Was bedeutet 'Sättigung'?
#1
In einem anderen Thread wurde wiederholt von DER 'Sättigung' gesprochen, aber was ist das eigentlich? Vor dem Lesen des Threads war ich der Meinung, mit höherer Sättigung beim Band gegenüber digitalen Medien wäre der etwas 'sattere' Sound gemeint. Nach dem Lesen des Threads bin ich reichlich verwirrt - so recht definiert wurde der Begriff noch nicht, aber eines ist unter dem Strich herausgekommen: Sättigung ist böse Smile Wer kann etwas Licht ins Dunkel bringen?
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#2
Primitiv zusammengefasst:

Je höher der Aufsprechpegel (also die Aussteuerung), desto stärker wird das Band magnetisiert.

Ab einem bestimmten Punkt geht das nicht mehr - Du packst Pegel drauf, aber das Band wird nicht stärker magnetisiert. Die Wanne ist voll. Egal wieviel Wasser du noch reinkippst - der Pegel endet am oberen Wannenrand.

Ich nehme an, daß dieser Punkt auch nicht angestrebt wird, sondern eine Zustand kurz davor, so daß Pegelausschläge nach oben beschnitten werden (weil die Wanne dann voll ist) während man unterhalb diese Levels teilweise noch Bewegung feststellen kann.

Es gibt meines Wissens auch keinen scharf definierten Sättigungspunkt, sondern einen Sättigungsbereich, in dem die Kennlinie der Magnetisierbarkeit wesentlich flacher verläuft. Das heisst: Große Pegelzunahme am Eingang bewirkt nur noch kleine Zunahme der Magnetisierung.

Das ist genau der Bereich, vor denen uns unsere Tonmeister immer gewarnt haben Wink

Kreative Musiker habern den Bereich der Sättigung schon öfter benutzt, um Kompressionseffekte zu erzielen.
Michael(F)
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#3
Vereinfacht musst Du Dir das so vorstellen: Du hast eine Spule um einem Eisenkern gewickelt. Je höher die Spannung an der Spule ist, umso stärker wird das erzeugte Magnetfeld. Ein Tonband, welches an dem Eisenkern vorbeigezogen wird, soll die magnetische Kraft des Eisenkerns (nicht 1 zu 1) übernehmen. Wenn die Spannung an der Spule noch weiter ansteigt, sind irgendwann fast alle magnetischen Moleküle des Bandes ausgerichtet und ein weiterer Anstieg der Feldstärke bewirkt nichts mehr. Die Sättigung ist erreicht.
Vielleicht musst Du das Dir wie ein Schwamm vorstellen, wenn er sich mit Wasser vollgesogen hat, geht nichts mehr hinein.
Gruß,
Michael/SH

Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu (Ö v. Horvath)
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#4
Zitat:Michael Franz postete
Große Pegelzunahme am Eingang bewirkt nur noch kleine Zunahme der Magnetisierung.
....
Kreative Musiker habern den Bereich der Sättigung schon öfter benutzt, um Kompressionseffekt zu erzielen.
Lieber Michael,
deine Erklärung war nicht primitiv, sondern richtig. Ich habe lediglich eine kleine Ergänzung: Dieser Kompressions- bzw. Sättigungseffekt ("MOL"= "maximum output level" in den Datenblättern) ist nicht frequenzlinear. Er tritt bei tiefen Frequenzen später ein als bei hohen, denn sonst wäre er nicht für bestimmte U-Musikaufgaben einzusetzen.

Für diese Nichtlinearität über die Frequenzachse hin sind verschiedene Sachverhalte verantwortlich, sowohl magnetische, das Band betreffende Umstände als auch solche der Kompensation derselben.

In den Biblia Weberiana (vulgo: Johannes Webers' Tonstudiotechnik, heute 8. Auflage) befindet sich eine schöne Grafik, die diese Nichtlinearitäten übersichtlich darstellt.

Hans-Joachim
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#5
Spannendes Thema!
Das der Sättigungsbereich als der Bereich markiert wird bei dem keine signifikante Zunahme der Dipolausrichtung auf der magnetischen Schicht des Tonbandes erfolgt mag so zutreffend sein.
Wichtig für die gewollte (vorsätzliche) Nutzung des resultierenden hörbaren Effektes ist doch folgendes. Wie sieht z.B. ein im Sättigungspunkt aufgezeichnetes reines Sinussignal bei Wiedergabe aus?
Ist das resultierende Ausgangssignal eher in der Amplitude gedämpft oder abgeschnitten als ob z.B. der Verstärker in die Begenzung kommt?
Irgendwie muß es sich doch anders verhalten als in der Digitaltechnik, hier gibt es vor allem seit der DSP-Zeit (Digitaler Signal Prozessor) sogenannte Sättigungsregister. Wenn die Wanne voll ist, ist sie voll, während ein übliches Register überläuft und dann zu Null wird und wieder zu betanken ist.
Mein Motto "Zitat" »Opa Deldok«: »Früher war alles schlechter. !!!!

Noa and Mira Awad
NOA Keren Or  

reVox B251 Revision und Modifikationsliste!

