britischer Wolperdinger - HMV 2202
#1
Moin, moin,

bei mir haben sich einige ältere Bandgeräte angesammelt, von denen ich in den folgenden Wochen das eine oder andere vorstellen möchte, bevor es den Weg alles Spulenden geht.

Nachdem ich dieses Gerät beim Sortieren eines Nachlasses das erste mal in der Hand gehalten hatte, stellte ich es zu den Koffer-Plattenspielern. 36 x 18 x 44 cm (BHT), tiefer als breit: Die Form des Koffers erinnert doch eher an zeitgenössische transportable Plattenspieler, denn an Bandmaschinen.

   

Es hat also einige Versuche mit ein oder zwei Schallplatten verschiedener Größe gebraucht, bis ich gemerkt hatte, in welche Richtung ich denken müsste. Der fehlende Tonarm gab schließlich den Ausschlag.


Ein aufrecht stehendes, goldfarbenes Metallgitter dominiert das Design, das Assoziationen mit dem Kühler zeitgenössischer Automobile nährt. Ein Schriftzug "His Master's Voice" ziert das Gitter.

   

Es sitzt in einem mit weinrotem Kunstleder bezogenen Holrzahmen, auf dem ein pultförmig angeschrängtes Bedienteil mit Elfenbein-farbenen Druckknöpfen und Drehreglern thront. Die Farbe des Gitters, hinter dem sich ein Oval-Lautsprecher von Celestion verbirgt, findet sich in der Umrahmung des zentral in der rot lackierten, metallenen Frontplatte sitzenden Anzeige-Röhre wieder.

   

Hinter dem rot-goldenen Bug des Koffers zieht sich ein flacher, dunkel-grau gemantelter Korpus tief nach hinten. An seiner rechten Seite befindet sich ein Elfenbein-farbener Tragefriff, gegenüber vier metallene Standfüße, die das Gehäuse schützen sollen, wenn es aus dem Tragen abgesetzt wird.

   

Das Holzgehäuse ist mit einem hell grau bezogener Deckel abgeschlossen, der die Ebene des rot gefärbten Rahmens aufnimmt.
Angeschlagen ist der Deckel hinten. An beiden Seiten des Gehäuses, direkt hinter dem roten Vorderteil, findet sich auf beiden Geräteseiten je ein metallener Verschluß.
Auch an seiner Unterseite hat das Bandgerät vier Standfüße. Außerdem zeigt sich ein creme-farbenes, rechteckiges Kunststoff-Gitter, das mit vier Schrauben im Gehäuseboden befestigt ist.

   

Der Deckel läßt sich nach hinten öffnen und hält sich, ohne weitere Stütze, selbstständig geöffnet.

   

Hinter dem auch bei geschlossenem Deckel bedienbaren Pult befindet sich das eigentliche Tapedeck, dahinter ein schmales Vorratsfach, in dem sich Stromkabel und Spulen unterbringen lassen.

   

Für den Durchlass des Stromkabels ist zwischen Deckel und Korpus eine kleine Aussparung gelassen, so daß das Bandgerät auch bei geschlossenem Deckel angeschlossen bleiben kann.

   

Der Dreizack der Spulenaufnahme kennt keine Verriegelung. Die Bandmaschine will also liegend betrieben werden. Der Deckel läßt sich jedoch auch bei aufgelegten Spulen schließen, so daß das Gerät auch geschlossen benutzt werden kann. Spurwahl, Filter, sowie die Regler für Lautstärke und Klangblende lassen sich bei verschlossener Bandmaschine verwenden.

   

Das eigentliche Tapedeck zeigt sich in dezentem Grau und Weiß. Der Mode folgend sind über der Tonkopf-Abdeckung zwei runde Vertiefungen in das Metall eingezogen, in deren Mitte die Bandteller sitzen.
Die Bedienung des Laufwerks erfolgt über zwei Schiebeschalter, links und rechts der Tonköpfe.

   

Unter dem Tapedeck, jedoch über dem Bedienpult, ist eine Reihe Buchsen angebracht, die den Kontakt nach außen ermöglichen: Mikrofon, Plattenspieler, Radio-Ein- und -Ausgang und Lautsprecher lassen sich hier anschließen.

   

Auf der Rückseite des Bedienpultes zeigt die Maschine, auf dem Kopf stehend angebracht, ihr einziges Typenschild. "H.M.V. 2202" steht dort zu lesen.

   

Diese 2202 verfügt über einen zentralen Antriebsmotor.

   

Seine Kraft wird über eine Reihe von Reibrädern und Riemen übertragen.

   

Das rechte Bedien-Element kennt, in einer Reihe nebeneinander liegend, die Positionen Rücklauf, Stop und Vorlauf, und bewegt dabei die Bremsen, verändert die Position der Reibräder und der Wickelteller. Beim Umpsulen sind die Bremsen gelöst, hat ein zentrales Reibrad Kraftschluß und wird entweder der eine oder der andere Wickelteller gegen seine Kraftquelle geschoben. In Position Stop ist der Antrieb hingegen ausgekuppelt, dafür die Bremsen angefahren.
Über der Stop-Position kennt der Hebel eine weitere Funktion: Vortrieb. Hier werden die Bremsen wieder gelöst, dafür das Reibrad für den Capstan-Antrieb angefahren.
Die Mechanik erfordert einen erheblichen Kraftaufwand, läuft aber sehr präzise.

   

Der linke Hebel kennt nur zwei Positionen und befindet sich in der rechten in Ruheposition: Bleibt er hier, wird die HMV in den Wiedergabebetrieb geschaltet, schiebt der menschliche Helfer den rechten Hebel nach oben. Schiebt er hingegen den linken Hebel zunächst nach links und hält ihn, während er den rechten Hebel nach oben treibt, fährt die Maschine in Aufnahme an, und der linke Hebel bleibt nun von selbst in seiner linksseitigen Stellung, wobei der Lautstärke-Regler nun den Aufsprech-Pegel steuert.
Aufmerksame Betrachter haben bemerkt, die Symbole links und rechts des linken Hebels entsprechen denen in der oberen Position des rechten Hebels: Aufnahme und Wiedergabe.

   

Das Bandlängen-Zählwerk ist dreistellig und wird per Riemen angetrieben. Mit Hilfe eines Rändelrades läßt sich die Anzeige manuell verstellen und z.B. wieder auf "0" bringen.

