05.01.2021, 16:04
Hallo Miteinander,
auf vielfachen Wunsch eines Einzelnen, möchte ich ein wenig was zum Leben in Teneriffa erzählen.
Zuerst möchte ich mit der romantischen Vorstellung ".....den ganzen Tag in der Sonne liegen, baden im Meer, angeln, ein Weinchen trinken, also Dauerurlaub machen" aufräumen. Es ist wie gesagt eine romantisierte Vorstellung, die in keinster Weise der Realität entspricht.
Es gibt unter den hier lebenden Deutschen den gut treffenden Spruch: " Ich weiß wie man auf den Kanaren ein kleines Vermögen macht, man bringt ein Großes mit"
Ich lebe jetzt ziemlich genau auf den Tag 23 Jahre hier in Teneriffa. Das erste mal hier war ich 1993. Bei diesem 14 tägigen Aufenthalt habe ich mir das "Bazillus canariensis" eingefangen. Sprich ich hab mich in die Insel verliebt. Das führt dazu, daß man mit immer kürzer werdenden Abständen, immer wieder mal hier her muss, solange bis man nicht anders kann als hier leben zu wollen.
Dieser Punkt war bei mir 1997 erreicht. Nach dem Aufräumen meines alten Lebens und einiger Vorbereitungen, einfach ins blaue hinein, dazu bin ich nicht der Typ, bin ich hier Januar 1998 aufgeschlagen. Ich habe gewusst wo ich wohnen werde, was ich arbeiten werde, hatte einige Freundschaften geknüpft, von Vorteil wäre gewesen, wenigstens rudimentär spanisch zu können, was bei mir nicht der Fall war. Ist aber auch gegangen, dazu später mehr.
Vorab, alles was ich hier noch schreiben werde, hat nicht dazu geführt, daß ich bis jetzt auch nur einen Tag bereue.
Neben ein paar persönlichen Gründen, die ich hier nicht näher ausbreiten möchte, war eine der Hauptgründe Deutschland zu verlassen, die zwischenmenschliche Kälte, die ich die knapp 10 Jahre vor Teneriffa, in Oberbayern immer mehr gespürt habe. Ich bin im Erzgebirge aufgewachsen, bin also im " Osten " sozialisiert, da ist es bannig kalt, zumindest wettertechnisch.
Nicht falsch verstehen Oberbayern ist obergeil. Ich finde die Gegend dort, die Schönste von ganz Deutschland, doch aus einer schönen Schüssel ist nicht automatisch gleich gut essen.
Das Leben hier, ist so anders, ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.
Mein Arbeitstag ist oft 13 bis 14 Stunden lang, ich bin selbständig, wohl die ziemlich einzige Möglichkeit hier zu überleben, denn die Möglichkeit auf einen Arbeitsvertrag, eine Anstellung gibt es selten. Dabei bin ich halb so kaputt nach diesen langen Tagen, wie früher nach nicht mal 8h.
Es gibt keine Industrie, außer Tourismus.
Die südländische Lebensweise muss man schon mögen, eine Planungssicherheit gibt es nicht. Man muss schon immer 2 Ersatzpläne
parat haben. Beispiel: Das Wort "mañana" bedeutet Morgen im Sinne von ... der Tag der auf heute folgt. Habe ich früher wörtlich genommen, das kann irgendwann, oder auch nie sein.
Ich habe viele hierher kommen sehen, die genau an dieser Mentalität verzweifelt sind, und nach 2 Jahren wieder weg sind.
Speziell die hier lebenden Deutschen werden von den Canarios als "cabeza cuadrada" bezeichnet. Bedeutet "viereckiger Kopf"
umgangssprachlich " Quadratschädel "
Mein Kopf ist schon mächtig abgerundet, und doch komme ich immer wieder in Situationen, und das obwohl ich hier schon 23 Jahre lebe, wo ich sage: "ne menno, das gibts doch jetzt nicht,oder"?
Es ist halt die andere Seite der Münze.
