Nachdem mir wohl keiner sagen kann, wie man zu Werke gehen muss, um bei einer Nagra 4.2 (Gleiches gilt auch für die IV-S und womöglich für die E auch) die Köpfe auszubauen oder zu wechseln, habe ich es eben selbst probiert. Wie geschrieben, hatte ich Probleme mit dem Zahnrädchen für die Azimutverstellung beim WK, welches ein paar Zähnchen eingebüßt hatte und nun die Justage etwas mühsam und unpräzise werden ließ.
Irgendwie musste es ja gehen mit dem Ausbau, und dass es bei Herrn Kudelski eine eher unkonventionelle Lösung sein würde, war mir bewusst.
Der Kopfsektor sieht von oben so aus:
Um die Köpfe auszubauen, geht man folgendermaßen vor:
Auf der Rückseite wird die Klemmschraube 1 gelockert und sodann der Exzenterbolzen 2 einfach ein Stück herausgezogen (5mm reichen); danach die Klemmschraube wieder anziehen, damit das Teil nicht verloren geht.
An der Vorderseite befindet sich ein kleines Zahnrad mit einem Innensechskantloch (roter Pfeil), welches zwecks Azimuteinstellung mit einem großen, unter dem Kopf liegenden Zahnrad kämmt.
Daneben gibt es bei jedem Kopf noch ein weiteres mit einem ebensolchen Innensechskant, das aber von oben nicht als Zahnrad zu erkennen ist! Vielmehr sieht man nur ein Teil, das wie eine versenkte Inbusschraube aussieht (blauer Pfeil).
Und diese "Schraube" ist der Ansatz an einem Zahnrad, welches unterhalb der Platine liegt und ein weiteres, großes Rad bewegt, in dessen Zentrum sich eine Gewindebohrung befindet, die man auf dem obigen Bild erkennt. In dieses Gewinde ist der ca. 6 mm lange Gewindebolzen eingeschraubt, der vorn/unten am Tonkopf sitzt.
Mit einem passenden Inbusschlüssel wird daher im Gegenzeigersinn gedreht, wobei sich die vermeintliche Schraube zwar lockert, aber nicht herausdreht. Vielmehr sieht man, dass sich der Tonkopf vorne anhebt. Man hilft ihm etwas auf die Sprünge, indem man auch hinten ein wenig zieht, damit sich das Gewinde beim Herausdrehen nicht verkantet und die Kontaktstifte aus den Buchsen rauskommen.
Dann hat man den Kopf auch schon in der Hand!
Das dazu gehörende Azimut-Zahnrad liegt nur lose in seiner Passungsmulde. Dieses Rad dient als Taumelscheibe und hat auf seiner Oberseite einen ringförmigen Bereich, der gewissermaßen schräg geschliffen ist; an einer Seite ist er ca. 0,5 mm höher als an der gegenüberliegenden; auf der Aufnahme ist das leider nur schlecht zu erkennen.
Diese Konstruktion ist schon recht eigenwillig und hat den Konstrukteur bestimmt einige schlaflose Nächte gekostet! Irgendwie muss das Zahnrad, in das der Gewindebolzen des Tonkopfes geschraubt wird, ja auch nachgiebig gelagert sein, damit der Kopf überhaupt eingestellt werden kann. Ich vermute einen Federring oder eine Wellscheibe unter dem Befestigungsrad, anders geht es ja nicht.
Diese Anschrägung kann den Kopf über die beiden Messingflächen auf seiner Unterseite entsprechend kippen, je nachdem, welche Seite angehoben wird.
Ich habe nun die ganze Geschichte gründlich gereinigt (Wattestäbchen mit Reinigungsbenzin) und die Reste der abgescherten Zähnchen herausgepult. Dann sah es so aus:
Man sieht auf dem Foto, dass die Mulde für das Azimutrad an drei Stellen kleine Erhöhungen am Umfang hat, nur dort liegt das Rad also auf.
Das Problem mit den Zähnen der Azimuteinstellung hat übrigens eine fatale Ähnlichkeit mit meinen eigenen Zähnen. Auch deren Anzahl dezimiert sich so langsam, allerdings ist die Lösung dieses Problems nicht so einfach wie im Falle der Nagra....
Mein Ziel war es, den Wiedergabekopf wieder ordentlich justieren zu können; der Pilotkopf (das ist der mittlere, für den, der die Nagras nicht kennt) ist mir völlig wurscht, da ich den Pilottongenrator längst rausgenommen habe. Ich benötige ihn nicht und er verbraucht nur unnötig Batteriestrom. Wenn das wohl auch nicht sehr viel ist, aber einige -zig Milliampere dürften es wohl sein.
Ich hatte vor, die Zahnrädchen von Mitte und Rechts zu tauschen. Das ging nur, wenn ich von unten dran käme, denn ich vermutete, dass sich dort je ein Greifring befindet, der das Rädchen an der Flucht hindern soll. Dazu musste der Motor mitsamt Riemen und Zubehör raus.
