-Zerleger: "Kann man da nicht von unten rein?" Tatsächlich sollte man können, was aber die Lötarbeit nur bedingt vereinfacht, die Biege-Arbeit jedoch schon. Insbesondere der Wieder-Einbau oder das Wieder-Anlöten des Lautsprechers gelingt nur von unten.
Die Service-Anleitung behauptet sogar, alle mechanischen Arbeiten an der Uher ließen sich von unten erledigen; lediglich bei einigen elektrischen Aufgaben müssten man von oben ran.
Vor allem wenn das Gerät in der Vergangenheit feuchter gestanden hatte, als es hätte sollen, besteht allerdings die Gefahr, dass das Metall-Gehäuse zu rosten begonnen hat und die acht Schrauben, die den Boden halten, fest sitzen. Trotzdem: Wer nur einmal rein sehen und einen einfachen Service an der Unterseite des Chassis vornehmen will, der versucht es zunächst oder zumindest zusätzlich von unten.

Viele Arbeiten an dem Uher-Chassis gelingen allerdings einfacher, wenn man das Chassis zumindest hochkant aufstellt. Schließlich hat der heutige Uher-Bastler kaum ökonomischen Druck, muss also nicht schnell sein, hat aber in der Regel andere Aufgaben, als ein Service-Techniker der fünfziger Jahre sie gehabt hatte: Reinigen, Schmieren, usw. Denn selbst die sogenannte "lebenslange Dauerschmierung" der Sinter-Lager hat sich inzwischen natürlich ins Jenseits verabschiedet. Ein Tonbandgeräte-Leben hatte halt nicht ewig dauern sollen.

Für mich hat es sich übrigens als praktisch erwiesen, einen für die Aufstellung des Chassis aus dem Gehäuse gelösten und noch am Chassis angebänzelten Lautsprecher, mit Hilfe von Kabelbinder-Bindedraht, zum Beispiel an den beiden Tastatur-Blöcken zu befestigen. Er hängt dann nicht so tüdelig herum und die Kabel und ihre Lötstellen werden auch entlastet.

Allerdings bekommt der Uher-Zerleger beim Abschrauben des Bodens viel einfacher den kompletten Stromlaufplan seiner 95 zu sehen, der von innen auf den Boden geklebt sein sollte. Spätestens hier findet er dann auch, welche Röhren in seinen Typ x95 gehören.
Bewundern lassen sollte sich auf dem Boden auch ein Schaumstoff-Ring, der rund um das Lüftungsgitter aufgeklebt ist, das für die Frischluftzufuhr des Antriebsmotors sorgt. Die Oberseite des Ringes liegt auf der Unterseite des Motors auf und optimiert den Luftstrom genauso, wie er das Eindringen oder Ausdringen, durch die Lüftungsöffnung, von Kleinteilen in oder aus dem Koffer unterbindet.

   

Zweifellos ist eine Uher x95 Rost-gefährdet. Das betrifft den Gehäuserahmen, das betrifft insbesondere die Beschläge, ihre Befestigungen und die Gehäuse-Schrauben.
Wer einmal die Kopfträger-Abdeckung abgenommen und auf dem darunter liegenden Alu-Rahmen so etwas wie weißes Puder gefunden hat, der hat entweder eine Maschine, die in der Vergangenheit für den internationalen Backmittel-Schmuggel verwendet worden ist, oder eine Uher, bei der auch schon das Alu oxidiert. Besitzer zeitgenössischer Aston Martin denken jetzt an Türen. Zum Glück gammeln Autos mehr als Tonbandgeräte (was Auto-Besitzer anders sehen).

   

Das Chassis der Uher besteht aus einer Aluminium-Platte mit diversen Fachungen und Bohrungen, teils mit Gewinden versehen. Unter diese Platte sind die einzelnen Elemente der Elektronik und Mechanik der Uher geschraubt: So die beiden Tasten-Blöcke, die Trafos, der Motor, ein Elektronik-Gehäuse, Schwungräder für Capstan und Aufwickel-Spule, sowie einige weitere Schalter und Potis. Obenauf sind vor allem der Kopfträger, einige Räder des Getriebes und die Brems-Arme angesetzt.
Im Prinzip sind die verschiedenen Modelle identisch konzipiert, weichen bei den verschiedenen Typen lediglich die angebauten Baugruppen geringfügig voneinander ab.
Nahezu alle Anbauteile sind reversibel, also mit Hilfe von Schraub- oder Klemm-Verbindungen befestigt. Ein Chassis lässt sich also komplett zerlegen, reinigen und neu wieder aufbauen.
Lediglich die Kunststoff-ummantelten Metall-Klemmen, mit denen die Kabelbäume am Chassis befestigt werden, sind auf den Achs-Träger der Capstan-Schwungscheibe genietet. Da der wiederum aufgeschraubt ist, ließe sich auch dies erneuern.

Der Service-Plan der Uher sah vor, "Rasten und Sperren der Drucktastenaggregate sind mit Fett zu schmieren, ebenso auch die Anlaufschräge der Rücklaufsperre." Daran hat sich heute nichts geändert.
"Alle Lagerstellen sind mit selbstschmierenden Sintermetallbuchsen ausgestattet, so daß eine Nachschmierung über lange Zeit nicht erforderlich ist." Die "Lange Zeit" dürfte inzwischen deutlich überschritten sein. "Eine eventuelle Schmierung darf nur mit Sinterlageröl erfolgen; andere Schmiermittel sind wirkungslos, weil sie vom Lagermetall nicht angenommen werden." Dazu gibt es nichts weiter zu sagen.

   

Die größte Herausforderung für einen Bastler an einer Uher 95 dürfte die Mechanik der Drucktasten bilden: Schon die beiden Aggregate lassen sich komplett zerlegen. Die Kraftübertragung für jede einzelne Taste der Laufwerkssteuerung erfolgt jeweils mit Hilfe eines Stahlseils, das natürlich bezüglich Länge, Spannung und Weg passend bemessen sein muss. Umlenkrollen und Federn liegen auf dem Weg dieser Seile. Die effektive Länge der Seile, die mit Hilfe von Biege-Elemente justiert werden kann, hat Einfluss auf die Funktion der Kupplung im Antrieb und auf die Bremsen. Wer schon Angst vor dem Seilzug einer Radio-Skala hat, der wird die Tasten-Mechanik einer Uher nicht anfassen mögen.
Die vier mechanischen Drucktasten der Laufwerkssteuerung vertragen keinen "Intermix"-Betrieb: Der Wechsel von einer Laufwerksfunktion zu einer anderen muss immer über "Stop" erfolgen. Wer das anders versucht und dabei Gewalt anwendet (hat), der läuft in Gefahr die Mechanik zu verbiegen. Dann muss gebastelt werden.

   

Den rechten Tastenblock bilden vier Drucktasten mit elektrischer Signal-Übermittlung.

Für alle, die (nicht nur) an einer Uher etwas intensiver basteln wollen, empfehle ich zunächst die ausführliche fotografische Dokumentation, am besten jedes einzelnen Bauteils und jeder einzelnen Verbindung: Fotografieren - schrauben - fotografieren - schrauben - fotografieren .... Digitale Bilder kosten kein Geld mehr und können später so profane Fragen wie: "wie herum wird die Feder noch gleich eingehakt? Öffnung des Hakens nach links oder rechts?" einfach klären. Denn eine Spreng-Zeichnung beinhaltet die Service-Anleitung nicht.
Insbesondere der ungeübte Bastler sollte vor jedem Handgriff erst fotografieren und die Bilder später als Anleitung für den Wieder-Einbau nutzen. Nichts ist ärgerlicher, als aus dem Gedächtnis irgend etwas gemacht zu haben und später nach Fehlern suchen zu dürfen, um schließlich festzustellen: ganz an Anfang wurde ein Haken falsch herum montiert ... oder es eben nicht festzustellen, weil es nach dem Ausbau keine Referenz - wie es einmal gewesen war - mehr gibt.
Die Service-Anleitung für die Uher 95-Typen ist in Bezug auf die gesamte Mechanik mehr als dürftig. Beispielsweise thematisiert sie nicht einmal, wo wie viele Unterlegscheiben hin gehören. Der Radio-Fernseh-Techniker sollte das Gerät halt nur am Laufen halten und nicht grundsätzlich revidieren. Unterhaltungselektronik lebt endlich.

An dieser Stelle noch ein Tipp: Die SMW-Mannen haben die Verkabelung der 95 sehr übersichtlich gehalten. Jede Kabel-Verbindung hat ihre eigene Farbe. Und falls tatsächlich mal gleichfarbige Kabel auftreten, sind diese zumindest von deutlich erkennbar unterschiedlicher Stärke. Nur die Markierung, welches Kabel eines Paares "+" und welches "-" beziehungsweise Masse führt, das haben die Uhers nicht gekennzeichnet. Wer also zu löten beginnen will, der sollte sich überlegen, ob er nicht eigene Markierungen ergänzt UND mit-fotografiert, bevor er zu löten beginnt. So ließe sich zum Beispiel jeweils eine Litze eines Paares, sowie die zugehörige Lötstelle, mit gleicher Farbe, zum Beispiel schwarz oder weiß (Filz- oder Lackstift), markieren: Das weiße Kabel mit schwarzem Ring kommt an die Lötstelle mit schwarzem Punkt, das ungekennzeichnete weiße Kabel kommt an die ungekennzeichnete Lötstelle. Schwarze oder andere dunkel gefärbte Kabel markiert man halt mit weißem Stift.
Natürlich kann man auch einen Verkabelungs-Plan zeichnen und den später sogar im Gehäuse verstauen, wie es bei Radiogeräten üblich gewesen war. Mit dem Stromlaufplan zeigt Uher wie es geht: Festkleben. So gerät er später nicht in eine Mechanik und auch nicht in Kontakt mit einer eventuell heißen Röhre.

