Magnat Monitor Supreme 2000
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timo,'index.php?page=Thread&postID=181241#post181241 schrieb:... Hat das technische Hintergründe?...

Hallo Timo!

Kaufhäuser wurden in früheren Zeiten (als es noch welche gab) regelmäßig umgebaut. Nicht, weil der Kalk von der Decke gerieselt war, sondern weil durch etwas offensichtlich "Neues" oder "Anderes" die Aufmerksamkeit des Kunden geweckt werden soll.

Audiovox ist primär an Stückzahlen interessiert. Würde der Kunde Luxus in ausreichender Stückzahl nachfragen, dann würde es Jensen-, MacAudio-, Klipsch-, Heco- und Magnat-Boxen in der zigtausend-Euro-Klasse geben. Auf jeden Fall fragt der Kunde Boxen unter hundert Euro das Stück nach. Also baut man welche und also versucht man den Kunden darauf aufmerksam zu machen, dass es "neue" Boxen gibt, damit er glaubt, die alten müssten ersetzt werden.
Kein Wunder, wenn 80-Euro-Teile plötzlich "audiophil" sind: Ein Kauf-Grund. Ein anderes Design: Ein Kauf-Anreiz.

Wer Stückzahlen bauen und verkaufen will, der investiert nicht viel Geld in akribische Lösungen, wie eine optimierte Schallwand-Gestaltung. Denn es gibt unglaublich viele Skalierungs-Möglichkeiten im Lautsprecherbau, von denen die meisten nicht eindeutig legitimiert sind. Daher sind vielen Herstellern Themen wie die Anordnung von Chassis auf der Schallwand eher egal. Im Gegenteil: So etwas wäre störend, weil es ja die Veränderung des Designs zur "neuen Generation" behindern würde. Solange etwas also nicht definitiv falsch ist, ist es möglich. Und was "möglich" ist, das kann für einen Jahrgang zum Corporate Design oder zum "aktuellen Stil" werden.
Und die Lösung, vergleichsweise große Mitteltöner über die Hochtöner zu setzen, ist ja nicht neu. ACR hat das vor jahrzehnten bei der großen Isostatic gemacht, IQ mit den Level-Standboxen und viele andere Firmen auch. Diese Anordnung ist also legitimierbar, weckt vielleicht sogar positive Assoziationen. Zudem viele Surround-Systeme eine d'Appolito-Anordnung vorgeben (schwachsinnigerweise sogar horizontal!), was also zur Zeit "modern" zu sein scheint. Und dies sieht ähnlich aus ...

Wichtig, um preiswerte Boxen anbieten zu können ist, dass die Produktion billig ist. Das bedeutet: Man kauft in großen Stückzahlen ein und reduziert die Komplexität der Herstellung. Daher kauft man für alle Serien die gleichen Terminals, und nicht für die einfachen Serien extra einfache. Daher kauft man möglichst viele gleiche Bauteile für die selbst aufgebauten Chassis, und stellt die Kenntlichmachung teurer oder billiger Serien eher über die Gestaltung der Staubschutzhaube, als über verschiedene oder verschieden große oder stabile Körbe her.

Unser ehemaliges Foren-Mitglied Hans-D. Pizonka hat früher immer erzählt, man könne mit Hilfe der von ihm so genannten "Frequenzbiegezange" nahezu jedes Verhalten in jedes Chassis und in jede Box hinein prügeln. Ob das am Ende so stimmt, ist ziemlich wurscht. Denn diese Überzeugung ist verbreitet. Und die Umsetzung ist vergleichsweise billig. Insbesondere in Zeiten, in denen Weichen in Simulationen entwickelt und von Automaten bestückt werden können.
Der Aufbau verschiedener Einbau-Ebenen von Chassis ist dageben produktionstechnisch teuer. Die Installation einer Schallwand-Beflockung bedeutet einen Arbeitsgang mehr. Die Herstellung von asymmetrischen Schallwänden für linke und rechte Boxen bedeutet höhere Lagerhaltung und eine komplexere Logistik usw.


