Telefunken magnetophon 201TS
#1
Nun also endlich mal eine Gerätevorstellung einer Telefunkenmaschine, die sich eigentlich in allem von einer M15A unterscheidet, außer in dem Punkt, dass sie auch noch läuft.

Das Telefunken magnetophon 201 TS (Tomaten und Salat?), das ich hier vorstelle, konnte ich vor 26 Jahren innerhalb meiner Verwandtschaft abschwatzen.

Von vorne betrachtet bietet sich uns ein ausgesprochen unscheinbares Gerät.

[Bild: magnetophon201TS_vonvorne.jpg]

Das Unscheinbare ist konsequent bis in alle Details eingearbeitet. Das magnetophon kennt die Betriebsarten Aufnahme, Wiedergabe, Vor- und Rücklauf, Stopp und Schnellstop (Pause). Das Zählwerk besitzt drei Stellen und leider bei meinem Gerät deutlich an Karies.
Aufnahmen sind in Viertelspur mono möglich. Im Wiedergabebetrieb ist zusätzlich eine Parallelschaltung vorgesehen. Die Betriebsanleitung bietet uns dies als einfache Trickschaltung an, aber natürlich ist so die Mono-Wiedergabe von Stereoaufnahmen möglich.
Die einzige Bandgeschwindigkeit ist 9,5 cm/s.

Netterweise gibt es einen Hinweis in der Tonkopfabdeckung auf das ungefähre Entstehungsalter dieses Gerätes.

[Bild: magnetophon201TS_Kopfabdeckunginnen.jpg]

Unter der Abdeckung sind zwei Viertelspur-Tonköpfe versteckt. Wenn ich mich richtig erinnere, bieten sie einen Frequenzgang bis 13.000 Hz.

[Bild: magnetophon201TS_Tonkoepfe.jpg]

Das magnetophon bietet vier Buchsen, um Nutzsignale ins Gerät oder aus dem Gerät heraus zu bekommen. Eine DIN-Laustsprecherbuchse und drei Fünfpol-DIN-Buchsen für Kopfhörer, Ein-/Ausgang und Mikrofoneingang. Der eingebaute Lautsprecher lässt sich über einen Schalter ausschalten. Die Umschaltung zwischen Radio- und Mikrofoneingang geschieht auch manuell. Die Bedienungsanleitung habe ich leider verschlampt. Darin ist ein Hinweis zu finden, wie dieser Schalter bei Anschluss von Röhrengeräten zu stellen ist.

[Bild: magnetophon201TS_Buchsen.jpg]

Es scheint mir etwas hochgegriffen, das 201 als „Butter und Brot“-Gerät zu bezeichnen. Zwieback, vielleicht, wenn ich großzügig bin. Ein Motor, der gleichzeitig auch Trafo sein darf, kurbelt beständig über einen Riemen die Zwischenräder fürs Umspulen und die Tonwellenschwungmasse. Bei Wiedergabe wird der rechte Wickelteller über ein großes Zwischenrad an die Tonwelle angekoppelt.
Als Kind dachte ich, das Gerät würde sehr langsam spulen. Da kannte ich aber den Unterschied zwischen LP und DP Bändern noch nicht. Wie es der böse Zufall wollte landeten beim damaligen Umspulwettlauf die DP-Bänder auf dieser Maschine. Tatsächlich ist sie ebenso flink oder lahm (je nach Sichtweise) wie eine Variocord.

[Bild: magnetophon201TS_Chassisfront.jpg]

Ein kleiner Blick auf die Tasten der Laufwerkssteuerung unterstreichen die Luftigkeit der Konstruktion.

[Bild: magnetophon201TS_TastenLaufwerk.jpg]

Nach Entfernen der Bodenplatte bietet sich ein ähnlich solides Bild.

[Bild: magnetophon201TS_Chassisunten.jpg]

So präsentiert sich der Motor von der Unterseite.

[Bild: magnetophon201TS_Motor1.jpg]

Netterweise gibt uns auch der Motor über den Zeitraum seiner Entstehung Auskunft.

[Bild: magnetophon201TS_Motor2.jpg]

Hatte ich neulich gesagt, die eingebauten Lautsprecher des SG510 würden nicht ganz so gut klingen? Es kommt immer auf den Vergleich ein. Sprache ist das einzige, was über den eingebauten Lautsprecher dieses Köfferchens halbwegs erträglich anhörbar ist. Auf Luxus wie Tiefton- oder Höhenwiedergabe wurde verzichtet.

