High-Fidele Störenfriede: Klirr, Verzerrung, Sättigung
#1
Verzerrungen - Klirr - Bandsättigung

Diese Begriffe tauchten in den zurückliegenden Diskussionen immer wieder auf. Nicht jedem dürften die Unteschiede klar sein. Deswegen bitte ich um Definition der Begriffe:

a) Verzerrungen:
Meinem Kenntisstand nach das Verbiegen eines Frequenzganges. Unterschiedliche Frequenzen werden im Pegel verändert.

b) Klirr
Es entstehen zusätzliche "Nebenfrequenzen", abgeleitet von einem Grundton. Diese Nebenfrequenzen haben zum Grundton unterschiedliche Abstände. Der für die Magnetbandtechnik typische k3 hat den Abstand einer Terz. Diese wird vom hörenden Menschen in höherem Maße toleriert als andere Abstände

c) Hier gleich die Frage: Wieso ist der k3 so typisch für die Magnetbandtechnik?

d) Sättigung
Meiner Vorstellung nach: Die Wanne ist voll, ich kann Pegel aufs Band geben wie ich will - der magnetische Fluss nimmt nicht mehr zu. Meine Frage hier: Wieso wird dieser Effekt manchmal angestrebt, wie wirkt er sich akustisch aus? Es ist doch einfach eine Kompression? Ist das ein weiter Bereich, der da mal "oben" mal "weiter unten" zweckentfremdet wird?

e) Noch nie behandelt wurde m. W. das einfache "Verbiegen" einer Schwingung. Nehmen wir z. B. eine aus einem Musikinstrument kommende Sinusschwingung:
- gibt es den Fehler, daß die Sinuskurve verbogen wird?
- Wie wird das gemessen?
- Wie bezeichnet?
- Wie hört sich das an?


Fazit: Vage Ahnung, wenn überhaupt! Langt nicht mal zum "Halbwissen", wer füllt trotzdem auf?
Michael(F)
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#2
Hallo Michael(F),

ergänzend zu a) und b) möchte ich noch schreiben, dass a) auch als lineare Verzerrung und b) als nichtlineare Verzerrung bezeichnet wird.

zu e) jede Abweichung eines Sinus von seiner Idealform ist eine nichtlineare Verzerrrung. D.h. der Grundton ist mit mindestens einem anderen Ton überlagert.
Gruß,
Michael/SH

Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu (Ö v. Horvath)
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#3
Zitat:Michael Franz postete
Verzerrungen - Klirr - Bandsättigung

.........
e) Noch nie behandelt wurde m. W. das einfache "Verbiegen" einer Schwingung. Nehmen wir z. B. eine aus einem Musikinstrument kommende Sinusschwingung:
- gibt es den Fehler, daß die Sinuskurve verbogen wird?
- Wie wird das gemessen?
- Wie bezeichnet?
- Wie hört sich das an?

Fazit: Vage Ahnung, wenn überhaupt! Langt nicht mal zum "Halbwissen", wer füllt trotzdem auf?
Gibt es Musikinstrumente die eine einzellene Sinusschwingung abgeben!?
Gehört eine Stimmgabel dazu?
Ansonsten wird, meines Wissens, alles welches das Eingangssignal verändert (ohne Rauschen) als Verzerrung klassifiziert.
Mein Motto "Zitat" »Opa Deldok«: »Früher war alles schlechter. !!!!

Noa and Mira Awad
NOA Keren Or  

reVox B251 Revision und Modifikationsliste!

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#4
Es gibt Musikinstrumente, deren Klang zumindest weitestgehend aus Sinusschwingungen besteht, Hörner z. B.
Michael(F)
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#5
´
Ohne Gewähr:

Zu A
Das Verbiegen des Frequenzgangs ist zwar eine Verzerrung, aber eine gewollte und oft technisch notwendig. Bsp.: Aufnahme / Wiedergabe- Entzerrung beim TB, Schneidkennlinie bei der Schallplatte, Dolby.

Wenn du Deinen Verstärker auf Rechtsanschlag bring, fängt er vermutlich auch an zu verzerren. Das liegt dann oft daran, das eine Sinusschwingung nicht mehr schön rund ist, sondern oben und/oder unten abgeplattet wird. Das wird so richtig deutlich, wenn das gleichzeitig hört und (auf dem Oszilloskop) sieht.

Zu B
Klirrfaktor ist der Anteil des 2.Obertons eines Grundtons, auch 3. Harmonische (Schwingung) genannt.

Zu C
Der K_klein_3 ist nicht nur typisch für die Magnetbandtechnik, sondern für alle Tonübertragungsgerätschaften mit nichtlinearen Kennlinien.