   

Am Bedienpult wird der elektrische Teil der HMV geregelt. Die Drehregler heißen "Volume" und "off on tone". Mit ersterem wird die Wiedergabe-Lautstärke und der Aufsprech-Pegel verändert, mit dem rechten nicht etwa ein "Aus auf dem Ton", sondern die Klangregelung "tone" (Tonblende) samt Netzschalter-Funktion "off" und "on" bedient. Briten lackieren sparsam oder mögen keine Trennzeichen.

   

Zwei der vier Druckknöpfe regeln die Spurwahl. 1-4 und 2-3, den Bindestrich habe ich jeweils dazu gedacht, lösen sich gegenseitig aus.
Die Funktionen "Play Thro" könnte die Abkürzung von "Play through" meinen. Durchspielen? Per Druckknopf? Eventuell läßt sich hier die HMV als reiner Verstärker für ein externes Gerät benutzen und wird das Laufwerk abgeschaltet?
"Super Imp" kürzt vielleicht Superimpose, also "überlagern" ab? Multiplay?

   

Vielleicht wisst Ihr Genaueres?!

Ein berühmtes Logo mit einem Hund und einem Trichter, befindet sich auf der Innenseite des Deckels.

   

Was mag Nipper wohl gedacht haben, als er "Die Stimme seines Herren" das erste mal aus einem Edison-Phonographen gehört hatte? Wie ist der da rein gekommen? Jetzt nervt der schon von Platte? Komm da raus, dann beiß ich Dich!
Doch zumindest hatte Nipper, als er im Jahre 1898 von seinem Herrchen, dem Maler Francis Berraud, vor dem Phonographen sitzend portraitiert worden war, wohl gar nichts mehr gedacht. Denn der Hund soll zu diesem Zeitpunkt bereits seit drei Jahren tot gewesen sein.

Das aber mag den Sohn Hannoveraner Kaufleute, Emil Berliner, kaum gestört haben, als er das Bild ein Jahr später entdeckte. Für hundert Pfund kaufte er Bild und die Verwertungsrechte, nachdem er mit dem Maler überein gekommen war, den Edison-Phonographen mit einem Berliner-Grammophon zu übermalen.
Die Übermalung soll übrigens noch heute deutlich auf dem Original als solche zu erkennen sein.

Emil Berliner hatte 1898 in Hayes, Groß Britannien, die Plattenfirma Grammophone Company gegründet. Das Bild des Hundes vor dem Grammophon und der Schriftzug "His Master's Voice" wurden zum Logo und zum Wahrzeichen der Firma, die es zunächst in der Werbung, dann ab 1903 auf der Verpackung von Plattennadeln verwendete und schließlich im Jahre 1909 sogar ihr Plattenlabel Gramophone Records in "His Master's Voice" unbenannte.
Die im Jahre 1900 von der Company und den Gebrüdern Berliner gegründete Deutsche Grammophon erhielt ebenfalls das Recht, das Logo zu führen, sollte das Warenzeichen vor allem für den Export in die USA nutzen.

Kurz nach Beginn des ersten Weltkrieges wurde die Deutsche Grammophon durch Beschlagnahme enteignet. England war Kriegsgegner gewesen. Damit hatte Emil Berliner das Warenzeichen für Deutschland verloren.
Im Jahre 1924 verkaufte Emil Berliner die amerikanischen Rechte an die Victor Talking Machine Company, die es bald auch durch ihre Tochtergesellschaften, zum Beispiel die Victor Company of Japan, einsetzen ließ. Doch im Zweiten Weltkrieg standen die USA und Japan auf verschiedenen Seiten.
Die Trennung der japanischen JVC von der amerikanischen Muttergesellschaft führte dazu, daß JVC sich nur noch in Japan "Victor" nennen durfte, international, bis in die Siebziger hinein, mit dem Acronym Nivico (Nippon Victor Company) firmierte, doch das HMV-Warenzeichen weiterhin in Japan verwendete.

Schließlich verkaufte Emil Berliner 1931 die Grammophone Company, die, zusammen mit der UK Columbia Records, in die EMI aufging; angeblich hatte diesen Deal vor allem der Anteilseigner RCA, der inzwischen auch die Victor besaß, betrieben.
Der EMI fiel auch das Recht der Nutzung des HMV-Warenzeichens zu.

In späteren Jahren gehört die EMI zwar zwischenzeitlich der Thorn-Gruppe, behielt aber das Recht auf die Nutzung von HMV, wie auch das originale Bild, bis heute.
Die RCA ist inzwischen Teil von Thomson, die damit die amerikanischen Rechte an HMV hält.
JVC war in den fünfziger Jahren an Matsushita verkauft, gehört inzwischen Kenwood, und benutzt HMV bis heute.
Die Deutsche Grammophon nutzt das Logo mit Nipper ebenfalls bis heute, zuletzt für eine CD-Reihe mit historischen Aufnahmen.

Bedeutet das nun, dieses Bandgerät wäre ein JVC, ein RCA, EMI oder sei von der Deutschen Grammophon gebaut? Von welcher der Firmen denn nun? Oder doch von keiner der vier?
Zumal neben "His Master's Voice" auch das BSR-Logo zu sehen ist. Und die Birmingham Sound Reproducers, zeitweise der größte Plattenspieler-Hersteller der "freien Welt", waren selbstständig gewesen und standen eigentlich in dem Ruf, ihre Geräte auch selbst gebaut zu haben.

Ein Blick in das BSR-Buch JUST FOR THE RECORDS (ISBN 0904015467) könnte Abhilfe schaffen? Tatsächlich zeigt schon das Titelbild ein Tonbandgerät, das zumindest in Teilen dem HMV 2202 ähnelt!

Im dritten Kapitel, das die Ära von 1954 bis '64 behandelt, schreibt Alan R. Cox von der Verlegung der Produktion eines "reel-to-reel tape deck" TD2 aus dem Old Hill-Werk nach Stourbrigde. Und es scheint, das "Deck", also das Chassis, TD-2 entspricht dem, das in dem HMV verbaut wurde.
1961, so schreibt Cox weiter, hätte BSR mit "P.A. Marriott and Tape Heads (part of Bradmatics), two firms supplying essential tape recorder and electronic precision instruments", erworben. Weitere Mitarbeiter von Bradmatic, vor allem Harry Henley, seien zu BSR gewechselt und hätten ihr spezielles Wissen um die Herstellung von Tonbandgeräten migebracht.
TD-2, die Zählung in der Typenbezeichnung könnte darauf hinweisen, es könnte auch eine TD-1 gegeben haben. Stimmt: "A TD1 model had been build for a period at Powke Lane, but was superceded by the TD2 within month."

Der tatsächliche Produktionsbeginn von Bandgeräten bei BSR wird schon vor der Übernahme von Marriott und Tape Heads gelegen haben. Denn auf einer Video-Plattform im Internet wird ein Elpico-Bandgerät mit TD2-Deck gezeigt, dessen Gehäuse das Herstellungsdatum 24.04.1960 trägt. Vielleicht erklärt sich der Kauf der beiden Bradmatic-Firmen durch den plötzlichen Bedarf von BSR an Tonköpfen?

Das TD2 hätte eine Spulenkapazität bis zu 5 3/4" (14,6 cm) bei einer einfachen Geschwindigkeit von 3 3/4 ips (9,5 cm/s) geboten und hätte mit 2- oder 4-Spur Köpfen von Bradmatic oder Marriott ausgerüstet werden können. "The format was very popular for many years, until it was overtaken by the introduction of cassettes."
Vorher sollte es von BSR jedoch noch eine TD10 für 7" (18 cm) Spulen geben. Das 1964 vorgestellte Tape Deck sei eine Verbesserung der vorherigen Modelle gewesen und böte nun drei Geschwindigkeiten.
Als letztes Bandgerät sollte BSR "some 2 years later" das TD20 mit Drucktasten-Steuerung einführen.

Drucktasten? Nein: Keine TD20. Drei Geschwindigkeiten? Nein: Keine TD10. Also wird die maximale Spulenkapazität meiner HMV bei 15 cm Durchmesser liegen. Genau.
Ob es sich bei dem Chassis meiner HMV um ein TD1 oder TD2 handelt, kann ich zur Zeit nicht ermitteln, da ich keine Informationen zur TD1 gefunden habe. Soll ich Schlußfolgerungen aus den vielen Zweien in der Typenbezeichnung der 2202 ziehen? Weitere Indikatoren finden sich jedenfalls nicht einmal im Innern meiner Maschine.

   


Meine vierfarbige HMV 2202 unterscheidet sich in Ausstattung und Design jedenfalls deutlich von dem Tonbandgerät, das auf dem BSR-Buch zu sehen ist. Die TD2 steckt dort in einem Tischgehäuse einfacher, rechteckiger Formgebung. Mein Gerät hingegen ist ein komplexer Koffer mit Laufwerk, Verstärker und Lautsprecher, in einem Gehäuse mit einem Pult-förmigen Bedienteil für die Verstärker-Funktionen.
Neben der Bedienung des Tapedeck sind im Buch an der BSR jedoch keine weiteren Steuerelemente erkennbar. Und vor mehr als einem "Tapedeck" hat Mr. Cox auch nicht geschrieben. Und das "TD" in der Typenbezeichnung der BSR-Geräte mag zudem für "Tade Deck" stehen.
Was will der alte Mann Euch damit sagen?

In der Ausgabe 36 der RADIO ELEKTRONIK SCHAU von 1960 (S.216) kann man lesen: "Weitere Praktikerwünsche erfüllen zwei englische Firmen, die sogenannte "Tape Decks" herausbringen. Das sind vollständige Tonbandgeräte-Einbaulaufwerke, die ohne den elektroakustischen Teil zu haben sind. Das Modell TD 2 der BSR, Birmingham Sound Reproducers Limited, ist für 9,5 cm/s und für 13 cm-Spulen eingerichtet ..."

In der Bundesrepublik bauten die Bandgeräte-Hersteller meist kompakte Fertig-Geräte mit Henkel. Wenn sich der Käufer einmal für ein Modell entschieden hatte, brauchte er bestenfalls noch über die Farbe nachzudenken.
In Großbritannien dominierten im höheren Segment modular aufgebaute Geräte, die teils sogar aus vorgefertigten Modulen unterschiedlicher Hersteller bestanden. So baute Ferrograph das Wearite-Deck, ein reines Laufwerk, das sowohl von Ferrograph mit Gehäuse und Elektronik zur fertigen Ferrograph Bandmaschine komplettiert angeboten worden war, das es aber genauso, mit anderer Elektronik, als Vortexion, als Elizabethan und einigen weiteren Maschinen verschiedener Hersteller gegeben hatte. CJR verbaute beispielsweise ein Bradmatic-Laufwerk und anhand meiner Brenell Mark VI hatte ich Euch das Konzept sogar schon gezeigt. Der Kunde kaufte die Module einzeln, gegebenenfalls sogar von verschiedenen Herstellern, und stellte sich sein individuelles Bandgerät aus Deck, Unit und Gehäuse zusammen.

Bei einfachen Bandgeräten griff mancher Hersteller auf ein Tapedeck zurück und komplettierte es mit der Elektronik des gleiche OEM oder baute eigene Komponenten dazu. Klassiker für dieses Konzept sind die Laufwerke von Collaro, die ihren Weg sogar nach Deutschland gefunden hatten, dort zum Beispiel in den Eben HiFi-Studio zum Einsatz gekommen sind. Und so findet man auch das TD2, mit unterschiedlicher Elektronik und verschiedenen Gehäusen, genauso als Koffergerät von Bush, Elpico, Peto Scott oder Elizabethan, wie als Deck in der Neuseeländischen Musiktruhe La Gloria.

   

Sein prominentester Einsatz dürfte der im Bang & Olufson Belcanto von 1962 gewesen sein: Dort kam es mit Köpfen von Bogen, einer zusätzlichen Motor-Abschirmung, einem "Magischen Auge", anstatt dem Bandlängen-Zählwerk, und mit einer Skala, an der sich der Bandverbrauch ablesen laßt, zum Einsatz.

Und hier? Es fällt also auf, das silber eingefärbte BSR-Emblen prangt zwar auf der Abdeckung des Tonkopfträgers, doch nirgendwo anders zeigt sich auch nur ein Hinweis auf BSR. Stammt also nur das Deck aus Birmingham?

   

Außen am Koffer benamt lediglich der "His Master's Voice"-Schriftzug die Maschine. Und das einzige Typenschild weist HMV 2202 und den Hinweis auf, irgendetwas sei eine "Registered Trade Mark of the Grammophone Company Ltd.". Und von der habe ich weiter oben ja bereits berichtet.

Nun wird keine Trademark dieses Bandgerät gebaut haben.
BSR scheint als OEM des Deck bestätigt. Und der Rest?

Ein Mitglied von vintage-radio.net philosophiert über die Nomenklatur der Typenbezeichnung, und stellt fest, Thorn hätte für die Eigenmarken vierstelligen Typennummern benutzt und die Marken durch unterschiedliche Tausender-Stellen gekennzeichnet. In der Zeit, als der Konzen angeblich Lizenznehmer der Marke HMV gewesen sei, wären diese im zweitausender-Nummernkreis benannt worden. Das mag ich nicht bestätigen, denn ich habe ein Service Manual zu einem HMV 1424 Kofferradio gefunden. Und "1424" liegt wohl nicht im zweitausender-Nummernkreis. Aber was weiss ich schon ...?


Bereits im Jahre 1921 hatte Emil Berliner einen ersten Laden für His Master's Voice-Produkte in den ehemaligen Räumen eines Herrenausstatters in der Oxford Street in London eröffnet. Selbst der Komponist Edward Elgar war an der Eröffnungsveranstaltung beteiligt gewesen. In den folgenden Jahren sollten eine ganze Reihe von Verkaufsstätten für HMV entstehen.

Offensichtlich war die Grammophone Company erfolgreich. Neben dem Grammophon-Werk in Hayes, Middlesex, dürfte es bald Bedarf für weitere Fertigungs-Ressourcen gegeben haben. Berliner kaufe jedenfalls Marconiphone.

Marconi, das war ein weltweit führender Elektronik-Konzern und Spezialist für Funk-Technik. Hatte man vorher vor allem Regierungen, Militärs und gewerbliche Kunden bedient, begann Marconi nach dem Ende des Ersten Weltkrieges damit, eine Abteilung für Amateur-Empfänger ins Leben zu rufen. Im Jahre 1922 wurde daraus die Abteilung Marconiphone und erhielt die BBC-Zertifizierung. Im Jahre 1923 wurde aus der Abteilung Marconiphone ein eigenständiges Unternehmen, das schließlich im Dezember 1929 an die Grammophone Company verkauft worden war.
Da die Grammophone Company auch das Recht erworben hatte, Funk- und Rundfunkgeräte mit dem Signet "G. Marconi" auf den Markt zu bringen, sollte es nie wieder Amateur-Geräte aus dem Hause des Marconi-Konzerns geben.

Nach dem Verkauf der Grammophone Company begann die EMI dann auch HMV-Geräte zu bauen. Berliner als Marke dürfte auch nicht mehr zur Verfügung gestanden haben.
Berliner, spätestens aber die EMI, hatte eine eigene Company HMV gegründet. Ab 1966 baute diese HMV dann auch Aktivitäten als Wiederverkäufer ("Retailer") auf und wuchs innerhalb der Siebziger zum führenden Musik-Händler des Landes, dessen Läden EMI bis 1998 hielt.
Neben His Masters Voice baute die EMI bis 1956 auch Geräte der Marke Marconiphone. Später wurden Marconiphone dann in Lizenz von der British Radio Corporation, einer Thorn-Tochter hergestellt.

So gesehen könnte dieses Bandgerät ein EMI sein. Denn im Gegensatz zu der These, die man radiomuseum.org unterstellen könnte, die die HMV 2202 im Kontext von "Marconi" nennt, und damit wohl die BRC / Thorn meint, steht hier halt HMV und nigendwo Marconi drauf. Und zumindest habe ich keine weiteren Informationen dazu gefunden, das eines der unter dem Mantel der British Radio Corporation zusammengefassten Thorn Radio-Firmen - das war vor allem Ferguson, später beispielsweise auch Carad - als OEM oder als Lizenznehmer für HMV gebaut hatte.

Das ist eine Theorie. Und wie sieht die Realität aus?
Auffällig ist, die Rückseite des Tapedeck sieht beim HMV 2202 anders aus, als bei allen anderen Verwendungen des TD2, die ich gefunden habe. In der Beschreibung des Belcanto kann man zudem von verschiedenen Bestückungen unterschiedlicher Verwender des TD2 lesen.
"Unter der Haube" meiner 2202 ist nahezu nichts bezeichnet, das Aufschluß auf die tatsächliche Herkunft des Bandgerätes geben könnte. Die Bauelemente stammen vornehmlich aus britischer Herstellung: Celestion, Plessey Electrolytic, Hunts, Mullard etc, dazu ein Siemens Gleichrichter. Einzig ein Plessey Kondensator ist datiert: August 1961.

   
   

Strip tease
Britische Konstrukteure sind anders. Das erfuhr ich, als ich das erste mal versuchte, einen Marcos GT zu entern. Wir mußten die Sitzschale herausnehmen, damit ich überhaupt in das Auto hinein kam. Meine Füße fanden dann Platz unter den Pedalen, weil das Armaturenbrett so angerbracht war, das ich meine Beine nicht anwinkeln konnte, um auf die Pedal treten zu können.

So wie britische Sportwagen in den sechziger Jahren nicht gebaut waren, normal große Kontinental-Europäer zu beherrbergen, wurde das HMV nicht konzipiert, jemals wieder zerlegt zu werden. So unterstelle ich zumindest.
Es sind vor allem zu kurze Kabel, zwischen dem Bedienteil und dem Chassis, die dafür sorgen, daß der Monteur mindestens mit Kratzern und verbogenen Blechen bestraft wird, wenn er es versucht. Mich hat der Wieder-Einbau eine Röhre gekostet.

Will man die HMV zerlegen, dann entscheidet man sich zunächst, ob man lediglich eine Röhre (unter dem Chassis) oder zum Beispiel den Antriebsriemen (auf dem Chassis) wechseln will.
Durch ein Kunststoff-Gitter, das mit vier Schrauben befestigt ist, kommt man von unten an das Chassis heran. Vorausgesetzt, man ist Brite. Was auch immer das für die Größe und Fertigkeit der Finger zu bedeuten hat.

   

Will man von oben hinein, dann zieht man zuerst die Tonkopf-Abdeckung, die mit dem "BSR"-Emblem, nach oben ab. Sie steckt auf zwei Bolzen, die aus dem Chassis hervor ragen.

   

Die "Frontplatte" des Chassis ist mit drei Schrauben am Deck befestigt. Eine zwischen den Wickeltellern, zwei weitere, gleichartige, an den Seiten, unten, sogar versenkt. Sind diese Schrauben gelöst, muß man noch die Knöpfe der Laufwerkssteuerung nach oben abziehen; in den Kunststoff-Knöpfen ist jeweils ein Feder-Blech eingelassen, das gerne aus seiner Führung heraus rutscht: Nicht verlieren! Dann läßt sich das Blech nach oben abnehmen.

An dieser Stelle kann man entscheiden, ob man lediglich den Riemen wechseln möchte. Dazu nimmt man sich der Schlitzschrauben an, die das Basisblech halten, auf dem der Kopfträger sitzt.
Möchter man hingegen das ganze Deck ausbauen, dann will zunächst eine schmale Abdeckung entfernt werden, die zwiscnen dem Deck und dem Bedienteil liegt. Je eine Schraube links und rechts müssen entfernt werden. Der schmale Steg mit dem Typenschild kann dann abgehoben werden.
Schaut man von der Deck-Seite unter den Rahmen des Bedienteils, ist eine metallene Federgabel erkennbar, die vom Deck an das Bedienteil führt, und deren beide "Zinken" dort verschraubt sind. Zudem gibt es einen Lötpunkt, mit dem beide Metalle einmal direkt miteinander verbunden waren. Absurd.

   

Sind die Verbindungen nach vorn erledigt, müssen noch zwei Schrauben, mittig, an dem linken und rechten Rand des Decks entfernt werden und das Chassis könnte heraus genommen werden. Könnte. Wären da nicht die kurzen Kabel zum Bedienteil.

Das Bedienteil ist mit sechs Schrauben mit dem Holzgehäuse verbunden. Drei sind von außen sichtbar und sind am vorderen Rand des Gehäuses durch ein Zierblech geschraubt.
Aus dem oberen Rahmenteil stehen zudem drei Gewindestangen nach unten, über die das Bedienteil gesteckt ist. Fixiert ist die Blende mit drei Flügelmuttern.

Das rote Blech ist mit dem Chassis des Bedienteils nur durch vier schmale Isolierband-Klebestreifen verbunden. Wahre Ingenieurkunst, denn die haben ihren Dienst tatsächlich über Jahrzehnte erfüllt. Ansonsten wird es lediglich durch das Gehäuse gegen das Chassis gedrückt.

   

Ist die Verbindung gelöst, kann das Blech verrutschen. Sollten die Knöpfe abgebaut sein, könnte es abfallen.

Die beiden Pekalit-Reglerknöpfe sind mit Hilfe von Madenschrauben an den Poti-Achsen verklemmt. Es böte sich durchaus an, diese Knöpfe abzunehmen, bevor man versucht, das Bedienteil unter den Rahmen des Holz-Gehäuses hindurch zu schieben. So könnte man zu verindern versuchen, das sie verkratzen.

Direkt unter dem Bedienteil befindet sich der Celestion-Lautsprecher. Auch an dem muß das Bedienteil vorbei gefriemelt werden.
Da das Chassis recht hakelig in die Aufnahme gesetzt worden ist, braucht man schon beide Hände, um es heraus zu heben. Hierzu muß man es nach hinten und oben ziehen. Wer eine Dritte Hand hat, der wäre in der Lage, das Bedienteil zu führen, um zu verhindern, das es am Lautsprecher hängen bleibt oder vom Deck verkratzt wird, sich verkantet, oder einfach nur am Holzboden kratzt. So viel Platz, das man mit der dritten Hand in der Lage wäre, das Element zu führen, bieten die Zugänge durch das Gehäuse allerdings tatsächlich nicht. Eine Halbschale aus festem papier oder aus dünenr Pappe könnte die Bewegung des nachgezogenen Bedienteils "schmieren" und es gleichsam vor direktem Kontakt schützen.
Vorausschauende Mitleser werden sich schon an dieser Stelle auf einen Zusammenbau freuen. Dann kann das Bedienteil nämlich nicht an den Kabeln gezogen, sondern will geschoben werden.

Die beiden durch einen Kabelbaum verbundenen Teile sind jetzt noch durch die Lautsprecher-Zuleitung und durch das Netzkabel mit dem Gehäuse verbunden. Beide Kabel müssten abgelötet werden, würde man das Chassis komplett befreien wollen.

Ein Blech mit umgebördelten Kanten ist die Basis der BSR. Eine Variante der HMV ist ein zusätzliches Winkelblech an der Rückseite des Deck, auf dem das Gros der Elektronik sitzt. Das abgewinkelte Teil des Bleches trennt dabei die Röhren, Trafos und den Motor vom Rest der Elektronik.

   

Die beiden Wickelteller sind recht einfach gelagert. Zwischen ihnen ist der Antriebsmotor gegen die Rückseite des Basis-Bleches geschraubt.
Wer schon einmal eine zeitgenössische Grundig oder Telefunken geöffnet hat, wird den Antrieb der BSR eher als klein empfinden. Der überträgt seine Kraft mit Hilfe einer Achse, die nach vorn duch das Blech stößt und in drei übereinander gestapelten Pulleys endet. Der mittlere besteht aus Gummi und bewegt den linken Wickelteller direkt. Das obere besteht aus Metall und treibt ein Reibrad an, das den rechten Wickelteller motivieren soll. Dieser Antrieb soll dem Umspulen dienen. Um den Kraftschluß herzustellen, werden die Wickelteller durch eine Mechanik, die durch den rechten Schiebeschalter angetrieben wird, nach innen (Kraftschluß) oder außen (Ruheposition) bewegt.

   

Gleichzeitig kann in Stellung "Wiedergabe" ein weiteres Reibrad an den unteren Metall-Pulley auf der Antriebsachse angefahren werden, der das Schwungrad der Capstan-Achse antreibt. Auf der Capstan-Achse sitzt zusätzlich ein Kunststoff-Rad, auf dem ein Rundriemen läuft, der den rechten Wickelteller antreibt und die Energie für das Aufwickeln des Bandes liefert.
Wer es nicht begriffen hat: Der rechte Wickelteller hat also getrennte! Antriebe für das Aufwickeln und für das Umspulen.

Als Bremse dienen zwei beweglich gelagerte Metall-Arme, deren gepolsterte Enden gegen die Seiten der Wickelteller gedrückt werden können.

Das Bandlängen-Zählwerk wird von der Achse des linken Wickeltellers angetrieben. Auf dessen hinteren Ende sitzt ein weiteres Rad, von dem ein Vierkant-Riemen zum Zählwerk führt.

   

Der Antriebsriemen für das Zählwerk läßt sich bei ausgebautem Chassis, ohne weitere Abbau-Maßnahmen, wechseln. Mit etwas Finger-Verrenkung geht das sogar bei eingebautem Chassis, wenn man das rückwärtige Lüftungsgitter des Holzgehäuses vorher abbaut.
Will man den Riemen zwischen Capstan und Aufwickel-Achse wechseln, sollte man die Schrauben der Basisplatte, auf der der Tonkopfträger aufgebracht ist, auf jeden Fall vor dem Ausbau des Chassis lösen. Die muß nämlich abgenommen werden, wenn man den Riemen über den Capstan legen will. Und die Schrauben könnten sehr fest sitzen! Läßt man das Chassis also eingebaut, braucht man es beim Schrauben-Lösen nicht extra fest zu halten, und verhindert verbogene Bleche und zerbrechende Röhren.

Der rechte Schiebeschalter kennt drei nebeneinander liegende Positionen: links Rücklauf, rechts Vorlauf und in der Mitte Stop. In der Mittelposition ist das Reibrad, das das Umspulen motiviert, ohne Kontakt zu den Wickeltellern, dafür sind die beiden Arme der Stop-Funktion an die Wickelteller angefahren.
Wird der Hebel aus der Stop-Position nach oben gedrückt, lösen sich die Bremsen und fährt ein Hebel an, an dessen Ende die Andruckrolle gelagert ist, an dem jedoch zusätzlich die auf einer Metallfeder gelagerten Andruckpads befestigt sind, die das Band im Aufnahme- und im Wiedergabebetrieb gegen die Köpfe drücken sollen. Wie bei einem Cassetten Deck, und durchaus typisch für britische Bandgeräte. Ist der Schieber in Vortriebs-Postion, greift auch der Antriebsriemen für den Aufwickelteller.

Meine HMV ist mit zwei Mono-Köpfen ausgestattet. Der eine für das Löschen, der andere ist ein Kombikopf für Aufnahme und Wiedergabe.
Die Bandführung verfügt über drei Stehbolzen ohne bewegliche Teile: Einer vor den Köpfen, der zweite dahinter, jedoch vor der Capstan-Achse, der dritte hinter dem Antrieb.

   

Das Netzteil läßt sich durch das Umstecken einer Brücke zwischen 200/225V und 226/250V umschalten. Die Netzfrequenz ist auf 50 Hz festgelegt.

   

Lustig an meinem Gerät finde ich übrigens das Netzkabel, das bei meinem Gerät, innen, angestückelt ist. Das englisch beschriftete Isolierband, das den Übergang fest ummantelt, weist für mich darauf hin, der Umbau auf den kontinentalen Schuko-Stecker hat schon in Groß Britannien stattgefunden. Wohlmöglich ab Werk? Jedenfalls ist das kontinentale Netzkabel deutlich dicker, als das originale und passt kaum noch in die Aussparung zwischen Deckel und Gehäuse.



Auch aus der Sicht der frühen sechziger Jahre war das TD2 ein eher einfaches Tapedeck. Typische BSR war man bemüht, solide Massenprodukte zu bauen und überließ elitäre Dinge den Kleinserien-Spezialisten.
Zugestehen muß man dem Deck ein hohes Maß an Souveränität. Das was es kann, das tut es gut und, in seiner Bedienung, eindeutig. Die Verarbeitung ist hochwertig und die Konzeption sinnreich und durchaus Service-freundlich.

Die Form des HMV ist aus zeitgenössischer Sicht sicherlich elegant, die Gestaltung des Koffers, aus Bedienersicht, ausgesprochen funktional und ergonomisch, ambitionierter als andere britische Verwendungen des TD2, die ich gefunden habe. Sinnreiche Details sind die zusätzlichen Standfüße, so daß sich der Koffer aus dem Tragen sicher absetzen läßt, ohne seine Bespannung zu verletzen, oder das Bedienpult, das das Arbeiten mit der HMV auch bei geschlossenem Deckel ermöglicht.
Etwas skurril ist die, aus deutscher Sicht, uneindeutige Beschriftung, mit Abkürzungen und fehlenden Trennstrichen.

Auch wenn in den frühen sechziger Jahren bereits die Stereophonie begonnen hatte, in die besseren Rundfunkgeräte Einzug zu halten, zeigt beispielsweise die Serie TK40 von Grundig, daß es für Bandmaschinen durchaus üblich war, sich in dieser Zeit mit Mono zu begnügen. Schließlich waren Tonbandkoffer in Europa eben nicht hauptsächlich Abspielgeräte industriell vorgefertigter, professionell aufgenommener Bänder, sondern erzeugte der Tonbandamateur seine Aufnahmen mehrheitlich selber. Und die Mehrheit hatte noch kein Stereo-Radio. Und die Mehrheit benutzte ein einzelnes Mikrofon. Und die Mehrheit verwendete eine Bandmaschine eher zur Hintergrundbeschallung, und dafür reichte mono, denn für das audiophile Hören hochwertiger Aufnahmen. Nicht vergessen: Der wichtigste Exportmarkt für Unterhaltungselektronik, die USA, waren bis weit in die 70er Jahre hinein "Mittelwellenland". HiFi- und Stereophonie-Bandgeräte brauchte auch dort nur der, der vorbespielte Bänder kaufte oder von Platte aufnahm.
Wie gesagt war BSR bemüht, gute Massenprodukte zu bauen. Der EMI dürfte es mit den HMV nicht anders gegangen sein.

Aus heutiger Sicht ist diese HMV, hierzulande, im Wust der zeitgenössischen Telefunken, Grundig, Saba, Neckermann oder Universum eine Seltenheit mit einigen individuellen Merkmalen, die sie aus dem genannten Wust heraus hebt.
Zudem eröffnet sie ein interessantes Sammelgebiet: Die Varianten der Verwendung von BSR-Decks.

Die HMV ist tatsächlich einige Jahre älter als ich. Wenn ich jedoch vergleiche, wie wenig Ersatzteile-Bedarf sie im Vergleich zu mir hat, muß ich ihren Erbauern Respekt zollen.
Meine His Master's Voice zeigt einige "altersbedingte" Schäden: So hat der Vorbesitzer in den Boden des Koffers einige Gruppen Löcher gebohrt. Hier waren einmal Beschläge befestigt, mit denen die HMV mit einer Halterung verbunden gewesen sein dürfte. Zudem hat natürlich der Koffer Gebrauchsspuren in Form von Kanten-Abnutzungen. Auch sind die Beschläge oxidiert und weist die rot lackierte Front des Bedienpultes erste Kratzer auf. So ist das nach fünfzig Jahren Alter.
Das Tapedeck ist angenehm gut erhalten, zeigt keine äußerlichen Benutzungsspuren. Seine Schmierung muß natürlich erneuert werden. Die Bremsbeläge und auch die Andruckpads lösen sich auf, die beiden Riemen sind hart geworden und eine Röhre hat den letzten Zusammenbau nicht schadlos überstanden.



   

Technische Daten

BSR TD2:
Geschwindigkeit: 3 3/4 ips (entspricht 9,5 cm/s)
Laufrichtung: obere Spur, von links nach rechts (bei Halbspur Modellen)
Spulengröße: bis zu 5 3/4 inch (entspricht 14,6 cm, 15 cm Spulen passen)
mögliche Spielzeit (pro Spur): 45 min (850 ft / 259 m Standard Band), 64 min (1200 ft. / 365,8 m LP-Band), 90 min (1700 ft. / 518,2 m DP-Band)
Umspulen: Schneller Vorlauf und Rücklauf. Rücklauf-Zeit bei 259 m Band: ca. drei Minuten
Motor: dynamisch balanciert. Unterschiedliche Motoren für 200/250V, 50 Hz und 100-125V, 60 Hz
Wow and Flutter: >= 0,2 % R.M.S.
Bedienung: mechanische Bedienung des Laufwerks, verriegelt, um versehentliches Löschen zu vermeiden

HMV 2202
Abmessungen: 36 x 14 x 44 cm (BHT)
Gewicht: 9,3 kg (ohne Spulen)

Bestückung
Tonköpfe (Bradmatic Halbspur-Köpfe oder Marriott Halb- oder Viertelspur-Köpfe)
Marriott Halbspur-Köpfe: Vormagnetisierung / BIAS-Strom an 50 kHz, 0,8 mA, Aufnahme-Strom: 50 µA, Löschspannung: 20 V, Löschstrom 90 mA
Marriott Viertelspur-Köpfe: Vormagnetisierung / BIAS-Strom: 0,6 mA, Aufnahme-Strom: 65 µA, Löschspannung: 10 V, Löschstrom 55 mA
Lautsprecher: Celestion T14MF
Röhren (Mullard): ECL82, ECC83, EM84
Gleichrichter (Siemens-Halske): B250C75
Sieb-Elko (Plessey): 32-32-32µF


Quellen

HMV
http://de.wikipedia.org/wiki/His_Master%E2%80%99s_Voice
http://de.wikipedia.org/wiki/Gramophone_Company
http://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Berliner

Deck:
Service Manual: http://wegavision.pytalhost.com/wegavisi...om/BSRTD2s

Gerät
http://www.radiomuseum.org/r/hismasters_2202.html

Zubehör:
http://www.turntableneedles.com (idler wheels)

Alle jene, die noch mehr Informationen zu diesem raren Stück haben, scheuen sich bitte nicht, die anzufügen!

Tschüß, Matthias

P.S.: Dieser Text samt Bilder ist ausschließlich für die interne Verwendung durch Besucher des "Bandmaschinenforum" gedacht. Die durch Klammern heraugehobenen oder kursiv gesetzten Zitate unterliegen gegebenenfalls Urheberrechten Dritter. Eine, auch auszugsweise, private oder gewerbliche Nachverwertung, ohne schriftliche Genehmigung, ist ausdrücklich untersagt.
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#2
Ein sehr schöner Bericht über ein seltenes Modell. Und eine Fleißarbeit an Recherchen, um das Firmen- und Markenknäuel zu entwirren.

Mit seiner eckigen Form ist der Koffer für seine Zeit modern gestaltet. Im deutschen Radiobau z. B. wurden eckige Gehäuse ab etwa 1959 modern, bei Tonbandkoffern hat es offenbar etwas länger gedauert. 1961 boten jedenfalls Telefunken und Grundig noch viele abgerundete Koffer an, wie sie in den Fünfzigern üblich waren.

Am Netzkabel fällt auf, daß es bereits über einen Erdanschluß verfügt, der es auch für französische Steckdosen passend macht. Ein solcher Erdanschluß war seinerzeit selbst bei in Frankreich produzierten Modellen nicht üblich. Könnte es ein Umbau sein, der deutlich jünger als das Gerät ist?

Matthias M,'index.php?page=Thread&postID=159000#post159000 schrieb:"Super Imp" kürzt vielleicht Superimpose, also "überlagern" ab? Multiplay?
„Super imp“ findet man bei vielen französischen Modellen als „surimpression“. Dabei handelt es sich um eine Trickfunktion, die Aufnahmen bei abgeschaltetem Löschkopf erlaubt.

Die Marke HMV hat ihren Weg auch nach Frankreich gefunden. Dort gründeten 1896 die vier Brüder Pathé die Firma Pathé Frères. Zwei Brüder zogen sich schon früh zurück, im Geschäft verblieben Charles und Emile Pathé. Ihre Firma beschränkte sich zunächst auf den Verkauf von aus Großbritannien importierten Grammophonen. Bald begann man jedoch mit der Herstellung eigener Apparate. Kurz danach folgte der Einstieg ins Kinogeschäft mit Aufbau einer Filmfabrik, Errichtung von Studios zur Produktion von Spielfilmen, Austattung von Kinosälen und Herstellung von Kameras und Projektoren. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Firma aufgespalten in einen Kinoteil (geführt von Charles Pathé) und einen Phonoteil unter Emile Pathé. 1924 verkaufte Emile Pathé sein Geschäft an Marconi, wodurch die Firma Pathé-Marconi entstand, die in Frankreich Schallplatten und Phonogeräte produzierte und die Marke „La Voix de son Maître Pathé-Marconi“ nutzte (nachzulesen in der französischen Wikipedia).

Gruß
TSF
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#3
Hallo TSF,

danke für die Blumen.

Tatsächlich ist das Netzkabel modifiziert. Das außen ersichtliche Kabel ist nicht original, ist an ein dünneres angestückelt und an der Stelle mit rotem, englisch beschriftetem Isolierband umwickelt. Es endet in einem Schuko-Stecker.
Davor scheint mir das Kabel original erhalten.

Danke für den Tipp wegen der "Superimpression"; den Begriff kenne ich auch aus der Fotografie. Es wird also zur vorhandenen Aufnahme eine weitere hinzu gefügt.

Pathe war einer der Innovatoren der Musik-Aufzeichnung, ging ursprünglich einen anderen Weg als Berliner mit seinem Grammophon. Denn Pathe verwendete eine Tiefenschrift, ähnlich der, die bei der Wachswalze zum Einsatz gekommen war.
Um 1970 fiel die British Pathe dann an die EMI, so daß auf diesem Wege erneut eine Verbindung zur His Master's Voice zustande kam. Zudem hatte Pathe bereits im Jahre 1928 die französischen und britischen Platten-Töchter an die British Columbia verkauft, aus der letztlich auch die EMI hervorgehen sollte.

Zum Werdegang von Pathe gibt es eine nette Seite http://britishpathe.wordpress.com/about/

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#4
Hallo Matthias,

Da ich erst seit einem halben Jahr interessiert im Forum mitlese habe ich deinen spannenden und gut recherchierten Artikel über dieses Stück britischer Ingenieurskunst jetzt erst entdeckt.

Egal was man aktuell über die Insel denkt, in vielen Dingen werden andere Wege und Lösungen gefunden die nicht schlechter als die Bekannten sind. Insofern bin ich immer wieder beeindruckt von der britische Audio Technik so auch von deinem ausführlichen
Bericht über dieses ungewöhnliche Bandgerät.

Ich habe gerade einen Ferrographen Baujahr 1959 erworben und vorsichtig wieder in Stand gesetzt. Da findet man Details die einen zum schmunzeln bringen, anderseits sind so langlebige Teile bei diesen Maschinen verbaut dass nach 60 Jahren noch eine technische Überholung machbar ist.

So, jetzt schaue ich noch nach deinem Bericht über das Brenell Deck und freue mich schon auf die Lektüre.

Viele Grüsse Jan
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#5
Das britische Originalkabel müsste die Farben rot (Phase, geht vermutlich innen auf einen Netzschalter), schwarz (Neutral) und grün (Erde) haben. Die waren wenn ich mich richtig erinnere bis 1971 Standard, findet sich auch bei meinem Robuk RK-3. Sollten die Farben anders sein, ist also auch das kurze dünnere Stück nicht mehr original. Dünn überrascht mich auch nicht wirklich, mit den im Stecker verbauten Schmelzsicherungen haben die Briten teilweise Netzkabel verbaut, die schon aufgrund der mechanischen Stabilität (oder nicht vorhandenen) in Deutschland und Österreich nie zulässig gewesen wären, Augenmaß hält das Exemplar meines erwähnten RK-3 für Klingeldraht mit ca. 0,3 mm2.
Die diversen Kondensator-Röllchen erzeugen ein erheblich unwohles Gefühl, das sind Papierkondensatoren, die bei Nennspannung einen Gleichstrom-Widerstand im hohen kΩ- oder niedrigen MΩ-Bereich haben, das ist katastrophal! Entspricht in etwa den berüchtigten braunen Wima Tropydur und hellen Roederstein Ero100. Dabei ist es meiner Erfahrung nach recht egal ob das schwarze Röllchen von Hunts oder blaue von Dubillier sind.
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#6
Vielen Dank für die tolle Beschreibung eines seltenen Gerätes. Mir kam es schon beim Ansehen der Bilder so vor, der Text hat es dann bestätigt, das Laufwerk stammt von BSR/England. Ich habe mal eine skandinavische Bandmaschine mit einem BSR-Laufwerk repariert, das sah sehr ähnlich aus. Big Grin In Berlin hat BSR noch eine andere Bedeutung, Berliner Stadt-Reinigung = Müllabfuhr, da passt dann Shamrock als Bandmaterial Big Grin

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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#7
Ein klasse Geräte-Protrait mal wieder von die Matthias, Danke!
Du hast sicher auch die britischen Tonband-Zeitschriften durchforstet?
https://www.americanradiohistory.com/Ama...ing-AU.htm
https://www.americanradiohistory.com/Tap...ing-UK.htm
https://www.americanradiohistory.com/Studio-Sound.htm
Tonbandgeräte verschiedenster Marken mit den immer gleichen Laufwerken, Collaro, Brenell und eben BSR gab es wirklich ohne Ende in den 60er Jahren. Wobei das TD-2 m.E. auch für ein Standardklassegerät einen ziemlich reudigen Eindruck macht. In etlichen zeitgenössischen Einträgen findet man als Gleichlaufwert +/- 0,4 %, was ja 'really bad' ist. Wenn ich schon den mickrigen Kurzschlussläufermotor sehe, wundere ich mich nicht.
Noch im Tape recording buying guide yearbook von 1966 findet sich das Laufwerk in zahlreichen Modellen.
Beispiele:

Alba: Typ R 17, Vierspur, F'gang 100-9000 kHz (!) S/N 47dB, Wow/Flutter 0,4%, Preis 28/7/0, also gute 300 DM damals.
Bush: TP 50, Vierspur, F'gang 80-10.000 kHz (!), Preis 39/18/0
Elizabethan Automan 2, Zweispur, 60-10.000 Hz, Preis wie Alba.
u.a.m.
Kein Wunder, dass Grundig-Tonbandgeräte einen sehr großen Marktanteil auf der Insel hatten, sie wurden ja sogar ab 1961 in Dunmurry/IRL für GB und USA hergestellt. Trotzdem waren sie sauteuer: Ein TK 23 (ohne "'L", bei uns schon 1964 durch Nachfolger abgelöst, bei uns um 430 Mark) kostete 1966 satte 51 Pfund, also weit über 500 DM, ein TK 40 sogar 91/7/0, also über 1000 Mark (bei uns unter 600).
Noch was: Oliver Berliner, Enkel von Emil, berichtete in den 60er Jahren, Nipper seit "kurz nach" dem Malen des Bildes gestorben.
VG Stefan
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#8
Hallo Matthias,
super Artikel,gut geschrieben,habe ihn eben erst entdeckt.
Grüße,Ralf
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#9
Hallo an alle Tonbandfreunde und Intressierten.

Hier noch eine Version mit dem BSR Deck als Elizabethan Popular ohne Zählwerk und spartanischer Röhrenbestückung : ECC 83 , EL 84 und DM 71.


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