Wie werden Meßbänder hergestellt?
#1
Meßbänder sind Präzisionserzeugnisse. Wie werden sie hergestellt? Besonders interessiert mich, wie man den Pegel - damit meine ich den magnetischen Fluss - genau in der richtigen Höhe aufs Band bekommt. Wie wird das eingestellt und gemessen, wenn auf dem Meßband ein Pegel von z. B. 514 nWb/m aufgespielt werden soll?

Natürlich könnte man messen, was für ein elektrischer Pegel an einer genau justierten Maschine herauskommt, aber diese muss ja zuerst einmal auch eingemessen werden. Wie kann man die Magnetisierung eines Bandes sonst noch messen? Gibt es irgendwie sowas wie ein "Urmeter für den magnetischen Fluss"?
Michael(F)
Zitieren
#2
Gibt es.

Der magnetische Fluß wird mit einer "Einmeßschleife" gemessen und eingestellt.
Dazu wird diese Schleife über den Tonkopf geklemmt und gemessen. Was und wie, wissen wir noch nicht genau.

Jedenfalls wurden die Bezugsbänder u.a. mit einer Studer A80 kontrolliert, die einen Kopfträger mit 8 (!!) Tonköpfen trägt. Mechanisch vom feinsten!

Zu diesem Thema wollen wir demnächst weitergehende Informationen veröffentlichen. Sobald wir mit der Sichtung der EMTEC Unterlagen durch sind und die seinerzeitigen Mitarbeiter der Abteilung dort befragt haben. Dann kommen auch ein paar Fotos der Maschinen.

Wenn wir die ausführliche Beantwortung der Frage bis dahin zurückstellen könnten ... Smile

Viele Grüße
Michael
Zitieren
#3
Nun, da die Ausführlichkeit der Beantwortung sichergestellt zu sein schein, will ich gerne noch ein wenig zuwarten, schiebe aber eine Frage hinterher, bei der es nicht um Meßbänder geht, sondern um das Messen von Magnetisierungen.

Man hält zwar Abstand zu magnetischen Quellen (Lautsprecher) und entmagnetisiert auch tapfer seine Geräte, alleine eine Erfolgskontrolle gibt es nicht.

Besteht die Möglichkeit, an einer bestimmten Stelle, an einem Tonkopf z. B. zu messen, ob und wie stark Magnetismus vorliegt?

So eine Induktionsschleife, die man durch ein vermutetes Feld bewegt, gibt es sowas als Meßgerät?
Michael(F)
Zitieren
#4
Zitat:Michael Franz postete
Besteht die Möglichkeit, an einer bestimmten Stelle, an einem Tonkopf z. B. zu messen, ob und wie stark Magnetismus vorliegt?

So eine Induktionsschleife, die man durch ein vermutetes Feld bewegt, gibt es sowas als Meßgerät?
Ja, es gibt Messgeräte für magnetische Felder. Sowohl für Gleich als auch Wechselfelder.
Womit die genau messen weis ich nicht. Bedenke das du mit einer Spule nur Wechselfelder messen kannst. (Sonst hättest du ja ein DC Offset, proportional zum Erdmagnetfeld, auf deinem Hörkopf.) Es gibt aber noch andere Techniken. z.B. sog. Hall Generatoren.

MfG Matthias
Zitieren
#5
Hallo Michael(F),

da mir ein Hallgenerator für diese schwachen Magnetfelder zu unempfindlich ist,verwende ich zur Kontrolle der Entmagnetisierung einen simplen Kompass,dieser reagiert sofort auf schwächste Gleichfelder mit einem deutlichen Ausschlag in die Richtung eines Poles.Mit etwas Praxis und Erfahrung kann man mit dieser Methode den Erfolg oder Nichterfolg einer Entmagnetisierung nachweisen.
Zitieren
#6
=> capstan
Der Tip mit dem Kompass ist gut, muss ich probieren. Wenn der auf das Erdmagnetfeld reagiert, daß den Bändern nicht schadet, so wird er auch auf Magnetische Bandführungen ansprechen.

