Frequenzlöcher im analogen Hörfunk
#1
Beim Thema "the most mysterious song on the internet" stieß ich auf diese Seite:

https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig...ng140.html

Im dort angegebenen Sendeprotokoll von 1984 sind rechts zwei Spalten zu sehen, die eine mit 10kHz, die andere mit 14kHz bezeichnet. Im Anschluss an verschiedene andere Quellen weisen Tonband-Radiomitschnitte jener Zeit diese Frequenzlöcher angeblich ebenfalls auf.

Was waren damals die technischen Gründe dafür??

Martin
"Früher war mehr Lametta!"
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#2
Ist bis heute wohl ungeklärt. Ich hatte im Dezember versucht, noch mit einem längst im Ruhestand befindlichen Sendetechniker einer damals ebenfalls mit Kerbe bei 10 kHz senden Anstalt in Kontakt zu kommen, was auch gelang. Es kam dann leider nach seiner ersten Vermutung (die ich eher gering wahrscheinlich halte) nichts mehr zurück. Ich nehme das zum Anlass, nochmal nachzuhaken.

Soweit ich mich erinnere fand man solche Kerben u.a. beim NDR, beim WDR, beim hr, beim SWF und sogar beim Sendestart von Antenne Bayern (und das war 1988!). Ich fand diese Kerben im RIAS vom Senderstandort Großer Waldstein (auch 1988), während RIAS-Aufnahmen vom "Haussender" Berlin Britz offenbar nichts entsprechendes zeigen. Irgendwo schrieb jemand, diese Kerbe bei 10 kHz im Mitschnitt eines ZZ Top-Konzertes aus der Grugahalle in den 1980er Jahren gefunden zu haben, war wohl vom WDR mitgeschnitten damals.

Meine Theorie seit Jahren: das sind Artefakte einer irgendwie "gestapelten" Übertragung mittels Trägerfrequenztechnik, die vielleicht beim Richtfunk angewendet wurde. Dafür spricht auch die untershciedliche Situation beim RIAS: möglicherweise Leitungszuführung innnerhalb Berlins zum dortigen Sender, bekanntermaßen Leitungszuführung durch die DDR hindurch (!) nach Hof zum Mittelwellensender und von dort Richtfunk zum Großen Waldstein (UKW).

Ich hake gleich nochmal nach.

   
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#3
(16.01.2025, 16:01)lg74 schrieb: Meine Theorie seit Jahren: das sind Artefakte einer irgendwie "gestapelten" Übertragung mittels Trägerfrequenztechnik, die vielleicht beim Richtfunk angewendet wurde. Dafür spricht auch die untershciedliche Situation beim RIAS: möglicherweise Leitungszuführung innnerhalb Berlins zum dortigen Sender, bekanntermaßen Leitungszuführung durch die DDR hindurch (!) nach Hof zum Mittelwellensender und von dort Richtfunk zum Großen Waldstein (UKW).

Ich hake gleich nochmal nach.

Danke für die interessante Info!

Ich war davon ausgegangen, dass das in obiger Quelle angegebene Sendeprotokoll ein Original aus jener Zeit vom NDR ist. Es wirkte auf mich so, als ob die 10 bzw. 14 kHz damals beim Sender je nach Bedarf "gesetzt" werden konnten. Dann wären es keine Artefakte, sondern wahlweise absichtlich herbeigeführt. Möglicherweise ein Trugschluß meinerseits...

Martin
"Früher war mehr Lametta!"
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#4
Mich hat dieser Screenshot auch irritiert. Vor allem, weil GEMA-Angaben drinstehen. Aber das sind die Titellisten der BASF-Kassetten (steht ja dabei) von Darius. Man sieht dabei sehr schön, dass man die Kerben im Frequenzgang bei den Mitschnitten vom niederländischen Radio nicht drin hat. Damit scheidet ein Effekt des verwendeten Kassettenrecorders aus. Scheidet er sowieso, weil die Kerben aus anderen Landesteilen auch gemeldet wurden. Und ich hatte meine RIAS-Kerbe mit DDR-Technik aufgenommen, ohne es zu wissen. Sowas Jahrzehnte später zu finden ist spannend.

Da fällt mir was ein... ich muss da mal was prüfen. Top 2000 D vom Sommer 1990, DT64 und SDR 3. Da waren 2 Leitungen zum Austausch geschaltet, ich muss mal schauen, ob man da evtl. bei dem Teil, der von SDR 3 stammt, auch diese Kerben drin hat. Wenn das bei einer Aufnahme von der DT64-Senderkette der Fall gewesen wäre (wo es die Kerben nicht gab, dafür einen Dauer-Sinus bei 15 kHz, dessen  Bedeutung geklärt ist), wäre das nochmal ein Hinweis auf Sendeleitungs-Effekte.
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#5
Ha! SDR 3 hatte die 10-kHz-Kerbe im Sommer 1990 auch:

   

Der Beginn der Top 2000 D. Das ist aber sehr sicher ein Mitschnitt über eine UKW-Frequenz von SDR 3 gewesen, bei DT64 hätte es bei 15 kHz einen heftigen Peak gegeben. Wir sehen also wieder nur eine weitere West-ARD-Anstalt auf einer ihrer UKW-Frequenzen mit dieser Kerbe.

Die Kassette (das ist eine 90er Kassettenseite) lief bei der Aufnahme zu langsam oder beim Digitalisieren zu schnell. Nimmt man den Pilotton als Referenz und korrigiert entsprechend, landet man mit der Kerbe wieder bei 10 kHz.

Ob ich mit vertretbarem Aufwand an einen Mitschnitt von DT64 rankomme, weiß ich noch nicht. Da wäre die Kerbe leitungsseitig bei Eigenprogramm nicht drin, bei der Übernahme der Top 2000 D hätte sie aber evtl. drin sein können.
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#6
Servus,
@lg74 das Thema haben doch u.a. wir vor einigen Jahren schon ausführlich in den Radioforen diskutiert, wenn ich mich nicht täusche.
Müsste hier gewesen sein: https://www.radioforen.de/threads/10-khz...ern.44996/

Auch hier im Forum habe ich das damals schon mal angemerkt: https://tonbandforum.de/showthread.php?tid=20017


Damals ist uns dann auch aufgefallen, dass in sämtlichen weiteren Mitschnitten von diversen Sendern solche Kerben zu finden sind.
Beispielsweise auch im Spektrum von Antenne Bayern-Sendungen.
Viele Grüße aus dem schönen Bayern
Alex
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#7
Hallo,



ich habe hier einen Mitschnitt vom WDR (Open Box, WDR II 30.07.1978) auf Kassette.


Auch hier ist die Lücke bei 10 kHz deutlich im Spektrum zu sehen:




www.foremans-mind.de/images/spek-san.jpg







Gruß,



Klaus
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#8
Ja, das Thema hatten wir auch in den Radioszene-Foren.

Ich hatte soeben Gelegenheit, einen zweiten Mitschnitt des Starts der Top 2000 (DT64 + SDR 3) anzuschauen. Diesmal einen Mitschnitt in mono auf 9,5 cm/s Tonband. Egal, wichtiger war: der Mitschnitt wurde von einer DT64-Frequenz gemacht. Massiv drin ist die 15-kHz-Kennung der DDR-Modulationsleitungen - und die Kerbe gibt es auch - aber nur bei den Anteilen, die aus Stuttgart zugespielt wurden! Berlin eröffnete die Top2000D und moderierte an - keine Kerbe. Dann kamen die 4 Stuttgarter dazu (Holtmann mit "Hallo Königsberg, oder ist das zu weit östlich?") - da ist die Kerbe drin.

