08.05.2018, 07:53
Vor einigen Tagen überantwortete mir ein Bandmaschinenkollege eine Bernstein-Drossel mit der Auskunft, dass beim Einschalten ständig die 16A-Sicherung anspreche, und ob ich eventuell das gute Stück wieder flügge bekommen könne?
Als Nicht-Techniker war er überrascht zu hören, dass durch gründliches Überschreiten der maximalen Einschaltdauer das gute Stück ihm unter der Hand verschmort sei. Der Flurschaden war entsprechend:
Hier war leider nichts mehr zu machen. Die Verbrennungen gingen so tief, dass der Draht beim Abwickeln aufgrund der durch die Hitze geschmolzenen und verklebten Lackisolierung ständig riss. Da half nur eins: Runter mit dem ganzen Krempel und neu bewickeln …
Da ich wegen der Unterbrechungen den Gleichstromwiderstand nicht messen konnte, mussten Wicklungsgeometrie und Kupferdrahtgewicht genügen um zu ermitteln, wie die neue Spule zu wickeln war:
- Gesamtgewicht der Wicklung 103 g,
- (Netto)durchmesser des Kupferlackdrahtes 0,2 mm,
- Spulenkörperdurchmesser 12 mm,
- Außendurchmesser der vorhandenen Wicklung etwa 26,5 mm.
Diversen Materialtabellen (Telefunken Laborbuch etc.) ist zu entnehmen, dass ein solcher Wickeldraht etwa 360 m lang sein muss, was bei 6 cm mittlerer Windungslänge 6000 Windungen ergibt. Der Gleichstromwiderstand dieser Drahtlänge beträgt rund 200 Ω.
Vor vierzig Jahren hatte ich schon mal eine Bernstein-Drossel neu bewickelt, die bis heute funktioniert. Ich weiß nicht mehr, wie ich es damals angestellt habe, doch immerhin bestätigte dieses Exemplar soweit meine rechnerischen Spulenwerte.
Als erstes klebte ich die Flansche wieder an den Spulenkern, da sie sonst unter dem Axialdruck der Windungen seitlich abrutschen würden. Als Wickelantrieb diente eine Bohrmaschine mit stufenlos einstellbarer Drehzahl und Fußtaster, die ich mit Schraubzwingen auf dem Tisch fixierte. Die Spindel bestand aus einer Gewindestange mit zwei Kontermuttern plus Unterlegscheibe, die ich so einspannte, dass ihr Seitenschlag möglichst gering blieb. Den Spulenkern befestigte ich so, dass er mit der richtigen Wickelrichtung sich von alleine arretierte. Die Vorratsspule lief auf einem passenden Kunststoff-Verlegerohr mit einer Verdickung am Ende, die ein Herunterfallen verhinderte:
Nach knapp zwei Minuten bei gemütlich zuckelnder Bohrmaschine (schneller eingestellt wäre sie zu ruckartig gestartet) zeigte die Waage, dass etwa die Hälfte der Drahtlänge bewickelt war. Da wegen des wachsenden Durchmessers das verbleibende Wickeln immer schneller geht, stoppte ich beim zweiten Mal nach Augenmaß und musste nur 3 Gramm Draht – ca. 30 Umdrehungen der Vorratsspule – wieder abwickeln. "Nicht schlecht für nen alten Esel", dachte ich
Danach prüfte ich die Kenndaten und verglich sie mit zwei weiteren Drosseln (meinem alten Bernstein-"Nachbau" und einer "Telefunken Original"):
Die Werte zeigen u.a., dass die Bernstein-Drossel maximal 90 Sekunden an einem Stück betrieben werden sollte, nach Möglichkeit sogar nur 60 Sekunden. Währenddessen steigt die Eisenkerntemperatur (fünf Minuten nach Abschalten gemessen) um 30 bzw. 20 K an. (Für die Maximaltemperatur im Wickel kann man jeweils 10 K hinzurechnen, was auch mit der fallenden Stromaufnahme übereinstimmt.) Außerdem sollte die Drossel vor ihrem nächsten Einsatz mindestens 15 Minuten auskühlen.
Mit ihrer höheren Windungszahl (geschätzt 8500) bei gleicher Drahtdicke erzeugt die Telefunken-Drossel etwa die gleiche Streufeldstärke wie die Bernstein (Pegelmessung der jeweiligen Brumminduktion in den M15A-WK). Wegen der knapp doppelten Induktivität sind jedoch Stromstärke, Stromdichte (= Stromstärke pro Drahtquerschnittsfläche) und Leistungsaufnahme nur noch gut halb so groß (36 statt 60 Watt). Daher kann eine TFK-Drossel länger eingeschaltet bleiben (max. 2 Minuten), ohne sich durch die eigene Verlustwärme zu zerstören.
Da mein Kollege sich wünschte, seine Drossel möglichst ohne eingebauten Taster und statt dessen mit Steckdosenschalter zu betreiben, verbrachte ich abschließend noch etwas Zeit damit, bei der ansonsten geheilten Patientin das hör- und fühlbare Vibrieren zu verringern, das vor allem durch den zu lose im Wickelkörper steckenden Eisenkern verursacht wurde. Zwar ist es eine nützliche Betriebsanzeige, solange man die Drossel in der Hand hält, doch mit einer etwas "ruhigeren" Drossel lässt sich die Wechselwirkung zwischen ihr und dem zu entmagnetisierendem Werkstück besser wahrnehmen.