[Bild: magnetophon201TS_Lautsprecher.jpg]

Die Platine wurde recht sparsam bestückt.

[Bild: magnetophon201TS_Platine.jpg]

Sollte sich dennoch ein Fehler in die Elektronik eingeschlichen haben, so lässt sich das Platinchen nach dem Lösen zweier Schrauben an Scharnieren hochklappen

[Bild: magnetophon201TS_Platineaufgeklappt.jpg]

Immerhin zeigt sich der Schaumstoff, der beim Transport des Koffers aufgelegte Spulen auf den Wickeltellern halten soll als recht beständig gegen den Zahn der Zeit. Er zerbröselt immer noch nicht und bleibt auch noch nicht an den Fingern kleben.

[Bild: magnetophon201TS_Schaumstoff1.jpg] [Bild: magnetophon201TS_Schaumstoff2.jpg]

Und wie sieht das Ding mit Spulen aus? Entweder authentisch mit BASF LGS 26 und original Leerspule.

[Bild: magnetophon201TS_Spulenauthentisch.jpg]

Oder sehr viel moderner:

[Bild: magnetophon201TS_Spulenmaxell.jpg]

Soviel fürs Erste. Wenn ich noch Zeit und Lust finde ergänze ich evtl. noch.

niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
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#2
Hi Niels,

danke für die Präsentation Deiner Tfk, die für mich noch unbekanntes über diese Maschine erschloss.

Im Vergleich zur meiner Tfk M3002 mit Hifi Prädikat http://forum2.magnetofon.de/f2/showtopic...adid=10652, welche doch deutlich komplexer erscheint und wenig Freiraum beinhaltet.

Aber gerade durch die Einfachheit weist so mancher dieser Oldtimer eine überrasschende Robustheit auf.

Gruß

Thomas
Mein Motto "Zitat" »Opa Deldok«: »Früher war alles schlechter. !!!!

Noa and Mira Awad
NOA Keren Or  

reVox B251 Revision und Modifikationsliste!

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#3
Danke für die amüsante Vorstellung Niels.
Das weck Erinnerungen an meine beiden 201er die ich als 10, 11 Jähriger vom Sperrmüll Heim geschleppt habe. Begeistert haben mich die Gurken schon damals nicht, besonders das charakteristische "Plöng" wenn die Stop-Taste betätigt wird hab ich noch im Ohr, samt zugehörigem Echo aus dem Hallraum Wink.
Gruselige Kisten...brrr.
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#4
Fein geschrieben, Niels.

Man sei daran erinnert, daß solche Dünnblech-Optik - also ein irgendwie gearteter Träger, hier Kunststoff, wird mit einer dünnen, gebürsteten Alu-Blatte belegt die mit Pattex oder einem im Herstellungsverfahren bereits rückseitig aufgebrachten Kontaktkleber versehen war, und vorderseitig mit einer darauf befindlichen gepaintbrushten, siebgedruckten oder geätzten Schrift belegt war - in den Sechzigern hoch angesagt war.
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#5
Sehr löblich, daß Niels sich die Mühe gemacht hat, so ein Gerät aus der Kategorie der „Grauen Mäuse“ hier vorzustellen.

Das M201 kannte ich noch nicht. Ich besitze jedoch ein M203, das vor über 20 Jahren bei mir gelandet ist, weil ein netter Mensch es mir in die Hand drückte.

Äußerlich machen die Geräte nicht viel her und werden häufig verschmäht oder gehen nur für ganz kleines Geld bei Web-Auktionen weg. Zumindest beim M203 ist der schlechte Ruf nicht ganz gerechtfertigt, denn an einer Stereoanlage hat es einen überraschend guten Klang.

Es ist ganz interessant, das M201 und die übrigen einfacheren Modelle der 200er-Serie (wie eben auch das 203) mit ihren Vorgängern der 100er-Serie zu vergleichen (M104/105/106), die etwa 1964 erschienen und noch Röhrengeräte waren.

