Bänder schneiden, aber wie??
#1
Die Revox-Schere, auch die von TFK schneidet das BAnd im Winkel von 45°. Dies ist verständlich: fliessender, weicher Übergang.

Klebe-Schneidschienen, bei denen mit einer handgeführten Klinge gearbeitet wird, haben oft 2 verschiedene Winkel und eine 90°-Rille.

Gibt es Regeln, was wann anzuwenden ist?
Michael(F)
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#2
Zitat:Dies ist verständlich: fliessender, weicher Übergang.
In einem Buch laß ich mal, daß man den Schrägschnitt macht, um die Klebeeigenschaften zu verbessern, was ja durchaus nachvollziehbar ist. Aber deine Variante läßt mich schaudern: stell dir mal vor, man müßte als Cutter hochpräzise Bänder sezieren und durch so einen Schrägschnitt 'überlappen' die Aufnahmen. Würde ich jedenfalls nicht gut finden. In den Leerstellen zwischen 2 Aufnahmen paßt das sehr gut mit den 45°... Natürlich gibt es auch Melodeien, wo diese Überlagerung wünschenswert ist, um eben den Cut elegant zu verheimlichen.
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#3
Ja diese Regeln gibt bzw. gab es:
Die Richtschnur war die Unhörbarkeit.
Überdies musste die auf den Bändern gespeicherte Information des ablaufenden und des anlaufenden Takes überlappen, damit Änderungen im Verhalten des Bandes, der Vormagnetisierung, des Bandlaufes etc. pp., vor allem aber solche im Spiel der Musiker halbwegs unhörbar blieben. Man schnitt möglichst das Original, weil jede Kopie einer Aufnahme Frische und Luftigkeit raubte. Oft genug kam es dann vor, dass man wusste, 'so, jetzt gilt's': Wenn's klappt wird's (wohl) gut, wenn nicht, hast du wieder eine Stelle, an der du bei der Bandabnahme deinen Hustenanfall bekommen musst, damit das Ding durchgeht. Dann schnitt man den letzten Millimeter runter, der nicht mehr wieder unhörbar anzukleben war. Die Schnittgenauigkeit lag bei etwa 3 ms, und ein Schnitt war ein Schnitt, wenn man ihn vollzogen hatte, denn das Band war danach nicht mehr integer....

Normalerweiwse schnitt man zu 60° (so ist auch die Revox-Schneideeinrichtung angelegt), auf den Lehren hatte man aber oft auch noch 45°, wobei das dann zumeist in beide Richtungen lief. Immer lag ein Signierstift auf der Maschine, wobei die Studioanlagen auch einen Markierungsstempel besaßen, weil die Köpfe bei deutscher Schichtlage ja den direkten Blick aufs Band erschwerten. Der Rundfunk forderte (hierzulande) deshalb auch bis zum Schluss eisern eine helle Bandrückseite, auf der Schnittmarkierungen in Stempelgestalt gut zu sehen waren. Das PEM 468 hatte deshalb ebendort auch eine eher schlechte Presse; meines Wissens gab es auch mal eine Serie PEM 468 mit heller Rückseite, was aber aus mir nicht mehr erinnerlichen Gründen doch nicht Normalität wurde.

Geklebt wurde in der Frühzeit (und noch meiner Kinderzeit) nach dem Nassklebeverfahren, was aber mehr Nach- als Vorteile hatte, weil das Klebemittel die Magnetitschicht -gewollt- anlöste, was aber zur Veränderung des magnetischen Verhaltens führt und damit per se hörbar ist. Seither aber wandteman sich mehr und mehr den Klebebändern zu, die in späterer Zeit auch in Abschnitten konfektioniert geliefert wurden, was diejenigen Kolleginnen nicht begeisterte, die mit virtuosen Schnittjongierereien (siehe unten) schnell bei der Hand waren.

Schwierige Schnitte wurden freihändig mit 10, 15° 'hinmodelliert' (um nicht zu sagen gebastelt), andere Kolleginnen (zumeist) versuchten sich an Schnitten, bei denen über 20 Zentimeter hin ein gleichschenkeliges Dreieck in ein V einlief, nur damit das, was nicht zusammenwollte, nun doch noch zusammenkam. Man schnippelte und schnitzte, tat und machte, so dass dann schonmal der Kontrabass unten durchstrich, wo in der Partitur zwei Noten standen, nur kriegte man das im Schnitt mit den Bläsern obendrüber sonst einfach nicht hin. Es knackte, puffte, pumpte und wummerte. Im schlimmsten Fall wurde dann doch zum Beispiel mit Tiefenbeschnitt kopiert; dann liefen die meisten Schnitte. Die LP breitete dann noch einmal eine dankbare Decke über dem Mist aus, der unter Dreingabe einiger psychischer Substanz entstanden war....

Natürlich gab es Meisterinnen in diesem Geschäft, deren Arbeitstempo und -qualität selbst den Fachmann in Erstaunen versetzten. Diese Damen bogen oft auch das noch hin, was man ansonsten als schlicht unmöglich bezeichnet hätte. Hut ab vor dem, was da mitunter gelaufen ist. Hut ab aber auch vor den Maschinen, die dies Maschinengewehrfeuer wegsteckten, das man erlebt haben muss.
Heute ist bereits die zweite, ja dritte Generation von Tonmeistern auf dem Markt, die den Analogschnitt gar nicht mehr kennen, geschweige denn beherrschen (lernten). Dies ist zweifellos ein Verlust, aber nicht zu ändern.

Ich war nicht zuletzt über den digitalen Schnitt deshalb so glücklich, weil er meine Nerven schonte, denn alles war mit der neuen Technik zu revidieren, Schnittform und -winkel (Überblendzeit) ließen sich in weiten Bereichen einstellen, vor allem aber blieb/bleibt das Original unzerstört erhalten. Wenn das kein Fortschritt ist?

Im Pop-Bereich wurde auf Ein- oder gar Zweizollband naturgegeben schon lange nicht mehr 'blutig' geschnitten, weil durch Punch-in/Punch-out, parallelem Musizieren auf zwei sepraten Spuren eines Bandes zwischen Versionen einfach elektronisch umgeschaltet werden konnte. Spätestens der Timecode beendete jeden Schnitt mehrkanaliger Bänder im Pop-Sektor.

Bei Sprache praktizierte man (ich glaube beim SWF) auch noch ein anderes Verfahren, für das Studer der B67 eine eigene Taste am Kopfträger verpasste: Man hob das Band im Aufnahmebetrieb des Bandgerätes vermittels dieser Taste von Aufnahme- und Löschkopf etwa 5 Millimeter weit ab und gab die Taste im Moment des 'Schnittes' frei, so dass sich das Band an Lösch- und Aufnahmekopf anlegte und wie gewünscht moduliert wurde. Dies erforderte natürlich die Aufmerksamkeit aller Beteiligten, erhielt andererseits aber das Band ohne mechanische Beschädigungen; außerdem knackt dies Verfahren garantiert nicht.

Hans-Joachim
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