Ein anderer mir nun vorliegender Mitschnitt von DT64-Frequenz auf VHS-HiFi (Platz271 bis 197) hat Sendung aus Berlin (die sendeten soweit ich mich erinnere immer in 8-Stunden-Blöcken als Doppelmoderation aus Berlin und Stuttgart abwechselnd und hatten dazu zwei Stereoleitungen der Bundespost geschaltet). Alles was aus Berlin kommt, hat keine Kerbe. Die Werbung wurde aus Stuttgart zugespielt (die war auch über Stuttgart gebucht und dort von der Werbeabteilung konfektioniert) - Kerbe drin. Nachrichten aus Berlin ohne Kerbe, ein aus Stuttgart von einer "fremden" (dort mit Dienst absitzenden) Sprecherin abgemeldeter Geisterfahrer hat die Kerbe in der Sprache. Manche Titel haben die Kerbe - diese Titel wurden aus Stuttgart zugespielt ohne das im Programm zu benennen. Da war der Titel nicht im Archiv von DT64 in Ostberlin.

Sehr geil, das alles nach mehr als 34 Jahren so anschauen zu können.

Damit für mich endgültig, was die Kerbe betrifft: eindeutig Leitungsthema, wie ich vermutet habe. Nix Sender,
nix Tuner, nix Recorder.

Ich bleibe dran. Noch jemanden zu finden, der dazu auskunftsfähig ist, ist eine Herausforderung. Ein WDR-Sendetechniker im Ruhestand war für mich deswegen schon aktiv und hat die Vermutung, dass das ein Effekt einer Qualitätsprüfung wäre. Demnach habe die Bundespost wichtige Leitungen überwacht auf Ausfall und das könnte ein Seiteneffekt davon gewesen sein. Diese Spur verfolge ich freilich auch weiter. Aber für mich wirkt das weiterhin wie ein an 10 kHz "auseinandergeschnittenes" Audio, das in AM halt nicht auf eine, sondern auf zwei Trägerfrequenzen gestapelt wurde - beide Teile für sich. Die 10 kHz könnten dabei durchaus nicht tiefpasssgefiltert, sondern kopfstehend hochpassgefiltert gewesen sein, also invertiertes Spektrum. Das könnte evtl. die Steilflankigkeit der Kerbe erklären. Niemand haut dir doch bei 10 kHz so frequenzstabil eine Kerbe dieser Tiefe ins NF-Spektrum. Diese Güte schafft man nicht mit einfachen RLC-Filtern, das wäre was komplexeres - und dafür gibt es einfach keinen Grund. Das muss ein Abfallprodukt von was anderem sein.
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#9
Ich hatte heute einen zufälligen Kontakt zu einem Techniker, der sich seinerzeit mit Hörfunk und dessen Weiterentwicklung zu DAB beschäftigt und auch Geräte entwickelt hatte. Auf die einfache Frage, wie in einem rein analogen Medium ein dip mit 10 bzw. 14 kHz zustande gekommen sein könnte behauptete er, dass es sich möglicher Weisen um Rückwirkungen der Filter gegen die damals im Experiment befindlichen RDS-Systeme und deren Frequenzen handeln könnte. Diese Versuche fanden n.m.K. ab ca. 1984 statt.
Sollte dies stimmen, so dürften solche Frequenzdips in Darbietungen vor 1984 doch nicht zu finden sein.

Ich kann mir ferner nicht vorstellen, wie solch steilflankige Filter im Frequenzspektrum "nach unten" auf den Audiofrequenzgang rückwirken sollen, zumal die deutlich höher liegenden ("krummen") RDS-Frequenzen keine geradzahligen Vielfachen von den dip-Frequenzen sind, oder habe ich da einen Denkfehler?...

Martin
"Früher war mehr Lametta!"
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#10
Kann ich mir auch nicht vorstellen. RDS ist nicht "krumm", sondern auf dem dreifachen des Pilottons - also auf 57 kHz - moduliert und erzeugt dort 2 Seitenbänder. Auch passiert das (mit Ausnahme der doch erst in den 2010er Jahren erfolgenden MPX-Verteilung über Codecs) erst im RDS-Coder, der dazu den Pilotton (so vorhanden, also so Stereosendung) zum Einlocken verwendet und somit erst direkt vor dem Sender in der MPX-Erzeugung summiert wird. Auf den Audioleitungen zum Sender ist das alles noch nicht dabei.

Mein Beispiel mit der Leitung, über die SDR 3 seine Pultsumme nach Ostberlin zu DT64 geschoben hat und die Kerbe dann bei aus Stuttgart zugespielten Inhalten auf den DT64-Frequenzen zu sehen war, passt da auch nicht. Die internen Leitungen sind reine Audioleitungen, DT64 hatte bis zuletzt kein RDS. Und die Kerbe trat ja nur auf, wenn aus Stuttgart zugespielter Inhalt lief, nicht aber bei von DT64 selbst ausgespieltem Inhalt.

Hier eine solche Konstellation, aus der heute analysierten Aufnahme der Top 2000 D:

   

Der 15 kHz Sinus (!) war Dauerzustand im DDR-Rundfunk, soweit mir bekannt wurde das schon im K-Raum auf die Leitung gegeben. Das sollte soweit mir erzählt wurde verhindern, dass bei Senderausfall eines Muttersenders ein Ballempfänger ein westdeutsches Programm verbreitet, ohne 15-kHz-Kennung wären demnach die Sender, die vie Ballempfang dran hingen, stumm geschaltet gewesen. Ich konnte das damals natürlich noch hören, es war sehr nervig. Und es muss eigentlich beim viel praktizierten Mitschneiden Dolby etc. massiv torpediert haben.

Und halt wunderschön das 10-kHz-Notch von der Leitung aus Stuttgart. Das bekommt man doch nie und nimmer mit einfachen Filtern hin. Ich bleibe dabei: das ist im Bereich unter 10 kHz gespiegelt in AM übertragen, im Bereich über 10 kHz war es auf "0 Hz aufwärts" verschoben übertragen, so dass die 10,0x kHz eigentlich 0,0x kHz waren und ebenfalls hochpassgefiltert sind an dieser Stelle. So sieht das für mich aus.

RDS-Übertragung im Audiosignal gab es später aber auch. Dazu hat Mandozzi aus dem Tessin das MADAT-System entwickelt. Dabei wurde das Audiosignal steilflankig bei 14,57 kHz abgeschnitten und ein 400-Baud-Datensignal in den verbliebenen (no nannte das Mandozzi jedenfalls) 300 kHz bis 15 kHz übertragen.

https://web.archive.org/web/201503311127...oducts.php

SWF 3 nutzte dieses System in den 90er Jahren, um dynamische RDS-Daten zu den UKW-Sendern zu bringen. Dieses Wissen im Hinterkopf, analysierte ich mal das Audio, das auf Astra auf analogen Unterträgern (SWF 3 war eines der ersten deutschen Radioprogramme auf Astra) verfügbar war. Da war ja mal aufgefallen, dass das ziemlich rauschte und zwitscherte und angeblich soll ja mal jemand auch die Zuführung nach Betzdorf gekapert haben und einen Mix aus Metal und Schlager draufgesendet haben (erzählt man sich zumindest). Also: man vermutete sowieso, dass das Astra-analog-Audio von SWF 3 damals ein UKW-Rebroadcast war.

Man nimmt sich also einen Mitschnitt von SWF 3 via Astra analog (lag mir als DAT vor, hatte ich selbst mal gemacht), sucht eine leise Stelle und schaut mal hin...

   

Ok, ja, da könnte was sein...

Diese Grafik hatte ich vor Jahren in ein anderes Forum gepostet, dort mit anderem Usernamen, ist aber meine, also stelle ich sie hier nochmal rein. Passt so gut. Das war ein Audio-Artefakt dank RDS. Bei der 10-kHz-Kerbe kann ich mir das nicht vorstellen. Die war schon 1984 da - auch auf nicht-UKW-Zuführungen.