Da hat Telefunken sich die Mühe gemacht, mit den 200ern eine völlige Neuentwicklung herauszubringen, die hinsichtlich Elektronik und Mechanik mit den Vorgängern nichts mehr gemein hat. Die 200er sind der endgültige Abschied von dem Antriebskonzept, das sich seit dem Magnetophon KL65, also seit etwa Mitte der 50er Jahre, in zahlreichen Modellen der 70er- und 100er-Serien bewährt hat. Beim Design jedoch hat man sich dermaßen stark an die Vorgänger angelehnt, daß man den Eindruck haben könnte, es handele sich bei den 200ern nur um ein kleines „Lifting“. Die Gestaltung des gesamten Koffers ist sehr ähnlich. Form und Anordnung der Tasten links unten (mit Ausnahme der horizontalen Stoptaste) sowie Form und Anordnung der beiden Drehregler rechts unten stimmen auffallend überein.

Vergleiche ich die 100er-Serie mit deren Vorgängern aus der 70er-Reihe (z. B. M75), geht es mir genau umgekehrt. Vom rundlichen Koffer des M75 aus den 50er Jahren zum viel moderner wirkenden rechteckigen des M105 scheint es mir ein großer Entwicklungssprung zu sein. Beim Blick ins Innere stellt man jedoch fest, daß Mechanik und Elektronik weitestgehend unverändert blieben.

Gruß
TSF
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#6
Beim flüchtigen Betrachten des Bildes mit den maxell-Spulen mag der Eindruck entstehen, dass die Maschine senkrecht betrieben werden könne. Das ist nicht der Fall. Ich hatte es damals als 12jähriger natürlich ausprobiert, an der fehlenden Spulenverriegelung habe ich mich nicht gestört, hatte ich doch schon in früheren Jahren die Gummistöpsel der väterlichen TC-366 verschludert und war an das Zurückstupsen der Spulen auf die Spulenteller gewöhnt. Die Mechanik gibt es nicht her. Die Rutsckupplung gerät so ins rutschen, dass das Band nicht mehr aufgewickelt wird.

Dabei fallen mir noch zwei weiter Details ein:

Die Achsen der Dreizacks sind sehr lang und zwar zu dem Zwecke, dass dort zum Transport noch jeweils eine weitere Spule geparkt werden kann.
Die Dreizackteile sind mit drei Nasen mittels eines Bajonettverschlusses mit dem Unterteil der Wickelteller verbunden. Leider war schon als ich die Maschine erhalten habe im linken Wickelteller eine Nase abgebrochen und im frühpubertären Eifer habe ich eine Dauerverbindung durch Uhu hergestellt. Daher eiert der linke Teller leider deutlich.

Achja:

Die Spulen werden beim Umspulen nicht gebremst, was einen recht schluffigen Wickel zur Folge hat.

niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
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#7
Hallo niels,

vielen Dank für die Vorstellung!

Kennt jemand den Unterschied zur 201 ohne "Tomaten und Salat"?
Mir fällt nur die Bedienelementblende auf, die beim reinen 201 noch grau lackiert war. (Darunter kommt dann der Aluglanz zutage)

Auch ist mir leider nicht ganz ersichtlich, wie ich aus den Buchstaben und Zahlen auf dem Motor auf das Produktionsjahr schließen kann... Smile

Ansonsten habe ich festgestellt, dass wenn man den Kopfhörerausgang als Eingang benutzt, das entsprechende Signal direkt durch die Boxen wieder herausgegeben wird. Insofern kann das Gerät auch als reiner Verstärker/Lautsprecher ohne Bandaufnahme dienen.

Liebe Grüße,
Clemens
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#8
Kleine korrektur nebenhern, Niels, du schriebst von 2 Viertelspur Tonkoepfe !
Trotz vergroesserung und Lupe auf der Nase sehe ich nur ein Kombikopf, der linke ist der Loeschkopf :-)
Ich putze hier nur...
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#9
In meinem Sprachgebrauch ist "Tonkopf" der Oberbegriff. Dann gibt es Lösch-, Aufnahme-, Wiedergabe-, Kombi- und Pilotton-köpfe.

Daher schrieb ich von zwei Tonköpfen.

Bis eben bin ich noch nicht über diese Unschärfe gestolpert. Verwende ich seit Jahrzehnten einen Begriff falsch?

niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
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#10
Zitat:niels postete
Es scheint mir etwas hochgegriffen, das 201 als „Butter und Brot“-Gerät zu bezeichnen. Zwieback, vielleicht, wenn ich großzügig bin.
Alles eine Frage des Maßstabs. :-) Im Gegensatz zu meinem etwa gleich alten TK 17 L ist es immerhin schon volltransistoriert, hat ein Zeigerinstrument zum Aussteuern und fasst 18er Spulen. Zudem wirkt die Optik für diese Zeit erstaunlich modern.

