Uher Report 4400 Stereo IC Endstufe schwingt
#1
Grüß Gott zusammen,

das Gerät gehört einem Bekannten dem ich verprochen hab es mir mal anzusehen.
Nach Austausch zweier Elkos auf der Siebplatine läuft es wenigstens wieder (einer hatte Kurzschluß).
Jetzt scheinen aber die richtigen Probleme erst anzufangen: nach ein paar Minuten im Betrieb beginnt der linke Kanal (Kopfhörer am Lautprecherausgang) zu verzerren und starke Störgeräusche zu erzeugen. Gleichzeitig wird das IC das für links zuständig ist deutlich wärmer als das andere.
Ich habe mir dann mit dem Oszi das Lautprechersignal angeschaut (Poti auf Null), Ergebnis: eine Schwingung mit knapp 2 MHz, Amplitude ca. +- 2.5 V !
Der rechte Kanal ist sauber.
Leider ist er Schaltplan den ich habe (service manual vom Schaltplandienst Lange) auch etwas abweichend von der tatsächlichen Schaltung. Ich habe mal die Bauteile gelb markiert die ich auf der Platine finde (s. Bild). Die anderen scheinen bei späteren Geräten erst dazugekommen zu sein.
Ich habe alle Kondensatoren ausgelötet und durchgemessen: zumindest im kalten Zustand scheinen sie o.k. zu sein.
Kann mir jemand von den Erfahreneren einen Tip geben wie man am Besten weiter vorgeht. Welche Bauteile würdet ihr am meisten verdächtigen ?
Ich muß dazusagen, daß ich kein erfahrener Elektronik-Profi bin (eher engagierter Bastler).

Grüße

Peter

[Bild: Endverst-li.jpg]
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#2
Lieber Peter,

bist du dir sicher, dass in deinem Reparatur-Report der µA 706 eingebaut ist? Meine Unterlagen präsentieren nämlich den Fairchild-TBA641, zu dem ich auch Unterlagen beiziehen und infolgedessen die Gegenkopplungshochpässe bestimmen könnte, was jetzt beim 706 nicht möglich ist. Beim 706 müssen wir deshalb etwas großzügiger ans Werk gehen.

Also:
Kritisch sind C515, C504 und C513, weil sie sicher die Gegenkopplung bilden, die gegen die Höhen zu angezogen wird, um bei der relativen Hochohmigkeit einer Batterieversorgung und der Labilität einer solchen Schaltung ohne ordentliche Masse zuverlässig ein Schwingen der Anlage zu verhindern. Weil der Baustein grundsätzlich für Batterieanlagen vorgesehen ist, gibt Fairchild im Falle des TBA641 für die Dimensionierung der Gegenkopplung sicherheitshalber und bezeichnenderweise zwei Grenzfrequenzen an: 10 und 20 kHz. Wenn das Ding also bei 20 kHz nicht will, muss man eben auf 10 kHz hinunter.

513 scheint bei dir zu fehlen, weshalb du den in keramischer Form zunächst einmal 'nachrüsten' solltest. Wenn damit noch keine Ruhe einzieht, darfst du gerne den C504 einmal auf den doppelten Wert vergrößern, indem du einen weiteren 220 p (besser auch keramisch) parallel löstest. Pfeift das Ding dann immer noch auf dem letzten Loch, müsste man sich der Betriebsspannung oder dem unmittelbaren Nf-Ausgang zuwenden, dessen Tantal C510 gen Gerätemasse dann möglicherweise etwas hat. Dessen Wert sollte man jedoch nicht verändern, weil der Einfluss auf die Belastung des IC-Verstärkerles nehmen kann, den ich -706 ist mir vollends unbekannt- nicht abschätzen kann. Und wenn der 706 hochgegangen ist, steht man vor dem zunächst einmal unnötigen Problem, woher man einen neuen Baustein beziehen sollte.