=> matze
Bei Induktionschleife meinte ich einfach einen Leiter, den ich im Feld bewegen muss - dann müsste auch bei Gleichfeldern was angezeigt werden, oder? Aber der Kompass ersetzt das natürlich.

Jetzt stellt sich nur die Frage: Lagert man Bänder am besten von Nord nach Süd oder von Ost nach West Wink
Michael(F)
Zitieren
#7
-> Michael
Wenn du den Leiter bewegst schon.
Wenn ich mich recht erinnere ist die induzierte Spannung proportional zur Geschwindigkeit der Änderung des Magnetfeldes.

Lagern tust du die Bänder am besten in MU-Metal Behältern. Wink
Aber auch eine Weisblech Keksdose hat schon einen gewissen Abschirmeffekt, wie mir in der 4ma vorgführt wurde.
Zitieren
#8
.
AHA!. Jetzt peile ich das mit den NASA- Blechbüchsen. Micheal kennt die.

Wenn man durch eine Magnetisierung am Bandpfad eine Spannung indizieren will, muß man das Gerät mächtig schnell an der Spule vorbeizappeln, oder umgekehrt. Meinem Veraständnis nach sollte durch ein so schwaches Gleichfeld in einer Spule nicht viel passieren, auch wenn das Band es anders fühlt.

Was den Kompass angeht, der spielt bei mir im Haus jedenfalls völlig verrückt, Norden ist immer woanders. Draußen gehts es. Würde er dann ich auch von Remanenzen an z. B. Kernen von Ralais abgelenkt?


Frank ( darklab )
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
Zitieren
#9
Zitat:Frank postete
.
AHA!. Jetzt peile ich das mit den NASA- Blechbüchsen. Micheal kennt die.
Ich kenne die auch. Hm... Ich könnte die Dinger mal in die Firma mitnehmen und dort evtl. vom freundlichen Atomphysiker untersuchen lassen wie hoch die Abschirmwirkung ist.
Bei der NASA könnte ich mir sogar vorstellen das die besonders abschirmendes Material genommen haben. Da spielte ja Geld keine Rolex. MU Metal ist recht hartes Zeug, jedenfalls härter als normales Eisen.
Das wird der Renner bei Ebay:
Weltraumgeteste Tonband-Aufbewahrungsdose.
Schützt ihre Bänder vor dem starken Erdmagnetfeld, Erdstrahlen, Currywellen, sonstewas für Mist und kompensiert die magnetischen Einflüsse ihrer Aluspulen. Nur so bleiben ihre Bänder lange frisch und überleben den Atomkrieg. Startgebot 10€. Mit besonders highendiger C37 Lackierung 50€. Wink

Wie hoch war noch der Einkaufspreis für die Dinger?
Gibts die nicht auch in grösser, für Schallplatten?

Zitat:Was den Kompass angeht, der spielt bei mir im Haus jedenfalls völlig verrückt, Norden ist immer woanders. Draußen gehts es.
Vieleicht ist die Tonbanddichte pro Quadrahtmeter zu gross Smile

MfG Matthias
Zitieren
#10
Elektrische Leitungen und elektr. Verbraucher sorgen auch für Magnetfelder. Wenn es danach geht, dürfte bei mir auf keinem Band und keiner Kassette mehr etwas brauchbares drauf sein Wink
Zitieren
#11
Wie Bluthard, ein Mann der Praxis, Testbänder herstellt und verwendet, das kann man hier nachlesen:

http://www.bluthard.de/preise/analogeton...aender.htm
Zitieren
#12
Um Mißverständnissen vorzubeugen:

Bluthard stellt nicht das ganze Meßbandprogramm her, sondern vertreibt vielmehr die Meßbänder der einschlägigen Hersteller. Zusätzlich hat er ein paar clevere Ideen zum Justieren von Bändern gehabt und bietet auch diese selbstentwickelten Bänder an.