Allerdings hatten diese Telefunkens für mich, anders als das Grundig, immer einen sehr geringen Sympathiefaktor.
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#11
Heilig’s Blechle - was für eine Überraschung! Jetzt muß ich mich doch einmal einbringen. Hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich mich hier einfädele ...

[Bild: P1030338s.jpg]

Erinnerungen werden wach. Gleich ins Lager gegangen und da steht es nun – mein erstes Tonbandgerät. Ein Senator tt 412. Meine Eltern kauften es Anfang 1968. Mein Vater wollte, dass ich höre, wie schlimm mein Stottern sei. Pädagogisch war man damals noch in der Steinzeit und Sensibilität schien unbekannt. Das Tonbandgerät half nicht, mir meine Sprachstörung abzugewöhnen (das habe ich später anders in den Griff gekommen), aber in der Folge wurde es mein „Arbeitsgerät“ bis zum Spätsommer 1974.

[Bild: P1030340s.jpg]

Die Quelle-Ausführung erscheint mir noch eine Spur unscheinbarer, als das Telefunken-Pendant: Kein einziger farblicher Akzent, nur grau in mehreren Variationen. Darüber hinaus unterscheiden sich beide Geräte nur in äußerlichen Details:

- Die Größe der Laufwerkstasten ist bei der Telefunken kleiner. Mir erschienen die bei der Senator immer griffiger, da die Druckverteilung bei den breiten Tasten eine angenehmere war.
- Dafür ist der Spurwahlschalter bei der Senator ein rechteckiger und kleiner.
- Das Aussteuerungsinstrument des Senators ist ohne Beleuchtung. Zur Konfirmation bekam mein Freund 1972 ein Telefunken magneophon 201 TS geschenkt. Bei dieser war – wenn ich mich recht erinnere – dieses Instrument beleuchtet. Vielleicht nur bei Aufnahme?

[Bild: P1030372s.jpg]

Technisch scheinen bzw. sind beide Geräte absolut identisch, wie ein Blick auf das Blechlaufwerk zeigt. Hier die inneren Werte des Senators aus der Bedienungsanleitung:

- Frequenzumfang: 60 – 13000 Hz
- Geräsuchspannungabstand: 46 dB
- Tonhöhenschwankungen: ± 0,3%
- Endstufe: Gegentakt 2,5 W
- Gewicht: 9,5 kg

[Bild: P1030358s.jpg]

Nachdem Musik in den Mittelpunkt meiner außerschulischen Aufmerksamkeit rückte, verbrachte ich Unmengen freier Zeit mit dem Senator Tonbandgerät. Es war gleich komplett mit einem Mikrofon (gehörte zur Grundausstattung) und vier Tonbändern, die ebenfalls aus dem Portefeul des Versandkaufhaus Quelle stammten.

[Bild: P1030397m.jpg]

Anfänglich nahm ich noch Sendungen aus dem Fernsehen mit dem Mikrofon auf; an eine der letzten (Peanuts im ZDF) erinnere ich mich noch gut. Viele Tonbandbriefe mit Freunden und Verwandten in der Ferne wurden gesprochen, die heute alle noch existent sind. Mit meinem Philips Kofferradio (ebenfalls von 1968 – muss noch in irgendeiner Kiste im Keller sein und seit 1980 nicht mehr gesehen) begann dann die Zeit der Radioaufzeichnungen. Anfangs beschränke sich meine Aufzeichnungstätigkeit auf Hitparaden (NDR Internationale Hitparade mit Wolf Dieter Stubel und Hansawelle Bremen Hitline International mit Christian Günther).

Mit Beginn des Jahres 1972 gab es einen radikalen Richtungswechsel, nun wurde Rockmusik gehört. Die täglichen Sendungen (auf NDR der „Fünf Uhr Club“ und „Musik nach der Schule“) waren Pflicht. Es wurde aufgezeichnet, was das Tonbandgerät hergab bzw. was die Höhe des Taschengelds (10 DM) für den Kauf von Tonbändern (BASF DP26, 18er Spule für 27 DM bei Karstadt) ermöglichte. Der Senator lief ohne Unterlass.
Zitat:Zitat Gyrator:
„Aber gerade durch die Einfachheit weist so mancher dieser Oldtimer eine überrasschende Robustheit auf.“
Mein Umgang mit dem Gerät war wenig rücksichtsvoll. Mir machte es auch spaß, sie das ein oder andere Mal zu „quälen“:

- ständige Bereitschaft in Pause, um sofort eine Aufnahme vom Radio starten zu können;
- Kupplungen schleifen lassen um bestimmte Stellen auf dem Band anzufahren;
- Durch die Gegend schleppen, um woanders Aufnahmen machen zu können;
- Einsatz auf diversen Parties in der Schule oder bei Freunden usw.