Wenn alle diese Maßnahmen erfolglos bleiben, bestünde eine weitere Möglichkeit darin, möglichst direkt über die Betriebsspannungsanschlüsse des ICs -vermutlich Pins 3 und 14- auf der Platine (also quasi parallel zum mutmaßlichen Tantal C 511, jedoch so nahe wie möglich am IC) einen 100n/keramisch zu löten, womit dann eigentlich Ruhe einkehren sollte.

Ach ja, nachdem bei dir auch der C515 fehlt, was ich oben übersehen habe, könntest du den ebenfalls einsetzen. Er sollte nach den Erfahrungswerten mit anderen monolithischen Verstärkern etwa 3- bis 5-mal so groß sein wie der C504. 1n2 sind daher allemal o.k.

Ein wenig schade ist, dass die gesamte Peripherie der Zensur unterliegt; durch die Liebe der Fa. Uher zur Zur Zusammenlegung von +Ub und Chassis, weiß man nicht immer so ganz genau, welche Verbindung warum wohin führt, wodurch man mit dem Zeigestab halt doch immer mehr im Nebel rührt als das von einem durchs Klima verlangt würde...

Dennoch dürfte für dich jetzt allerlei auf dem Tisch liegen.

Hans-Joachim
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#3
Lieber Hann-Joachim,

erst mal bin ich völlig geplättet von der eingehenden Analyse meine Problemfalls - Dankeschön.

Zur Frage nach dem IC Typ: ich glaub eher nicht, daß es der im Schaltplan abgebildete 706 ist. Ich meine, andere Bezeichnungen auf dem Gehäuse gelesen zu haben - kann aber erst nachsehen wenn ich am Dienstag wieder in meiner Unter-der-Woche-am-Abend-Bastelbude bin (Pendler).

Mit stolzgeschwellter (Anfänger-)Brust kann ich sagen, daß wir die 100n parallel zu C511 schon abhaken können. Diesen Kniff hat mir mal ein Bekannter verraten. Ich laß' ihn trotzdem mal drin, schadet ja nicht. Vielleicht werde ich aber versuchen ihn noch näher an den IC zu bringen, was nicht ganz so einfach ist bei einer doppelseitigen Platine und einem abweichenden Platinenlayoutplan ...

Dieses '+'-an-Masse ist ziemlich gewöhnungsbedürftig für mich. Bei den Geräten die ich bis unter dem Lötkolben war dieser Fall noch nicht dabei. Hat das eigentlich irgendwelche Vorteile ?

Sobald ich weitere Fortschritte habe melde ich mich wieder.

Viele Grüße

Peter
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#4
Lieber Peter,

entweder ich beschäftige mich mit dem Sachverhalt ordentlich, oder ich lasse es bleiben; komplexer sehe ich das nicht, der Aufwand sollte sich aber lohnen.

Wenn du kein 706 auf der Platine hast, müsste der erwähnte TBA 641 verbaut sein, dessen Datenblatt im Netz aber zur Verfügung steht und von dir heruntergeladen werden sollte, weil die Pinkompatibilität mit dem 706 nicht gewahrt ist. Ansonsten gelten meine Angeben oben prinzipiell natürlich auch für den 641:

http://www.datasheetarchive.com/datashee...le=3225083

Hans-Joachim
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#5
Hallo Hans-Joachim und alle die es sonst vielleicht noch interessiert,

wollte nur mal kurz den aktuellen Stand berichten: die massive Oszillation ist weg. Der IC ist übrigens ein TBA641 A12 - wie von Dir vermutet.

Der Weg dahin:

1. Naiv wie ich bin dachte ich der Austausch der Kondensatoren in der Reihenfolge beginnend mit den höchstverdächtigen Kondensatoren würde mich am schnellsten zum allein Schuldigen führen. Das hat so leider nicht geklappt.
C510 erneuert: Oszillation erst weg aber nach einigen Sekunden wieder voll da.
C504 erneuert: keine Veränderung, schwingt ..
C506 erneuert: Oszillation weg aber nach Einstecken des rechten Kopfhörerkanals wieder voll da (zur Erinnerung ich arbeite eigentlich am linken Kanal)
und so weiter ...
Ergebnis bis hierhin: alle Konsensatoren neu, beide (!) Kanäle schwingen jetzt :-(