Übrigens erkennt man an den Kabeln auch, ob an der Uher bereits gebastelt worden ist: Die Kabel-Paare gehören miteinander verdrillt und dem gleichen Weg folgende Paare eng zu einem Kabelbaum verschnürt, der wiederum am Chassis befestigt ist. Hängt ein Kabel mehr als einen Zentimeter seiner Wegstrecke herum, hat es wohl schon einmal jemand angefasst. Durch Bohrungen geführte oder mit Klammern gehaltene Kabel gehören in extra Isolier-Hülsen gesteckt, so dass kein Kabel an einer scharfen Metall-Kante scheuern kann. Auch hier bedeutet ein Fehlen solcher Hülsen vergangenes Gebastel.
Beispielsweise die ECC83-Röhre einer 295 sollte übrigens in einer Schirm-Hülse stecken und von der nach innen umgebörtelten äußeren Kante der Hülse, mittels einer Druckfeder, in ihre Passung gepresst werden. Fehlt die Feder oder gar die Metall-Hülse, ist bereits gebastelt worden. Auch die EM71 ist durch zwei Wendelfedern geführt eingebaut, so dass sie immer optimal erkennbar im Sichtfenster stehen kann, anstatt bei einem Transport zu verrutschen.

   

Der Antrieb der 95 ist recht einfach gestrickt. Ein sogenannter "Asynchron-Wechselstrom-Kondensatormotor" von AEG verfügt auf seiner Achse über eine (Typ 95) oder zwei Riemenscheiben, sowie über eine sogenannte "Motorrolle" am Ende der Antriebsachse.
Auf der Riemenscheibe läuft ein "nahtloser Vulkollanriemen", der mit seiner anderen Seite das Schwungrad des Capstan-Antriebs umschlingt. Die Motorrolle steht in unmittelbarer Nähe (0,4-0,8 mm) der Kupplungsscheibe des linken Bandtellers, der über einen Exzenter in Friktion zu der fest stehenden Rolle gebracht werden kann.
Das Schwungrad des Capstan ist mit einer zweiten Riemenscheibe ausgestattet. Hier liegt ein Riemen auf, der zu einer Riemenscheibe führt, die an der Achse des rechten Bandtellers angebracht ist.
Das Reibrad ist beweglich gelagert und kann mit der Motorrolle auf der Motorachse und mit der Kupplungsscheibe unter dem rechten Bandteller in Kontakt gebracht werden.
Ein dritter Riemen verbindet eine Riemenscheibe unter dem linken Bandteller mit dem Zählwerk.

   

Wird die Uher eingeschaltet, läuft der Motor immer, läuft damit immer der Capstan und ebenfalls immer der Antrieb beider Bandteller. Damit das System trotzdem funktioniert, sind beide Bandteller mit einer "gewichtsabhängige Reibungskupplungen" ausgestattet, die den "gleichmäßigen Bandzug und wartungslosen Betrieb" gewährleisten soll.
Die Funktion der Kupplung der Bandteller der Uher 95 erklärt die Auslegeschrift des Patens der SMW für einen "Antrieb für Tonbandgeräte" gemäß der Anmeldung vom 6.05.1955. Und Missverständnissen vorzubeugen: Der in dem Patent beschriebene Antrieb ist in der Uher 95 nicht in vollem Umfang realisiert.
Nach dieser Beschreibung ist ein Bandteller mit dem Dreizack, der die Kraftübertragung auf die Spule gewährleistet, jeweils fest mit einer oberen Kupplungsscheibe des Antriebs verbunden. Das meint, die Kupplung besteht aus zwei, einer oberen und einer unteren Scheibe, die nicht fest miteinander verbunden sind und selbstredend nicht auf einer gemeinsamen Achse laufen.
Die untere Scheibe besteht aus einem metallenen, sogenannten Reibteller. An der Unterseite der oberen Kunststoff-Kupplungsscheibe ist ebenfalls eine Reibauflage befestigt.
Zusätzlich befindet sich zwischen dem Reibteller und der oberen Kupplungsscheibe ein Feder-Mechanismus, die sogenannte "Korrektur-Feder", der die obere Kupplungsscheibe nach oben drückt und somit den Grad der Friktion zwischen oberem und unterem Teller vom Grad der Belastung des Bandtellers, also letztlich von Füllstand der aufliegenden Spule, abhängig macht. In Folge dessen soll der Bandzug konstant gehalten werden können, weil die Friktion steigt, um so schwerer die Spule wird, weil die Kraftübertragung absinkt, um so leerer die Spule im Betrieb wird. Selbstredend muss die Federsteife der Korrekturfedern auf das Gewicht der verwendeten Spulen, samt Bandmaterial, abgestimmt sein.
Der linke Reibteller ist derart mit dem Chassis verbunden, "daß er nach sämtlichen Richtungen frei auspendeln, sich jedoch nicht drehen kann." Der rechte Reibteller ist fest mit der unter ihm liegenden, angetriebenen Schwungmasse verbunden.

   

Beim normalen Vortrieb, also im Aufnahme- und Wiedergabebetrieb, ist diese Kupplung eingekuppelt und überträgt somit die Antriebskraft.
Beim Drucken auf "Start" wird die Andruckrolle mit einer Kraft von 900g gegen die Tonwelle gedrückt. Die Service-Anleitung beschreibt weiter, "... die ... rechte Kupplung schleift. Die linke untere Kupplungsscheibe steht fest, wodurch die obere Scheibe gewichtsabhängig gebremst und ein konstanter Bandzug von 30 g +/- 10 g über die gesamte Bandlänge erreicht wird."

Bei Stop läuft der Capstan-Antrieb weiter, somit auch der Antrieb der rechten unteren Kupplungsscheibe. Einerseits wird jetzt der linke Wickelteller weiterhin gewichtsabhängig gebremst, andererseits werden mit Hilfe der beiden Bremsarme je ein Bremsklotz gegen beide oberen Kupplungsscheiben gedrückt und die Bandteller somit festgehalten.

   

Im Umspulbetrieb ist die Kupplung zwischen der oberen und der unteren Kupplungsscheibe der ziehenden Spule ausgekuppelt und dient die belastungsabhängig aktive Kupplung der gezogenen Spule der Bremsung.
Bei Vorlauf bewegt eine Seilzug-Mechanik den Exzenter, auf dem das Reibrad sitzt, das nun den Kraftschluss mit der Motorrolle einerseits und mit dem Rand des rechten Wickeltellers andererseits herstellt.
Mit dem Rücklauf-Befehl wird zunächst einmal die Stop-Taste und damit die beiden Bremsen ausgelöst. Ein Sperrschieber, der vorher durch die Stop-Taste in den Weg der Rücklauftaste geschoben worden war, begrenzt deren Weg mechanisch nach einem Viertel und lässt sich erst überwinden, wenn die Taste kurz losgelassen wurde. In dieser Zeitspanne zieht die in Friktion befindliche rechte Kupplung das Band straff. Wird die linke obere Kupplungsscheibe dann, nach Fortsetzung des Tastendrucks, an die Motorrolle heran gedrückt, kommt es hier zum Kraftschluss.

   

Die Geschwindigkeits-Umschaltung der Uher funktioniert ähnlich wie bei manchem Plattenspieler, bei der eine Gabel den Riemen auf einen Pulley bzw. eine Pulley-Stelle anderen Durchmessers zwingt. Hier bewegt eine solche Gabel den Treibriemen für den Capstan von einer Riemenscheibe auf der Motorachse auf die andere. In der Folge der nun veränderten Umdrehungsgeschwindigkeit der Schwungscheibe ändert sich einerseits die Umdrehungsgeschwindigkeit des Capstan, andererseits die der Aufwickelspule bei Aufnahme- und Wiedergabebetrieb.
Natürlich klappt das nicht im laufenden Betrieb, sondern nur bei Stop.

Neben dem Tastendruck kann die Bremse auch mit Hilfe der automatischen Endabschaltung ausgelöst werden. Diese Abschaltung funktioniert nicht etwa mit Hilfe einer Alufolie, sondern mit Hilfe eines Tasters im Bereich des Auslaufs der Bandführung des Kopfträgers. Löst dieser Taster aus, wird die Uher komplett stromlos gestellt, selbst wenn der Hauptschalter noch eingeschaltet sein sollte. Daher kann man die Uher nur stromführend bekommen, wenn ein Band eingelegt und hinreichend gespannt ist.

   


Die Autoren der Service-Anleitung behaupten zwar, alle mechanischen Arbeiten würden sich von unten, bei eingebautem Chassis bewerkstelligen lassen. Eine Anleitung zum Riemenwechsel findet man in den Service-Unterlagen allerdings ebenso wenig, wie eine Anleitung zum Tausch des Reibrades. Meiner Ansicht nach wird sich ein Riemen-Wechsel bei eingebautem Chassis als ausgesprochen schwierig erweisen. Fummelitis nur von unten hat für meine dicken Finger wenig Aussicht auf Erfolg.

Der Zählwerk-Riemen wird sich bei aufgestelltem Chassis ohne weitere Schraubarbeit wechseln lassen. Der Steg, in den die Achse des Capstan gelagert ist, muss hingegen abgenommen werden, damit die beiden Antriebsriemen aufgelegt werden können. Außerdem wird man nicht umhin kommen, den kompletten Motor-Schemel zu lösen, der mit drei Schrauben (bei meiner 295K jeweils mit zwei Unterlegscheiben oben und seitlich, einer unten) am Rahmen befestigt ist, damit sich der Treibriemen auf die Motorachse legen lässt.
Da der Motorschemel teils mit Langlöchern ausgestattet ist, die eine individuelle Positionierung der Motorachse erlauben, muss nach einem Riemenwechsel notwendig! der jeweilige Abstand der Motorrolle zum Reibrad und zum linken Bandteller, in Ruheposition der jeweiligen Kupplungen, kontrolliert und möglicherweise nachgestellt werden.

