Qualitätseinbuße ?
#1
Eine Tonaufzeichnung auf Magnetband wird theoretisch mit jedem Abspielvorgang "etwas" schlechter.
Wie oft kann man eine solche Aufnahme in der Praxis auf einem normalen Tonbandgerät etwa abspielen,bevor sie deutlich hörbar schlechter klingt ?

Was meint Ihr?
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#2
Hallo capstan!

Ich denke, man kann ein Band ohne nennenswerte Qualitätseinbußen sehr häufig abspielen. "Sehr häufig" sei wenigstens dreistellig. In erster Linie spielt die mechanische Qualität des Bandes eine Rolle, die Beschichtung darf sich nicht ablösen. Beim Thema Bänder hatte ich über meine Langzeittests berichtet. XLI und SM 911 habe ich jeweils etwa 500 Stunden laufen lassen ohne nennenswerten Verschleiß. Allerdings wurden sie immer neu aufgenommen, passt also nicht 100%ig zur Frage.
Früher hat die Musikindustrie Compactcassetten aufgenommen. Die wiedergebende Maschine war eine spezielle Maschine mit Endlosband. Wer weiß, wie lange so ein Band gehalten hat?
Die ersten (professionellen) Anrufbeantworter hatten ein kleines Endlosband (Senkel) für den Meldetext. Bei großen Firmen dürfte so ein Band viel gelaufen sein. 10 Anrufe pro Tag, 250 Arbeitstage pro Jahr, ein Jahr Benutzung könnte realistisch sein, das sind dann 2500 Durchläufe. Allerdings war das nur einfache Sprache und keine audiophile Aufzeichnung.

Andreas, DL2JAS
Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
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#3
Hallo, dl2jas,

die "Masterbänder" auf Schnellkopieranlagen waren schon ganz besondere Typen, meistens 12,7 mm oder 25,4 mm breite 50 µm-Typen (Halbzoll, 1-Zoll) und wurden mit 9,5 cm/s (seltener 19 cm/s, als noch 32fach Standard war) bespielt. Mach dir den Spass und rechne aus, wie schnell die Bänder liefen, wenn - wie zuletzt Standard - 128-fache Kopiergeschwindigkeit verwendet wurde.

Auch die Zahl der Durchläufe lässt sich abschätzen: An einem "master" waren durchschnittlich 8 ... 16 "slaves" angeschlossen (die natürlich mit 128 x 4,76 cm/s liefen); Durchlaufzahl des Masters also grob und rund Auflagenhöhe dividiert durch Anzahl der Slaves. Da kamen schnell ein paar hundert Durchläufe zusammen, aber wie gesagt: so was konnte man nur mit besonderen Masterbändern machen.

Es hat schließlich auch "digital masters" gegeben, also Festplattenrecorder, die die Musicke zu den "slaves" schickten - das löste z.B. das Problem, dass die Masterbänder bei 9,5 cm/s keine besondere Höhenaussteuerbarkeit und keine übertriebene Dynamik mehr hatten, trotz relativ breiter Spuren.

Friedrich Engel
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#4
Eine ähnliche Frage habe ich im Thread "Quellen für Höhenverluste" aufgeworfen (Fragen, Seite 7: Quellen für Höhenverluste, 24.08.2004. Leider weiß ich nicht wie ich Beiträge im Forum verlinke.) MichaelB schrieb, daß bei den ersten beiden Abspielvorgängen eine Dämpfung von ca. 0,5 dB stattfinden soll. Weitere Verluste durch Wiedergabe seien vernachlässigbar.
Ich selbst habe Bänder (Scotch, 9,5 cm Viertelspur) die, wie ich beim Transfer in den Rechner feststellte, schon bei ungefähr 8,5 kHz die obere Wiedergabegrenzfrequenz haben. Die Aufnahmen sind an die 30 Jahre alt und häufig gelaufen. Ein maxell LN (auch 9,5) 23 Jahre alt und viel genudelt klingt jedoch noch anständig.

Bei meinen Kompaktkassetten finde ich auch solche und solche. Woher der Höhenfraß kommt, kann ich in meiner Sammlung leider nicht eindeutig fixieren.

niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
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#5
=> niels

hier habe ich mal für das Verlinken innerhalb des Forums eine Notiz verfasst. Bitte ausprobieren, will wissen, ob man damit zurecht kommt.

http://forum2.magnetofon.de/f2/showtopic...eadid=1501
Michael(F)
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#6
Eine Höhenschwäche kann mehrere Ursachen haben. U.a. magnetische Köpfe oder Bandführungen, dejustierte Azimutheinstellung, Lagerung neben Lautsprechern, u.ä. Ohne genau zu wissen, was mit den Bändern in den letzten 30 Jahen passiert ist, ist sowieso keine genaue Aussage zu treffen.

Sind die 8,5 kHz obere Grenzfrequenz gemessen oder geschätzt? Wenn letzteres, dann bitte ich zu bedenken, dass eine Oktave in diesem Bereich von 8,5 bis 17 kHz reicht. Und 17 kHz waren vor 30 Jahren bei 9,5 cm/sec vollkommen utopisch. Sie sind es eigentlich heute auch, sofern man die Verstärker nicht unnötig quälen will.

