Seltener Hilfsarbeiter im königlichen Gewand: Uher Variocord 63 Dia
#1
Ein Uher Variocord 63 Dia?

Dieses für mich überraschende Modell, das neulich anmeiner Nase vorbeischwamm, möchte ich Euch nicht vorenthalten. Es ist ein Uher Variocord 63, mit dem Zusatz Dia. Nun, denke ich zunächst, da haben die von Uher dem relativ einfachen V63 eben noch eine ihrer Spezialitäten, den Dia-Piloten, dazu spendiert. Das stimmt auch.

Aber warum sieht es wie ein RdL aus?

Hier zwei Bilder mit und ohne Helm:

   
   

Klare Sache: Das Gerät hat ein Holzgehäuse, wie das RdL, mit passendem Griff. Nix billiges Plastik, und auch keine (oft fehlenden?) Standfüße. Auch die schicke durchsichtige Haube hat es bekommen. Aber es ist im Grunde eindeutig ein Variocord, wie die Plastik-Spulenteller, die Mono-Regler und alle anderen Bedienelemente zeigen. Auch weist es "nur" die Variocord-üblichen drei Geschwindigkeiten auf. Es muss ein eher spätes Modell sein, da es schon die etwas breiteren Schlitze für die Bandzugfühlhebel aufweist, jedoch den Schriftzug "Variocord 63 Dia" noch auf dem Tonkopfdeckel trägt. Auch hat es die Automatik-Austeuerung; ich habe keine Ahnung, ob das zum Grundumfang der "Dia"-Erweiterung gehörte oder der Erstkäufer dieses Exemplars neben dem Dia-Zusatz auch etwas Luxus (und ggf. Qual für die Ohren?) haben wollte.

Genaueres Hinsehen zeigt zwei Unterschiede in Sachen Bedienelemente zum V63 (ohne Dia): Einen zusätzlichen Knopf "Dia" ganz links neben dem VU-Meter, der zwar irgendwie zum übrigen Uher-Design passen soll, aber doch nicht so ganz gelungen scheint, und einen Umschalter "Dia-Pilot" dort, wo man sonst beim V263 den Spurschalter findet. Dieser Knopf fällt dem geschulten RdL-Fan zunächst kaum auf.

   
   

Ganz normale Verhältnisse herrschen unter dem Tonkopfdeckel:

   

Es finden sich die üblichen Halbspurköpfe - ob es diese Version auch mit Viertelspur gab, weiß ich nicht. Dort, wo es man vom RdL her kennt, sitzt der zusätzliche Dia-Kopf. Einen späteren Umstieg vom V63 Dia auf das RdL wollte man bei Uher offenbar ohne Probleme ermöglichen. Auch ist der Variocord-Endabschalter-Bandfühler-Drahthebel gut zu sehen.
Ein Blick ins Innere, nach Abnehmen der Rückwand, zeigt weitere typische Variocord-Bauteile, wie den typischen Motorblock, das im Vergleich zum RdL einfacher gehaltene Antriebsrad fürs Umspulen - hier dient der Gummiriemen sowohl dem Anschluss an den Motor als auch als Gummiauflage für die Nachbarräder. Allerdings hat man die zum Holzgehäuse passenden Lautsprecher dringelassen - die klingen denn doch noch etwas besser als die länglichen Variocord-Standarddinger. Irgendwelche Spuren von Umbauten fehlen gänzlich; es muss also mit hohr Wahrscheinlichkeit ein Original-Uher-Modell sein, auch wenn ich es in alten Uher-Preislisten nie gesichtet habe.

   

Die Steuerung für die Dias wurde oben rechts hingeschraubt:

   

Das für Uher-Freaks auffälligste Design-Element ist sicher das geänderte VU-Meter, das sich auch dem RdL-Design annähert:

   

Es hat allerdings nur einen Zeiger - klar, ist ja auch ein Mono-Maschinchen. Im Normalbetrieb leuchten hinter abgedeckten blauen oder roten Flächen unten zwei Birchen, die die Zeigerfläche erhellen sollen.
Der "Dia-Pilot"-Schalter kennt drei Stellungen: In der Mittelstellung "0" ist die Diasteuerung ausgeschaltet. Dreht man ihn auf "W" (was wohl Wiedergabe heißen soll), erscheint ein blau leuchtendes zusätzliches, vom RdL her vertrautes Leuchtfeld oben links im Instument. Dreht man den Schalter auf "A" für Aufnahme, kommt ein rotes Leuchtfeld zum Einsatz.

   
   

Soviel zur Beschreibung dieses zumindest für mich sonderbaren Zwitters. Aber läuft er auch?