Unterscheiden muss man:
a) kommt es darauf an, daß die Aufzeichnung präzise auf dem Band sitzt (geometrischer Ort, senkrechter Spalt)?
b) oder muss zusätzlich noch ein genauer Pegel auf dem Band sein?

a), zur Kopfjustage zu verwenden, kann man wohl selber machen. Es erfordert eine Maschine mit präzise justierten köpfen. Über Spursichtbarmachung kann man die Ergebnisse prüfen.
b) erfordert wohl genaue Prüfeinrichtungen.

MichaelB studiert das gerade Wink
Michael(F)
Zitieren
#13
Zitat:Michael Franz posteteUnterscheiden muss man:
a) kommt es darauf an, daß die Aufzeichnung präzise auf dem Band sitzt (geometrischer Ort, senkrechter Spalt)?
b) oder muss zusätzlich noch ein genauer Pegel auf dem Band sein?
Um ein Band "Bezugsband nach DIN45513 Blatt 2 oder 3" nennen zu dürfen, müssen beide Voraussetzungen erfüllt sein. Die PTB hat nachgemessen und selbst bei neuen Bezugsbändern Abweichungen unter 0,5 dB moniert ... Nur damit das jedem klar ist, Bezugsbänder sind hochpräzise Meßinstrumente und nur mit dem nötigen technischen Aufwand und dem dazu passenden Know-How in der Qualität herzustellen, dass man danach auch messen kann. Viele zur Zeit angebotenen Meß- und Einstellbänder werden daheim, zwar auf großen Studiomaschinen, bespielt, erfüllen aber nicht die Qualitätsnormen der DIN45513.

Zitat:a), zur Kopfjustage zu verwenden, kann man wohl selber machen. Es erfordert eine Maschine mit präzise justierten köpfen. Über Spursichtbarmachung kann man die Ergebnisse prüfen.
b) erfordert wohl genaue Prüfeinrichtungen.
a. Spursichtbarmachung unter dem Mikroskop.
b. Bezugsbänder wurden mit folgenden Toleranzen hergestellt:
Bandbreite +0/-0,06 mm, Bandgeschwindigkeit ± 0,1 %, magnetischer Bandfluß ± 3 %, Spaltlage 90° ± 1', Gleichlauf- und Tonhöhenschwankungen: < 0,25 % (RMS, unbewertet), < 0,1 % (DIN/IEC, bewertet). Die Einhaltung dieser Toleranzen muß ja auch erst einmal gemessen werden ...

H. Bluthard stellt seine Bänder auf einer modifizierten A80 mit überbreiten Tonköpfen her. Man kann davon ausgehen, dass seine Bänder auch "maßhaltig" und normgerecht sind. Gleichwohl ich ein Band von ihm habe, wo Pegelsprünge von mehr als 1 dB enthalten sind. Smile

Um die Genauigkeit z.B. der Kopfjustage zu verdeutlichen: hat vielleicht jemand mal ein handfestes Beispiel dazu, wieviel Abweichung diese Winkelminute in Realität wirklich sind?
Zitieren
#14
Vielleicht deswegen heisst das "Messband" von Bluthard auch nicht Meßband sonder Justierband.

Ich denke, er ist sich dessen bewusst, daß er mit den Prüfbedingungen der Fa. Emtec nicht mithalten konnte und hat sich auf die Lücken konzentriert, die Emtec nicht füllte.
Michael(F)
Zitieren
#15
=> michaelB

Griffiges Beispiel zur Winkelabweichung von 1 Winkelminute (1')

Wenn der Kopf um 1' schräg steht, so macht das über die Breite eines 1/4"-Bandes ca. 0,002 mm aus, also 2 my oder 2 tausendstel mm. Das ist weniger als die Spaltbreite bei Wiedergabe.

Um diesen Betrag differiert der Kopfspalt, in Bandlaufrichtung betrachtet, von der oberen zur unteren Kante des Bandes.

Um eine Abweichung von 1 mm zwischen Ober- und Unterkante des Bandes zu bekommen müsste der Kopf ca. 3 m breit sein.
Michael(F)
Zitieren
#16
Zitat:Michael Franz postete
=> michaelB

Griffiges Beispiel zur Winkelabweichung von 1 Winkelminute (1')

Wenn der Kopf um 1' schräg steht, so macht das über die Breite eines 1/4"-Bandes ca. 0,002 mm aus, also 2 my oder 2 tausendstel mm. Das ist weniger als die Spaltbreite bei Wiedergabe.