Um dies zu bewerkstelligen, ist zunächst die Abschirmhaube des Motors abzuziehen (nur aufgesteckt; hat innen eine Filzauskleidung zur Geräuschdämmung) und dann müssen die mit den "pinkenen" Pfeilen gekennzeichneten Passmuttern mit einem 7mm-Schlüssel entfernt werden. Weiterhin muss die gelb bepfeilte Lagerschraube für den rechten Teller gelockert und (Vorsicht, 2mm-Stahlkugel!) das Lagerböckchen abgeklappt werden, damit der Treibriemen darüber geht. Das Zwischenrad für den linken Bandteller ist mit seiner beweglichen Lagerung nur über den Bolzen der rechten unteren Motorhalterung geschoben und kann einfach abgezogen werden, wenn der Motor lose ist. Die Zugfeder (roter Pfeil) wird am zwischenradseitigen Ende ausgehängt. Am oberen Ende der Capstanwelle befindet keine weitere kleine Stahlkugel, die man in Sicherheit bringen sollte.
Ich habe das "natürlich" vergessen und musste dann, da die Kugel sich in Luft aufgelöst hatte, eine neue einlegen. :whistling: Edit: Irrtum, da ist keine Kugel, wie ich inzwischen auf der Explosionszeichnung festgestellt habe!
Unter dem Motor befindet sich noch ein Abschirmblech, an dem einige Massedrähte angelötet sind. Die müssen entfernt werden, dann kann man das Blech nach Lösen von ein paar M3-Spezialmuttern (mit angebauten Distanzstücken) zur Seite klappen. Der Einfachheit halber habe ich auch die Oszillatorplatine ausgebaut; man kommt sonst nur unter Verrenkungen an die unterste Abschirmblech-Befestigung. Außerdem war mir (wer kennt das nicht?) eines der Mütterchen unten in die Gehäuseecke gefallen.
Die Oszillatorplatine lässt sich einfach abziehen, nachdem man ihr Abschirmblech (zwei M2-Schrauben) entfernt hat.
Hinterher sah es dann so aus:
Aus der Nähe betrachtet ist jetzt die Unterseite der Kopfbefestigungen zu sehen.
1) sind die Sprengringe der Azimut-Zahnrädchen, 2) die "Getriebeteile" zum Lösen der Kopfbefestigung. Das jeweils kleinere Zahnrad hat einen nach oben durchführenden Ansatz mit dem erwähnten Innensechskant. 3) zeigt auf die vergoldeten Steckkontaktleisten der Tonköpfe.
Das weitere Vorgehen ist schnell erklärt: ich entfernte die Sicherungsringe der Rädchen vom Wiedergabe- und Pilotkopf und tauschte die Ritzel aus. Nun habe ich am Hörkopf wieder eine nutzbare Azimutverstellung.
Alles wurde in sinngemäß umgekehrter Reihenfolge wieder zusammengebaut, wobei ich auch nicht vergessen habe, die diversen Massedrähte wieder anzulöten. :!:
Der Bandzug am Aufwickelteller über die Fühlhebelkupplung muss natürlich eingestellt werden, weil man ja das Stützlager gelöst hatte, um den Riemen abzunehmen. Aber das ist schnell erledigt, auch ohne Servicemanual! Eine Hausfrau hat das im Gefühl. ^^
Wenn man die Köpfe wieder eingebaut hat (vorher einen Hauch technische Vaseline an die reibenden Flächen nicht vergessen) müssen die Verstellungen wechselweise vorgenommen werden, damit wieder alles stimmt. Nach einer groben, per Augenmaß vorgenommenen Senkrechtstellung mittels des Exzenters an der Rückseite stellt man grob den Azimut ein (Rauschsignal oder Sinus mit ein paar kHz). Danach peilt man über die Bandführung und den Capstan flach an den Kopfspiegeln entlang und kontrolliert, ob alle Köpfe und die Führungen genau parallel stehen. In meinem Fall musste der Pilotkopf noch etwas nach hinten geneigt werden, der Hörkopf nach vorn. Noch mal wiederholt das Ganze und dann standen die Köpfchen so, wie sie sollen.
Der Wiedergabekopf wurde nun nach Bezugsband eingetaumelt und der Pilotkopf nach Augenmaß
. Der wird ja nur noch als Bandführung benötigt...
Nach einer Kontrolle des Aufnahmekopf-Azimuts lief die Gute wieder wie vorher. Die Brummklappe (obwohl unter normalen Umständen unnötig) konnte wieder montiert werden, und das war's!
Der WK hat jetzt ein schönes, unbeschädigtes Zahnrädchen und der unbenutzte PK das mit den kariösen Zähnen. Messing ist leider ziemlich weich und wenn die Verstellung etwas stramm geht, kann das schon mal ein paar Zähne kosten. Ich bin sicher, dass diese kleinen Rädchen als Original-Ersatzteil um die 50 Euro kosten. Oder mehr...
:gear:
Dann doch lieber so repariert!
Ich weiß nicht, ob dieser Bericht noch jemals für jemanden unter euch relevant sein wird, aber ich wollte euch das Knowhow wenigstens nicht vorenthalten. Wenn nur Köpfe gewechselt werden sollen, gestaltet sich die Sache natürlich wesentlich einfacher. Exzenter an der Rückseite ziehen, "Inbus-Zahnrad" losschrauben, Kopf herausziehen. Alles reinigen, leicht fetten, neuen Kopf umgekehrt einsetzen, Azimut- und Lateraleinstellung (heißt das so?) justieren. Natürlich folgt dann eine Einmessung. Sollte sie jedenfalls!
Gruß
Holgi
P.S.: Blöderweise habe ich diesen Arbeitsbericht unter mein ursprüngliches Posting gesetzt; eigentlich sollte er einen eigenen Thread bekommen! Admin, bitte der Rubrik Tipps & Erkenntnisse zuordnen. Danke!