Es hat alles anstandslos mitgemacht. Ihre einfache Konstruktion war also auch ein Vorteil.

[Bild: P1030350s.jpg]

Das ging am Tonkopf nicht spurlos vorbei. Am 18.9.1973 brachte ich mein Tonbandgerät nach Radio Steffens in der Cuxhavener Nordersteinstrasse (gibt es natürlich seit Ewigkeiten nicht mehr). Die Aufnahmen klangen mittlerweile dumpf. Ein Tonkopfwechsel war fällig. Die Reparatur incl. Material erforderte 108 DM. Meine Eltern waren gnädig.

[Bild: P1030363s.jpg]

Die Aufzeichnungen mit dem Senator Tonbandgerät endeten 1974. Im August bekam ich ein Uher Royal de Luxe und in der Folge eine „richtige“ Stereo Anlage. Auch der „neue“ Kopf zeigt bereits starke Verschleißspuren. Sowohl beim alten wie beim neuen liegt der Abrieb über 5mm. Die geschätzte Betriebszeit jedes Kopfes dürfe bei etwa 700 Stunden gelegen haben.

[Bild: P1030364s.jpg]

Das war in meinen Augen nicht viel. Das Material des Kombikopfes war nicht das haltbarste. Ähnlich verhielt es sich später mit meinem Uher Gerät. Auch hier waren die Köpfe bereits nach einem Jahr bei ähnlicher Laufleistung durch. Das sprach nicht für deutsche Geräte oder für das damals verwendete Kopfmaterial. In der Folge gab es 1975 die erste Revox A77. Erster Kopfwechsel bei gleichem Bandmaterial nach ca. 6.000 Kopfstunden.

[Bild: P1030342s.jpg]

Nachdem ich diesen thread las, steht die alte Kiste nun wieder vor mir. Der Zahn der Zeit ließ einige Kunststoffteile farblich verändern. Sie nahmen einen gelblichen Farbton an. Sie verbrachte die vergangenen 35 Jahre in diversen Kellern, die nicht immer trocken waren und auf Dachböden, wo es im Sommer sehr heiß wurde. Die letzten fünf Jahre stand sie bei idealen Bedingungen im Lager der Firma.

[Bild: P1030343s.jpg]

Auch wenn der Schaumstoff im Deckel nicht gealtert ist, wie niels es bereits schrieb, die Gummifüße sind es. Das, was einmal weich war und die Vibrationen des Laufwerks dämpfen sollte, ist heute steinhart (deutsches Material aus den 60er Jahren – von einer japanischen Konkurrenz war noch wenig zu spüren). Mein Gerät hat es gerne gemütlich warm gehabt; in meinem Zimmer stand es auf einem dicken weichen Lederkissen, was garantiert keine Luftzirkulation zuließ. In der Folge ist der Gummifuß unter dem Motor ziemlich weich geworden und gab dem auf ihm lastenden Gewicht nach, bevor er dann über die Zeit aushärtete.

[Bild: P1030356s.jpg]

In den vergangenen Tagen wurde das Gerät von mir noch einmal ausgiebig in Betrieb genommen und in seinen Funktionen geprüft. Sämtliches Zubehör wurde gesucht und auch gefunden. Alles ist in einem erstaunlich guten Zustand. Flashback in längst vergangene Zeiten.

[Bild: P1030345s.jpg]

Die Bedienungsanleitung trägt das Datum 5/67, der Schaltplan 1/67.
Zitat:Zitat niels:
Die Bedienungsanleitung habe ich leider verschlampt. Darin ist ein Hinweis zu finden, wie dieser Schalter bei Anschluss von Röhrengeräten zu stellen ist.
Ein solcher Hinweis lässt sich in der Bedienungsanleitung der Senator nicht finden.

Dabei wird die Tatsache, dass es sich um ein Transistorgerät handelt, bedeutsam in Szene gesetzt. Nicht nur auf der Bedienungsanleitung, sondern auf dem Gerät ebenfalls.

