Schatztruhe Anno 1964, die ReVox G36
#1
Liebes Forum,

heute möchte ich einen weiteren Meilenstein der Tonbandtechnik präsentieren. Ein echtes Luxusgerät der 60er Jahre. Quasi die Edel-Schokolade aus der Schweiz.

Es ist die ReVox G36, ein echtes Schwergewicht mit üppigen Abmessungen und damit nicht immer gut im Wohnzimmer integrierbar. Dafür Technik in feinster Form mit solider Verarbeitung. Daher auch noch heute Robust und zuverlässig in seiner Funktion.

Die hier präsentierte G36 ist im Jahr 1964 gebaut worden und hat damit einen inzwischen historisches Alter erreicht. Also satte 46Jahre!

Diese G36 hatte den Weg zu mir mit einer defekten Endabschaltung gefunden und sollte auch anderweitig in ihrer Funktion überprüft werden. Schlussendlich reichte die Instandsetzung des Bandendabschalter und der Austausch einer Rekord-Signallampe aus um der G36 volle Funktionstüchtigkeit zu testieren.


Mit einem dezenten aber bestimmten Schriftzug wird gleich vorne auf die stolze Herkunft des Gerätes hingewiesen.


[Bild: 800_G36_0467_ReVox_Bj_1964.JPG]

Aus der totalen läßt sich schon erahnen, dass hier kein Leichtgewicht platz genommen hat und das Klotzen und nicht kleckern die Devise ist.


[Bild: 800_G36_0474_ReVox_Bj_1964.JPG]

Klar, sachlich und strukturiert ist die Bedienphilosophie. Die meisten werden sich sicherlich gleich zurechtfinden, denn die 77er Serie von ReVox hat hier unverkennbar ihre Wurzeln.

Der Wiedergabebereich ist hier getrennt vom Aufnahmebereich angeordnet. So finden sich alle Stellglieder der Wiedergabe oder der Vorbandkontrolle auf der linken Geräteseite wieder.


[Bild: 800_G36_0469_ReVox_Bj_1964.JPG]


Analog dazu wird man auf der rechten Seite gleich mit allem was an Regelorganen und Schaltorganen betrifft hier fündig.


[Bild: 800_G36_0471_ReVox_Bj_1964.JPG]

Im Zentrum befinden sich vor der Tonkopfbrücke zur Pegelkontrolle zwei Pegelmesser.

Das Laufwerk ist mit drei großen Direktantriebsmotoren ausgestattet, welche für kräftigen Wind beim Spulen sorgen. Die integrierten Bremsen packen fest und bestimmt, so dass auch große Wickel zügig verzögert werden.


[Bild: G36_0456_ReVox_Bj_1964.JPG]


[Bild: G36_0457_ReVox_Bj_1964.JPG]



Auch das Anschlussfeld bietet bereits für alle wichtigen Verbindungen RCA-Buchsen.
Der Aufbau ist übersichtlich und funktionsorientiert gestaltet, so dass man sich zügig für evt. Reparaturen oder Abgleich-arbeiten schnell zurecht findet bzw. einarbeitet.


[Bild: 800_G36_0455_ReVox_Bj_1964.JPG]


Für krätigen Sound sorgt einen uppig gestalteter Lautsprecher vorne im Gerät.


[Bild: 800_G36_0458_ReVox_Bj_1964.JPG]

Auch die Röhren mussten sich einreihen und sich überschaubar anordnen.

[Bild: 800_G36_0450_ReVox_Bj_1964.JPG]

Der Tonkopfbereich ist hier noch gänzlich anders als in den Serien der 77err Reihe. Hier werden die Köpfe hängend montiert. Doch das Dreikopfsystem ist Pflicht!


[Bild: 800_G36_0463_ReVox_Bj_1964.JPG]

Von der technischen Realisierung der Endabschaltung gab es in der Zeit der G36 verschieden Varianten. Die hier angetroffenen ist eine mechanische Realisierung mittels offenen Drahtschaltkontakt der über einen Bandzugabtaster betätigt wird.