Falls Dein Techniker was zu in den frühen 80ern bis mindestens 1990 verwendeten Bundespostleitungen, ggf. Trägerfrequenzsystemen oder Richtfunksystemen für Hörfunk wissen sollte, gerne her damit.
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#11
Zum Leitungsthema hätt ich noch was, allerdings wahrscheinlich zu neu. Aus einem Prospekt der Bundespost/Telekom von '95 die Produktbeschreibung der Standard-Tonleitung mit Verweis auf die entsprechenden Normen (vielleicht findet man da noch was?). "Steuersignale" ist ziemlich sicher ein Fehler, vielleicht hat der Diktierende genuschelt Wink

   

Leider hab ich keine Details zu den analogen Leitungen. Interessant ist aber, daß man sich Postseits schon immer vorbehalten hat, die zu übertragende Information beliebig zu maltraitieren, solange die Parameter am Übergabepunkt eingehalten wurden. Das dürfte früher eine TF- und in den 90er schon eine Digitalübertragung auf einer 2MBit/s-Strecke gewesen sein.

Es gibt dann noch (aber eigentlich auch erst nach dem interessierenden Zeitraum) die DS1-Schnittstelle, die sich die RA zusammen mit der Post zurechtgebastelt haben. Siehe dazu die IRT-Richtlinien 3-10 und 3R2.

Michael
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#12
Danke!

Die gute alte R15K hatte ich gestern auch schon gesucht, aber noch weniger gefunden als dieses Blatt von Dir. Aber ich ahnte schon, was Du jetzt bestätigst: das sind die Parameter am "Leitungsende". Wie wirklich übertragen wird, steht auf nem völlig anderen Blatt.

Ich befürchte auch, dass mein "Schaltraum-Mensch", der in der Nalepastraße im Schaltraum Block E gerabeitet hat und danach zum DRadio gegangen ist, auch nicht viel wissen dürfte. Die werden z.B. im Falle der Gemeinschaftssendung SDR 3 / DT64 auch nur ein "Leitungsende" im Schaltraum zu fassen bekommen haben ohne Wissen darüber, was vorher passiert ist.
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#13
Mein "Schaltraum-Mensch" kann sich an die gemeinsame Hitparade SDR 3 / DT64 erinnern, kennt aber die Leitungstechnik innerhalb der Welt der Bonndespost auch nicht. Aus dem Bauch raus kam von ihm spontan angesichts der Kerbe "Diese 10kHz Absenkung, so scharf und tief, unvorstellbar. Nur zusammengesetzt." - also tippt auch er auf getrennte eine Übertragung des Anteils unter 10 kHz und über 10 kHz.

Ich forsche weiter.
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#14
Was aber auch interessant ist, die Kerbe muss von einer ziemlich weit verbreiteten Technik in das Spektrum gekommen sein, wenn man sich die Liste an Sendern und den großen Zeitraum mal so ansieht.


Der letzte Stand, den ich vor ein paar Jahren so notiert hatte:
Zitat:Die 10k-Hz Kerbe haben (aktualisierte Liste)
  • NDR 1 Niedersachsen 1983
  • NDR 2 Späte 70er - Erste Hälfte der 90er
  • NDR 3
  • SWF 3 1983
  • HR 3 1984 (1989 nicht mehr!)
  • SWF 1989
  • Antenne Bayern (Direkt beim Sendestart Sept. 1988)
  • WDR2 9.12.1981...


Ich sehe gerade, in den Radioforen ist die Diskussion auch noch mal in's Laufen gekommen.
Viele Grüße aus dem schönen Bayern
Alex
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#15
Irgendwelche Stereoleitungen halt. Wohl das, was man als "R15K" angeboten hat. Die technische Ausgestaltung wäre interessant. Prof. Rudolph hätte da sicher was gewusst, aber er ist vor paar Jahren leider verstorben. Mir fällt noch jemand ein, der vielleicht wen kennt - sind aber alles leider sehr alt und man muss bei der Kontaktaufnahme (bzw. beim Versuch einer solchen) auf alles gefasst sein.
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#16
Habt ihr dieses Thema mal im Forum des Radiomuseums angesprochen? Da sind ja viele Urgesteine aktiv. Natürlich muss man sich dort "sietzen" und jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt, aber wenn es euch so interessiert, wäre es einen Versuch wert.
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#17
Ich bin dort halt nicht angemeldet und will auch nicht unbedingt weitere Foren haben. Aber wenn es nicht anders geht, dann perspektivisch auch dort. Der dafür dort wohl wichtigste und kompetenteste, Prof. Rudolph, lehrend an der Fachhochschule der Deutschen Bundespost Berlin, lebt leider seit 3 Jahren nicht mehr.

Ich versuche erstmal, außerhalb des Forums noch bei ein paar Leuten anzukopfen.
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#18
(20.01.2025, 08:43)AKRETA schrieb: Habt ihr dieses Thema mal im Forum des Radiomuseums angesprochen? Da sind ja viele Urgesteine aktiv. Natürlich muss man sich dort "sietzen" und jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt, aber wenn es euch so interessiert, wäre es einen Versuch wert.

Zusätzlich muss man zur Registrierung noch einen Mitgliedsbeitrag entrichten und man fliegt raus, wenn man nicht regelmäßig neue Schaltpläne oder ähnliches liefert. Nicknames und Avatarbilder sind ebenso verboten, man muss seinen Klarnamen und sein echtes Foto benutzen. Sehr skurrile Parallelwelt, aber ich denke trotzdem, dass es da den einen oder anderen Experten mit Fachwissen gibt. Ich wollte mich da mal registrieren, aber die Bedingungen waren mir dann doch zu wirr.


Schöne Grüße
Alexander
Schnürsenkelband Halbspur: VEB Tontechnik Berlin RFZ T2221, Teac A3300SX-2T, Sony TC-755, Sony TC-366, Grundig TK 3200
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Doppelspielband: Orwo 120, BASF LGS-26, Agfa PE-41/PE-46/PE-49
Dreifachspielband: Orwo 130
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#19
(19.01.2025, 11:17)lg74 schrieb: ...
Nur zusammengesetzt." - also tippt auch er auf getrennte eine Übertragung des Anteils unter 10 kHz und über 10 kHz
...

Wie könnte das denn überhaupt technisch gehen?
Zwei Leitungen? Eine Leitung zeitversetzt?
VG Jürgen
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#20
Es ist nur eine wilde Vermutung, nichts davon ist auch nur ansatzweise bestätigt.

Man kann mehrere Telefonate auf einer Leitung übertragen - dazu moduliert man das Audio der einzelnen Telefonate wie einen Rundfunksender auf eine Trägerfrequenz und summiert alle Trägerfrequenzen zu einem Frequenzspektrum, das man dann als Hochfrequenzsignal überträgt - so wie man über ein Antennenkabel eben viele Radio- und TV-Programme gleichzeitig übertragen kann. Das nennt man Trägerfrequenzsystem und das kannte und konnte man für Telefon schon in den 1930er Jahren (ich kenne eine nun 98jährige Frau, deren Vater vor dem 2.- Weltkrieg an der Planung solcher TF-Leitungen beteiligt war).

Das gleiche geht prinzipiell auch mit Audiosignalen, die rundfunktypische Parameter hinsichtlich Frequenzgang, nichtlinearer Verzerrungen und Rauschabstand erfüllen. Somit musste man auch bei der Audioleitung im Reiche der Post mit TF-Leitungen rechnen.