Um diesen Betrag differiert der Kopfspalt, in Bandlaufrichtung betrachtet, von der oberen zur unteren Kante des Bandes.

Um eine Abweichung von 1 mm zwischen Ober- und Unterkante des Bandes zu bekommen müsste der Kopf ca. 3 m breit sein.
Exakt so hatte ich mir das gedacht.
Und jetzt sage bloß niemand mehr, er baue mal eben seine Tonköpfe um ... Smile
Zitieren
#17
Um die geforderte Genauigkeit einhalten zu können, stand bei AGFA-BASF-EMTEC hinter der Bezugsbandfertigung neben einer jahrzehntelangen Erfahrung eine komplette qualitätssichernde Messabteilung mit sicher jenseits zwanzig Arbeitsplätzen, deren Qualifiktion nicht von Pappe gewesen sein kann. So 'eben 'mal' war nicht. Wir lernten bei unseren seinerzeitigen Besuchen vor drei Wochen auch Mitarbeiter dieser Abteilung kennen, die uns summarisch berichteten, wie es dort zuging: Einen Vormittag lang wurde eingerichtet, damit man den Nachmittag über Bezugsbänder produzieren konnte.
Reizvoll waren die modifizierten Maschinen, die ja auch noch einen hochpräzisen Fertigungsapparat im Hause voraussetzten, wie denn die Elektroniken auch im Hause modifiziert wurden. Die Speiseschleifen nach IRT, von denen Michael oben berichtete, werden wir sicher gemeinsam auch einmal behandeln, denn wie 'sowas' in natura aussah, wusste ich bis zu dem Besuch bei der verblichenen EMTEC trotz einschlägiger Studien auch noch nicht. Und Cassettenbänder wurden ja auf regulären Bandlaufwerken M20/M28 (schmal abgeschnittene Bobbies!) mit modifizierter Kopfbestückung hergestellt und kontrolliert. Auch interessant anzuschauen.

Außerdem: Immer wieder taucht in den historischen Unterlagen der Bezugsbandabteilung die PTB auf, der man Bänder übersandte, um sie auf einwandfreien Norm-Fluss hin zu überprüfen. Wie die Kontrolle in Braunschweig lief, ist uns noch nicht klar. Wenigstens dort sollte man ja wohl die übliche Messgenauigkeit von einer Größenordnung über derjenigen des Endkunden gewährleistet haben.

Insgesamt verwundert mich der hohe Preis von Bezugsbandmaterialien heute nicht mehr, wobei die ganze Sache der Fertigung wenig alchemistisch lief, wohl aber mit großer Umsicht und Sorgfalt, was wir heute lieber der Maschine überlassen, weil derartige Ansammlungen an menschlicher Kompetenz derzeit am liebsten in Indien oder China bezahlt werden, hier im Staate Bunzrepublik also oftmals keine Chance mehr erhalten. Deshalb aber verdampft dies Wissen rückstandsfrei, weil gewachsene, in der Gänze erforderliche Abteilungen komplett aufgelöst werden. Auch die schlanke Fertigung, die man vor 20 Jahren vehement propagierte, trägt zur gegenwärtigen Misere mehr bei, als die 'Consultants' der damaligen (und heutigen) 'Wirtschafts'-Szene einräumen wollen. Wobei ich immer auf die Zahlen des Bruttoinlandsproduktes und unseres Außenhandelsüberschusses (trotz unserer Reiseweltmeisterschaft!) hinweise. Dazu wird von unseren klugen Herrn wenig Potentes verloren, vor allem, weil das ja in den gelobten Ländern USA und England ganz anders aussieht.