In diesem Zusammenhang darf ich Euch an einer philosophischen Erkenntnis teilhaben lassen, die ich für bedeutsam halte: Die Menschheit unterteilt sich tatsächlich in zwei Kategorien. Eine gewisse Form von Elite, zu der wahrscheinlich nur ein kleiner Teil der Weltbevölkerung gehört, der zudem stetig kleiner wird, hat schon einmal erfolgreich einen solchen Uher-Treibriemen gewechselt. Der Rest noch nicht.
Wer zum ersten Teil gehört, der muss hier nicht weiter lesen. Das Gros der Menschheit, soweit es sich denn um den Austausch von Uher x95-Riemen engagieren will, sollte sich allerdings darauf hinweisen lassen, sich vorzubereiten. Andernfalls artet das ganze nicht nur in Fummelei aus, sondern zudem in einer eher unpraktisch verbogenen Gabel für das Riemen-Umlegen zur Geschwindigkeits-Umstellung. Wer sich hingegen an einer einfachen Uher 95, ohne Geschwindigkeits-Umstellung, versucht, hat mit solchen Dingen eher nicht zu tun und braucht sich demzufolge auch keine Gedanken darüber zu machen, ob er denn nun zu einer Elite gehört, dazu gehören will, oder nicht.

Die schon angesprochene Mechanik zur Umstellung der Drehzahl des Capstan besteht aus zwei Teilen: Einer Schubstange und der eigentlichen Gabel. Diese Mechanik ist insgesamt dreifach gelagert. Die Schubstange einmal in dem Gehäuse unter dem Drehknopf, der ihre Bewegung motiviert. Ein zweites mal in einem Gelenk, unmittelbar neben der Motorachse, das den Übergang von der Schubstange zur Gabel bildet. Ein drittes mal die eigentliche Gabel auf einem Lager an der Oberseite des Motors. Diese gesamte Mechanik ist in nahezu ihrer gesamten Länge verdeckt eingebaut.
Motor und Gabel lassen sich also nicht einfach auseinander ziehen. Um die Gabel aus ihrem Lager am Motorgehäuse zu lösen, müsste man einen Sprengring entfernen, der von außen nicht zugänglich ist, weil er direkt unter dem Alu-Chassis liegt. Tut man das nicht und zieht man den Motor nach hinten, verdreht und verbiegt man damit die Gabel. Das kann man tun. Ob hinterher noch irgendetwas mechanisch funktioniert, wäre zu probieren. Falls nicht, nimmt man entweder die nächste Uher oder darf die Gabel komplett ausbauen - und nicht nur die - und richten. In der Hoffnung, dass sich das "irgendetwas" dann in ein definierbares "etwas" wandelt.

Der natürliche Arbeitsablauf des mutigen Bastlers, der natürlich nicht ahnt, was auf ihn zukommt, sieht so aus, dass er bei aufgestelltem Chassis anfängt die Schrauben zu lösen, spätestens beim Lösen der dritten Schraube den Schraubendreher in der einen Hand und den Motor in der anderen Hand hält und sich dann zu fragen beginnt: Warum kriege ich das Teil jetzt nicht los?! Er würgt dann etwas herum, lässt den Motor vielleicht sogar los, und erzeugt damit eine verbogene Gabel.
Mancher ebenso mutige aber bereits etwas erfahrenere Bastler lässt das Loslassen genauso wie das Würgen und fragt sich: Was mache ich nun? Praktisch, wenn er an dieser Stelle bereits etwas zur Hand, also in Reichweite hat, auf das er den Motor abstellen kann, ohne die Gabel zu verbiegen. Und eben dieses Etwas könnte man bereits zur Hand nehmen, bevor man zu schrauben beginnt! Mir hilft in der Sekunde, in der ich diese Zeile schreibe, ein Jahrzehnte alter Joghurtbecher, den ich normalerweise zum Spinnen-Fangen benutze. Das ist eine andere Geschichte.
Nun ist es so - und jene, die meine Höhlen kennen, wissen das - steht bei mir immer eine Menge herum, das bei besser sozialisierten Menschen einen Platz innerhalb einer konventionellen Ordnung hätte. Bei Jahrzehnte alten leeren Joghurtbechern wäre das allerdings der Mülleimer oder die gelbe Tüte. Jene hätten jetzt ein Problem, das mir erspart geblieben ist. Also vorbereiten.

Wer nun auf die Idee kommt, man könne die Operation bei auf der Frontseite liegender Uher beginnen, damit der Motor nicht nach hinten heraus kippen und so die Gabel verbiegen kann, der hat zunächst einmal recht: Auf diese Weise lassen sich alle drei Schrauben entnehmen und der Motor bleibt an seinem Platz, ohne die Gabel zu belasten. Nur bekommt man auf diese Weise nicht den Riemen über die Achse.

Die Gabel spannt sich oberhalb des Motors sichelförmig um das Gehäuse. Die linke Seite der Sichel ist am Motorgehäuse gelagert, die rechte Seite an der Schubstange, die zum Schalter führt.
Die Gabel hat drei Zehen. Dies ist nicht der Beginn eines Kinderliedes, in der Art von: "Der Hut, der hat drei Ecken, drei Ecken hat der Hut". Links der Motorachse ist eine Zehe angeordnet, die in die Richtung der Drucktasten zeigt und sich in Richtung auf das Motorgehäuse absenkt. Die beiden anderen Zehen liegen leicht rechts über der Achse und sind versetzt zueinander angeordnet, bilden damit einen Durchlass, in dem der Riemen geführt wird. Außen, bezogen auf die Motorachse, liegt eine nach unten und hinten versetzt Zehe, vor der der Riemen liegen soll: Diese Zehe kann den Riemen nach vorn, auf die Riemenscheibe von dünnerem Durchmesser ziehen. Dementsprechend wird er hinter der inneren Zehe geführt, die den Riemen auf die Riemenscheibe größeren Durchmessers drücken kann. Beide Zehen zeigen ebenfalls in Richtung der Drucktasten, in Richtung der Motorachse.

Als erstes empfehle ich, das Reibrad auszubauen. Dazu muss ein Sprengring samt der darunter liegenden Unterlegscheibe abgenommen werden. Beides sollte dabei weder zerbrechen, noch verbogen werden noch irgendwo auf nimmer Wiedersehen herumfliegend verschwinden. Insbesondere letzteres sicherzustellen kann ein Papier-Taschentuch helfen, das sich über den Sprengring halten lässt, während man ihn löst.
Spätestens jetzt sollte überlegt werden, ob die Gabel vom Motor gelöst werden soll, oder nicht. Wer Probleme damit hat, Sprengringe zu befestigen, tut das nicht.

Als erstes habe ich den Riemen mit einem längeren Faden oder Bindedraht an einem Steg befestigt. Auf diese Weise lässt sich der Riemen, sobald er über die Motor-Achse gezogen wurde, einfach in Richtung der Capstan-Achse ziehen.
Ist der Motor abgeschraubt, wird er etwas zurück gezogen, so dass sich der Riemen von hinten/unten um den Pulley herum legen lässt. Dann dreht man den Motor um die Achse, mit der die Gabel am Motorgehäuse gelagert ist, bis die innere Zehe nicht mehr über der hinteren Laufscheibe liegt, so dass sich der Riemen zwischen Scheibe und Zehe hindurch, zwischen die Zehen schieben lasst. Natürlich muss er noch unter die Zehe auf der anderen Seite, nahe dem Lager an dem Motorgehäuse, was wiederum nach dem Verdrehen des Motors möglich wird.
Wer dieses Spielchen treibt, der sollte dazu eine gute und kleine Taschenlampe und eine Pinzette (oder kleine Telefon-Zange) wirklich griffbereit haben. Hilfreich wäre auch die eine oder andere weitere, koordiniert bewegbare Hand. Diese könnte zum Beispiel die Taschenlampe halten. Denn den Riemen um die Zehen legt man am besten mit einer durch die Aussparung in der Frontplatte geschobenen Pinzette beziehungsweise Zange, was garantiert dafür sorgt, dass eine fest installierte Beleuchtung einen Schatten immer dahin wirft, wo eher Licht von Nutzen wäre.
Wenn man vorher das Reibrad abgenommen hat, ist die Aussparung besser zugänglich. Mit Hilfe eines Bindedrahtes lässt sich der Arm, auf den das Reibrad gehört, etwas zur Seite binden. Das spart eine weitere Hand.

   

Theoretisch könnte man versuchen, sich die Aktion etwas zu vereinfachen, den Riemen, bei abgenommenem Reibrad, von hinten unter den Motor und seine Schlaufe durch die Aussparungen zwischen den Zehen der Gabel zu stecken und dann über die Achse zu legen, dann nur die vordere, zur Capstan-Schwungscheibe gerichtete Befestigungs-Schraube des Motors zu lösen um die eine Riemen-Seite darunter zu schieben ...
Dazu sind meine Finger zu ungelenk.

Ist der Riemen aufgelegt und der Motor wieder angesetzt, die Schrauben leicht angezogen, kann man sich nun daran machen, den Riemen auf die Riemenscheibe des Capstan zu legen. Wie schon beschrieben muss dafür der Balken, in dem die Achse gelagert ist, abgeschraubt werden. Dies tut man am besten an einer auf die Frontplatte gelegten Maschine. Auf diese Weise wird die vordere Lagerung wenig belastet.
Hinlegen kann man die Maschine bei aufgelegtem Deckel. Ich benutze immer auch mal die Pappkerne von Packband, die ich über die Achsen der Bandteller stülpe, oder einen Schaumstoff-Block. Die Köpfe, insbesondere ihre mechanische Einstellung, gehört dabei natürlich geschützt! Praktischerweise hat Uher dafür serienmäßig eine Abdeckung mitgeliefert.