Zu D
Stimmt, wenn die Wanne voll ist ,ist sie eben voll. Bei Sättigung ist das Band voll magnetisiert, alle Elementarmagnete in der Schicht sind schon ausgereizt. Jetzt kannst Du das Magnetfeld im A- Kopf erhöhen, bis es raucht, mehr geht nicht. Auch das Magnetit hat seine Kennlinie, kann man in Datenblättern immer schön sehen. Bei Sättigung steigt die Kennlinie nicht mehr im Bogen an, sondern verläuft flach. So ähnlich wie der Verstärker den Sinuston abflacht und nicht mehr lauter wird, selbst wenn das Eingangssignal ansteigt wird beim gesättigten Band der mag. Fluß nicht mehr größer ( Phi, das Phluspherd)
Band in Sättigung verzerrt, kein Mensch wird also ernsthaft versuchen das Band dauernd zu voll zu sättigen. Was die Musiker vorhaben ist wohl das Band bei Impulsspitzen soo´n büschen in die Sättigung zu bringen, um einen Klangeffekt zu bekommen.

Zu E
Häh? So ein Sinus kann verbogen werden durch z. B Laufzeitfehler, oder wenn in einer Gegentakt - Endstufe die beiden Hälften des Verstärkers nicht richtig zusammenpassen. Dann kommt die z. B untere Hälfte etwas später oder die obere Hälfte des Sinus wird mehr verstärkt als die Untere. Klingt auf jeden Fall verzerrt.

Ich schau mal, ob ich Bilder finde, die das Gesagte verdeutlichen, ist etwas blöd zu erklären, wenn man keine grafische Verdeutlichung hat. Ohne Bild hätte ich nicht m,al diese Grundlagen begriffen.

Verzerrungen werden ja schon mal öfter als Klangeffekte eingesetzt, kann durchaus interessant klingen. Käse ist eigentlich auch nur schlecht gewordene Milch, aber trotzdem lecker.

Frank ( darklab )
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#6
Sättigung gibt es auch in der Transistortechnik. Wird ein Transistor übersteuert, geht er in die Sättigung. Das passiert, wenn man am Eingang einer Verstärkerstufe einen zu hohen Pegel anlegt. Hier wird auch die Schwingung abgeschnitten, was einen verzerrten Ton zufolge hat.
Grüße,
Wayne

Weil immer wieder nachgefragt wird: Link zur Bändertauglichkeitsliste (Erfassung von Haltbarkeit und Altersstabilität von Tonbändern). Einträge dazu bitte im zugehörigen Thread posten.
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#7
zu den Verzerrungen:

Es gibt lineare und nichtlineare Verzerrungen.
Lineare Verzerrungen sind häufig gewollt, einfachstes Beispiel sind die Potis Höhen und Bässe am Verstärker. Bei den linearen Verzerrungen ändert sich nichts an der Anzahl der beteiligten Frequenzen. Nur deren Amplitude wird verändert. Es gibt noch den Begriff Entzerrung. Vom Prinzip her ist es das gleiche wie eine lineare Verzerrung. Es sei der Entzerrvorverstärker beim Plattenspieler genannt. Bei der Aufnahme auf Platte wird linear verzerrt. Beim Abspielen "verzerrt" der Vorverstärker nochmals, aber mit dem Ziel, wieder das Originalsignal zu erhalten. Da nennt man es Entzerrung.

Bei den nichtlinearen Verzerrungen sieht es anders aus. Es kommen neue Frequenzen hinzu. Meist sind sie nicht gewollt, außer bei manchen Effektgeräten. Frank (darklab) hat ein gutes Beispiel für nichtlineare Verzerrungen genannt, der übersteuerte Verstärker. Übersteuere ich einen Verstärker richtig bösartig, erhalte ich am Ausgang annähernd ein Rechtecksignal. Ein Rechtecksignal kann ich mathematisch mit der Fourieranalyse in Sinussignale verschiedener Frequenz und Amplitude zerlegen (soll ich das?). Die Grundwelle, auch genannt erste Harmonische, erscheint mit 100 %. Die 3. Harmonische, also dreifache Frequenz, erscheint mit 1/3 Amplitude, die 5. Harmonische erscheint mit 1/5 Amplitude, usw. Zweite, vierte, sechste... Harmonische treten (in der Theorie) nicht auf. Übersteuere ich ein Band, entsteht näherungsweise ebenfalls ein Rechteck, ähnlich wie beim Verstärker. Beim Band ist es die magnetische Sättigung als Grenze, beim Verstärker bildet die Betriebsspannung die Grenze. In der Literatur liest man recht häufig was von "k3". Das ist der Amplitudenwert der 3. Harmonischen (zweite Oberwelle) zum Grundton in Prozent. Je stärker diese 3. Harmonische auftritt, um so mehr habe ich übersteuert und nähere mich dem Rechtecksignal. Meßtechnisch ist diese 3. Harmonische recht gut zu erfassen, einfache Filterschaltung. Bei Heimaudio nimmt man 333 Hz als Bezug, im professionellen Bereich ist 1 kHz der Bezugspunkt.
Michael hatte den "verbogenen Sinus" beim Start des threads genannt. Ich mutmaße mal, was damit gemeint sein soll. Wenn ich einen Verstärker oder ein Band immer mehr übersteuere, wird aus dem ehemaligen Sinus immer mehr ein Rechteck. Anfangs sieht es noch fast so aus wie ein Sinus, nur halt "verbogen".