[ironie]
Vielleicht sollte man den Antrag stellen, die Demokratie abzuschaffen, weil diese Form von 'Mitbestimmung' den 'inkompetenten Bürger' zum Souverän erhebt und unsere, ach so kompetenten "Wirtschaftsführer" bei der Ausführung ihrer kapitalmarktkorrumpierten Tätigkeiten behindert. Das Bild vom Ökonomiefaschismus hatte ich ja schon einmal gebraucht.
[/ironie]

Hans-Joachim
Zitieren
#18
War EMTEC die letzte Bastion, die noch Bezugsbänder gefertigt hat? Falls ja, bedeutet dies, daß die Produktion von Bandmaschinen allein schon deshalb einschlafen muß, weil sie nicht mehr so eingemessen werden können, daß sie professionellen Ansprüchen genügen? Denn nach dem, was PhonoMax so schreibt, tät es mich wundern, wenn Tascam und Otari eigenen Abteilungen zur Meßbandproduktion betreiben.
niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
Zitieren
#19
.
Es wäre interessant nachzuforschen, ob unsere amerkanischen Freunde Bezugsbänder anbieten, denn diese sollten ja zu den gelieferten Bändern dazugehören. Ob eine Bandmaschine mit der angedrohten Besetzung eines Tonraums durch die Army zur Kalibrirung veranlasst werden kann, scheint mir eher fraglich.

Ohne Scherz: wer Bänder herstellt, sollte doch auch die zum ordungsgemäßen Betrieb bzw. Einstellung der Geräte notwendigen BB´s liefern. Sonst stehen irgendwann nur noch Bandmaschinen mit Pimaldaumenquadrat- einstellungen herum.

Herr Bluthard in hat Bezugs / Einstellbänder hergestellt und verkauft, ob er es noch macht, müßte eine Frage an ihn klären.


Frank ( darklab )
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
Zitieren
#20
Lieber Frank,

MRL stellt Bezugsbandmaterial her, inwieweit das aber den hiesigen Ansprüchen gerecht wird, die ja im Wesentlichen durch die Rundfunkanstalten geschrieben wurden, weiß ich nicht. Die amerikanische Tonaufnahmeszene ist selbst heute noch wesentlich anders strukturiert als die hiesige, obgleich man sich aufeinander zubewegt hat. Wir ließen von der Kompromisslosigkeit, in Amerika zog man mit den Anforderungen ein klein wenig nach. Deshalb dürften aber dennoch die mitunter kompromisslosen Forderungen der hiesigen Szene dort wohl (das beruht auf eigenen Erfahrungen, die aber schon fast dreißig Jahre zurückliegen) eher nicht durchzusetzen wären.

Mir nämlich ist auch nicht ganz erfindlich, warum JRF einen Generalvertrieb von BASF-EMTEC-Bezugsbändern in den USA übernommen hatte. Das wäre doch eigentlich nicht nötig, wenn es Fertiger auf dem Binnenmarkt gibt. Ich glaube daher -auch nach dem, was (selbst) bei EMTEC am Ende der analogen Magnetbandzeit noch für ein Aufwand getrieben wurde, dass obige Mutmaßung nicht allzuweit von der Wirklichkeit abliegt. Man nimmt es nicht so genau.

http://home.flash.net/~mrltapes/
http://www.jrfmagnetics.com/index.html?J...align.html

Schön an der MRL-Seite ist eine wirklich universelle Kundenberatung bis hin zu einem Progrämmchen, das Unterschiede zu berechnen erlaubt. in Gestalt von Aufsätzen des offensichtlichen MRL-Mannes Jay McKnight. Er ist auch wohl der einzige, was seinerseits gegen eine solche komplexe Infrastruktur spricht, wie sie die AGFA-BASF-EMTEC unterhielten.
Außerdem fällt auf, dass es bei MRL relativ universelle Bänder, wie das hier gemäß DIN 45513/2 etc. selbstverständlich ist, nicht gibt. Man muss für die beabsichtigten Zwecke jeweils ein eigenes Band erwerben.