Jetzt schaue ich mir diese extrem steilflankige kerbe bei 10 kHz an, die ich oben gezeigt habe. Das bräuchte, wenn man das in das in normaler Frequenzlage befindliche Audio hätte "hineinkerben" wollen, steilflankige Filter, die dazu auch noch präzise auf 10 kHz Mittenfrequenz stehen. Mit einem Kondensator und einem Widerstand schafft man das nicht. Nun mein Gedanke: wenn man durch Modulation oder Mischung das Audio z.B. "kopfstehend" (Frequenzinversion) macht, wird der Teil, der hier auf 10 kHz zugeht, zu einem Teil, der auf 0 Hz zugeht. Und bei 0 Hz kann man mit einem einfachen Hochpass schmalbandig filtern und die charakteristische Frequenz des Hochpasses kann sich nicht "dejustieren" - sie ist 0 Hz, da sperrt er. Das könnte die eine steile Flanke des Signals erklären. Möglicherweise hat man das Audio hier "gestapelt", also den Teil unter und den Teil über 10 kHz auf getrennten Trägerfrequenzen zeitgleich übertragen und am Empfangsort wieder nach Demodulation summiert.

Dem steht entgegen, dass es auch Fälle gibt, in denen bei 14 kHz eine weitere Kerbe sichtbar wird.

Vielleicht ist es aber auch wirklich ein Effekt eines Qualitätsmonitorings, das bei 10 kHz und ggf. 14 kHz mit in das Audio eingesetzten Prüfsignalen die Leitungsqualität live überwacht hat. Diese Signale müssten dann rausgefiltert worden sein, dabei wären die Kerben entstanden. Auch das ist eine Vermutung - in diesem Fall die eines Technikers der Deutschen Welle, der einst mit den Leitungen der Bundespost viel zu tun hatte - aber eben nur an den Anschaltstellen, nicht im Leitungsverlauf. Er hat damals in den 1970er Jahren auf Siemens-Kleinrechnern (Eingabe mit Lochkarte oder Fernschreiber) Leitungsschaltungspläne für Rudnfunkleitungen bearbeitet, also die Vorlaufplanung für tägliche oder einmalige Schalten zwischen z.B. Funkhäusern vorgenommen.

Wie im Falle eines Qualitätsmonitorings die extrem schmale Kerbe entstanden sein kann, wäre dann aber auch noch zu klären.
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#21
Bei Prüfsignalen ist mir noch was eingefallen: Die ITU-Richtlinien für Telekommunikation. Wir hatten es ja schonmal damit im Zusammenhang mit der obskuren Marke bei -9dB auf fast jedem Peakmeter (-> ITU 0.33).

Und beim Wühlen im Bereich N.x bin ich in der N.21 "LIMITS AND PROCEDURES FOR THE LINING-UP OF A SOUND-PROGRAMME CIRCUIT" auf folgenden Absatz gestoßen:

3.8 Measurement of stereophonic pairs
The quality criteria given refer to those of Recommendations O.32 [4] and O.33 [5]. The limits can be easily measured with the aid of such equipments.
If other measuring means are used, attention is drawn to the fact that the frequencies of 10, 11.92 and 14 kHz should be avoided because of possible stop filters which may be inserted in the transmission equipment concerned for reducing carrier leaks.


paßt auffällig gut, oder?

Auch interessant der Hinweis...
Moreover, since end-to-end measurements of nonlinearity distortion on circuits routed on carrier systems might give rise to serious disturbance to transmission on other channels, especially if the group is transmitted on a transistorized carrier system, it is permitted to make only local measurements of non-linearity distortion on terminal modulating and demodulating equipments.

der Dauertestsignale, vor allem auf den interessanten Frequenzen, eigentlich ausschließt.

Gute Nacht,
Michael
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#22
(16.01.2025, 16:01)lg74 schrieb: Meine Theorie seit Jahren: das sind Artefakte einer irgendwie "gestapelten" Übertragung mittels Trägerfrequenztechnik, die vielleicht beim Richtfunk angewendet wurde. Dafür spricht auch die untershciedliche Situation beim RIAS: möglicherweise Leitungszuführung innnerhalb Berlins zum dortigen Sender, bekanntermaßen Leitungszuführung durch die DDR hindurch (!) nach Hof zum Mittelwellensender und von dort Richtfunk zum Großen Waldstein (UKW).

Ich möchte nicht in die Diskussion einsteigen, da ich hier eigentlich nur noch passiv dabei bin.
Jedoch kurz meine Meinung dazu, zu der ich auch keine Belege habe.
Vielleicht bringt sie neue Impulse in das Thema:

Ich halte das für die Kennung "Westsender" für Sender mit Ballempfang als Zuführung, damit bei Überreichweiten kein DDR-Rundfunk umgesetzt wird.
Dies war dem WDR Anfang der 70er auf dem Langenberg passiert, nach einer Leitungsstörung.
Gab per Pressemitteilung sogar eine öffentliche Entschuldigung und das Versprechen, solche Fehler zukünftig technisch zu verhindern.

Ich vermute, es wurde am Empfänger die Pegeldifferenz zwischen 10 kHz und zwei benachbarten Frequenzen ausgewertet und wenn diese nicht mindestens ?x? dB aufwies, wurde nach einigen Minuten abgeschaltet.

Da es in den 70er Jahren mit der RAF auch noch zu Terror im Inland kam, war somit auch der Ballempfang gegen "Alternativprogramme" gesichert.

Sollte das wie beschrieben zutreffen, musste bestimmt auch eine Geheimhaltungserkkärung von den Mitarbeitern unterschrieben werden.


Interessant wäre ein Mitschnit der Frequenzgangmessung der Sender, die es jeden Monat um kurz nach 02:00 Uhr gab.
Gab es die Kerbe dort auch?


Viele Grüße

Joachim
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#23
Hallo Michael, hallo Joachim, herzlichen Dank für die wichtigen Hinweise an euch beide!

Ich versuche gerade, so viel wie möglich ITU-Dokumente aus den Bereichen G, H und J zu beschaffen und bin da wohl auch sehr fündig geworden. Das wird dann ein längeres Studium, das kann dauern.

attention is drawn to the fact that the frequencies of 10, 11.92 and 14 kHz should be avoided because of possible stop filters which may be inserted in the transmission equipment concerned for reducing carrier leaks

ist für mich einerseits wegen der angegebenen Frequenzen sehr verdächtig, aber was sollten das für Ausstrahlungen sein, die man auf exakt diesen Frequenzen zu vermeiden versucht? Ein Träger-Leck? Träger bei 10 kHz? AM? Seitenbänder bis 0 Hz und 20 kHz? Wäre sehr verdächtig. Irgendwas ist da. In welchem der Dokumente wird es stecken? Der Download hört gar nicht auf...

96k schrieb:Ich halte das für die Kennung "Westsender" für Sender mit Ballempfang als Zuführung, damit bei Überreichweiten kein DDR-Rundfunk umgesetzt wird.

Auch das ist sehr gut möglich! Es würde für mich auch kein Widerspruch zur Aussage, dass es sich um ein Artefakt einer "Qualitätssicherung" handeln könne, darstellen.

Der Vorgang beim WDR ist hier beschrieben:

http://bilder.hifi-forum.de/max/513447/w...511669.gif

Der 15-kHz-Peak auf den DDR-Modulationsleitungen soll soweit mir bekannt genau das gleiche in "Gegenrichtung" bewirkt haben, diese Einrichtung war aber zumindest auf den von mir verfolgbaren UKW-Sendern während des Frequenzputsches RIAS 1 vs. DT64 im September 1990 nicht funktionsfähig - die sender Schalteten nicht ab, als statt DT64 mit 15-kHz-Kennung RIAS 1 ohne 15-kHz-Kennung aufgeschaltet wurde. Aber das waren 5 UKW-Grundnetzsender, die ich prüfen konnte (Wiederau, Geyer, Inselsberg, Blessberg, Brocken und keine Anlagen, die via Ballempfang versorgt wurden. Aber dieses Thema versuche ich andernorts zu klären, das gehört hier ja nicht rein.