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#6
Zitat:Gyrator postete
Wie sieht z.B. ein im Sättigungspunkt aufgezeichnetes reines Sinussignal bei Wiedergabe aus?
Ist das resultierende Ausgangssignal eher in der Amplitude gedämpft oder abgeschnitten als ob z.B. der Verstärker in die Begenzung kommt?
Irgendwie muß es sich doch anders verhalten als in der Digitaltechnik.
Aufgrund der exponentiell flacher werdenden Magnetisierungskennlinie tritt die Bedämpfung des NF-Signals erst allmählich,dann stärker(e-funktional) auf.
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#7
Ja sicher verhält sich das anders als in der Digitaltechnik, die phasenrein und frequrenzlinear schlicht begrenzt, weshalb ja die über den gesamten Audiobereich identischen Latenzzeiten aus so peinlich zu beachten sind. Ein Signal 'einfach so' mehrfach durchs Pult laufen lassen und mit dem alten Signal mischen wollen, ist ja bei Digitalpulten 'so einfach mal' nicht möglich, wenn man keine bösen Überraschungen erleben will.

Sieh dir dir Datenblätter deines Bandes an, und dan sättige mal bei 40 Hz, 315 Hz, 1 Khz, 3 kHz, 16 kHz. Sieh auf dem Oszi zu und höre an, was passiert.

Hans-Joachim
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#8
ohne Oszi, mal so daher überlegt:

Eine Sinussignal hohen Pegels, also hoher Amplitude, durchläuft ja immer auch die Bereiche um den Nullpunkt, also die Bereiche, in denen von Übersteuerung oder gar Sättigung keine Rede sein kann. Der Sinus verläuft hier also so normal, wie man das kennt. Liegen die Maxima und Minima (beides ist ja prinzipiell gleich, nur die Magnete liegen anders auf dem Band) innerhalb des normalen Arbeitsbereiches, hat man einen normalen Betrieb.

Erhöht man nun den Pegel, so müssten die Spitzen deformiert werden. Sie gehen sicher nicht "eckig" in eine Waagrechte über, aber das optische Bild dürfte in Richtung "Rechteck" oder zumindest "Trapezform" gehen.

Der Deformationspunkt liegt bei unteschiedlichen Frequenzen unterschiedlich hoch.

Fragen:

Was für einen Einfluss hat die Vormagnetisierung auf den Beginn der Sättigung. Letzlich ist das doch ein Pegel, der zum normalen Pegel hinzuaddiert wird, also die Aussteuerung erhöht.

Unterschieldlicher Beginn der Sättigung bei unterschiedlichen Frequenzen könnte u. U. erfordern, daß ein gewünschter akustischer Effekt durch eine bewusst "falsche" Abmischung gefördert werden muss, indem man den Frequenzbereich, der in die Sättigung gefahren werden soll, überbetont.

Dann noch was, was hier aber OT ist:

Addiere ich die Vormagnetisierungsspannung zu einem NF-Sinus dazu, so addieren sich die Werte gleichen Zeitpunktes zu einem Gesamtwert, es entsteht eine neue Kurve. Fallen nun OT/UT-NF und OT/UT-HF zusammen, ergiebt sich ein Maximum. Nur bei bestimmten Frequenzverhältnissen fallen die Peaks immer zusammen, in vielen Fällen sicher nicht. Das heisst aber: Die Peaks des Gesamtsignals HF + NF sind nicht gleich hoch. Führt das nicht zu verfälschter Wiedergabe?
Michael(F)
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#9
´
Michaels Problem ist doch wohl genau das, was durch Dolby HXpro gelöst werden soll, oder bin ich da im Irrtum?

Frank ( darklab )
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#10
zu Michael(F):

Ich habe mir das (007) mehrmals durchgelesen. Das erste mal OT soll off topic bedeuten. Danach OT = oberer Totpunkt und UT = unterer Totpunkt, also Minimum und Maximum einer Sinusschwingung ist dann gemeint.
Habe ich das richtig verstanden?!

Bei der Aufzeichnug addieren sich beide Signale. Ist die Summe aber kleiner als das, was erforderlich ist, um Remanenz auf dem Band zu erzeugen, wird nichts aufgezeichnet. Vereinfacht gesprochen wird das Band nur dann dauerhaft magnetisiert, wenn die HF gerade im Maximum ist und die NF größer 0. Für den negativen Bereich ist es spiegelbildlich. Die NF muß negativ sein, die HF hat gerade Minima.
Es entsteht eine Abtastung ähnlich wie beim AD-Converter, allerdings analog.
Das was auf das Band kommt, ist immer nur Stückchen an Stückchen Magnetisierung im Takt der HF. Beim Abspielen wird analog gemittelt, es entsteht praktisch wieder das aufgenommene NF-Signal, die Hüllkurve. Sogesehen ist die Vermutung von Michael(F) nicht falsch, es kommt zu kleinen Verfälschungen. Die sind aber weit abseits vom hörbaren Bereich. Nach dem Abtasttheorem von Shannon (den kann man hier auch anwenden!) muß die Abtastfrequenz mindestens doppelt so hoch sein wie die Nutzfrequenz. Bei HF 120 kHz und NF 20 kHz ist Shannon dreifach erfüllt.
Ok, hard stuff, eventuell suche ich mal nach einem Bildchen in der Literatur.

Andreas, DL2JAS
Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
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