Doch auch ein Beispiel für die Herzlichkeit. In meinen ersten Wochen hier, ging ich allein in eine typischen Dorfkneipe, bestellte mir, mit meinen damals echt nur 3 Worten spanisch, ein Gläschen Wein. Die dort regelmäßig hingehenden Alten kannten mich schon, ich war neu im Dorf aber Gespräch.
Die haben mich mit Fragen zugeschüttet, und ich habe nix verstanden. Mit Zettel und Stift, Händen und Füßen und Gebärden, haben die mich regelrecht gefoltert, mir hat der Kopf geraucht. Meine immer wieder Beteuerung, ich verstehe kein spanisch, hat sie nicht abgehalten, sich für mich zu interessieren. Zum Schluss will ich bezahlen, bedeutet mir der Wirt, lass mal, ist schon.
Das ging etliche Tage so in Folge, bis ich dann irgendwann klar gemacht habe, das ich nicht mehr komme, wenn ich nicht die Möglichkeit habe mal zu bezahlen. So habe ich nach und nach spanisch gelernt.
Nun stellt Euch bitte mal ein urkonservatives Dorfwirtshaus in Oberbayern vor, ein Dorf mit 6 Bauernhöfen, einer Kirche und nem Schützenhaus . Da kommt jetzt ein, sagen wir mal Türke rein, und schafft es gerade sich ein Bier zu bestellen. Meint Ihr der trinkt ein Zweites?
Ich bin jetzt nicht wirklich der grosse Freund von der seit 2015 ausufernden Migration in Deutschland, habe aber doch eine etwas differenziertere Sicht. Immerhin bin ich seit 23 Jahren Ausländer.
Das ist hier wirklich toll, ich weiß nicht warum, es kommt immer auf den einzelnen an, A....löcher gibt es überall.
Ich bin hier sehr gut integriert, habe viele canarische Freunde, geholfen hat mir dabei die Musik. In meinem Leben habe ich schon ganz oft durch die Musik Schlüssel zu Türen bekommen, die sonst nicht zum öffnen wären.
Das soll es erst mal gewesen sein, ist ja schon ganz schön lang geworden.
Ich bin gerne bereit Fragen zu beantworten.
Viele Grüße aus Teneriffa
Lukas
auf vielfachen Wunsch eines Einzelnen, möchte ich ein wenig was zum Leben in Teneriffa erzählen.
Zuerst möchte ich mit der romantischen Vorstellung ".....den ganzen Tag in der Sonne liegen, baden im Meer, angeln, ein Weinchen trinken, also Dauerurlaub machen" aufräumen. Es ist wie gesagt eine romantisierte Vorstellung, die in keinster Weise der Realität entspricht.
Es gibt unter den hier lebenden Deutschen den gut treffenden Spruch: " Ich weiß wie man auf den Kanaren ein kleines Vermögen macht, man bringt ein Großes mit"
Ich lebe jetzt ziemlich genau auf den Tag 23 Jahre hier in Teneriffa. Das erste mal hier war ich 1993. Bei diesem 14 tägigen Aufenthalt habe ich mir das "Bazillus canariensis" eingefangen. Sprich ich hab mich in die Insel verliebt. Das führt dazu, daß man mit immer kürzer werdenden Abständen, immer wieder mal hier her muss, solange bis man nicht anders kann als hier leben zu wollen.
Dieser Punkt war bei mir 1997 erreicht. Nach dem Aufräumen meines alten Lebens und einiger Vorbereitungen, einfach ins blaue hinein, dazu bin ich nicht der Typ, bin ich hier Januar 1998 aufgeschlagen. Ich habe gewusst wo ich wohnen werde, was ich arbeiten werde, hatte einige Freundschaften geknüpft, von Vorteil wäre gewesen, wenigstens rudimentär spanisch zu können, was bei mir nicht der Fall war. Ist aber auch gegangen, dazu später mehr.
Vorab, alles was ich hier noch schreiben werde, hat nicht dazu geführt, daß ich bis jetzt auch nur einen Tag bereue.
Neben ein paar persönlichen Gründen, die ich hier nicht näher ausbreiten möchte, war eine der Hauptgründe Deutschland zu verlassen, die zwischenmenschliche Kälte, die ich die knapp 10 Jahre vor Teneriffa, in Oberbayern immer mehr gespürt habe. Ich bin im Erzgebirge aufgewachsen, bin also im " Osten " sozialisiert, da ist es bannig kalt, zumindest wettertechnisch.