Andreas, DL2JAS
Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
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#8
Ich weiß dieser Thread ist schon älter, aber da ich mal einen konstruktiven Beitrag zur unorthodoxen Benutzung einer Bandmaschine Beitragen wollte, habe ich mal Lee Perry Kurz vorgestellt. Anzumerken ist das aus den gegebenen Umständen (die auf Jamaika bis heute sehr schlecht sind außer man besitz Geld) versucht wurde das möglischtste zu machen. Auch wenn diese Musik sich nicht auf dem hohen Studio Level bewegt ist es doch bemerkenswert wie durch einfallsreichtum viele Musik Genres mitgeprägt wurden und die Musik sich ohne große Industrie im Hintergrund um die ganze Welt verbreitet hat. Natürlich bin ich mir bewußt das die Zeit sich seit dem weiterentwickelt hat und man Aufnahmen im Autoradio hören können muss bevor man sie presst...Smile

Ich hoffe es interessiert euch Wink

Michael



Auszug www.rootz.net/kriti584.htm

Um nicht mehr von der Hardware anderer abhängig zu sein, baute er sich 1973 sein eigenes Studio, das er in Anlehnung an die biblische Arche Noahs Black Ark Studio nannte. Dort entwickelte Perry seine ebenso eigenwilligen wie revolutionären Produktionstechniken, die seinen Sound so unverwechselbar machen. Seine Methode, die Spuren auf seiner 4-Spur-Bandmaschine unter Verwendung diverser Effekte hin- und herzukopieren, hat spätere Produzentengenerationen nachhaltig geprägt. Bis zum seinem schleichenden Verfall ab 1979 war das Black Ark Studio vielleicht das wichtigste Studio der jamaikanischen Musikszene, in dem unter anderem auch internationale Größen wie Robert Palmer und The Clash Aufnahmen machten.


Auszug http://www.lutz-wernicke.de/magisterarbe...hichte.htm

Lee Perrys Studioausrüstung in den 70er Jahren könnte man mit der eines Homerecordisten Anfang der 80er Jahre vergleichen:
Vierspur-Maschine, billiges, selbstgebautes Mischpult sowie vergleichsweise schlechte Hall- und Echogeräte. Perry erreichte den Charme und die Unverwechselbarkeit des von ihm produzierten Sounds durch "ein lockeres, anscheinend unsystematisches Vorgehen bei der Aufnahme selbst"(65), durch "oftmals wirklich unorthodoxe Overdubs"(66) sowie durch "ein geradezu phantastisches Rhythmusgefühl"(67) und der virtuosen Handhabung von Echo- und Hallgerät beim Abmischen. Er hatte den Mut, immer etwas Neues, Ungewöhnliches auszuprobieren (z.B. seine Spielereien mit dem "Phaser"(68) oder das Verlangsamen einzelner Tonbandspuren).(69)

"Perry ist der Ausnahmefall eines Produzenten, der Standards, wie sie von anderen gewertet werden, einfach ignoriert. Ihm kommt es nicht darauf an, sauber klingende Aufnahmen zu Wege zu bringen, die sich auch im Autoradio noch gut anhören müssen, damit sie überhaupt erst auf Vinyl gepreßt werden; Hauptsache, die Musik ist gut, der Groove stimmt, ob sich das nun verwaschen anhört, ob in Mono (wie die meisten seiner Produktionen) oder in Stereo."(70)

Für viele der von der professionellen Technik beeindruckten und auch geblendeten Homerecordisten, die nur zu gerne ihre eigenen Aufnahmen mit anderen, ungleich aufwendigeren Produktionen messen wollen, stellen m.E. solche Produzenten wie etwa Conny Plank oder Lee Perry Beispiele dar, die ihnen aufzeigen können, worauf es letztendlich wirklich ankommt: Auf die Güte der Musik, auf die 'Persönlichkeit' des musikalischen Ausdrucks sowie auf Phantasie und Gefühl bei der technischen Umsetzung auf Tonträger.
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