Gibt es für den Einbau eines Hochtöners in Ohrhöhe einen Grund? Ja, das macht Sinn. Denn hohe Frequenzen verlieren am schnellsten Energie, laufen also nicht so weit. Und wenn Hochtöner in Ohrhöhe eingebaut werden, erreicht mehr Schallenergie, die von Hochtönern abgestrahlt wird, die Ohren.
Dann müssen nur noch die Ohren wirklich auf der Höhe der Hochtöner gehalten werden: Also keine hohen Stühle, nicht stehen. Eine Verhaltens-Einschränkung kannst Du eventuell Käufern sehr teurer Boxen abverlangen, aber keinesfalls Käufern von 80-Euro-Teilen. Also stimmst Du die Hochtöner etwas lauter ab, und schon kannst Du sie irgendwo einbauen. Der Klirrfaktor wird vielleicht höher, die Boxen möglicherweise unangenehmer. Aber dafür kosten sie nur 80€. Oder Du ziehst einfach den Übertragungsbereich der Mitteltöner etwas höher, so dass mehr der wichtigen Frequenzen - und das sind nicht immer die höchsten - nicht über die Hochtöner abgestrahlt werden.

Gibt es für den Einbau eines Mitteltöners über den Hochtönern einen Grund? Ja, das macht Sinn. Insbesondere bei großen Mitteltönern. Zumindest kann man träumen, dass das so ist.
Visaton schreibt zur d'Appolito-Anordnung: "Bei dieser Lautsprecheranordnung werden Mittel- und Tieftöner vertikal symmetrisch um den Hochtöner angeordnet. Aufgrund von Phasenverschiebung und den damit verbundenen Interferenzeffekten werden die nach oben und unten von der Box abgestrahlten Schallanteile minimiert. Es verbessert sich die räumliche Abbildung der Box."
Nun gibt es natürlich kaum "echte" d'Appolito-Boxen. Denn es ist enorm schwierig, sich an die Vorgaben von Mr. d'Appolito zu halten. Verschiedene Entwickler versuchen also etwas "ähnliches"
Man könnte nun vermuten, dabei geht es um die Vermarktung mit Hilfe von Assoziationen zum ambitionierten Vorbild. Man könnte auch vermuten, es gibt tatsächlich eine technische Annäherung an das Vorbild, das auch abseits des Optimums Sinn macht. Wenn das so wäre, dann würde ein relativ großer Abstand des Tieftöners zum Mitteltöner, hinsichtlich deren Überschneidungsbereich, sowie ein kleinerer Abstand des Mitteltöners zum Hochtöner, hinsichtlich deren Überschneidungsbereich, tatsächlich zu optimierten Auslöschungen der Schallanteile führen können, die weniger in Richtung des Zuhörers abgestrahlt werden, was also die Zahl der frühen Reflektionen reduziert. Wenn das so klappt.
Man könnte auch vermuten, dass die Zahl der Auslöschungen im Überschneidungsbereich reduziert werden, wenn Chassis, die gleiche Frequenzbereiche abstahlen, weiter auseinander liegen. Beides bedingt aber natürlich steilflankige Filter.
Man könnte auch vermuten, die große Mitteltöner-Membran sorgt dafür, dass die Ebene der Schallabstrahlung dieses Chassis hinter der des Hochtöners mit seiner vorgewöblten Membran liegt. Daher soll der vom Mitteltöner abgegebene Schall einen kürzeren Weg zum Ohr haben, um Phasenfehler zu reduzieren. Das wäre im oberen Frequenzbereich viel wichtiger, als bei der unteren Übergabefrequenz. Was dann perfekt funktionieren könnte, wenn Deine Ohren sich in der in der Bedienungsanleitung oder im Hirn des Entwicklers genannten Höhe und Entfernung zu einem definierten Referenzpunkt an einer messtechnisch ermittelten Stelle innerhalb der Box befinden. Weichst Du ab, klappt das nicht mehr optimal ...

Wie gesagt, das mit der Skalierbarkeit und der Anerkennung von Methoden im Lautsprecherbau ist ein Problem. Daher glauben viele Entwickler an "Die Weiche". Und ich glaube leider nicht, dass die Chassis-Anordnung Deiner Box einem anderen als einem Marketing-Aspekt folgen wird.
Was aber überhaupt nichts über die Qualität der Magnat aussagt!

Um es zusammenzufassen: Wenn man Deine neuen Boxen einmal ansieht, dann erkennt man, dass sehr viel umstrittenes und unumstrittenes Lehrbuch-Wissen nicht verwirklicht wurde. Und das ist bei 99% aller anderen Boxen, auch der sehr teuren, genauso. Und schaut man sich manche hoch-gelobte Super-Box an, dann rauft man sich die verbleibenden Haare und fragt sich, welches Lehrbuch der Entwickler gelesen hat. Und bei manchen Boxen, die man hört, da fragt man sich, welcher Trottxxxxx das Lehrbuch wohl geschrieben hat ...

Was bleibt ist immer die Frage, ob Du die Boxen magst

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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Nachrichten in diesem Thema
Magnat Monitor Supreme 2000 - von timo - 03.10.2015, 20:51
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