Die Nullachtfuffzehn-Situation in Normungsfragen beim Niedergang einer Epoche kennen wir ja im Audiobereich anderweitig:
Wer gibt heute Schellacks den originalen Schneidkennlinien gemäß wieder? (Ich, ja, ich weiß, aber mich hat's ja auch.. Oder bestehen da Zweifel?)
Was ich aus dem Radio höre, klingt schwer nach RIAA oder aber so hart eingezogenem Nadelgeräuschfilter, dass man im Grunde bei RIAA ist. Die Sonic-Solutions-Stunde ist zu teuer, vor allem wenn ein guter Mann dran sitzt.

Wer bemüht sich um die originale Abpsielgeschwindigkeit von Stummfilmen? Die zappeln ja selbst heute (digitale Korrekturen möglich!) noch oft genug durchs Fernsehen.

Wer gibt historische Bänder (1940er Jahre) mit der ihnen zukommenden Wiedergabeentzerrung wieder? Die entsprechenden Kenntnisse zur einschlägigen Literatur fehlen ja zumeist in den entsprechenden Etagen der Tonträger-Industrie, einmal abgesehen davon, dass die Schaltungstopologie der originalen Verstärker erheblichen Interpretationsspielraum einräumt, der der damals geringen Identität an sich typgleicher Tonköpfe zuzuschreiben ist.
Man geht heute also nach Gutdünken vor, was ja auch daran deutlich wird, dass man bereit ist, Caruso zu einem modernen Orchester singen (?) zu lassen.
Ich halte das für Unsinn, weil mir hier jeglicher Zugang zum technischen und musikalischen Selbstverständnis einer längst abgeschlossenen Epoche verstellt wird. Und nur darum geht es mir beim Anhören solcher Ohrenfoltern.
Andere meiner Zeitgenossen dürfen, sollen das gerne anders sehen, denn mir liegt es nicht, aus meinen Ansichten ein "unnötig' Gesetz" zu machen. Mir reicht es aber nicht, allein Caruso zuzuhören, es muss mehr Erkenntnisgewinn zu erzielen sein.

Hans-Joachim
Zitieren
#21
Hallo,

ich habe nur ein Paar Anmerkungen zur letzten Nachricht:

>Mir nämlich ist auch nicht ganz erfindlich, warum JRF einen Generalvertrieb >von BASF-EMTEC-Bezugsbändern in den USA übernommen hatte. Das wäre >doch eigentlich nicht nötig, wenn es Fertiger auf dem Binnenmarkt gibt.

Der Vertrieb von (Bezug/Ton)bändern andere Hersteller besagt meiner Meinung nach gar nichts über die Qualität der lokalen Produktion. Ampex/Quantegy/Zonal Bänder sind ja auch hier in Deutschland seit Jahren verkauft worden, obwohl hier AGFA/BASF/EMTEC produziert hat. Um es zu überspitzen: Toyotas werden auch hier verkauft, sind deswegen Mercedes schlechter als sie?

>Außerdem fällt auf, dass es bei MRL relativ universelle Bänder, wie das hier >gemäß DIN 45513/2 etc. selbstverständlich ist, nicht gibt. Man muss für die >beabsichtigten Zwecke jeweils ein eigenes Band erwerben.

Ich kenne diese Norm nicht. Ich habe aber ein originales MRL Bezugsband für meine Akai gekauft (für NAB, 19 cm/s, 250 nWb/m - Bandnummer 21T202 aus dem "Multifrequency Reproducer Calibration Tapes"-Katalog). Es sind dabei Töne für die Spalteinstellung des Kopfes, Referenzlevel, Töne von 32 Hz bis 20 KHz. Ich glaube sogar das Telefunken für die M20 im Handbuch MRL-Bänder zur Einmessung stehen hat.
Ein wichtiger Punkt war/ist der Preis: das MRL-Band kostete 90 Dollar, wenn ich mich richtig erinnere. Wieviel wollte EMTEC für ein Messband, 300 Euro? Übrigens MRL gibt an, strengere Normen als BASF bei der Herstellung der Messbänder zu erfüllen. Ich kann definitiv ein MRL-Band jedem empfehlen, der so ein Messband haben möchte.
Für alle die Englisch lesen können, empfehle ich auch das Dokument "Choosing and Using MRL Calibration Tapes" auf der MRL Homepage zu lesen. Ich finde es äusserst informativ.
Und ich habe auch ein Testband vom Herrn Bluthard gekauft. Ich denke, er produziert seine Messbänder noch.
Chao,

Nelson
Zitieren
#22
.
Warum man Bänder importiert ist vermutlich eher eine kaufmaännische Entscheidung als eine technische.