   

Sobald der Riemen erfolgreich aufgelegt worden ist, sollte kontrolliert werden, ob der Geschwindigkeits-Umschalter sauber läuft. Unter der Achse des Umschalters gelegen ist eine Befestigungsschraube, nach deren Lockerung sich das Schalter-Gehäuse leicht verschieben lässt. Sobald der Umschalter sich auch langsam einwandfrei bewegen lässt, wird die Schraube wieder fest gezogen und geprüft, ob "die Umwurfgabel des Antriebsriemens frei ist, d.h. weder der Riemen noch die obere Fläche der Motorrolle dürfen an der Gabel streifen. ... Die Oberkante der Motorrolle soll 0,5 mm über dem Rand der linken oberen Kupplungsscheibe stehen." Tut sie das nicht, lässt sie sich nach dem Lösen einer Madenschraube auf der Motorachse verschieben.


Ein anderes Verschleiß-Teil ist das Reibrad der Uher. An dieses kommt man im Prinzip von vorn heran, nachdem man die Frontplatte abgenommen hat. Leider hat es sich für mich erwiesen, dass die geringen Abstände zwischen Bandteller und Motorachse das Einsetzen des Rades nicht eben erleichtern. Hinzu kommt, dass der Träger des Reibrades recht weich ist und bei dem Druck, der ausgeübt werden muss, um den Sprengring zu befestigen, einfedert, möglicherweise sogar verbiegt.
Für mich hat es sich als praktikabel erwiesen, erst den Motor zu lockern, leicht zu verschieben, um dann das Reibrad einzusetzen. Damit ist dann auch der Rad-Träger von hinten besser zugänglich und kann beim Aufsetzen des Rades, der Unterlegscheibe und des Sprengringes gestützt werden.
Natürlich muss der Motor und müssen alle Abstände danach wieder justiert werden.
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#4
Viel Blitz und wenig Donner.

Die elektrische Ausstattung hat sich innerhalb der Bauzeit verändert. Die von mir immer mal wieder genannte Unterteilung die Serie x95 in vier Generationen: Das Ur-Modell "Uher 95" von 1955, die Varianten dieses Ur-Modells ab 1956, die Überarbeitung der 95K zusammen mit dem Erscheinen der Modelle 195 und 495 in 1957, sowie die Modelle 295 und 395 ab 1958 (die Datierung habe ich dem Anhang des Uher-Buches entnommen), bezieht sich nur auf die zeitliche Betrachtung der Modellvarianten, nicht auf ihre technische Evolution.

Diese technische Evolution mache ich vor allem an einer Umstellung der Röhrenbestückung fest. Die anderen Modifikationen stehen im Zusammenhang mit Veränderungen in der Ausstattung und haben daher nur bestimmte Modelle betroffen.

   

Wohl weitgehend unverändert hat die Spannungsversorgung die Änderungen in der Serie überstanden.
Das Uher-Buch nennt zu einigen Modellen die Ausstattung mit einem Philberth-Transformator "zur Verringerung der Streuung auf die Magnetköpfe". Gemeint ist eine nach den Herren Bernhard und Karl Philberth seit den fünfziger Jahren entwickelte Transformatoren-Familie, deren ursprüngliches Design, einem zweischenkeligen Typ (Pu/PI), aufgrund einer bei magnetischen Kreisen neuartigen Pol-Interferenz eine extrem kleine magnetische Ausstreuung aufwies. Allerdings habe ich den Eindruck, die Buch-Autoren haben das nur unklar formuliert. Die Service-Anleitung spricht jedenfalls grundsätzlich von einem "streufeldarmen Netztransformator". Der Trafo liefert die "besonders abgesicherte" Betriebsspannung für den Anodenstrom, den Heiz-Wechselstrom und die etwa 170V für den Antriebsmotor. Also Vorsicht beim Basteln!
Die Gleichrichtung erfolgte von Beginn an mit Hilfe eines Selen-Gleichrichters, wohl einem B300C70, in Vollweg-Graetz-Schaltung. Nur in den Uher 195 und 495 kamen zwei Gleichrichter, B300C70 und E30C150, zum Einsatz.


Die Röhrenbestückung begann, so ist im Uher-Buch zu lesen, mit einer EF86, ECC83, EL84, EC92 und der EM71. Diese Bestückung nennt radiomuseum.org, unter Bezugnahme auf den Großhandelskatalog von 1956/57, auch beispielsweise für die 95S.
Eine Uher mit der Seriennummer "1007" sei, so radiomuseum.org, anstatt mit der EF86, mit einer EF804 ausgestattet gefunden worden. Dies wird durch den Hinweis in der Service-Anleitung als mögliche Original-Bestückung glaubhaft.

Die EF86 ist eine im Jahre 1954 von Valvo vorgestellte, rauscharme Kleinsignal-Pentode, die hier als Wiedergabeverstärker-Röhre zum Einsatz kommt. Im Aufnahme-Betrieb, so kann man im Uher-Buch lesen, würde diese Röhre als Mikrofon-Vorverstärker umgeschaltet. Die als Alternative genannte EF804 ist eine Variante, die auf eine längere Lebenszeit, für geringere Mikrophonieanfälligkeit, geringeren Brumm und Funkelrauschen hin optimiert gewesen war.
Die Doppel-Triode ECC83 wurde bereits 1948 von RCA entwickelt und verfügt als Verbundröhre über zwei unabhängige und elektrisch identische Trioden-Systeme in einem gemeinsamen Glaskolben. Sie kommt meist als Vorverstärkerstufe zum Einsatz.
Bei Aufnahme arbeitet der Vorverstärker der so bestückten Uher dreistufig, bei Wiedergabe vierstufig, kann man im Großhandelskatalog lesen.

Für den HF-Generator kam eine 1953 erstmals vorgestellte Triode EC92 zum Einsatz. Zusammen mit einem Spulensatz arbeitet sie in einer Rückkopplungsschaltung und ist zur "Oberwellenschwächung gegengekoppelt" TAPE RECORDING UK bezeichnet sie hier als eine "low-frequency erasing oscillator valve." Die erzeugte Frequenz liegt bei 55 kHz.

Die EL84 wurde 1953 von Philips als Niederfrequenz-Endpentode vorgestellt. Als Eintaktverstärker im Class A-Betrieb erzeugt sie bei Anodenspannungen zwischen 250 und 300 Volt eine Arbeitsleistung von bis zu 5,7 Watt. In der Uher resultieren 4 Watt Ausgangsleistung.

Die von Lorenz entwickelte EM71 gilt als die erste in Deutschland erhältliche Anzeige-Röhre. Oft wird sie als "Magisches Auge" bezeichnet, weil sie vom Kolbendom her abgelesen wird, also dem Benutzer eine runde Form zeigt. Offiziell handelt es sich allerdings um eine Röhre der Kategorie "Magischer Fächer".

Unter welchen Bedingungen tatsächlich die alternativ genannte Röhre EF804 zum Einsatz gekommen war, ist mir nicht bekannt. Denkbar wäre eine Export-Version oder eine Optimierung gegen Zuzahlung. Vielleicht hat sich die 804 auch nur als zu teuer für die Serie erwiesen.

Bekannt ist hingegen die Änderung der Bestückung für das Modell 95L: Das Luxusmodell sei, so kann man in dem Uher-Buch lesen, "für den Wiedergabekopf ..." mit einer "... eigenen Vorstufen-Röhre EF86 ..." ausgestattet gewesen, die "... bei Mikrofonaufnahme nicht als Vorverstärker umgeschaltet wurde." Auf den ersten "les" scheint dieser Text zu implizieren, die 95L wäre mit einer Röhre mehr ausgestattet gewesen, als ihre Schwestermodelle. Die Bestückung müsste also lauten: EF86, EF86, ECC83, EL84, EC92, EM71. Dem ist meines Wissens nach nicht so!
Ein Stromlaufplan der 95L zeigt eine Ausstattung mit EF86, ECC83, EL84, EC92 und EM71 (bis Gerätenummer 22.500), also entsprechend der Bestückung der Ur-Version Uher 95 und der 95S, beziehungsweise mit ECC83, ECC83, EL84, EC92 und EM71 (Gerätenummer ab 22.501). Die Pentode ist also in der laufenden Serie durch eine Doppel-Triode ersetzt worden. Die Service-Anleitung weiß dazu zu berichten, "... ab Werknummer 22.501 ist die Doppeltriode ECC83 in Kathodenfolgeschaltung verwendet ..." worden. Für diese zweite Variante nennt das Handbuch des Rundfunk- und Fernsehgrosshandels in der Ausgabe für 1957/58 (S.874f) einen kombinierten "Aufsprech- und Wiedergabeverstärker ..., 5 Stufen + HF-Generator für Aufnahme, 5 Stufen für Wiedergabe" als Ausstattung. Die Frequenz des HF-Generators lag, laut Uher-Buch, hier bei 57 kHz.

Auf der unveränderten Ausstattung der 95S hatte das Tischgerät und ebenfalls das Chassis basiert. Diese benötigten natürlich keine Endstufen-Röhre, so dass radiomuseum.org für das Tischgerät 95T (bis Gerätenummer 22.100) eine Ausstattung mit EF86, ECC81, EC92 und EM71 nennt.
Hier fällt auf, im Gegensatz zur Ausstattung der Vorläuferin, ebenso zur 95L und 95S, ist eine Doppel-Triode ECC81, mehr oder weniger eine doppelte EC92, mit anderer Gitterkennlinie als das Modell ECC83 angegeben.
Ab der Gerätenummer 22.101 war die 95T und ab der Gerätenummer 18.001 die 95C dann mit ECC83, ECC81, EC92, EM71 im Handel. Der Großhandelskatalog nennt als Ausstattung einen kombinierten "Aufsprech- und Wiedergabeverstärker ..., 4 Stufen + HF-Generator für Aufnahme, 4 Stufen für Wiedergabe", was den Unterschied zur 95L und zur 95S mit zweiter ECC83 und jeweils benannt 5-stufigem Verstärker deutlich macht.

