Klaviertastenkönig: SABA CR 832
#1
Hallo Cassettenfreunde,

aufgrund unvernünftigen Klickens kam ich in den Besitz eines gar merkwürdigen Gerätes. Beim Durchsehen alter SABA-Kataloge war mir das Ding schon früher mal aufgefallen, ab 1974 tauchte es auf, am oberen Ende der Preisskala.

Angeln in der Bucht danach war nicht erfolgreich und ich hatte es vergesen, soo scharf war ich auch nicht drauf.

Die Tage, hopp, stolperte ich zufällig über ein Angebot, schau mal, dachte ich mir, da ist es ja. Das wundersame Zentrale Nervensystem mit seinen 'zig Verzweigungen und unergründlichen Verknüpfungen und Automatismen ließ, von mir Hauptperson zunächst unbemerkt, mein zweites Tonband-Ich (siehe Sigmund Fürth> Multiple Zwangshandlungen beim Käufer magnetischer Tonaufzeichnungsapparaturen) den Zeigefinger in Aktion treten. Da! Hatte er doch schon den Sofort-Kaufen-Button gedrückt. Ich wollte doch nur gucken!

Fügen musste ich mich, bezahlen und schweren Herzens warten, was denn da wohl kommt.

Ein Riesenkarton wurde vom DHL-Mann ins Treppenhaus gestellt, misstrauisch von Madame Gattin beäugt:
"Ey! Du hattest doch gessagt, dass...", "Ja, aber...". Ich wollte ab jetzt immer lieb sein, na gut, das Gerät erhielt Einlass.

Karton auf! Unter Abertonnen von Verpackungschips kam ein kleineralserwartetes Etwas zum Vorschein.
Loriots " Ein Klavier, ein Klavier!" ist überstrapaziert, aber in diesem Falle dachte ich sofort daran. Ein kleines Keyboard?

   

Ausgepackt, sehr kompakt und handlich, wirkt solide gemacht. 
Die Rückseite mit DIN-Buchsen versehen:

   

Typisch 70er Jahre, mit Nussbaumholzimitat an den Zargen. Zu der Zeit war ich scharf auf einen Radiorecorder, es gab die Geschmacksrichtungen Nussbaumimitat, Alu gebürstet oder, ganz neu von Philips, Military-Look. Ich fand Nussbaum gut, so war es dann auch, Philips RR 522 wurde es.
So, weiter hier:
Viele Reihentasten. Blind nicht zu bedienen (außer mit Abzählen), man hatte aber eine große Beschriftung angebracht

   

   

   

Mund auf!

   

Igitt, ist das Puppenmehl verstorbenen Gewürms?

   

Wolln wirs mal aufmachen:
Nanu? Deutsche Schlitzschrauben? Ich hatte hier, obwohl unten "made in Western Germany" draufsteht, mit einem umgelabelten Volljapaner gerechnet, und der hätte Kreuzköppe bekommen.

   

Spannung kommt auf, ein erstes Kuckuck:

   

Die Rück- oder vielmehr Unterseite lässt sich gut abnehmen:

   

Moment mal, das ist keine japanische Platine, die ist von SABA selber

   

   

Das Laufwerk an sich stammt aber aus Fernost, soweit man sehen kann.

Die Platine kann sehr servicefreundlich zur Seite geschwenkt werden:

   

Tatsache, das sind altväterliche deutsche Bauteile

   

darunter dann das japanische Laufwerk. Eine Art Hybridgerät also.

Raus mit dem Chassis aus der Oberschale. Wieder super einfach, ohne zu lösende Drähtchen oder sonstigen anhaftenden Kram:

   

Das Chassis von oben:

   

Wieder deutsch/ japanischer Mix. Die Anzeigeeinstrumente kommen mir aus Grundig TK 545/ 745 bekannt vor, die Schieberegler wohl von Fa. Preh noch usw.

Der Hammer aber der Motor, ein echter Leckerbisssen, den ich niemals erwartet hätte:

   

ein kleiner Papst-Außenläufer, der absolut geräuschlos läuft. Sehr schön!

Jetzt muss noch die Sektion Cassettenfach gereinigt werden, die Laufreifen für die Spulenteller
auch hinüber. Sonst ist alles noch gut.

   

Und jetzt:

   

   

Spielt! Sogar die kleinen Birnchen sind noch intakt. Läuft total leise.

Original waren 2 Boxen mit im Lieferumfang dabei, das Gerät hat nämlich einen eingebauten 2x 12 W Verstärker! Deswegen auch die Lautstärke-Schieberegler und die Lautsprecherbuchsen an der Rückseite.
Hier waren sie leider nicht mit dabei, aber ich schau mal, ob ich sie irgendwann mal fischen kann.
SABA schwieg sich in den Prospekten gerne über den Frequenzgang aus, laut Großhandelskatalog 1974
ist der bei diesem  Ding hier 60-12.500 Hz, also knapp am Hifi vorbei, es wurde auch nicht als Hifi-Gerät beworben oder bezeichnet. Macht nichts, ich persönlich höre das sowieso nicht mehr.
Dafür ist das Gerät kompakt, sehr solide. Die Tastenbedienung ist etwas unübersichtlich, die Tasten gehen aber butterweich und präzise, Umspulen tut es wie der Deubel.

Gruß

Peter S.
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#2
Willkommen in der Saba-Kassettenrekorder-Kaufsucht-Selbsthilfegruppe, lieber Peter!
Komm doch rein!
Setzt Dich!
Bring Dich ein!
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#3
Danke lieber Peter,

der Recorder ist für mich in diesem Falle nicht soo sonderlich interessant, umso mehr aber Deine immerwährend schönen Geschichten dazu. Allerliebst.

Schöne Grüße
Frank
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#4
Hallo Peter,

einen schönen Bericht über ein tolles Gerät hast Du da verfasst. Macht richtig Freude, deinen Text zu lesen... und natürlich die Bilder zu gucken.

Wegen des eingeschränkten Frequenzgangs bei älteren Geräten, verwende ich diese nie zum Aufnehmen, sondern nur zum Abspielen und genießen.

Meine Erfahrung hat nämlich gezeigt, dass diese alten Schätzchen bei der Wiedergabe viel mehr können und besser klingen, wenn eine Aufnahme beispielsweise mit dem Revox B215 oder Kenwood KX-1100HX gemacht wurden.

Es macht einfach eine irre Freude, diesen alten Geräten bei der Wiedergabe zuhören und zuschauen zu dürfen...  Smile
Viele Grüße 
Manfred

"The warm sound of analog recordings is made of harmonic distortion and Tape hiss - I like it".
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#5
Besten Dank,

zum Aufnehmen nehme ich meistens auch andere Apparate, UHER CR 240 oder CG 320, moderner mit Onkyo TA 2570.

Eher geht es mir ja um die Bastelei und das Erforschen der Technik als um konzentriertes Hören.
Dafür steht bei mir viel zu viel Klüngel rum, der eines kommenden Tages weg muss. Bis dahin erfreue ich mich daran.

Gruß
Peter S.

   

Ach, hier noch:

Die eingebauten Endstufen funktionieren, gut, um mir mit meinem grausamen Kopfhörer aus Jugendzeiten (ca. 1976)
das Hirn rauszublasen. Hab ich damals gemacht, heute bin ich vorsichtger. Es würde aber gehen, da kommt immer noch ordentlich Wumms raus.

   

Gib ihm!
   
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