200 Gramm Wickeldraht sind jetzt übrig … falls also noch jemand seine Drossel wieder ans Singen kriegen möchte … :whistling:
Grüße, Peter
Als Nicht-Techniker war er überrascht zu hören, dass durch gründliches Überschreiten der maximalen Einschaltdauer das gute Stück ihm unter der Hand verschmort sei. Der Flurschaden war entsprechend:
Hier war leider nichts mehr zu machen. Die Verbrennungen gingen so tief, dass der Draht beim Abwickeln aufgrund der durch die Hitze geschmolzenen und verklebten Lackisolierung ständig riss. Da half nur eins: Runter mit dem ganzen Krempel und neu bewickeln …
Da ich wegen der Unterbrechungen den Gleichstromwiderstand nicht messen konnte, mussten Wicklungsgeometrie und Kupferdrahtgewicht genügen um zu ermitteln, wie die neue Spule zu wickeln war:
- Gesamtgewicht der Wicklung 103 g,
- (Netto)durchmesser des Kupferlackdrahtes 0,2 mm,
- Spulenkörperdurchmesser 12 mm,
- Außendurchmesser der vorhandenen Wicklung etwa 26,5 mm.
Diversen Materialtabellen (Telefunken Laborbuch etc.) ist zu entnehmen, dass ein solcher Wickeldraht etwa 360 m lang sein muss, was bei 6 cm mittlerer Windungslänge 6000 Windungen ergibt. Der Gleichstromwiderstand dieser Drahtlänge beträgt rund 200 Ω.
Vor vierzig Jahren hatte ich schon mal eine Bernstein-Drossel neu bewickelt, die bis heute funktioniert. Ich weiß nicht mehr, wie ich es damals angestellt habe, doch immerhin bestätigte dieses Exemplar soweit meine rechnerischen Spulenwerte.
Als erstes klebte ich die Flansche wieder an den Spulenkern, da sie sonst unter dem Axialdruck der Windungen seitlich abrutschen würden. Als Wickelantrieb diente eine Bohrmaschine mit stufenlos einstellbarer Drehzahl und Fußtaster, die ich mit Schraubzwingen auf dem Tisch fixierte. Die Spindel bestand aus einer Gewindestange mit zwei Kontermuttern plus Unterlegscheibe, die ich so einspannte, dass ihr Seitenschlag möglichst gering blieb. Den Spulenkern befestigte ich so, dass er mit der richtigen Wickelrichtung sich von alleine arretierte. Die Vorratsspule lief auf einem passenden Kunststoff-Verlegerohr mit einer Verdickung am Ende, die ein Herunterfallen verhinderte:
Nach knapp zwei Minuten bei gemütlich zuckelnder Bohrmaschine (schneller eingestellt wäre sie zu ruckartig gestartet) zeigte die Waage, dass etwa die Hälfte der Drahtlänge bewickelt war. Da wegen des wachsenden Durchmessers das verbleibende Wickeln immer schneller geht, stoppte ich beim zweiten Mal nach Augenmaß und musste nur 3 Gramm Draht – ca. 30 Umdrehungen der Vorratsspule – wieder abwickeln. "Nicht schlecht für nen alten Esel", dachte ich
Danach prüfte ich die Kenndaten und verglich sie mit zwei weiteren Drosseln (meinem alten Bernstein-"Nachbau" und einer "Telefunken Original"):
Die Werte zeigen u.a., dass die Bernstein-Drossel maximal 90 Sekunden an einem Stück betrieben werden sollte, nach Möglichkeit sogar nur 60 Sekunden. Währenddessen steigt die Eisenkerntemperatur (fünf Minuten nach Abschalten gemessen) um 30 bzw. 20 K an. (Für die Maximaltemperatur im Wickel kann man jeweils 10 K hinzurechnen, was auch mit der fallenden Stromaufnahme übereinstimmt.) Außerdem sollte die Drossel vor ihrem nächsten Einsatz mindestens 15 Minuten auskühlen.
Mit ihrer höheren Windungszahl (geschätzt 8500) bei gleicher Drahtdicke erzeugt die Telefunken-Drossel etwa die gleiche Streufeldstärke wie die Bernstein (Pegelmessung der jeweiligen Brumminduktion in den M15A-WK). Wegen der knapp doppelten Induktivität sind jedoch Stromstärke, Stromdichte (= Stromstärke pro Drahtquerschnittsfläche) und Leistungsaufnahme nur noch gut halb so groß (36 statt 60 Watt). Daher kann eine TFK-Drossel länger eingeschaltet bleiben (max. 2 Minuten), ohne sich durch die eigene Verlustwärme zu zerstören.
Da mein Kollege sich wünschte, seine Drossel möglichst ohne eingebauten Taster und statt dessen mit Steckdosenschalter zu betreiben, verbrachte ich abschließend noch etwas Zeit damit, bei der ansonsten geheilten Patientin das hör- und fühlbare Vibrieren zu verringern, das vor allem durch den zu lose im Wickelkörper steckenden Eisenkern verursacht wurde. Zwar ist es eine nützliche Betriebsanzeige, solange man die Drossel in der Hand hält, doch mit einer etwas "ruhigeren" Drossel lässt sich die Wechselwirkung zwischen ihr und dem zu entmagnetisierendem Werkstück besser wahrnehmen.
200 Gramm Wickeldraht sind jetzt übrig … falls also noch jemand seine Drossel wieder ans Singen kriegen möchte … :whistling:
Grüße, Peter
Grüße
Peter
_____________________
Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
Peter
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