Prof. Dr. Pop
#1
Karrieren entstanden zur Beginn der Rock & Pop-Musik trotz unbestrittenen Talents mancher Protagonisten eher zufällig. Die Beatles wurschtelten sich irgendwie durch, bis sie entdeckt wurden. Die Stones lebten tagsüber auf der Straße, spielten abends in Clubs und für die Übernachtung gab es zum Glück Alexis Korner, der das Küchenfenster seiner Wohnung im Parterre offen lies, damit Jagger, Richards und deren Konsorten inner- und ausserhalb der Stones, nach dem Gig einsteigen und auf dem Küchenboden pennen konnten, bis sie von Korner's patenten Frau zum Frühstück geweckt wurden. In America reiste ein junger Nachwuchsbarde, je nach kolportierter Legende mal mit diesem, mal mit jenem Verkehrsmittel vom Mittelwesten nach New York, wo er von väterlichen und mütterlichen Freunden am Leben gehalten wurde, bis er das nach einem prophetische "The Times they are a' changin " nicht mehr nötig hatte.

Vorbei sind diese unhaltbaren, unwürdigen Zustände: In Mannheim feiert die Pop-Akademie einjähriges Bestehen. Der Star von morgen geht, bevor er in einem Dschungelcamp endet, nach glanzvoll absolvierter Schulausbildung an die Pop-Akademie, wo er nach ein paar Jahren des intensiven Studiums der leichten Unterhaltung mit einem Bachelor abschliesst. Dazu muss man z. B. lernen, daß dieser oder jener Hit - nicht unbedingt von einem Absolventen geschrieben - dieses oder jenes Merkmal aufweist, welches für den Erfolg verantwortlich ist und man lernt auch, wie man diese Merkmale verwendet.

"Things have changed", würde ein grau-zotteliger Dozent der mit Namen "Bob the Zim" im Vorlesungsverzeichnis gelistet ist, schulterzuckend sagen, wenn er einen Job als Lehrbeauftragter hätte. Aber wahrscheinlich würden sie dem nicht mal einen Job als Pförtner geben.

Noch kann man von Auswirkungen nicht sprechen, aber die wird es irgendwann einmal geben.

Welche?

Eine höhere Qualität in der vielgescholtenen Pop-Musik?
Wird die leichte Muse endlich zur ernstzunehmenden Kunst?
Bessere Bedingungen für creative Künstler?
Talentförderung?
Oder einfach nur eine Positionsfestigung für den ganzen Schrott, den viele sowieso zur Hölle wünschen?
Michael(F)
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#2
Ich glaube, keiner unserer Heroes ging durch so eine Schule. Die meisten waren vom Elternhaus gezwungen, z.B. Geige zu lernen oder kamen aus bettelarmen Verhältnissen, was in meinen Augen sowieso der beste Quell aller Genialität ist. Alle wollten raus, alle waren Rebellen...okay, Ausnahmen hat es gegeben.

McCartney hat auch so eine Schule in Liverpool, aber kam da schon irgendetwas wichtiges heraus? Die Jungs und Mädels können dann bestimmt gut singen oder ein Instrument beherrschen, aber sie landen höchstens in einer klassischen Dampfkapelle...okay, Ausnahmen wird es geben.

Man bedient hier einen Markt! Die Kiddies haben heute Knete und wollen das ganze am liebsten 'erlernen', in der Hoffnung, daß ein guter Abschluß = Popstar ist. Selbst wenn es dort zu Plattenverträgen kommt, mehr als die Castingshow-Blasen wird dabei nicht entstehen...okay, Ausnahmen wird es geben.

Wenn den Kiddies Musik wieder wichtig wird - und ich meine behaupten zu können, daß sie es heute nicht ist (...okay, Ausnahmen wird es geben) - dann wird es auch wieder gute Musik allerorten geben. Das setzt jedoch eine andere Plattenindustrie voraus.
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