Dies stellt auch häfig eine Störquelle an der Maschine dar. Denn Bandabrieb oder die Korrosion der Schaltkontakte können nach all den Jahrzehnten die Funktion beeinträchtigen oder gänzlich stören.


[Bild: 800_G36_0464_ReVox_Bj_1964.JPG]


[Bild: 800_G36_0466_ReVox_Bj_1964.JPG]

Soviel vorab zum Gerät.

Thomas
Mein Motto "Zitat" »Opa Deldok«: »Früher war alles schlechter. !!!!

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#2
Hallo Thomas,

danke für den Beitrag - Fotos vom Innerern einer G36 hab ich noch nicht gesehen. Überhaupt kenn' ich sie nur von Fotos, in natura noch gar nicht.

Zwei Fragen haben mich immer schon interessiert:

Kann man die eigentlich senkrecht betreiben? Ich glaub mal gelesen zu haben, daß man das nur bei späteren Modellen machen darf.

Kann man eigentlich auf den Außen-Koffer mit dem umlaufenden Spalt verzichten (ich find den schrecklich) ?
Wäre es theoretisch denkbar ein neues (enganliegenderes) Gehäuse zu bauen. Oder geht das evtl. kühltechnisch nicht ?

Grüße

Peter
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#3
Lieber Thomas,

auch meinerseits danke für den tollen Bericht!
Die G36 wäre meine erste Wahl, um mal ein Röhren-TB wahrnehmen zu wollen...wenn die Verfügbarkeit jetzt nicht NOCH unwahrscheinlicher wird... ;-)

Neben Peters Frage habe ich noch 3 weitere:
1. Gibt es auch einen Vor- / Hinterbandschalter (Monitor)? (Ging mir aus dem Text zu Bild 3 nicht soo recht hervor)
2. Ich habe einmal gelesen, dass frühere TBs eine 140µs-Entzerrung bei 9,5 cm/s (ggü. den späteren 90µs) hatten. Gehört die G36 (noch / teilw.) dazu? (siehe 2ter Link techn. Daten) Gab es für 19H historisch ebenfalls eine andere Entzerrung?
3. Teilweise wird ja auch von MKI bis MKIII gesprochen. Hat jemand Details?

Thomas, ich hoffe, Du gestattest mir diese 3 weiterführenden Links?
ftp://ftp.studer.ch/Public/Products/Revox/Revox_G36/
http://www.studerundrevox.de/index.php?page=192
http://www.reeltoreel.de/Revox/G36.htm

Viele Grüße
Frank
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#4
Hallo,

da ich ebenfalls G36 Besitzer bin, melde ich mich hier auch mal. Meine ist allerdings etwas neuer (1966 glaub' ich) und wurde in Deutschland gefertigt. Daher ziert meine auch keinen Switzerland Schriftzug. Auch die Gestaltung der Kopfträger- sowie Andruckrollenarmabdeckung ist schon etwas moderner gehalten.

Hier mal zum Vergleich ein Bild dazu (aus dem Kalender-Thread):

[Bild: G36_auf_Decke_kl.jpg]

Auch besitzt meine eine Bandendabschaltung mit Lichtschranke, ähnlich wie bei A/B77.

Was mich interessieren würde:
Ich hab' auf den Bildern gesehen, daß eben die etwas andere Kopfträgerabdeckung hier angeschraubt ist, anstatt aufgesteckt. Daher sind auch die Schrauben des Kopfträgers anders, da hier ein Gewinde drin ist. Sind diese Kopfträgerschrauben auch aus Messing? Auf den Bildern sieht das nämlich nicht so aus.

Vor ein paar Jahren hab ich nämlich eine der Schrauben ungeschickterweise abgerissen. Ersatz gab's keinen mehr. Ich hatte dann die abgerissene repariert, hält seitdem ganz gut. Wenn's aber die Schrauben auch aus Stahl gibt, findet man hier vielleicht Ersatz, sofern diese auch passen.