Die Uher 95S wurde dann ab der Gerätenummer 10.501 auf die ECC83, anstatt der EF86, umgestellt, war diesbezüglich mit der 95L identisch Die neue Version 95K war ab der Gerätenummer 29.701 mit zwei ECC83 bestückt. Ich gehe natürlich davon aus, die Umstellung auf die neue Röhrenbestückung des Wiedergabeverstärkers erfolgte bei den verschiedenen Versionen zeitgleich.

Auch die Uher 195, die bereits in einer Werbung zur Hannover-Messe erwähnt worden war, die damals im Frühling stattgefunden hatte, und in der die 495 noch nicht erwähnt ist, kam zunächst mit einer EF86 in den Handel: EF86, ECC81, EL84, EC92 und EM71. Auch in dieser Serie ist also die ECC81 bereits von Beginn an im Einsatz.
Ab der Gerätenummer 30.201 lautet die Bestückung dann: ECC83, ECC81, EL84, EC92 und EM71. Diese Ausstattung zeigen auch die beiden Röhren-Garantiekarten von "Highlanders" früherer Uher 195, die inzwischen in massenhafter Kopie im Netz unterwegs sind: Lorenz: EM71, Telefunken: ECC83, ECC81, EL84, EC92. Bei dieser Maschine nennt der Großhandelskatalog einen kombinierten "Aufsprech- und Wiedergabeverstärker ...: 4 Stufen + HF-Generator für Aufnahme, 4 Stufen für Wiedergabe". Der Einleger zur Service-Anleitung nennt in den Technischen Daten eine "Hochfrequenz" von 75 kHz.
Mit Hilfe eines optionalen Verstärker-Bausteins HBK148, der mit einer eigenen EC92 ausgestattet war, konnte das Monitor-Signal vom Wiedergabe-Vorverstärker nochmals so weit verstärkt werden, "... dass sie mit einem Kleinkopfhörer lautstark abgehört werden konnte." Im Uher-Buch wird darauf hingewiesen, das würde auch mit der Uher 95L funktionieren; hier müsste die entsprechende Buchse nachgerüstet werden.


So etwas wie eine vorübergehende Variante der dritten Evolutions-Stufe läutete die Uher 495 ein. Während in den "Technischen Daten", als Bestandteil eines Prospektes (der mit dem goldenen Rand: Druckstück VI/58/50000/1), die gleichen Angaben gemacht sind, wie für die Uher 195: ECC83, ECC81, EL84, EC92 und EM71, erhielt die 495 ab Gerätenummer 28.201, so der Stromlaufplan, je eine ECC83, ECC81, EL95, EC92 und EM71.
Die 1955 präsentierte Gegentakt-fähige Endpentode EL95 hatte die EL84, den bisherigen Standard, vorübergehend ersetzt. Sie war ursprünglich für Auto-Radios entwickelt worden und verbraucht daher weniger Strom für ihre Heizung. Die mögliche Sprechleistung liegt bei der Uher-Schaltung bei 3 Watt.


Eine dritte Evolutions-Stufe kam schließlich 1958 auf den Markt. Während die Uher 195 unverändert blieb, kamen die neue 95T, 95K, die 295 (ab Gerätenummer 47.201) und die 395, so der Prospekt von 1958, sowie der Großhandelskatalog für 1958/59, nun mit drei Röhren zur Auslieferung: ECC83, ECL82, EM71.
Die 1956 vorgestellte Verbund-Röhre ECL82 ist ein Ableger der für die Fernsehton-Wiedergabe entwickelten PCL82 und besteht aus einer Triode und einer End-Pentode, die für eine vergleichsweise geringe Anodenspannung ausgelegt sind. Der Verstärkungsfaktor der Trioden-Sektion beträgt 70; verbindet man sie mit der single-ended Pentode und kombiniert die Röhre mit einem Gleichrichter, ist mit ihr ein "single valve design" möglich. Allerdings soll die ECL82, bei zu geringer Gegenkopplung, schnell ins Schwingen geraten.
Der Großhandelskatalog für 1958/59 (S.880) bewirbt einen "Aufsprech- und Wiedergabeverstärker kombiniert: 3 Stufen + HF-Generator für Aufnahme, 4 Stufen für Wiedergabe; Ausgangsleistung 3,5 W."
Durch diese Auslegung bekam auch das Tischgerät vom 1958 erstmals eine Endstufe für Außenlautsprecher mit 4 Ohm-Anpassung mitgeliefert.
Sämtliche Koffergeräte des Jahrgangs 1958, also die 95K, 195, 295, 395 und 495, bekamen außerdem einen größeren vorderen Lautsprecher spendiert. Hatte der bisher 115 x 70 mm gemessen, hatte der Ovali nun 130 x 75 mm; die 195 behielt zusätzlich das 18cm-Chassis.


Anselms schon angesprochene "Ladenhüter" hatten möglicherweise eine weitere Ausprägung: Im Sonderangebot von RadioRIM aus dem Jahre 1960 wird auch ein Tonbandgeräte-Chassis präsentiert, das mit drei Röhren, jedoch erneut in abweichender Bestückung angeboten war. Eine sonst nicht bekannte Version? Ein Druckfehler? Oder ein zusammengebastelter Rest ohne Endstufe?
Das "Einbauchassis" wurde mit den Röhren ECC83, ECC85 und EM71 beschreiben. Die hier genannte ECC85 gilt dem The National Valve Museum als die ultimative Doppel-Triode für die Eingangsstufe eines UKW-Empfängers. Die eine Triode könne als HF-Verstärker, die andere als Oszillator verwendet werden. Kann sie also die ECC81 und EC92 gleichwertig ersetzen?

Übersicht (Generation-Evolutionsstufe):
Uher 95 (1-1) - EF86, ECC83, EL84, EC92 und EM71 oder EF804, ECC83, EL84, EC92 und EM71 ... Ausgangsleistung 4 Watt an 4 Ohm
Uher 95S (2-1) - EF86, ECC83, EL84, EC92 und EM71 (bis 10.500?) ... Ausgangsleistung 4 Watt an 4 Ohm
Uher 95L (2-1) - EF86, ECC83, EL84, EC92 und EM71 (bis 22.500) ... Ausgangsleistung 4 Watt an 4 Ohm
Uher 95C (2-1b) - EF86, ECC81, EC92 und EM71 (bis 18.000?)
Uher 95T (2-1b) - EF86, ECC81, EC92 und EM71 (bis 22.100)
Uher 195 (3-1b) - EF86, ECC81, EL84, EC92 und EM71 (bis 30.200?) + HBK148 mit ECC92 ... Ausgangsleistung 4 Watt an 4 Ohm
Uher 95S (2-2) - ECC83, ECC83, EL84, EC92 und EM71 (ab 10.501) ... Ausgangsleistung 4 Watt an 4 Ohm
Uher 95L (2-2) - ECC83, ECC83, EL84, EC92 und EM71 (ab 22.501) ... Ausgangsleistung 4 Watt an 4 Ohm
Uher 95T (2-2b) - ECC83, ECC81, EC92 und EM71 (ab 22.101)
Uher 95C (2-2b) - ECC83, ECC81, EC92 und EM71 (ab 18.001)
Uher 95K (3-2) - ECC83, ECC83, EL84, EC92 und EM71 (ab 29.701) ... Ausgangsleistung 4 Watt an 4 Ohm
Uher 495 (3-2b) - ECC83, ECC81, EL84, EC92 und EM71 (bis 28.200?) ... Ausgangsleistung 4 Watt an 4 Ohm
Uher 195 (4-2b) - ECC83, ECC81, EL84, EC92 und EM71 (ab 30.201) + HBK148 mit ECC92 ... Ausgangsleistung 4 Watt an 4 Ohm
Uher 495 (4-2c) - ECC83, ECC81, EL95, EC92 und EM71 (bis 28.201) ... Ausgangsleistung 3 Watt an 4 Ohm
Uher 95T (4-3) - ECC83, ECL82 und EM71[/i] ... Ausgangsleistung 3,5 Watt an 4 Ohm
Uher 95K (4-3) - ECC83, ECL82 und EM71 ... Ausgangsleistung 3,5 Watt an 4 Ohm
Uher 295 (4-3) - ECC83, ECL82 und EM71 (ab 47.201) ... Ausgangsleistung 3,5 Watt an 4 Ohm
Uher 395 (4-3) - ECC83, ECL82 und EM71 ... Ausgangsleistung 3,5 Watt an 4 Ohm
Uher 95C (5-4) - ECC83, ECC85 und EM71
Die Gerätenummern, die mit "Fragezeichen" abschließen, habe ich erschlossen.
Die Nummern für die "Generation" meinen: 1: 1955, 2: 1956, 3: 1957, 4: 1958, 5: Ladenhüter

   

Bei den Uher 95 waren, so das Uher-Buch, von Beginn an Woelke Miniflux Tonköpfe zum Einsatz gekommen; wie lange, steht dort nicht. Die Service-Anleitung für Uher-Tonbandgeräte listet die verwendeten Spezifikationen auf. Diese sind anhand der Körperfarbe und eines Farbcodes in der sogenannten "Kennrille" identifizierbar.
Bei roter Köperfarbe handelt es sich um einen hochohmigen, bei schwarzer um einen mittelohmigen und bei grauer Körperfarbe um einen niederohmigen Tonkopf. Ist die Kennrille braun, beträgt die Spaltbreite 3 Mikron, ist sie grau, dann 4µ, gelb 5µ, rot 6µ, weiß 7µ, schwarz 10µ und grün 14 Mikron.
Die Ankopplung des Löschkopfes an den HF-Generator erfolgt induktiv. In Ruhestellung der Andruckrolle wird der Löschkopf durch einen Federkontakt kurzgeschlossen, so dass beim Umspulen kein unbeabsichtigtes Löschen erzeugt werden könne. "Die Vormagnetisierung wird über einen kapazitiven Spannungssteller bzw. Trimmer ausgekoppelt."