Was gegen eine solche Maßnahme als Ursache der Kerben bei 10 kHz und teils 14 kHz spricht: die oben gezeigte Kerbe in der Gemeinschaftssendung "Top 2000 D" war Resultat einer Leitung voin Stuttgart nach Berlin, Funkhaus zu Funkhaus - und eben nicht Funkhaus zu Senderstandort. Wenn die Leitung auch ohne einen solchen Schutz hätte betrieben werden können, hätte man das doch für Zuspiele innerhalb der ARD bzw. hier für "internationale" Übernahmen (BRD -> DDR) ja gewiss nicht angewendet. Warum sollte man sich unnötig Löcher ins Audio machen, wenn es auch ohne gegangen wäre?

96k schrieb:Sollte das wie beschrieben zutreffen, musste bestimmt auch eine Geheimhaltungserkkärung von den Mitarbeitern unterschrieben werden.

Sowas kenne ich. Manche treuen Postler haben alles Wissen mit ins Grab genommen. Mein Patenonkel in Ostberlin hatte einen Pflegedienst, der irgendwann mal sagte, "mensch, Sie waren auch beim Radio, ich habe da noch jemanden in Betreuung, der ebenfalls". Es stellte sich heraus, dass es sich um einen hochbetagten (damals wohl 95) Rundfunkveteranen handelte, der meinen Patenonkel natürlich kannte, der schon zur Olympiade 1936 für den Reichsrundfunk arbeitete und den Aufbau des Rundfunks der DDR an mehreren Standorten begleitete. Schnell war der Kontakt hergestellt und mein damals auch schon weit über 80 Jahre alter Patenonkel telefonierte mit dem einstigen Kollegen. Und der erzählte und erzählte. Mein Patenonkel stoppte ihn und meinte, das ist geschichtlich zu wertvoll, um es hier am Telefon zu erzählen. Ich komme mal rüber (war nicht weit, vielleicht 1-2 km) und bringe einen Recorder mit. Sofortige Verweigerung, weiter zu erzählen - Postgeheimnis.

Da mögen mehrere  Staaten drüber zugrunde gegangen sein, da hat sich Technik extrem verändert - aber sie schweigen. "Postgeheimnis" geht für solche Menschen teils über alles - bis zum Tod. Inzwischen ist Herr Walde längst verstorben.

96k schrieb:Interessant wäre ein Mitschnit der Frequenzgangmessung der Sender, die es jeden Monat um kurz nach 02:00 Uhr gab.
Gab es die Kerbe dort auch?

Das wird eine schwierige Aufgabe. Wann liefen diese Messungen? Gab es da feste Tage, für bestimmte Anstalten, für bestimmte Programme?

Ich frage mal Mr. Save-the-Tapes, ob er sich an einen solchen Mitschnitt erinnern kann. Ohne spezielle Erinnerung daran dürfte da kaum was zu finden sein, ohne sich durch alle Nachtprogramm-Mitschnitte quälen zu müssen.

Was ich tatsächlich als Mitschnitt zu hören bekam: Datenprotokolle (klingt ähnlich wie Fax oder analoges Modem, nur kürzer) im Rundfunk der DDR in den 1980er Jahren - als Schaltsignal, um Senderstandorte auf mono zu schalten (offenbar in Vorbereitung von Messungen im anderen Kanal, das machte man wöchentlich) oder um Sender stillzulegen für die Nachtpause. Die haben das auch in der DDR mit Computertechnik gemacht. Ab wann, weiß ich nicht.

Her(t)zlichen Gruß,
Christian
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#24
Ahh, here we are:

ITU-T Rec. J.21 (ex. CMTT.505-4) "Performance characteristics of 15 kHz-type sound-programme circuits - Circuits for high quality monophonic and stereophonic transmissions" (08/94):

For sound-programme transmissions over carrier systems, occurrence of carrier leaks can be expected. For this reason, stop filters may be provided in the carrier frequency path which can be switched in, if required, to suppress the tones otherwise audible in the upper frequency range from 8 to 15 kHz. For a hypothetical reference circuit, it is recommended that the stop filters should have a 3 dB bandwidth of less than 3% referred to the mid-frequency. The use of stop filters which affect frequencies below 8 kHz should be avoided.

3-dB-Bandbreite von weniger als 3% der Mittenfrequenz. Das sind bei 10 kHz 300 Hz 3-dB-Bandbreite oder halt weniger.

Das kommt hin! Das dürfte es sein! Mal grob eingezeichnet:

   

Wie auch immer die diese Bandsperren so schmal bekommen haben.

Damit dürfte auch geklärt sein, woher die manchmal gefundenen Kerben bei 14 kHz kommen. Leitungs-"Forensik"...

Offenbar betrifft das also nur Trägerfrequenzsysteme und bei denen fallen bestimmte Störungen durch die Trägerfrequenz(en) in den Audiobereich. Warum genau auf 10 oder 14 kHz, muss noch geklärt werden.

In der ITU-T J.34, die von 7-kHz-Leitungen handelt, die man über Telefonleitungen im TF-Verfahren betrieb, sind solche Frequenzen und Lecks näher beschrieben. Demnach also Störungen durch Mischprozesse / Signalmultiplikationen / Seitenbänder / Interferenzen. Irgendsowas aus diesem Bereich. Wird dann bei den R15K nicht anders gewesen sein. Das Verstehen des genauen Mechanismus' setzt freilich Kenntnis der verwendeten Trägerfrequenzen voraus.
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#25
Von lg74 werden wir die nächste Zeit nix hören, der liest sich jetzt durch die ITU-Richtlinien Wink

Ich hab (was man so alles rumliegen hat...) mal das SEL-Taschenbuch von 1962 zu Rate gezogen, was TF angeht. Viel ist da nicht drin, immerhin aber die Information, daß die Gruppierung bei TF bei normalen Fernsprechleitungen (300-3,4kHz) schon bei 12kHz Träger beginnt (und bis in den niedrigen MHz-Bereich hochgeht). Bei Richtfunk ebenso. Zu höherwertigen Leitungen steht leider nichts.
Allerdings gibt es in beiden Fällen diverse Pilotfrequenzen, um die ganzen gestapelten Kanäle sortiert zu halten. Die sind statisch und liegen dauern an, um z. B. Filter und Regeneratoren "auf Linie" zu halten.

Zwei Anmerkungen noch, aus meiner Erfahrung mit Datenleitungen:
Solche Leitungen wurden nicht auf einer Präzisionsmaschine hergestellt, sondern auf vorhandenden Leitungen rausgemessen und in mehreren Abschnitten hintereinandergeschaltet. So dauerte die Bereitstellung einer einfachen M2S (2Mbit/s Standardfestverbindung) teilweise Wochen, weil Leute unterwegs waren und die besten Aderpaare zusammengesucht haben. In vielen Kabeln ging das entweder gar nicht oder es gingen nur ein oder zwei solcher As, weil sonst das Nebensprechen und damit die Fehlerrate zu hoch wurde.
Die oben gezeigten Analog R15K hatte eine Bereitstellungszeit von 6 Monaten!
Will sagen: Um die zugesicherten Eigenschaften zu erreichen, war eine Menge Handarbeit nötig. Da wären Bandsperren jetzt nichts außergewöhnliches.