Ich habe zwei Genoton EN Bänder hier, die 1952, noch auf 76,2 cm/sec, aufgenommen wurden. Der Frequenzbereich ist vollkommen ausgeglichen bis etwa 10 kHz. Das war die seinerzeitige Grenze der Geräte und der Bänder (das EN ist wohl noch ein Masseband).

Sofern also die Abspielvorrichtung einwandfrei justiert und regelmäßig entmagnetisiert wird, sind die Verluste vernachlässigbar. Selbst bei mehrhundertmaligem Abspielen.

Gruß
Michael
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#7
N'abend.
...CCs wurden mit 128 facher Geschwindigkeit kopiert?!
Mächtig gewaltig.
Die vorbespielten CCs klangen nicht gut, rechnen wir mal eine obere Grenzfrequenz von 12 kHz, dann wären das 1,536 MHz die die Kopiermaschinen übertragen können musten.
Gewaltig. Wobei, ein Videorecorder kann das ja auch. Und eine Geschwindigkeit von 6,08 m/s ist auch gewaltig viel.

Zur Abnutzung möchte ich mal folgende Behauptung behaupten:
In der HF Technik ist der sog. Skin Effekt bekannt. Das bedeutet das, je höher die Frequenz ist, desto weniger dringt der Stromfluss in die Oberfläche der Leitung ein. Wenn man das aufs Magnettonverfahren anwendet bedeutet das, das die Höhen sich weiter "vorne" auf dem Band befinden. Wenn nun Bandabrieb entseht werden also zuerst die Höhen "weggefeilt", wobei die Bässe auch noch weiter "hinten" im Band vorhanden sind und daher nicht so schnell verschwinden. Kann da was drann sein?

>MichaelB

Wo liegt denn die Grenzfrequenz bei 9,5 cm/s?
Wenn 17kHz schon bei 9.5 cm/s utopisch sind, wie können CC Geräte diese schaffen? Oder ist das nur prospektfreundlich gemessen?

MfG Matthias
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#8
Also, liebe Freunde, ich fürchte fast, da will ein Denkfehler auftauchen, der immer dann sein Unwesen treibt, wenn man in Magnetbandsachen ausschließlich (!) in Frequenzen, aber nicht in Wellenlängen denkt.

Wenn ein Masterband mit 9,5 cm/s bespielt wird, dann ist bei 10 kHz die Wellenlänge 9,5 µm (Zahlengleichheit!). Daran ändert sich nichts, wenn dieses Band mit den schönen 6,08 m/s abgespielt wird - natürlich geht dabei das Frequenzband des Wiedergabesignals auch um den Faktor 128 hoch. Nochmals: der Wellenlängenbereich ÄNDERT SICH NICHT!

Sintemalen und alldadieweilen auch das Kopierband auf dem "slave" mit Sollgeschwindigkeit 128 x 4,76 cm/s läuft, muss es bei 10 kHz "nur" die Wellenlänge 4,76 µm verkraften - also einen durchaus noch beherrschbaren Bereich. Natürlich müssen die Verstärker dem extrem verschobenen Frequenzband angepasst werden!

Was die Grenzfrequenzen angeht: hochwertige CC-Recorder wie Nakamichi 680 ZX und Revox B 215 brachten es schon anno 1982 ff. durchaus fertig, 17 ... 20 kHz wiederzugeben (bei Aussteuerung auf -20 dB unter 250 nWb/m). Die Wiedergabeköpfe hatten allerdings Spaltbreiten bei 0,7 µm. - Einen Automatismus Bandgeschwindigkeit - Grenzfrequenz gibt es also nicht.

Die Parallele zum Skineffekt heißt beim Magnetband "Schichtdickendämpfung" und ist so zu verstehen, dass bei abnehmender Wellenlänge (= höheren Frequenzen) nach und nach nur noch die oberflächen-nahen Anteile der Magnetschicht zur Wiedergabespannung beitragen (das Magnetfeld aus den "tieferen" oder "abgelegenen" Schichten erreicht die Bandoberfläche nicht mehr). Das ist ein wesentlicher, weil wellenlängen-abhängiger Grund für die unterschiedliche Höhenaussteuerbarkeit von Magnetbändern, z.B. bei 9,5 cm/s und 19 cm/s und eine der Hauptursachen, warum es die (wiedergabeseitige) Höhenanhebung - genannt Entzerrug - überhaupt gibt und weshalb sie (sinnvollerweise) je nach Bandgeschwindigkeit anders gewählt wird.

Uff, ein wenig zu viel Theorie für diesen Tag?

Friedrich
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#9
Hallo Matze!

Deine Überlegungen gefallen mir. Die Eindringtiefe in die Magnetschicht nimmt tatsächlich mit steigender Frequenz ab. Bei höheren Frequenzen traut sich das Magnetfeld nicht mehr so ganz aus dem Spalt heraus. Trägt oder "feilt" man die ersten µm ab, hat das schon richtig Einfluß auf die Höhen. Deshalb wichtige Aufnahmen auf "Schmierbändern" baldigst überspielen.

Deine Anmerkung zu MichaelB
Michael schreibt, daß es vor 30 Jahren utopisch war, 17 kHz bei 9,5 cm/s aufzuzeichnen. Damals war die Bandqualität wesentlich schlechter und der Kopfspalt deutlich breiter. Moderne Heimaudiomaschinen dagegen kann man nicht selten bis 20 kHz bei 9,5 cm/s sinnvoll einmessen.

Andreas, DL2JAS
Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
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