Wie wurden Bänder kopiert?
#1
Die Amerikaner schwärmen von ihren Kaufbändern, auch die Engländer sind ganz angetan. Die Qualität soll ziemlich hoch gewesen sein. Ich besitze rund 20 Kaufbänder, darunter auch deutsche von Saba. Mal gut, mal schlecht, vom Hocker haut's mich nicht.

Aber wie wurden diese Bänder in Massen produziert? Einfach mal ein Band kopieren ist sicher für niemanden ein Problem, aber die Massenfertigung bespielter Bänder??? Da gab es z.B. diese Dokorder bei eBay, wo sich Masterband und Leerband innig kuschelten und so eine Kopie auf dem Leerband entstand.

Außerdem müßte das auch in akzeptabler Zeit vom Fließband fallen, also wurde beim Kopieren die Geschwindigkeit erhöht unter Inkaufnahme von Verlusten???
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#2
Sicherlich ist diese Art nicht die geeignete, Bänder für Kaufzwecke zu kopieren aber ich kann mich noch an einen Beitrag in einer Blindenzeitschrift erinnern, der zur DDR-Zeit erschienen ist. Es wurde dort berichtet, wie die Hörbücher für die damalige "Zentralbücherei für Blinde zu Leipzig" hergestellt wurden. Zuerst wird das Buch von einem guten Sprecher (oder wenn es ein Hörspiel sein sollte, von Schauspielern) auf ein Masterband gesprochen. Dieses Band wurde mit einer schnell laufenden Vollspurmaschine aufgenommen. Nach dem Schnitt wurde dann eine Kopie in Halbspur Mono gezogen und auf ein "Masterband" für die Kopieranlage gespielt. Die Kopieranlage bestand aus eben einer Maschine, die dieses Master abgespielt hat. Zehn "Sklaven" liefen dann mit und kopierten das Band (beide Spuren zugleich) auf die Bänder, die dann für den Verleih bereit gestellt wurden. Sicherlich waren für den genannten Zweck nicht so viele Kopien erforderlich, wie für Kaufbänder. Auch weiß ich nicht mehr genau, ob das Kopieren in normaler Geschwindigkeit erfolgte oder in mehrfach erhöhter. Es war ja nicht gerade HiFi erforderlich, denn es ging ja hier nur um Sprachaufnahmen. Diese Ausleihbänder liefen auf 9,53 cm/s.
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#3
Hallo highlander

Soweit ich weiss, wurden Kassetten so kopiert. Ein Referenztape oder eine Bandmaschine, dahinter wurde der Ausgang gesplittet und auf die Maschinen verteilt. Ich habe mal ein Bild gesehen, da standen ca. 50 ReVox B215 als solche "Kopiermaschinen" herum. Wie es bei den Bändern ausgesehen hat, weiss ich nicht.

Gruss
Etienne
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#4
.
Sowohl Bänder als auch Kassetten wurden sowhl mit Normalgewschwindigkeit als auch mit höherer Geschwindigkei kopiert. Um die "verbogenen" Frequenzgankurven auzugleichen, wurde der Ü- Master entsprechend verzerrt.

Ist aber schon einmal im Sommer an anderer Stelle in diesem Forum ausführlich behandelt worden.


Frank ( darklab )
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#5
Zitat:Frank postete
Ist aber schon einmal im Sommer an anderer Stelle in diesem Forum ausführlich behandelt worden.
Es wurde angerissen, aber nicht ausführlich diskutiert Wink Die Master- und Slavestory von snzgl ist mir z.B. neu gewesen.
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#6
Gefahr im Verzug, der Historiker naht...:

Die Magnetbandkopiererei begann schon vegleichsweise sehr früh und stand unter politisch durchaus eindeutigen Sternen, denn schon 1941 versuchten die AEG und die Telefunken-Platte sich mit der Tonband GmbH (Gründung schließlich am 11. Mai 1942) für das Musik-Produktionsgeschäft einer erhofften Nachkriegszeit in Stellung zu bringen. Nachdem im 'wider Erwarten' andauernden Krieg auch die RRG praktisch den gesamten Propaganda-Apparat in Berlin konzentrierte und die Landesrundfunkanstalten entweder mit Bändern oder über Leitungen versorgte, wuchs der Kopierbedarf so erheblich an, dass dies die Kapazitäten der RRG in Berlin überforderte, weshalb man sich für die Kopierarbeiten dankbar der Hilfe der Tonband GmbH (Geschäftsführer war der Magnetbandpionier Heinz Lübeck) versicherte. Dafür hatte man sich offenbar auch schon wissenschaftlich vorbereitetet, denn der AEG-Magnetbandler Rolf Müller-Ernesti reichte am 31. Oktober 1941 sein Patent 910 602 (erteilt 1954) für das Kontaktkopierverfahren (im Hf-Feld) ein. Im Patenttext fehlt aber interessanterweise der eigentlich wesentliche Hinweis auf den vielleicht größten Vorteil dieses Verfahrens: Die mehrfache Originalgeschwindigkeit. Wusste man also noch nicht davon?
Gleichzeitig berichtet IGFarben, Ludwigshafen von der Entdeckung eines hochkoerzitiven Magnetits, so dass hier ein Zusammenhang mit Ernestis Patentanmeldung bestehen könnte.