Und zum Thema Richtfunk: Neben dem dem Fernmelderspruch "Drahtweg geht vor Funkweg" war das auch ein ziemlich teures Vergnügen. Ich erinnere mich an ein Ereignis um 2000, als einem Kunden die doppelte Hauseinführung, die er teuer bezahlte, von einem einzigen Bagger durchtrennt wurde. Da wurde der Einsatz einer MobRiFu (Mobiler Richtfunk) bis zur Wiederherstellung abgelehnt und lieber die Pönale gezahlt. Auch sonst hat man immer versucht, Standorte über Draht anzubinden, wenn es die Leitungen irgendwie hergegeben haben.

Die Meßsequenzen sind glaub ich auch in der O.33. Ich kann mich erinnern, die in den 80ern immer früh bei Sendebeginn gehört zu haben, gefolgt von einer ernsten Stimme: "Hier ist der Bayerische Rundfunk, eine Anstalt des Öffentlichen Rechts. Intendant: Dr. Albert Scharf. Technischer Direktor: Frank Müller-Roemer ..." Smile
Ob es ein sweep oder Stufenfrequenzen waren, weiß ich aber nicht mehr.

Ich hab mit diesen Erkenntnissen noch einen Bekannten angeschrieben, der sich mit Postkram und vielleicht auch TF auskennt. Wenn der noch was weiß, trage ich es hier nach.

Michael
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#26
Herzlichen Dank! Ich bin in der Tat erstmal für heute "raus", ich mache aber was anderes als mich durch die ITU-Richtlinien zu lesen. Ich muss mal vor die Tür...

Im Zusammenhang mit Rundfunkleitungen fällt mir noch der Begriff "Kernvierer" ein, also die innersten, besonders ausgestatteten Rundfunkleitungen in den dicken Postkabeln. Über solche lief auch 1992-1993 das Programm von Jugendradio DT64 aus Ostberlin zur Mittelwelle nach Wilsdruff, als das Programm aus medienpolitischen Gründen seine UKW-Frequenzen verloren hatte. Es kam im Zuge des damals im Osten erfolgenden Autobahnausbaus mehrmals vor, dass ein Bagger da kräftig reinbiss und das Programm dann halt weg war. Die Leitungen waren vermutlich mit dem ursprünglichen Autobahnbau in den 1930er Jahren da reingekommen...

Dazu und noch viel mehr bei Prof. Dietmar Rudolph, den ich ja zu gerne befragt hätte, wenn er nicht vor 3 Jahren verstorben wäre:

https://www.radiomuseum.org/forum/die_pr...guage_id=1

Von oben bis unten lesenswert und aus heutiger verwöhnter Glasfaser-Sicht absolut "irre", aber wenigstens rational greifbar.

Technischer Direktor: Frank Müller-Roemer

Er wäre ggf. auch noch zu befragen. Kein Witz: ich habe gestern abend jemanden angeschrieben, bei dem ich davon ausgehe, dass er Kontakt herstellen könnte. Wenn nicht, dann versuche ich es auf anderem Wege.

So, jetzt muss ich dringend weg.

Gruß, Christian
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#27
So, ich nochmal. Mit einer Menge Infos zur Fermeldetechnik, aus der ich mal die wichtigsten Teile hier (mit Erlaubnis der Quelle, danke nochmal!) zitiere:


das hängt evtl. damit zusammen das alle benötigten Träger aus einem 114kHz Qarzoszillator für eine 12-Kanal Primärgruppe erzeugt wurden.
Diese 114kHz wurden in übersteuerten Verstärkern stark verzerrt . Aus dem entstehenden Gemisch wurden mit Filtern die Kanalträger und Kanalumsetzer Träger gebildet. Diese Trägerfrequenzen wurden über Verstärker auf alle im Amt vorhanden Umsetzer Gestelle verteilt.
[...]

Bei Benutzung eines Rundfunkkanal konnten Mischprodukte vom Trägeroszillator der Telefonieumsetzer mit dem des Rundfunkkanaloszillators hörbare Interferenzen gebildet werden die sich natürlich störend auf die Rundfunkübertragung auswirken konnten, auch deswegen weil die IRT Fordungen auf den höheren Störspannungsabstand gesichert werden mussten. Ich weiss im Moment nicht die benutzten Umsetzerfrequenzen vom Rdf. Modulatoren aber das scheint der einzige Grund dafür zu sein das man da Sperrfilter und Saugkreise eingesetzt hat welche diese " Frequenzlöcher " verursacht hatten.
Das wurde auch nicht lange so gemacht denn die ersten PCM Strecken waren schon im Einsatz die solche Probleme nicht hatten. Und auf Kabelwegen gab es spezielle TF Geräte die nur Fenseh und Rundfunksignale übertrugen. (ARD Stammleitungsnetz)
[...]

Bei Betrieb über Richtfunk wurden 12 Känale in das Band von 12-60Khz gepackt und bis 10800 Kanäle hochgemischt. Mehrer Rundfunk Kanälumsetzer wurden in einer gemeinsamen Primärgruppe zusammengefasst. Damit wurde das Interferenzrisko vermindert.
[...]

die ganzen TF Technik bestand ja aus ohne Ende Mischer, Ringmodulatoren und Filter. Steile Spulenfilter mit 40dB / oktve , teilweise noch steiler.
Die Frequenzen sind nicht von ungefähr ausgesucht. Es musste darauf geachtet werden das sich intermodulationsprodukte nicht mit in Frquenzen der Sprechwege fallen. besondes nicht in die Signalisierung. In Deutschland wurden in der NF Lage die Frequenzen 2100, 2800 3850/25 benutzt. Fiel ein Mischprodukt auf diese Frequenz war der Kanal nicht nutzbar.


Den "Kernvierer" (eine spezielle Version des normalen "Sternvierers") hab ich übrigens auch im SEL-Handbuch bei einem bestimmten Fernkabeltyp gefunden. Kann ich gerne scannen, aber der Erkenntnisgewinn ist eher gering.

Michael
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#28
(17.01.2025, 14:50)MrBean schrieb: ich habe hier einen Mitschnitt vom WDR (Open Box, WDR II 30.07.1978) auf Kassette.
Auch hier ist die Lücke bei 10 kHz deutlich im Spektrum zu sehen:

Ich kann zwar nichts dazu beitragen, was das Mysterium aufklärt. Außer, dass es mir beim Digitalisieren von alten Radiomitschnitten (meist WDR 2 aus den 80ern) von Kassetten auch schon aufgefallen ist und ich es bisher auf Fehler der damals verwendeten Rekorder geschoben habe.

Da die damaligen Tapedecks nicht unbedingt High End waren, frage ich mal in die Runde, ob das immer exakt 10kHz sind und ob dann diese Lücke im Spektrum zur digitalen Korrektur der Bandgeschwindigkeit verwendet werden könnte? Würde natürlich nur dann sinnvoll sein, wenn sich die Lücke tatsächlich immer genau bei 10kHz befindet.

Gruß
Rolf
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#29
Ich würde bei UKW-Stereo da eher nach Resten des 19kHz Pilottons suchen und als Referenz danach synchronisieren. Im Kern ist es meist einfacher, die playlist neu zu generieren und die Mucke aus Quellen unzweifelhafter Qualität herunter zu laden, digital und danach aufs entgegengesetzte Format Band "umzeichnen". Vorsicht hier nur bei "remasterten" Titeln, die denen der Originalaufzeichnung meist nicht entsprechen...

Martin
"Früher war mehr Lametta!"
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#30
(23.01.2025, 21:05)Übertrager schrieb: das hängt evtl. damit zusammen das alle benötigten Träger aus einem 114kHz Qarzoszillator für eine 12-Kanal Primärgruppe erzeugt wurden.
Diese 114kHz wurden in übersteuerten Verstärkern stark verzerrt . Aus dem entstehenden Gemisch wurden mit Filtern die Kanalträger und Kanalumsetzer Träger gebildet.le verteilt.
[...]