2. Nachrüst-Empfehlungen von Hanns-Joachim aufgegriffen (bis jetzt hoffte ich eigentlich, daß die urprüngliche Schaltung auch stabil zu bekommen sein müßte - scheint aber offensichtlich nicht möglich zu sein).
Ich wollte eigentlich mit C513 anfangen, hatte aber keine 33pF zur Hand. Also erstmal C504 verdoppelt: schwingt.
1n2 für C515 hatte ich vorrätig, also eingelötet: Hurra, jetzt geht's. Das selbe auch für den rechten Kanal: auch dieser ist jetzt stabil !

Ganz glücklich bin ich mit dem aktuellen Zustand allerdings nocht nicht ganz. Denn wenn ich mir den output eines eingespeisten Sinus anschaue dann meine ich noch überlagerte Hochfrequenz zu sehen (bin da nicht ganz sicher, meine Oszi kann nur bis 10MHz).
Werde daher als nächstes noch C513 nachrüsten und sehen ob es damit besser wird.

Viele Grüße

Peter
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#6
Lieber Peter,

da sollte eigentlich auch nichts sein, weshalb man gut daran tut, den Hf-Resten -so sie nicht durch deinen Messaufbau oder heute nicht eben seltene, externe Einfklüsse bedingt sind, solche Dinge geschehen leider allzuleicht- nachzugehen, und lernt, warum in früheren Tagen aggressive Beschränkungen auf 15, 20 kHz keineswegs so kleinkariert waren, wie sie heute erscheinen mögen.
Bedenke bitte, dass die 'Primärschwingung' nicht von der Endstufe kommen muss und behalte im Blick, dass beim Aufnahmebtrieb 'Hf' (also jene beim Report wohl gut 100 kHz) überall im gerät herumvagabundiert, was schlicht nicht zu vermeiden ist.

Der Vollständigkeit halber folgt hier die Uher-Beschaltung des TBA 641:

[Bild: Uhertba2.jpg]

Dieses Schaltungszitat muss nicht deiner Version entsprechen, kann aber. Uher hielt es mit lateinischen Weisheit "variatio delectat!".

Hans-Joachim

P.s.: Warum -in Gottes Namen- nach zigmaliger Umbenennung, Formatänderung und "Entschärfung" des Dateinamens- das Bild nicht erscheint, ich weiß es nicht. Es ist ja nicht die erste Einbindung, die ich (in diesem Falle mit C&P dazu) vornehme.

13:07 Uhr: "Letzter Versuch, hopp...."
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#7
Lieber Hans-Joachim et al.

jetzt geht's: beide Endverstärker-Kanäle laufen sauber und stabil.
Die Modifikation meiner Schaltung besteht jetzt am Ende aus:
1. alle Kondensatoren erneuert bis auf die großen Auskoppel-C's (C508). Die scheinen o.k. zu sein.
2. C515 1.2 nF und C513 33 pF nachgerüstet, wobei mit C515 allein das Schwingungsproblem eigentlich schon gelöst war.

Meine vermeintlichen HF-Reste hab ich jetzt auch geklärt, war mein Fehler. Ich hab das am Poti eingespeiste Signal auf einem Kanal des Oszi's mitlaufen lassen - und damit signal ground und power supply ground verbunden. Nur gut, daß die Firma Uher anscheinend in weiser Voraussicht auf solche Dummköpfe wie mich einen Begrenzungswiderstand eingebaut hat, der diesen effektiven Kurzschluß wirkungsvoll eingedämmt hat ;-)

Deine andere Schaltung hab ich mir auch angesehen: sie ist fast (wie du so schön sagst: "variatio delectat!") identisch mit der Schaltung meines ersten posts, mit zwei kleineren Unterschieden. Einer davon ist, daß C515 zu fehlen scheint. Das wundert mich, da bei mir gerade dieser den Durchbruch geschafft hat.

Viele Grüße und Danke nochmal

Peter
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