Die veröffentlichten Leistungsdaten der verschiedenen Modelle verändern sich innerhalb der unterschiedlichen Stufen nur geringfügig.

Grundlage ist die Uher 95 mit einem Frequenzbereich von 50 - 10 000 Hz +/- 3 dB bei 9,5 cm/s. Der Dynamikumfang beträgt 55 dB (DIN E5045).
Die Geräte der zweiten und dritten Generation wurden bei 9,5 cm/s in der Regel mit einem Frequenzumfang von 50 - 11.000 Hz angegeben; die Service-Anleitung nennt eine "Zulässige Abweichung - 5 dB bei den Endfrequenzen".
Lediglich bei der Uher 195 veröffentlichte der Hersteller 30 - 11.000 Hz (- 3 dB) für 9,5 cm/s und 30 Hz (- 5 dB) bis 17.000 Hz (- 3 dB) bei 19 cm/s.

Das änderte sich 1958. Schon für die 495 gibt es bei 4,75 cm/s als unterste Grenze Werks-Angaben von 40, 50 und 60 Hz und als oberste Grenze Angaben von 6.000 und 8.000 Hz. Ähnlich sieht das bei 9,5 cm/s aus, wo die Angaben zwischen 50 - 11.000 Hz und 30 - 16.000 Hz schwanken. Nicht viel besser bei der 195, die plötzlich 30 - 16.000 und 30 - 20.000 Hz Übertragungsbereich zeigt. Den bot kein TK54, kein Nordmende Titan, kein Sabafon! Und die Uher auch nicht. Das wird schon dadurch deutlich, dass alle Angabe ohne die Bezifferung der Abweichung vom Mittel gemacht worden waren. All diese Varianten stammen jedoch tatsächlich aus Uher-Veröffentlichungen!
Die neuen Modelle der vierten Generation wurden bei 9,5 cm/s mit 40 oder 50 - 16.000 Hz angegeben. Die 395 ist für 4,75 cm/s mit 40 - 8.000 Hz, die 295 bei 19 cm/s mit 40 oder 50 - 20.000 veröffentlicht.

Im Uher-Buch lässt sich dazu finden, "Unterschiedliche Angaben des Überalles-Frequenzganges kamen dadurch zustande, daß ... Abweichungen bis zu - 5 dB bei den Endfrequenzen toleriert wurden und zudem Tonköpfe mit unterschiedlichen Spaltbreiten Verwendung fanden."
Das ist wohl eher unklar formuliert. Man könnte meinen, bei der Uher 195 würden 17.000 Hz - 3 dB den 20.000 Hz - 5 dB entsprechen.

Der Klirrfaktor wird, wenn überhaupt, mit „maximal 5 % total“ angegeben, wobei mal kein Bezug, mal 1 kHz bei Vollaussteuerung und mal 333 Hz bei Vollaussteuerung benannt ist.
Der Störabstand wird meist mit > 45 dB, bei der Uher 195 mit bis zu > 50 dB angegeben.

Eine DIN 45.500 oder eine IHFM-Norm, die den Standard der Prospektangaben hätte vorgeben können, gab es halt 1957 nicht und die noch immer "aktuelle" HiFi-Norm der RMA hatte für Deutschland im Allgemeinen und für Tonbandgeräte im Besonderen keine Bedeutung gehabt. Selbst die Umsetzung der professionellen Standards der CCIR für den professionellen und den Heim-Bereich durch die IEC hatte aufgrund amerikanischen Wiederstandes noch nicht durchgeführt werden können, hätte allerdings hier auch kaum geholfen.
Kein Wunder, wenn die Dynamik der Uher 95 im Jahre 1955 noch unter Zuhilfenahme der DIN E5045, einer vom Deutschen Akustischen Ausschuss im Jahre 1941 aufgestellten Richtlinie für Lautstärkemesser, definiert worden war.

   

Auch hinsichtlich der Anschlüsse ist eine Entwicklung erkennbar. Alle Koffer-Geräte, außerdem die 95T der vierten Generation, verfügen über einen Ausgang für einen 4 Ohm-Außenlautsprecher, an dem sich auch ein passender 500 Ohm-Kopfhörer anschließen lässt.

   

Die erste Uher bot nach Auskunft des Großhandelshandbuches zwei Eingänge: 10 mV an 100 kOhm und 0,2 mV an 200 Ohm. Die zweite Angabe scheint mir zumindest mit einer Wertung im Uher-Buch nicht überein zustimmen.
Ab der zweiten Generation wird der Mikrofon-Eingang mit 2 mV an 2 MOhm angegeben. Lediglich die 95L und die 195 verfügten über den eingebauten Übertrager, der den Anschluss auf 0,2 mV an 200 Ohm bringt. Die späteren Modelle bieten Anschlusswerte von 2 oder 3 mV an 1 MOhm.
Die Anforderungen an den Rundfunk-Eingang scheinen weniger stabil: Hier liegen die Werte, stetig wechselnd, zwischen 2 und 4 mV bei 20 kOhm, 50 kOhm oder 200 kOhm. Der Rundfunk-Ausgang ist meist mit 1 Volt angegeben, wobei die Impedanz mal mit 1 kOhm, mal mit 20 oder 50 kOhm beziffert ist.
Mit einem zusätzlichen Tonabnehmer-Anschluss von 100 mV an 1 MOhm brillieren die 95L, sowie die Geräte der dritten und vierten Generation.


In den USA waren die Typen 95 nicht angeboten worden. AUDIO ENGINEERING (10/59, S. 74) schrieb erst im Rahmen einer begeisterten Kurz-Vorstellung der Uher Universal, dies sei "... the first of a number of Uher models to reach these shores from Western Germany ..."
Mit der Einführung der Report übernahm 1961 Martel die USA-Vertrieb von Uher. Wer die ersten drei Buchstaben gegen ein "Ro" austauscht der ahnt, um wen es sich handelt.

Trotzdem belief sich der Exportanteil der Produktion bereits im Sommer 1956 auf etwa 30%. Geliefert wurde zum Beispiel nach Groß Britannien. Zur Ankündigung des Acoustomat schrieb TAPE RECORDING UK, dieser sei an zweien der sechs Uher Modelle verwendbar, die im United Kingdom erhältlich wären: "These six recorders are the 95T, 95S, 95K, and 95L, operating at a speed of 3 1/4 ips; the 495 (1 7/8 and 3 1/4 ips); and the 195 (3 1/4 and 7 1/2 ips). The 195 has a claimed frequency range of 30-17.000 c/s +/- 3 dB at the faster speed."
Distributor war A. Prince Industrial Products Ltd., ab dem Sommer 1958 Teil von Camp Bird Industrial Ltd., die unter anderem Dual, Akkord und Ilse vertreten hatte und durch die eigene Marke "Blue Spot" bekannt geworden war.

   

Mein Resümee der Beschäftigung mit diesem Klassiker lautet, Uher hat schon vor der Report angefangen, die Tonbandtechnik transportabel zu machen. Während beispielsweise eine Perfectone eine spezielle Zielgruppe gehabt hatte, wandten sich die Münchner frühzeitig an alle, für die die Tonbandtechnik nicht die Hauptsache, aber ein interessantes Werkzeug zur Optimierung ihrer Berufsausübung gewesen war. Und dies tat Uher in einer Art und Weise, die weniger auf Selbstdarstellung und Technik-Verliebtheit, als auf Funktionalität des Werkzeuges in der Anwendung ausgelegt gewesen war: Vergleichsweise klein, vergleichsweise leicht, hochwertig in Verarbeitung und Finish, ohne überflüssigen Schnickschnack, und dabei auf alle Anwendungszwecke hin optimiert und, mit Hilfe von Zubehör, weiter optimierbar.
Das bot so, nach meiner Kenntnis, kein zeitgenössische Mitbewerber in dieser Sparte an.

Wer heute einen Tonbandkoffer der fünfziger Jahre in die Ecke stellt, weil der seinen eigenen Qualitätsvorstellungen nicht entspricht, gar auf die Idee kommt, dessen Entwickler zu kritisieren, weil der seinen heutigen Ansprüchen nicht gerecht geworden war, der sollte darüber nachdenken, was zeitgenössisches Bandmaterial hatten leisten können und was es damals gekostet hatte.
Mitte der fünfziger Jahre hatte beispielsweise der Versandhändler Arlt für 350 m Agfa FS-Magnettonband auf Kunststoffspule noch 24 DM berechnet. Das gleiche sollte 350 m BASF LGH auf Doppelsflanschspule aus Polystyrol kosten. Das entsprach 1955 35,29 kg Brot. 2009 wären das 119,99 Brot-Euro gewesen.
Bandmaterial wurde etwas billiger. Laut Uher-Preisliste vom Juli 1958 kostete 260 m Normalband auf 15 cm-Spule 16,20 D-Mark (19,29 kg Brot) und 350 m Langspielband 19,20 DM (22,86 kg Brot). Somit verbilligte sich das Langspielband auf 77,72 Brot-Euro, während das Normalband 2009 sogar nur 65,59 Brot-Euro gekostet hätte.

Welcher private Anwender hätte, im Deutschland der fünfziger Jahre, ernsthaft ein Tonbandgerät für die Musik-Beschallung angeschafft, anstatt eines Plattenspielers? Nachdenken sollte jener Anspruchsteller auch, woher der Tonband-Freund hochwertige Musik-Konserven für die Aufzeichnung hätte bekommen sollen. Von der Schellack-Platte?