Zu dem Koffer:

Die Öffnungen haben zwei Funktionen: einmal zieht die Wärme daraus ab und davon nicht gerade wenig. Bei längerem Betrieb kann man sich da schon die Hände wärmen. Zum Zweiten kann man da Spulen einschieben, wenn man das Gerät rumschleppt. Ich hab zumindest immer eine Leerspule darin.

Bei Montage eines engeren Koffers bekommt man, denke ich, doch Thermikprobleme. Evtl. helfen da Lüftungschlitze an den Seiten ab. Mir persönlich gefällt sie aber in diesem Koffer. Ohne Koffer oder mit schmalerem sieht sie doch etwas mickrig aus.

Einen Monitorschalter gibt es übrigends auch. Das ist der Kranz des zweiten Reglers von links. Allerdings kann man Vorband nur jeweils einen Kanal abhören. Hinterband gehen Beide.
Und bei mir funktioniert das auch nur über den integrierten Lautsprecher. Über die Cinchausgänge habe ich immer nur Hinterband. Ich weiß jetzt aber nicht, ob das so richtig ist.
Meine Maschine wurde in den letzten Jahren nur sehr wenig benutzt, daher hat sie auch noch andere Probleme. Das rechte VU-Meter verhält sich komplett anders wie das linke, sowie ich auch sehr unterschiedliche Einstellungen der Aussteuerungspotis notwendig sind, um (nach Gehör) beide Spuren gleichlaut auszusteuern. Dabei zeigt aber auch das rechte VU Meter einen viel zu niedrigen Pegel an.
Entweder ist da was komplett verstellt oder defekt. Wenn ich mal Zeit dafür finde, muß ich die Maschine überprüfen. Derzeit habe ich aber noch kein Meßband und kein Millivoltmeter, daher geht das noch nicht.

Aber die G36 ist viel zu schade um sie in diesem Zustand zu lassen.
Grüße,
Wayne

Weil immer wieder nachgefragt wird: Link zur Bändertauglichkeitsliste (Erfassung von Haltbarkeit und Altersstabilität von Tonbändern). Einträge dazu bitte im zugehörigen Thread posten.
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#5
Kurz zu den gestelleten Fragen, soweit nicht schon beantwortet.

-Zur Frage ob ein Senkrechtbetrieb der Maschine ohne Schaden möglich ist?

Ich denke schon, dass der Betrieb in senkrechter Aufstellung ohne bleibenden Schaden angewendet werden kann, auch wenn dieser nicht vorgesehen ist. Dennoch bietet die G36 hierzu gute Vorraussetzung, straffe Arretierung des Dreizackaufnahme und über sehr robuste Motore.

Ein Lagerproblem bezüglich des Tonmotors will mir hier nicht in den Sinn kommen. Wenn sich die Maschine im "Play"-Betrieb befindet, ist bedingt durch die Andruckrolle auch die Lagerbelastung nicht merklich verschieden zum Horizontalbetrieb der Maschine.

*******************************************************
-Die Enzerrung bei 9,5cm/s ist hier in der Tat noch mit 140µs spezifiziert.

*******************************************************

Nach meinem Wissen hat die letzte Ausführung der G36MkII bereits eine optoelektronische Bandendabschaltung. Die hier abgebildete Ausführung mit offenen Schaltkontakt über Bandzugfühler an der rechten Tonkopfträger-Umlenkung stellt die erste Version dar. Danach gab es auch Varianten mit gekapseltem Microschalter.

Thomas
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#6
Hallo Namensvetter,

klasse, diese Gerätevorstellung macht mal wieder so richtig Lust, diesen wunderbaren Apparat mal wieder in Betrieb zu nehmen, ich besitze gleich zwei dieser "Betonklötzen". Wirklich wohnzimmertauglich sind sie ja leider nicht.

Die abgebildete Version mit Zählwerkrad und dieser Art Bandendabschaltung sehe ich heute zum ersten Mal im Leben. Es sollte sich hierbei um eine MKI handeln. Da ist doch noch einiges von der F36 übernommen worden.