[Bild: P1030389s.jpg]

Es ist überraschend: es läuft nach all den Jahren des definitiven Nichtgebrauchs ohne Probleme, allerdings mit kleinen Einschränkungen. Nach dem Einschalten startet der Motor und treibt über einen Riemen diverse Umlenkrollen und den Capstan an. Dieser hat einen Schaden im Kunststoff der oberen Lagerung. Ein Knarren wird hörbar. Drückt man gegen den Capstan (mit dem Finger oder über die Andruckrolle), hört das Geräusch auf. Diese Erscheinung ist nicht neu, sondern begann bereits in der Mitte der Siebziger Jahre. Manchmal hilft auch ein leichter Schlag gegen das Gehäuse, um das Geräusch zum Schweigen zu bringen. So habe ich das damals schon gemacht.

Eines meiner alten Bänder wurde eingelegt, nachdem entmagnetisiert wurde. Über den eingebauten Lautsprecher klang es nicht einmal so schlecht, wie man es vermuten könnte. Es kommt auf die Erwartung an. Musik war gut zu hören, allerdings knarzte es manchmal. Bei Betätigung des Spurwahlschalters oder des Volumereglers verschwand es auch wieder. Danach lief das Band problemlos Stunde um Stunde. Acht Stunden wurden alte Aufnahmen gehört. Aufnahmen von RTL mit Frank Elsner von 1970. Hitparade.

Am nächsten Tag startete ich eine Sprachaufnahme mit dem zugehörigen Mikrofon. Über dem eingebauten Lautsprecher klang das nicht einmal schlecht. Ausgesteuert wird mit dem Lautstärkeregler an der Front, der beim Drücken der Aufnahmetaste in den entsprechenden Modi wechselt. Mit diesem Regler wird das Gerät auch aus- und eingeschaltet. Das Aussteuerungsinstrument ist ziemlich träge. Eigentlich zeigt es nur an, ob ein Signal anliegt.

Nun wurde ich neugierig und wollte zu einem größeren Test ausholen. Ein Anschluss an die Anlage war geplant, um der/die/das Senator gegen eine Revox A77 antreten zu lassen. Stammen ja aus der gleichen Zeit. Allerdings hat mein Verstärker keinen fünfpoligen DIN-Ein- und Ausgang. Aber die Revox. Ein „Diodenkabel“ wurde aus dem Lager geholt und meine alte Kiste angeschlossen. Die Verbindung war hergestellt.

[Bild: P1030393s.jpg]

Allerdings war nichts zu hören. Sowohl über die Radio-/ Phono- als auch die fünfpolige Kopfhörerbuchse war dem Gerät kein Signal zu entlocken. Ein Test über die Anlage viel damit aus.

Dafür kramte ich einen alten Sennheiser HD 424 heraus (der alte Original-Kopfhörer muss auch noch irgendwo herum fliegen), der noch über die DIN-Lautsprecher-Stecker verfügte. Nun war über den Lautsprecherausgang immerhin eine bessere Tonkontrolle möglich. Allerdings nur subjektiv und nicht vergleichend. Eine CD-Aufnahme wurde gestartet und funktionierte auf Anhieb. Das Mithören über den Kopfhörer war ebenfalls möglich. Das nachfolgende Abhören über Band klang auch ganz passabel, allerdings war die Höhenwiedergabe etwas schwach.

Das Senator funktioniert also noch immer in allen wesentlichen Betriebsarten. Messtechnisch wurde sie nicht geprüft. Sicherlich werden die Kondensatoren nicht mehr ihre Kapazität haben, aber was soll es. Sie läuft. Es war nichts Zuviel an diesem Gerät, also kann auch wenig kaputt gehen.

Übrigens: Die Umspulgeschwindigkeit für ein 18cm DP26 Band beträgt 5:20, ein langsamer, aber für mich (damals) ausreichender Wert.
Zitat:Zitat David77:
„Begeistert haben mich die Gurken schon damals nicht, ... Gruselige Kisten...brrr.“
Habe versucht, dieses „Brot und Butter“-Gerät mit meiner Geschichte etwas lebendiger zu machen, um zu zeigen, dass diese durchaus ihre Daseinsberechtigung hatten. Es konnte das, was die aufkommende CompactCassette auch konnte: In passabler Qualität Musik und Sprache aufnehmen. Ohne SchnickSchnack. Zu meiner damaligen vollsten Zufriedenheit.

Gruss
Olaf
Olaf, der eher passiv seit Jahren hier mitliest und sich an den fachlichen Beiträgen über Tonbandgeräte erfreut
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#12
Hallo Olaf, (ist übrigend mein zweiter Vorname)

diese Ergänzung ist doch sehr schön. So viel habe ich mit meinem Telefunken nicht erlebt. Und auch die spendende Verwandschaft hat nur ein 18er und fünf oder sechs 15er Bänder damit bespielt.

Hast du bei dem Anschluss des Senators an die Revox daran gedacht, den Lautstärkesteller hochzudrehen? Das Ausgangssignal der DIN-Buchse ist davon abhängig.

Der Tonkopf scheint von der Robustheit her tatsächlich nicht dafür ausgelegt zu sein, mit Tonband in Berührung zu kommen. Der Einschliff ist nicht nur stark sondern auch sehr unregelmäßig. Ich habe mit so einem Kopf meinen ersten Läpp-Versuch unternommen.

Die Beleuchtung der Aussteuerungsanzeige beim 201 ist an, sobald das Gerät mit dem Ein-/Aus-Lautstärke-Regler eingeschaltete wird.

niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
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#13
Zitat:Olllafff postete
Darüber hinaus unterscheiden sich beide Geräte nur in äußerlichen Details:
Nicht zu vergessen: Beim Senator sind Lautstärke- und Klangregler an der Vorderseite statt (wie beim Telefunken) oben.

Den Sinn dieser Verlegung habe ich nie so ganz verstanden. Wenn das Gerät sich mit geschlossenem Deckel betreiben ließe, wäre es nachvollziehbar. Lässt es sich aber nicht.
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#14
Regler an der Vorderseite gab es auch bei vielen Philips-Modellen der 1960er.
Was den eigentlichen Sinn dieser Konstruktion auch nicht erhellt.

Gruß
Thomas
Manche Tonträger werden mit jedem Ton träger.
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#15
Knöpfe vorne sind sinnvoll wenn die Kiste im Regal wohnt und nur ein schmaler Spalt zum Bandeinlegen nach oben frei ist.
Pegelmesser von oben zu besichtigen ist dann natürlich nicht sinnvoll.

Bei den Philipsen (N4302 u.ä.) gleicher Jahrgangsstufe gleicher Fehler.
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#16
Da werden ja Erinnerungen wach. Mein erstes Tonbandgerät, das ich von meinen Eltern bekommen habe, ein Telefunken M 104. Dieses recht einfache Gerät, statt eines Zählwerks hatte es eine Tabelle zwischen den beiden Bandtellern, konnte gegen die Philips RK 14 oder das Grundig TK 17 aus meinem Freundeskreis nun gar nichts ausrichten.

Nach etwas Geplärre und einem entgegenkommenden Fachhändler zeigte sich mein Vater gnädig und tauschte das M 104 gegen ein M 106. Wow, das war eine Wucht, Vierspur, Multiplay, Pausentaste und sonstiger Schnickschnack...

Heute steht bei mir noch ein Telefunken studio 22 meines verstorbenen Bruders, das in seiner Aufmachung stark dem hier vorgestellten M 201 ähnelt. Leider ist der Gleichlauf trotz Riemenwechsel nicht so, dass es zum Einschalten auffordert.

Und "heute", Halbspur wird ob der Aufnahmequalität favorisiert, Pausentaste (bei den Revox´) verschmäht und gar nicht benötigt, 3-Motoren-Laufwerke sind an der Tagesordnung.....

Danke an Niels für die M 201-Vorstellung.
Gruß
Dreizack
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#17
Hallo Olaf,

dass du beim Anschluss über die DIN-Buchse der Revox kein Signal bekommst, ist kein Wunder: das Magnetophon stellt seine Ausgangsspannung sowohl über die Radio- als auch über die Kopfhörerbuchse über die Kontakte 3 (Signal) und 2 (Masse) zur Verfügung. Die A77 möchte das Eingangssignal (allerdings auch pegelmäßig nicht passend, da um den Faktor 100 kleiner) an den Kontakten 1 und 4 (Signal links und rechts) und 2 (Masse) haben.
Hier wäre also eine entsprechende Kreuz-Adaptierung mit Pegelabsenkung nötig.

Und wenn du noch mal einen neuen Kombikopf einbauen möchtest, dann schick mir bitte eine PM. Ich habe noch einen G 435 liegen.

Gruß
Holgi
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