Nicht falsch verstehen Oberbayern ist obergeil. Ich finde die Gegend dort, die Schönste von ganz Deutschland, doch aus einer schönen Schüssel ist nicht automatisch gleich gut essen.
Das Leben hier, ist so anders, ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.
Mein Arbeitstag ist oft 13 bis 14 Stunden lang, ich bin selbständig, wohl die ziemlich einzige Möglichkeit hier zu überleben, denn die Möglichkeit auf einen Arbeitsvertrag, eine Anstellung gibt es selten. Dabei bin ich halb so kaputt nach diesen langen Tagen, wie früher nach nicht mal 8h.
Es gibt keine Industrie, außer Tourismus.
Die südländische Lebensweise muss man schon mögen, eine Planungssicherheit gibt es nicht. Man muss schon immer 2 Ersatzpläne
parat haben. Beispiel: Das Wort "mañana" bedeutet Morgen im Sinne von ... der Tag der auf heute folgt. Habe ich früher wörtlich genommen, das kann irgendwann, oder auch nie sein.
Ich habe viele hierher kommen sehen, die genau an dieser Mentalität verzweifelt sind, und nach 2 Jahren wieder weg sind.
Speziell die hier lebenden Deutschen werden von den Canarios als "cabeza cuadrada" bezeichnet. Bedeutet "viereckiger Kopf"
umgangssprachlich " Quadratschädel "
Mein Kopf ist schon mächtig abgerundet, und doch komme ich immer wieder in Situationen, und das obwohl ich hier schon 23 Jahre lebe, wo ich sage: "ne menno, das gibts doch jetzt nicht,oder"?
Es ist halt die andere Seite der Münze.
Doch auch ein Beispiel für die Herzlichkeit. In meinen ersten Wochen hier, ging ich allein in eine typischen Dorfkneipe, bestellte mir, mit meinen damals echt nur 3 Worten spanisch, ein Gläschen Wein. Die dort regelmäßig hingehenden Alten kannten mich schon, ich war neu im Dorf aber Gespräch.
Die haben mich mit Fragen zugeschüttet, und ich habe nix verstanden. Mit Zettel und Stift, Händen und Füßen und Gebärden, haben die mich regelrecht gefoltert, mir hat der Kopf geraucht. Meine immer wieder Beteuerung, ich verstehe kein spanisch, hat sie nicht abgehalten, sich für mich zu interessieren. Zum Schluss will ich bezahlen, bedeutet mir der Wirt, lass mal, ist schon.
Das ging etliche Tage so in Folge, bis ich dann irgendwann klar gemacht habe, das ich nicht mehr komme, wenn ich nicht die Möglichkeit habe mal zu bezahlen. So habe ich nach und nach spanisch gelernt.
Nun stellt Euch bitte mal ein urkonservatives Dorfwirtshaus in Oberbayern vor, ein Dorf mit 6 Bauernhöfen, einer Kirche und nem Schützenhaus . Da kommt jetzt ein, sagen wir mal Türke rein, und schafft es gerade sich ein Bier zu bestellen. Meint Ihr der trinkt ein Zweites?
Ich bin jetzt nicht wirklich der grosse Freund von der seit 2015 ausufernden Migration in Deutschland, habe aber doch eine etwas differenziertere Sicht. Immerhin bin ich seit 23 Jahren Ausländer.
Das ist hier wirklich toll, ich weiß nicht warum, es kommt immer auf den einzelnen an, A....löcher gibt es überall.
Ich bin hier sehr gut integriert, habe viele canarische Freunde, geholfen hat mir dabei die Musik. In meinem Leben habe ich schon ganz oft durch die Musik Schlüssel zu Türen bekommen, die sonst nicht zum öffnen wären.
Das soll es erst mal gewesen sein, ist ja schon ganz schön lang geworden.
Ich bin gerne bereit Fragen zu beantworten.
Viele Grüße aus Teneriffa
Lukas