Bei Benutzung eines Rundfunkkanal konnten Mischprodukte vom Trägeroszillator der Telefonieumsetzer mit dem des Rundfunkkanaloszillators hörbare Interferenzen gebildet werden die sich natürlich störend auf die Rundfunkübertragung auswirken konnten, auch deswegen weil die IRT Fordungen auf den höheren Störspannungsabstand gesichert werden mussten. Ich weiss im Moment nicht die benutzten Umsetzerfrequenzen vom Rdf. Modulatoren aber das scheint der einzige Grund dafür zu sein das man da Sperrfilter und Saugkreise eingesetzt hat welche diese " Frequenzlöcher " verursacht hatten.
[...]

Bei Betrieb über Richtfunk wurden 12 Känale in das Band von 12-60Khz gepackt und bis 10800 Kanäle hochgemischt. Mehrer Rundfunk Kanälumsetzer wurden in einer gemeinsamen Primärgruppe zusammengefasst. Damit wurde das Interferenzrisko vermindert.
[...]

die ganzen TF Technik bestand ja aus ohne Ende Mischer, Ringmodulatoren und Filter. Steile Spulenfilter mit 40dB / oktve , teilweise noch steiler.
Die Frequenzen sind nicht von ungefähr ausgesucht. Es musste darauf geachtet werden das sich intermodulationsprodukte nicht mit in Frquenzen der Sprechwege fallen. besondes nicht in die Signalisierung. In Deutschland wurden in der NF Lage die Frequenzen 2100, 2800 3850/25 benutzt. Fiel ein Mischprodukt auf diese Frequenz war der Kanal nicht nutzbar.

Michael
Dank an Michael für diese Infos aus offenbar kundiger Quelle!

Danach sind diesbezüglich die Trägerfequenz-Techniker wohl die Einzigen, die über das Phänomen Genaueres sagen können. Durch die TF-Techniken auf Postleitungen bzw. Richtfunk ist seinerzeit demnach so einiges an HiFi verlorengegangen. Während sich der Verbraucher im Vertrauen auf einen linealglatten Frequenzgang damals so manchen teuren Supertuner gekauft und das Empfangsergebnis im Vertrauen auf gute bis sehr gute Qualität auf Spule oder Cassette aufgezeichnet hat!

Ernüchternes Fazit daraus ist (für mich vorläufig), dass die betroffenen alten Radiomitschnitte kaum noch als HiFi-gerecht angesehen werden können. Ich persönlich finde es interessant, da wir alle damals an die "überragende Qualität" des Hörfunks glaubten. Aber auch auf Platte war -systembedingt- ja selten mehr als 16 kHz ´drauf, was ebenfalls geflissentlich von der Plattenindustrie verschwiegen wurde! 
Frequenzdips jedweder Art stehen dem HiFi-Gedanken im Kontext dieses threads jedoch besonders radikal entgegen. Da damals die wenigsten einen Spektrumanalyzer hinreichender Qualität zur Verfügung hatten (Karl Breh ausgenommen?!), blieb es seinerzeit allgemein unentdeckt.
Ob der ö-r-Rundfunk seine treuzahlenden Hörer wissentlich hinters Licht geführt hat, möchte ich hier lieber nicht weiter erörtern. Aber zumindest hätte ein Totschlag-Argument technischer Erfordernisse auf Nachfrage zur Verfügung gestanden. Es ist beeindruckend, dass diese Nummer vermittels der Aufnahmen etlicher altgedienter Tonbandler jahrzehnte später doch noch den Weg ans Tageslicht findet!

Das Schweigen der (noch lebenden) Insider jener Tage verwundert einen danach wahrhaftig nicht mehr...

Einen großen Dank an alle Beitragenden!


Martin
"Früher war mehr Lametta!"
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#31
Hallo,

ich lese hier nur mit. Jetzt ist mir in dem Beitrag von Übertrager der Satz "Bei Betrieb über Richtfunk wurden 12 Känale in das Band von 12-60Khz gepackt und bis 10800 Kanäle hochgemischt." aufgefallen. Die 10800 Kanäle haben aber nichts mit Rundfunk zu tun. Das war ein Trägerfrequenzsystem von Siemens mit dem 10800 Ferngespräche auf einem Koaxkabel übertragen wurden.

MfG, Tobias
Strom kann erst fließen, wenn Spannung anliegt
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#32
(24.01.2025, 09:24)bitbrain2101 schrieb: Hallo,

ich lese hier nur mit. Jetzt ist mir in dem Beitrag von Übertrager der Satz "Bei Betrieb über Richtfunk wurden 12 Känale in das Band von 12-60Khz gepackt und bis 10800 Kanäle hochgemischt." aufgefallen. Die 10800 Kanäle haben aber nichts mit Rundfunk zu tun. Das war ein Trägerfrequenzsystem von Siemens mit dem 10800 Ferngespräche auf einem Koaxkabel übertragen wurden.

MfG, Tobias

Ich hatte das so verstanden, dass es sich um Übersprechen innerhalb des TF-Kabels handeln könnte. Also Übersprechen von den Adern der Telefonkanäle auf die im gleichen Kabel befindlichen Rundfunkadern ("Kernvierer").

Martin
"Früher war mehr Lametta!"
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#33
Hallo Martin,

beim System V10800 gab es nur 4 Koaxkabel an den Repeatern, die Hin- und die Rück-Richtung. Ich habe die Dinger damals bei Siemens im Prüffeld getestet. Die Repeater saßen alle 2 km in Erdbunkern, um die Kabelverluste auszugleichen.

MfG, Tobias
Strom kann erst fließen, wenn Spannung anliegt
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#34
(23.01.2025, 23:51)mincom schrieb: Ich würde bei UKW-Stereo da eher nach Resten des 19kHz Pilottons suchen und als Referenz danach synchronisieren. Im Kern ist es meist einfacher, die playlist neu zu generieren und die Mucke aus Quellen unzweifelhafter Qualität herunter zu laden, digital und danach aufs entgegengesetzte Format Band "umzeichnen". Vorsicht hier nur bei "remasterten" Titeln, die denen der Originalaufzeichnung meist nicht entsprechen...

Es handelt sich um Live-Mitschnitte (zumeist WDR-Rockpalast Nächte) auf Kassette und mit Dolby B, da finden sich leider keine 19kHz Pilottonreste oder ich unfähig danach zu suchen. Und das, was dann Jahrzehnte später digital veröffentlicht wurde, ist vom Sound her meist nicht dazu geeignet, das Feeling von "damals" wiederzugeben. Ist halt auf Modern gemastert, mit allen, was man so an gängigen Remastern schlimm findet. Siehe hierzu auch die Rezensionen etwa auf Amazon.
Oder, es ist nie was veröffentlicht worden, weil vermutlich keine Rechte bestanden.

Gruß
Rolf
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#35
Herzlichen Dank für allen weiteren Input!

Ich komme aktuell nicht hinterher und die nächsten 2 Tage sieht es auch schlecht aus. Habe jetzt nochv ersucht, weitere Leute anzuschreiben, die vielleicht was wissen könnten oder jemanden kennen, der was wissen kann. Bislang keine Reaktion.

Letztlich braucht es zum Verständnis der Vorgänge, die zu Störungen auf genau 10 kHz, 14 kHz und vielleicht 11,92 kHz führen, Aussagen darüber, wie das gesamte System funktioniert hat, also von NF-Eingang bis NF-Ausgang.



(24.01.2025, 01:22)mincom schrieb: Ernüchternes Fazit daraus ist (für mich vorläufig), dass die betroffenen alten Radiomitschnitte kaum noch als HiFi-gerecht angesehen werden können.

Naja... von einzelnen Kerben im Frequenzgang steht soweit ich mich erinnere nichts in der DIN 45500. Der Frequenzgang fällt dadurch natürlich genaugenommen aus den vorgegebenen Toleranzen und das ganze ist nicht mehr der HiFi-Norm entsprechend. Aber wahrgenommen hats offenbar auch niemand.