Man begann bei der Tonband GmbH mit einer Kopierstraße von 4 Magnetophonen K4 und einer 'K5', die in diesem Zusammenhang das erste und letztlich einzige, glaubwürdige Mal dezidiert genannt wird. Es ist nicht auszuschließen, dass die Nummern K5 und K6 von der AEG für Kopiergeräte freigehalten wurden, was dann aber mit dem immer länger werdenden Krieg selbst bei 'AEGs zuhause' in Vergessenheit geriet.

Geplant war, die Kopieranlage der Tonband GmbH auf 11 Maschinen vergrößern; inwieweit es dazu oder gar zu mehr kam, wissen wir heute nicht.
Nachdem im Juli 1943 die IG-Farben-Magnetbandfertigung buchstäblich und ohne Kriegseinwirkung 'in die Luft ging', dazu Probleme genug bestanden, den mittlerweile erheblichen Bandbedarf anderweitig zu decken, kam man von dem Kontaktkopieprojekt soweit ab, dass es nach dem zweiten Weltkrieg durch amerikanische Ingenieure zu einer Zweiterfindung kam. Außerdem war man hierzulande von der Qualität des Kontaktkopieverfahrens nicht so sonderlich überzeugt (Lufteinschlüsse, Schlupf), weshalb man bis zum Hochgeschwindigkeitskontaktkopieren bei Videocassetten ab etwa 1980 davon ließ.

MCs wurden wegen des für hochwertige Cassetten schlicht erforderlichen hochkoerzitiven Bandmaterials (Chromdioxid) meines Wissens nie im Kontaktkopierverfahren, sondern immer im klassischen Kopierverfahren, jedoch mit 16-, ja 32-facher Geschwindigkeit (Vier-Kanal-Master frei im Loop-Bin-Kasten laufend) gefahren, wobei hier die Crossfieldtechnik (Bereitstellung des Hf- und Nf-Feldes durch zwei separate Köpfe) in der NF-Nutzung gegenüber dem sonstigen Nischendasein ein bedeutendes Betätigungsfeld fand.
Wohl gemerkt bleiben bei diesem Kopierverfahren die Wellenlängen ja gleich, weshalb man neben der sorgfältigen Mechanikauslegung lediglich in der Kopf- und Verstärker-/Oszillatorkonstruktion auf die hohe Bandgeschwindigkeit Rücksicht zu nehmen hat.

Dennoch sind die Ansprüche an Einmessung und betriebliche Wartung bei Schnellkopien so hoch, dass man derlei unter der Prämisse unternehmerischer Wirtschaftlichkeit vielleicht beim redundanten Bild in VHS-'Qualität' tolerieren/hinbekommen mag, bei Audioaufzeichnungen aber war auch ich immer unglücklich über das Ergebnis, dessen Vorlage man ja im Original kannte... Theoretisch konnte die Qualität über derjenigen der LP liegen; in praxi sah das aber etwas anders aus...

Hans-Joachim
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#7
Zitat:PhonoMax postete
Gefahr im Verzug, der Historiker naht...:
.....eher "Aufklärung im Verzug"....



Frank ( darklab )
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#8
Hey,
ich muß jetzt endlich mal den Hans-Joachim in den höchsten Tönen loben! Es ist mir schon mehrfach aufgefallen, daß seine Einträge von großem Wissen zeugen u. sehr detailiert sind! Ausgezeichent! Meine Hochachtung!

Gruß, Euer Gunther
Hörmagazine? Da gibt es nur eine Wahl: TBS-47-AUDIOCLUB!
...mit: Hörspielen, Sketchen, Reportagen, Interviews, Montagen, Tricks usw.

INFO: http://www.tbs47audioclub.de/
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#9
Lieber Gunther,

danke für die Blumen; aber der ganze Kram ist einfach mein Beruf, mithin halb so wild.
Ich habe zur analogen Zeit studiert und geriet insofern als Laie in die digitale Zeit der Tonaufzeichnung, der ich mich allerdings mit derselben Leidenschaft stellte, denn die durch sie bei richtigem Einsatz zur Verfügung gestellten Möglichkeiten sind 'königlich'.

Die Geschichte meines Berufes hat mich immer interessiert, wobei mich nicht zuletzt die Enttäuschung über die mich nicht befriedigenden Ergebnisse des digitalen Zeitalters neuerlich und nun noch konsequenter in die Beschäftigung mit der Geschichte getrieben hat. Um Irrtümern vorzubeugen: Gerade am Klang habe ich nichts zu stänkern.

Auch und gerade weil heute in der allgemeinen (vor allem auch politischen) Diskussion Erfahrung als Funktion der Geschichte nicht mehr viel gilt, fühle ich mich dem Tun meiner Vorfahren in besonderer Weise verbunden, betrachte mich als ihr Abkömmling.
Heute gilt, was 'in' oder 'cool' ist, gleichviel, ob es sich dabei um klassischen Schwachsinn oder hochgradig sinnvolles Tun handelt. Und die marktstrategischen Entscheidungen unserer Ökonomen werden diesbezüglich durchwegs nicht von Zeitgenossen getroffen, die sich als Rädchen im historischen Zeitengefüge begreifen....

Und da setze ich gerne einen klitzekleinen Kontrapunkt. Wenn es dann noch das Interesse anderer findet, ohne dass ich zum Guru mutiere, umso schöner.

Hans-Joachim
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