Was möglich gewesen war, das zeigte die Uher 195. Mit der ließen sich eigene Aufnahmen, in hoher Qualität, für etwa achtzig Brot-Euro pro Stunde machen und "beliebig" oft wiedergeben.
Doch wer hatte schon Zugang zu einer Aufführungsstätte, in der er Aufnahmen hätte machen können, die diesen Preis wert gewesen waren?

Um so beeindruckender finde ich das Leistungsvermögen dieser Geräte heute. Auch wenn eine Braun, eine ASC oder Revox tatsächlich "mehr" kann. Die Uher, vor allem die 195, kann halt auch. Und das seit sechzig Jahren. Wenn man sie denn lässt.


Meine Vorstellung habe ich, nachdem mir eine weitere 95 zugefallen war und bevor ich sie weg gebe, gewissermaßen "dazwischen geschoben". Dementsprechend viele Unklarheiten und Fehler dürfte ich gemacht haben.
Dies ist die Version 0,95 meiner Vorstellung. Es ist an Euch, mich zu korrigieren und mir Informationen zu geben, damit es am Ende stimmt.

Eure Anregungen werde ich dann einpflegen, so MichaelB will.


   

Quellen:

diverse Geräte in Ansicht
Uher Tonbandgeräte Service-Anleitung (95, 195, 495 c k l s t), Ergänzung Uher 195, Ergänzung Uher 95 L, S, C, T, K, 495
diverse Stromlaufpläne
Uher-Werbung zur Hannover-Messe 1957
Uher-Werbung "tönende Erinnerung", 1958, "festhalten ... Weltmeisterschaft 1958", "Tonerlebnisse", 1958
Uher Preisliste 7/1958, März 1959 und Herbst 1959 (Messe)
Bedienungsanleitung Uher 195
Uher Prospekt "Reise Klangstudio" 195
Patent der SMW über ein "Laufwerk für Tonbandgeräte" (Gebrauchsmusteranmeldung vom 18.03.1955, Nr.1707486, Auslegeschrift vom 6.05.1955), veröffentlicht am 25.06.1959 unter der Nr. 1045679 (DE00001045679A)
Gebrauchsmusteranmeldung vom 28.12.1956 über eine "Deckel-Anordnung für Tonbandgeräte-Koffer", eingetragen am 28.3.57 unter Nr.1742213 (DE000001742213U)
Handbuch des Rundfunk- und Fernsehgroßhandels, Ausgabe 55/56 (S. 210), 57/58 (S. 874f), 58/59 (S. 880f), 59/60 (S. B90f)
"Die Geschichte der UHER-Werke München", von Peter Remmers und Andreas Flader, Funk Verlag, ISBN 978-3-939197-19-5
"Know your Recorder No. 10 - The Uher 195" - Tape Recording UK 11/1958, S. 43/45
"Der Tonband-Amateur" von Dr.Ing. Hans Knobloch, Franzis Verlag, 3. Aufl. 1957, S. 31f
http://ifworlddesignguide.com/search?q=U...yp-uher-95
RIM Bastelbuch 1960, Ergänzung "Sonderangebot" Blatt 2
Bandmaschinenforum (S/N-Sammlung Röhren-Bandgeräte)
radiomuseum.org und Wikipedia

Röhren-Hintergrund:
Wikipedia, The National Valve Museum, Jogi's Röhrenbude, radiomuseum.org

Hintergrund:
"Mikrofon und Tonband in der Hand des Amateurs" von Jörn Thiel, in "Kontakte" (Möseler Verlag), in Auszügen in Fono Forum 4/59, S. 33
"Magnetic Recording" von G.F. Dutton, Hi-Fi Yearbook 1956, S. 111ff
Walter Arlt Radiokatalog 1953/54 (wegavision)
Grundig Tonbandgeräte, Druckstück 9545 (wegavision), Grundig 3D-Revue, S.12 (wegavision), Grundig Hi-Fi-Wunschklang-Serie, s.25f (wegavision), Grundig Tonbandgeräte, Druckstück 65830T (wegavision)
Telefunken Katalog "Hier fehlt ein Telefunken ..." (wegavision)
"Gute Tonbandgeräte für den Heimgebrauch", Fono Forum, April 1959, Technik-Teil, S. 32f
"Uher Universal Tape Recorder", Audio Engineering, 10/59, S. 74: Equipment Profile
Tape Recording UK 5/1958, S. 44, und 7/58, S.29
"Der Tonband-Amateur", Dr.-Ing. Hans Knobloch, Franzis Verlag, 1. Aufl. 1955
"Der DIN-Lautstärkemesser" Die Chemische Technik, Ausgabe vom 13.6.1942, S.136
http://www.philberth.de/
Außerdem: wikipedia.de, was-war-wann.de, depatisnet.dpma.de

Dieser Text samt Bilder ist ausschließlich für die interne, private Verwendung durch Besucher des "Bandmaschinenforum" gedacht. Die durch Gänsefüßchen hervorgehobenen oder kursiv gesetzten Zitate unterliegen gegebenenfalls Urheberrechten Dritter. Eine, auch auszugsweise, private oder gewerbliche Nachverwertung ohne schriftliche Genehmigung ist ausdrücklich untersagt.

Das war's erstmal.

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#5
Hallo Matthias,

das ist eine exzellente Arbeit, Respekt! Mehr als SMS-Umfang zu lesen gewohnt, gestehe ich, dass ich nicht jede Zeile, insbesondere mit technischen Daten, studiert habe. Aber dass Du Dich äußerst sorgfältig mit der Technik befasst hast, ist unübersehbar. Nicht zuletzt hast Du der Ingenieurskunst in der Mitte der 1950er Jahre ein Denkmal gesetzt. Was wir heute nachvollziehen, waren Visionen der damaligen Entwickler, die sie realisiert haben. Chapeau!

Mich besonders gefreut hat das Zitat Hans Knoblochs in seinem Ratgeber: "Die Magnetbandgeräte erfüllen den alten Traum des Menschen ..." Dieses Zitat erwäge ich in den Wikipedia-Artikel "Tonbandgerät" einzubauen, widerlegt er doch ein weiteres Mal die dämliche Aussage eines CHIP-Redakteurs: "Bis zur Einführung der Kassette und des dazu gehörigen ersten Kassettenrekorders … waren Tonbandgeräte für Privatanwender völlig unattraktiv." Höchst attraktiv sogar, aber kaum zu bezahlen.

Gruß, Anselm
Früher war mehr UHER. Cool Meine UHER-Erinnerungen
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#6
Hallo Matthias!

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Soll symbolisch meine Sprachlosigkeit beschreiben, die mich ob Deiner detaillierten und spannenden Abhandlung über die frühen UHER-Röhrenkoffer, vorübergehend befiel.
Anselms Worten ist m. E. nichts hinzuzufügen.

Als bescheidene Ergänzung möchte ich nur einige Bilder von UHER-Zubehör beisteuern, die damals für die Röhrenkoffer verfügbar waren. Ob sie wirklich alle schon den
o. a. Modellen zur Verfügung standen? Ich bin nicht sicher. Ggf. muß später korrigiert werden, wenn ich die UHER- Unterlagen von Frank P. durchgesehen habe.

UHER Synchro-Akustomat 810:


   

   

   

   

   

   

UHER Mulit-Synchron-Koppler 876:

   

   

   

UHER Akustomat AKS-1 (Quelle: ebay):


   

UHER Akustomat AKS-2:

   

   

   

   

UHER Automatic F511:

   

   

   

   

Gruß
Wolfgang
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#7
Sagenhaft! Welch Mühe dahinterstecken mag...auch von mir herzlichen Dank für den Lesestoff.
Habe ja auch einige von den Dingern, jetzt brauch ich nicht mehr runzuschrauben, wenn mich ein Detail interessiert.

Gruß
Peter S.
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#8
Eine beeindruckende Fleißarbeit!
Die Lektüre wird ab jetzt ein Muß sein für alle, die sich für das Uher 95 und seine Ableger interessieren.

Da um Ergänzung gebeten wurde, erlaube ich mir ein paar Anmerkungen zum Thema Röhren.
Wie von Matthias ausführlich dargelegt, war das Tonbandgerät in den fünfziger Jahren noch ein kleiner Markt, jedenfalls im Vergleich zum Rundfunkgerät. Dies findet auch seinen Ausdruck in den Aktivitäten der großen Röhrenhersteller. Während man für die verschiedenen Aufgaben im stückzahlmäßig wichtigeren Rundfunkempfänger meist recht zügig eine geeignete Röhrentype entwickelte und während für die vielen neuen Aufgaben, die die damals ebenfalls noch recht neuen Fernsehempfänger stellten, ebenfalls recht zügig geeignete Typen verfügbar waren (in Europa häufig als Lizenzfertigung amerikanischer Typen), mußten die Schaltungsentwickler bei Tonbandgeräten weitgehend das nehmen, was verfügbar war.

Ende der vierziger Jahre brachte die Firma Philips eine ganze Reihe neuer Röhrentypen auf den Markt, die sogenannten Rimlockröhren, erkennbanr an einer Vierziger-Zahl in der Typenbezeichnung. Sie waren bei ihrem Erscheinen wohl das Modernste, was in Europa verfügbar war. Zu dieser Reihe gehörte auch die EF40, eine besonders rauscharme und störungsunempfindliche Type. Sie war damals wohl nicht unbedingt für Tonbandgeräte entwickelt worden, sondern generell für die Verstärkung schwacher, nicht allzu hochfrequenter Signale. Zum Einsatz kam sie in vielen Meßgeräten, aber eben auch in frühen Tonbandmodellen. Dort ist eine solche Röhre vor allem in der ersten Verstärkerstufe nützlich, wo man bei Wiedergabe das sehr schwache Signal des Tonkopfs, bei Aufnahme das des Mikrophons zu verstärken hat.
Anfang der fünfziger Jahre bot der große Konkurrent Telefunken mit der EF804 etwas Vergleichbares, vor allem etwas, was in Telefunkens Studiotechnik die schon sehr altbackene EF12 aus Vorkriegstagen ablösen konnte.