Ich würde mich nicht wundern, wenn in der "Populärpresse" (FUNK-TECHNIK, Funkschau) irgendwann mal das Rundfunk-Leitungsystem der Bundespost nebst seiner technischen Realisierung vorgestellt worden wäre. Ich hatte auch viele Jahrgänge FUNK-TECHNIK zumindest via Jahresinhaltsverzeichnis durchsucht, wenn auch nicht extrem gründlich. Ich fand nichts. Aber dazu wird es etwas gegeben haben.

(24.01.2025, 01:22)mincom schrieb: Ob der ö-r-Rundfunk seine treuzahlenden Hörer wissentlich hinters Licht geführt hat, möchte ich hier lieber nicht weiter erörtern. 


Ich würde da mit der ARD nicht so hart ins Gericht gehen. Es war das, was man haben konnte, was man technisch realisieren konnte. Und offenabr ist es wohl nicht vielen aufgefallen. Schade, dass man Karl Breh nicht mehr fragen kann. Johannes Maier oder Ulrich Wienforth würden mir noch eifnallen, die haben auch genug UKW-Tuner getestet.

Witzig wäre, wenn es eine UKW-Aufnahme vom High-Fidelity-Club auf hr2 gäbe, mit Werner Reinke. Wenn da auch die Kerbe drin gewesen wäre... Wink

Auf Bayern 2 gab es wohl mal eine Einzelsendung "Technisches Messprogramm für Stereo-Hörer" mit Dieter Traupe am 04.07.1970 - aber ob der BR die Kerbe hatte, kann ich jetzt gar nicht sagen. Da müsste ich am anderen Wohnort mal alte Tapes anschauen - und habe kein spielfähiges Tapedeck mehr (!). Die Sendung ist aber beschaffbar, ich schau mal.


(24.01.2025, 01:22)mincom schrieb: Das Schweigen der (noch lebenden) Insider jener Tage verwundert einen danach wahrhaftig nicht mehr...

Das hat damit überhaupt nichts zu tun. "Post" ist immer sehr nahe am "Fernmeldegeheimnis" und Nachrichtentechnik ist auch immer sehr nahe an nationaler Sicherheit gewesen. Deswegen schwiegen manche der "Alten" bis weit über alle "Sperrfristen" hinaus. Das ist Ehrensache für sie gewesen, sich dran zu halten.

Aber der Glaube an "vollendete Qualität" oder irgednsowas ist schon faszinierend. Beispiel Deutschlandfunk und Deutschlandradio Berlin / Deutschlandradio Kultur. Das ab Mitte der 90er Jahre aufgebaute UKW-Sendernetz für beide Programme war und ist eine Katastrophe. Es gab fast nirgendwo noch Grundnetzsender-Frequenzen zu haben, der nationale Hörfunk ist shclicht zu spät gekommen. Also funzelte man das Land zu mit Standorten und Frequenzen, die teils nichtmal für den Ort gereicht haben, an dem sie stehen. Es sind zusammen ca. 300 Frequenzen gewesen, teils an lächerlich kleinen EInzelstandorten. Dorthin jeweils eine Leitung zu legen war unbezahlbar. Die Telekom hat dem DRadio eine Sat-Zuführung gestrickt: SCPC (beide Programme also auf einzelnen HF-Trägern) mit speziellen, soweit mir bekannt einzeln adressierbaren Receivern von International Datacasting, es wurden 192 kBit/s MPEG 1 Layer II verwendet - also letztlich die gleiche Bitrate und der gleiche Codec wie damals Astra Digital Radio (ADR). Und so klang das auch: Stimmen lispelten und Applaus im Konzertsaal klang wie Fett, das in einer Pfanne brutzelt.


Wie viele HighEnd-affine Menschen werden damals diese Programme mit ihren teuren Tunern von Onkyo, Grundig FineArts oder gar Restek, K+H FM 2002, Studer etc. gehört und auf den tollen "analogen Klang" geschworen haben?

Die Berliner Frequenz vom DRadio Kultur hatte gewissermaßen Sonderstatus: die hatte eine Direktleitung ins alte RIAS-Funkhaus und zeitweise wurde darüber, zweitweise über die Sat-Verbindung mit 192 kBit/s MP2 gespeist. Man hörte den Unterschied deutlich. Ich sprach darauf 2012 (da war es glaube ich schon Geschichte) einen Techniker des DRadio an und wollte wissen, warum man wechselweise Leitung und Satellit als Quelle nehme. Der Mann war erschrocken, dass ich den Unterschied gehört hatte, wollte mir aber die Frage nicht beantworten.

Inzwische sind viele DLF-Frequenzen via Satellit mit 384 kBit/s MP2 gespeist, andere via IP-Leitung, da ists glaube ich E-aptX mit 32 kHz Samplerate, müsste ich mich nochmal vergewissern.

ARD-Anstalten haben teils lineares PCM (24 Bit / 48 kHz) in der UKW-Zuführung, z.B. der MDR - oder erzeugen das MPX-Signal für jeden Senderstandort zentral im Funkhaus (inkl. RDS, was wegen AF ja auch je Standort unterschiedlich ist) und schicken das MPX-Signal als PCM zu den Sendern. Da wird einfach eine enstprechend hohe Abtastrate verwendet, um das komplette MPX-Signal zu übertragen bis hoch zu den RDS-Seitenbändern. Das Resultat entspricht damit einer MPX-Erzeugung am Senderstandort mit Audio-Zuführung ohne psychoakustische Datenreduktion.

Dazu kommt heute volldigitale, hochpräzise Modulation (die wird mittels FPGA-Chips "ausgerechnet" und dann vermutlich aufwärts gemischt).

Damit kann man sagen: so präzise wie heute war UKW nie, wenn es darum ging, das, was aus dem Funkhaus kommt, in modulierte Hochfrequenz zu übersetzen. UKW kann damit heute formal klanglich mehr liefern als DAB+ in den allermeisten Fällen liefert. Dafür hat man heute Möglichkeiten abartigsten Audioprocessings (und nutzt sie leider auch oft genug) und die Programme haben meist keinen inhaltlichen Wert mehr, so dass das ganze am Ende egal ist.


Nachtrag: die DDR hat auch Richtfunkstrecken für Rundfunkzwecke gebaut. Hier gibt es eine Übersicht dazu.

https://fesararob.de/HTML_RF/Start_R.html

https://fesararob.de/HTML_RF/Geraete_RifuXX.html
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#36
(25.01.2025, 00:58)lg74 schrieb: Auf Bayern 2 gab es wohl mal eine Einzelsendung "Technisches Messprogramm für Stereo-Hörer" mit Dieter Traupe am 04.07.1970 - aber ob der BR die Kerbe hatte, kann ich jetzt gar nicht sagen. Da müsste ich am anderen Wohnort mal alte Tapes anschauen - und habe kein spielfähiges Tapedeck mehr (!). Die Sendung ist aber beschaffbar, ich schau mal.

Sendung liegt mir nun vor. Kam nach den Null-Uhr-Nachrichten. Pegeltöne, Einzelfrequenzen, Gleitsinus kanalgetrennt. Während der Nachrichten kein Stereopilotton (das kennen wir ja vom BR, beim Verkehrsservice war es auch bei Bayern 3 noch in den späten 80er Jahren so, dass die Stereo-Lampe ausging), Pilotton kommt kurz nach Beginn der Sendung, aber ein Stereoeffekt mag sich nicht so recht einstellen. Die hier gesuchten Kerben gibt es aber da komplett nicht. Die haben sogar direkt auf 10 kHz gemessen mit Einzelton.
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