Gebrauchsspuren sind vorhanden, wenn auch erstaunlich wenige für das Alter. Ich habe wirklich schon schlimmer verschlissene Geräte dieser Kategorie gesehen; wenige Macken und eigentlich kaum ernsthafte Schäden. Das Einschalten des Geräts erzeugt keine ungewöhnlichen Effekte, der Motor läuft ordnentlich. Der Einschliff am Tonkopf und an den Bandführungen ist nicht dramatisch; offenbar ist es nicht viel gelaufen, aber durchaus benutzt worden. Vorspulen gent nicht richtig, Rückspulen schon: Es werden wohl ein paar Gummiteile zu ersetzen sein. Die Bremsen hingegen sind beide gut, also kein Problem mit den berühmten Gummidreiecken an den Bremstellern. Band drauf und ab: Es läuft, aber es dudelt nicht - jenenfalls nicht aus den schönen RdL-mäßigen internen Lautsprechern. Über die Diodenbuchse kommt jedoch Ton - also gelegentlich mal die Endstufe nachsehen. Auch das Aufspielen und Wiedergeben von Steuerimpulsen funktioniert, jedenfalls hört man es vernehmlich klacken.

Grüße,
Konrad
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#2
Oh, das ist ja ein echte Kuriosität! Ich könnte mir vorstellen, daß das Modell eigens für einen Großauftrag bei einem gewerblichen oder behördlichen Kunden auf Band gelegt wurde.

Hat der Kopfträger eine eigene Bezeichnung, oder heißt der ohne Rücksicht auf den zusätzlichen Diapilotkopf einfach Z342?
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#3
Hallo,

vielen Dank für die Einblicke in dieses Nischenprodukt.

Hatte immer mal vor, aus übrigen Teilen ein "Variocord de Luxe" zu bauen.
Variocord-Technik, aber Motor und Gehäuse vom RdL. Hier sieht man, dass auch das Kühl- /Buchsenleistenblech vom RdL drinsitzt, sonst kann man wegen der
Einbautiefe das RdL-Gehäuse nicht nehmen. Die Endtransistoren AD 161 /162 haben sie links auf das Blech montiert, normalerweise sind auf
dem aber nur 4 Aussparungen für die RdL-Endstufentransistoren. Tippe auch auf Klein(st)serie, für Leute, denen das RdL zu teuer war, die aber ihren Diaprojektor
laufenlassen wollten.
Interessant.


Gruß
Peter S.
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#4
timo,'index.php?page=Thread&postID=179103#post179103 schrieb:Oh, das ist ja ein echte Kuriosität! Ich könnte mir vorstellen, daß das Modell eigens für einen Großauftrag bei einem gewerblichen oder behördlichen Kunden auf Band gelegt wurde.

Hat der Kopfträger eine eigene Bezeichnung, oder heißt der ohne Rücksicht auf den zusätzlichen Diapilotkopf einfach Z342?
Gut möglich - die Seriennummer lautet 2526 01480, und da die Nummern, soweit ich das sehe, immer bei 1001 anfingen, ist dieses Exemplar nicht sehr weit weg vom Serienstart.

Der Kopfträger ist leider verpuppt - er hat gar kein Schild, und es finden sich auch keine Klebereste. Das würde für die These der Kleinstserie sprechen.

Konrad
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#5
Hallo,

mein "Variocord de Luxe"-Bastelprojekt vor Augen, fand ich diesen Artikel wieder und begab mich mit der Mausangel auf Beutezug.

Angebissen! Ein Variocord 63 DIA! Sah auf den Verkaufsfotos zwar schon etwas angefressen aus, war aber günstig zu bekommen.

Der VK schrieb, er sendet es gut gepolstert ab. Das geglaubt, aber eben von diesem Glauben abgefallen, als ich das Paket erhielt:

Eine Schicht Schäumchenpapier, dünner Karton drumgepappt.

   

Neeeeiiiin!

   

Ich muss es mal deutlich ausschreiben: Beschissen vom Verkäufer verpackt und von GLS beschissen transportiert!
Hatte ein Bote ohne bei mir zu klingeln einfach in den Hausflur geknallt.
Da kriegt man doch die Pimpernellen!

Innen hat sich Gevatter Schwerkraft an einem Lautsprecher vergangen und ihn aus seinem getackerten Presspappenbett geholt.

   

Ich machs kurz: Hab die Zarge geleimt, der Knuff wird übergepinselt, der Lautsprecher auch wieder verleimt.
Bisschen Holzkitt noch, dann geht es halbwegs.

   

Von innen ist es noch schön und so gebaut wie das oben beschriebene Exemplar.

   

   

   

Die Tonkopfleiste hat auch keinen Aufkleber mit der Z-Nummer, ist blanko wie die vom ersten Gerät.

   

Das kastrierte RdL-Instrument hat den Sturz oder Wurf zum Glück überlebt.

   

Spielt es?

https://youtu.be/VLa-zihMYfw

Aufnahme allerdings will noch nicht so recht, löscht nicht, krächzt.

Da werde ich nachmal in Ruhe nachsehen, was Schlimmes kann das nicht sein.

Außerdem hatte irgendein Doofmann das Gerät auf "Start" in eringeschaltetem Zustand stromlos stehen gelassen, der Bandfühler beim Variocord erlaubt sowas ja. Das muss lange her sein, da im Innern der verformte, zerbröselte und gerissene Hauptriemen-Ötzi lag.

Infolgedessen haben das Zwischenrad zur Aufwickelspule und die Andruckrolle einen Platten, sieht man auf dem Video auch.

Seriennummer des Apparates ist: 2526-01437, Baujahr wohl 1971.

Gruß

Peter S.
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#6
eigentlich ist die andruckrolle schwarz. Big Grin
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