Das hatten die Schaltungsentwickler bei Uher zur Auswahl, als sie sich 1953 an die Arbeit machten.
Allerdings war bereits absehbar, daß die Philips'schen Röhren sich nicht durchsetzen würden. In der Radio- und Fernsehtechnik wurden sie schon ab 1952 zunehmend abgelöst von in den USA entwickelten Typen mit etwas anderen Röhrensockeln, die in Europa mit 80er- und 90er-Zahlen in der Typenbezeichnung kenntlich gemacht wurden. Diese Sockel wurden auch in Europa zum Standard und blieben es bis zum Ende der Röhrenära. Telefunkens EF804 hatte bereits einen solchen modernen Sockel. Drum fiel die Wahl wohl auf diese Type. Bei Produktionsbeginn 1955 war die EF86 wohl schon angekündigt, aber nicht notwendigerweise schon verfügbar. Mir ist noch kein Gerät aus dem Baujahr 1955 vor die Nase gekommen, in dem schon eine EF86 steckte. Es ist also durchaus plausibel, daß die ersten Exemplare des Uher 95 noch mit der EF804 ausgeliefert wurden. Ähnliches wird auch von Grundigs TK5 berichtet, welches etwa zeitgleich mit dem Uher 95 erschien. Auch hier sollen frühe Exemplare die EF804, spätere die EF86 verwendet haben.
Matthias vermutet sicher richtig, daß die EF804 teurer als die EF86 war, denn im Gegensatz zu letzterer war sie für die besonderen Bedingungen professioneller Anwendung entwickelt.

Ein weiteres Beispiel für « man muß nehmen, was da ist » ist die erwähnte ECL82 bzw. PCL82, eine Kombination aus einer kleinen Triode und einer kleinen Leistungsröhre. Entwickelt wurde sie für die Vertikalablenkung des Elektronenstrahls in Fernseh-Bildröhren aus der Mitte der fünfziger Jahre. Die Leistungsröhre ist so bemessen, daß sie den nötigen Strom für die Ablenkspulen der damals üblichen Bildröhren aufbringen konnte. Die kleine Triode mußte als Oszillator den nötigen Sägezahn erzeugen können. Da andererseits der Strom der Leistungsröhre auch ausreicht, um einen Lautsprecher zu betreiben, hat man in den Fernsehern der 50er oft ein zweites Exemplar davon als Tonendstufe verwendet. Die maximal erzielbare Sprechleistung von 3,5 Watt galt bei Fernsehern als ausreichend, für Radios hatte man andere, bessere Lösungen parat.
Hersteller von Plattenspielerkoffern mit eingebautem Verstärker waren sehr an einer solchen Doppelröhre interessiert, weil man mit nur einer Röhre den dafür nötigen zweistufigen Verstärker bauen konnte.
In Radios der dreißiger und vierziger Jahre hat man noch häufig solche Doppelröhren als Endstufe verwendet und es gab ein entsprechendes Typenangebot. Mit Einführung des UKW-Rundfunks nahm die Röhrenentwicklung für Radios eine andere Richtung und man hatte keinen Bedarf mehr für solche Typen. So blieb die ECL82 jahrelang die einzige derartige Röhre auf dem Markt und mancher Plattenspieler- und Tonbandgerätehersteller verwendete sie trotz ihrer Nachteile. Erst gegen 1960, bedingt durch das Aufkommen der Stereophonie, aber auch bedingt durch andere technische Entwicklungen, verlangten auch Radioentwickler wieder nach einer solchen Doppelröhre, was zur Entwicklung der ECL86 führte.

Die EM71 der Firma Lorenz war bei Herstellern von Tonbandgeräten als Anzeigeröhre sehr beliebt, vielleicht weil sie ein besonders großes Anzeigefeld bot und die Fächerform für eine Aussteuerungsanzeige gut geeignet ist. Sie war jedoch keineswegs die erste in Deutschland verfügbare Anzeigeröhre. Dieser Ruhm gebührt der AM2 von Telefunken, die ca. 1937/38 auf den Markt kam.

Die EC92 wurde Ende der vierziger Jahre in den USA entwickelt und war in Europa auf jeden Fall schon 1952 verfügbar. Es war eine der ersten in Europa verfügbaren Typen, die für UKW-Frequenzen um 100 MHz gut brauchbar waren und wurde daher im Zeitraum 1952 bis 1954 häufig in UKW-Empfangsschaltungen verwendet. In Tonbandgeräten wurde sie gelegentlich als Hf-Generator zur Erzeugung des Lösch- und Vormagnetisierungsstroms verwendet. Als kleine Triode braucht sie nicht viel Strom, wenn sie bei Wiedergabe nutzlos mitläuft. Eine von vielen Herstellern gewählte Alternativlösung, nämlich bei Aufnahme die Leistungsröhre der Endstufe diese Arbeit erledigen zu lassen, hat den Vorteil, daß man eine zusätzliche Röhre spart, aber auch den Nachteil, daß man dann bei Aufnahme das Vorband-Signal über den Gerätelautsprecher nicht mithören kann.

Gruß
TSF
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#9
Matthias deine Berichte sind schöner als irgendein Buch zu lesen. Vielen Dank dafür!
Gruß von

Rüdiger
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#10
Zum Beitrag #8 möchte ich gerne noch zwei Präzisierungen bzw. Korrekturen nachreichen.

TSF,'index.php?page=Thread&postID=183613#post183613 schrieb:So blieb die ECL82 jahrelang die einzige derartige Röhre auf dem Markt
Das stimmt so nicht.
Es waren bei Erscheinen der ECL82 um1956 und wohl auch noch einige Jahre danach noch weitere Doppelröhren dieser Art auf dem Markt.
Zum einen die ECL80, eine Vorgängerin der ECL82. Sie war – wie die ECL82 - ursprünglich ebenfalls für die Vertikalablenkung des Elektronenstrahls in Fernseh-Bildröhren konzipiert, zu einer Zeit, als die Bildröhren noch kleiner waren. Für die Anwendung als Ton-Endstufe kommt sie im Prinzip in Betracht, die maximale Ausgangsleistung von ca. 1,5 Watt ist aber etwas dürftig, Die Schaltungsentwickler von Nf-Verstärkern entschieden sich eher für die kräftigere Nachfolgerin.
Und es gab noch die ECL113 von Telefunken, mit maximal 2,25 Watt Ausgangsleistung schon eher als Ton-Endstufe geeignet und genau hierfür auch entwickelt. Man hatte ihr allerdings einen neuartigen Sockel verpaßt, der dem Philips'schen Rimlocksockel ähnelte, der sich aber nicht durchsetzte. Im Gegenteil, sie blieb mit diesem Sockel ein Einzelstück, was für ihre äußerst geringe Verbreitung mitverantwortlich gewesen sein mag.
Es gab also in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre Alternativen, aber keine bessere Wahl als die ECL82.

TSF,'index.php?page=Thread&postID=183613#post183613 schrieb:Mir ist noch kein Gerät aus dem Baujahr 1955 vor die Nase gekommen, in dem schon eine EF86 steckte.
Während der Feiertage fiel mein Blick auf ein Grundig TK12. Das brachte mich ins Grübeln. Gerät aufgeschraubt und nachgesehen. Datumsangaben auf Bauteilen aus dem Zeitraum 2/55 bis 9/55 und dennoch schon eine EF86 drin. Die gab es offenbar schon Anno '55, dennoch muß die Vermutung nicht falsch sein, daß im Hause Uher bei Prduktionsbeginn des 95 noch keine verfügbar war.

Gruß
TSF
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#11
TSF,'index.php?page=Thread&postID=184505#post184505 schrieb:... dennoch muß die Vermutung nicht falsch sein, daß im Hause Uher bei Prduktionsbeginn des 95 noch keine verfügbar war. ...F


Hallo TSF,

danke für Deine Beiträge. Vor meiner nächsten Geräte-Vorstellung werde ich mir Deine Erinnerung ausleihen, anstatt ins Netz zu kucken ... Wink

Die Erklärung hast Du ja weiter oben schon angedeutet: Die Stückzahlen bei den Tonbandgeräten waren klein, werden also von dem ITT-, Telefunken- oder Valvo-Kunden "Uher" insgesamt klein gewesen.
Die Grundig-Werke hingegen haben um 1956 einen Tagesverbrauch von 25.000 Röhren gehabt.

Grundig hat in dieser Zeit im Jahre knapp 20.000 Bandgeräte pro Jahr gebaut. Angenommen, in jedem Tonbandgerät haben sich durchschnittlich fünf Röhren befunden, wären das in dem Summe 100.000 pro Jahr gewesen. Grundig hat von sich selbst behauptet, der größte Tonbandgeräte-Hersteller der Welt gewesen zu sein, und hat für die Tonbandgeräte-Produktion im Jahr nicht einmal den Wochenverbrauch an Röhren für die Radio-Produktion erreicht.

Wie wichtig mag den Lieferanten also die Belieferung von Uher, die weniger Tonbandgeräte und weder Radio- noch Fernsehgeräte gebaut hat, mit neuen Typen gewesen sein?

Soll heißen, erst hat die AEG, dann hat Grundig, Siemens, Saba, Mende, Blaupunkt usw. Bauelemente bekommen, dann irgendwann auch Uher. Die billigsten Einkaufspreise werden AEG und Siemens gehabt haben, dann Grundig, Saba, Mende, Blaupunkt usw. Uher wird pro Stück mehr bezahlt haben, musste an der Ladentheke aber trotzdem konkurrenzfähig sein.

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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