Gibst du die Seriennummer preis ? Würde mich sehr interessieren, damit könnte ich meine MKII von schätzungsweise 1965 vom Herstellungsdatum her besser einstufen.

Gruß
Thomas
Manche Tonträger werden mit jedem Ton träger.
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#7
danke für die ganzen Infos.

Zitat:grundig tk 240 postete
ich besitze gleich zwei dieser "Betonklötzen"
Das ist doch eine ungerechte Welt ...

Aber ich wüßt' eh nicht wo ich sie hinstellen könnte (Habenwollen-Reflex unterdrückend).

Grüße

Peter
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#8
Zitat:grundig tk 240 postete
Hallo Namensvetter,

......
Gibst du die Seriennummer preis ? Würde mich sehr interessieren, damit könnte ich meine MKII von schätzungsweise 1965 vom Herstellungsdatum her besser einstufen.

Gruß
Thomas
Die Seriennummer lautet 37228.

Anmerken möchte ich, dass solch ein altes Gerät nur bedingt für die letzte Generation von Bandmaterial geeignet ist, da diese eine erheblich höheren Outputlevel ermöglichen als die Generation von Bandmaterial zur Entstehungszeit dieser Maschine.

Daher ist bei der Aussteuerung neueren Bandmaterials Vorsicht geboten, denn dieses Produziert einen deutlich höheren Wiedergabepegel gegenüber Vorband.

Thomas
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#9
Hallo Thomas,

ein sehr schöner Bericht über eine noch schönere Maschine.

Gruß

Bernd
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#10
Hier gibt es eine alte Info zur G 36. Leider ist auf dem von mir stammenden Original kein Datum angegeben. Es bestätigt aber die Aussage, daß senkrechter Betrieb erst durch eine Änderung der Motorlager ermöglicht wurde. Nur ab wann / welcher Ser.Nr. ?

http://www.reeltoreel.de/Revox/G36.htm

Franz
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#11
Das lese ich so nicht aus dem Text heraus.
Der Text beschreibt die Änderungen in der 36er Serie, also von der F36 zur G36.
Der Text beschreibt keine Änderung innerhalb der G36er Serie.
Daher sollte die G36 schon immer für senkrechten Betrieb ausgelegt sein.

Gruß Ulrich
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#12
Zumindest waren die Spulen von Anfang an bei der G verriegelbar. Wozu wäre das gut, wenn nicht für den Senkrechtbetrieb ?

Obwohl: Die Legende besagt, die 36-er Revoxe spulen so dermaßen schnell, dass die Spulen grundsätzlich verriegelt werden müssten, sonst flögen sie davon....

Thomas
Manche Tonträger werden mit jedem Ton träger.
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#13
Ja, da könnt Ihr schon Recht haben....

Auszug aus dem Text:

Obwohl das REVOX ursprünglich als Amateurgerät konzipiert war, wird es in immer größerem Umfang - besonders in Übersee - von Radiostationen verwendet. Um die von diesen Anwendern gestellte Forderung nach senkrechtem Gestelleinbau des Gerätes zu erfüllen, wurden die Motorlager des Revox G36 so geändert, daß es in jeder beliebigen Position bis zu einem Winkel von 90° zur Horizontalen betriebssicher arbeitet.

Voraussetzung für diese Betriebsart war allerdings die Neukonstruktion der Spulenhalterung. Man verzichtet hier auf die bekannten Spulenhaltknöpfe aus Plastik, die leicht verloren gehen können, und verwendet eine Spulenverriegelung, die sich in den Studiogeräten der Firma STUDER seit Jahren bewährt hat.

Franz
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#14

Eine kleine Indiskretion aus einer - eigentlich - nichtöffentlichen Liste:

[Bild: G36-Zahlenspiel.jpg]

Wer erkennt die Spaltenbedeutungen?

PvS

©DK1TCP
Klasse CH-Parts, ultimative 810-MPU, nomen est omen und eine Klarstellung sowie meine Remanenzreferenz & was nWb/m sind... und zur Rezenz... 'günstige' B-67...
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