Ich bin in den 70er Jahren von BASF auf Ampex umgestiegen, weil Ampex erheblich preiswerter war. Die schlechten wickeleigenschaften mußte ich allerdings in Kauf nehmen, was aber nicht so schlimm war, weil ich damals keine Wickel verwendet habe. Die späteren Probleme habe ich dann gratis dazubekommen.

Wie BASF / Agfa- Produkte preislich auf dem amerikanischen oder überhaupt ausländischen Märkten lagen, entzieht sich meiner Kenntnis, aber es hat sicher auch dort Tontechniker gegeben, die aus welchen Gründen auch immer ein PEM468 dem GrandMaster456 vorgezogen haben. Die berühmte Schlammschlacht von Woodstock wurde zumindest teilweise auf Agfa- Bändern mitgeschnitten.

=> Hans- Joachim: Ich höre relativ oft "alte Schellacks", wenn auch Überspieleungen auf moderne Tonträger. Wenn ich dabei zu Grunde lege, dass der technische Stand an verschiedenen Orten der Originalaufnahme zur gleichen Zeit einigermaßen einheitlich war, sollten die Kopien auch einigermaßen gleiche Klangeigenschaften haben. dies ist aber nicht der Fall. Es gibt erhebliche Unterschiede, selbst wenn der Covertext gleiche Aufnahmedaten angibt. Ich frage mich imer; liegt´s am Original oder am Kopiervorgang?

Auf jeden Fall ist es mir wichtig, alte Aufnahmen zu hören. Zum Einen aus musikhistorischen Gründen, zum Anderen weil es auch früher Musiker gab, deren Spiel anhörenswert ist, selbst wenn die akustische Qualität den heutigen Maßstäben nicht mehr entspricht. Von Ohrfolter würde ich dabei nicht sprechen, eher dann, wenn Caruso mit einm heutigen Orchester zusammen singt. Es kommt ja auch niemend auf die Idee, einen van Gogh mit Acryllack zu restaurieren, weil dieser wetterfest ist.



Frank ( darklab )
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
Zitieren
#23
Lieber Frank,

die von dir zu den frühen (also vormagnetbandlichen) Schellacks angesprochene Frage hat einer meiner Musikwissenschaftlerkollegen untersucht, der leider schon vor einigen Jahren ein Eckchen neben den Kapellmeistern Bach und Lully sowie dem guten Karl Valentin aufsuchen musste.
Ihm war in Aufnahmen bayerischer Blasmusik dasselbe Phänomen wie dir aufgefallen, garniert allerdings auch noch durch wechselnde und zum Teil erhebliche Spielfehler.

Er fand zur Ursache folgendes heraus: Eine Schnittfolie taugt nur für die Anfertigungen einer begrenzten Zahl von Pressmatrizen, die ihrerseits nur eine begrenzte Anzahl von Pressabformungen überstehen. Man fertigte deshalb mehrere Folien mit demselben Programm an, was zumeist durch mehrfaches Aufnehmen erfolgte, womit sich zwangsläufig andere Fehler und andere klangliche Eigenschaften ergaben. Wurde die Platte ein Renner, zog man auch noch die eigentlich ausgeschiedenen, fehlerhaften Versionen mit heran, ehe man die Interpreten von neuem ins Studio hätte holen müssen.
Interessent sind diese Exemplare deshalb, weil man über sie mehr zu Spielpraktiken und Instrumententypen (!) erfährt als über perfekte Versionen, die eben 'schlicht laufen'.

Ich setze bei obiger Erklärung voraus, dass du deine Überspielungen selbst auf einer immer identischen Anlage angefertigt hast, denn sonst funkt natürlich noch der Ersteller der Überspielungen mit dazwischen.

Hans-Joachim
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste