Pre-Emphasis bei CD und DAT?
#3
Lieber Andreas,

die Emphase/Deemphase ist ein Überbleibsel der mit der CD (nebst Derivaten: 1610/1630, DSR, DAT) ja auch intentionell verbundenen 14-Bit-Technik, der man nach den umfangreichen, einschlägigen Erfahrungen zwischen Platte und Rundfunk der analogen Ära ein wenig aufs Fahrrad helfen wollte.
14Bit-Aufzeichnugen mit Emphase sichern bei theoretischen 84 dB psychoakustisch etwa den Geräuschspannungssabstand, den ein 16Bit-Code ohne Vorverzerrung mit 96 dB bereitstellt. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass auf der Produktionsseite bis PCM-100 auch noch länger mit 14 Bit gearbeitet wurde, und der erste Kick für den Digitalmarkt in Gestalt des (weithin professionell und mobil eingesetzten) F-1-Verfahrens nach EIAJ eigentlich ein 14-Bit-System war, das man lediglich durch den Verzicht auf ein Paritätswort (und damit die Hälfte der Redundanz, --- bei Amateurvideobändern!) auf 16 Bit aufbohren konnte. Dabei müssen wir uns auch vor Augen halten, dass damals gute 16-Bit-AD- und DA-Wandler nebst Filterperipherie schlicht teuer waren, was nicht zuletzt beim 'F-1-Professor' zur Verwendung eines einzelnen AD-Wandlers für die Wandlung beider Kanäle li und re herangezogen wurde, indem man ihn mit der doppelten Samplingrate umschaltete.

In Deutschland ließ man schon sehr früh (also noch vor DAT) vom Gebrauch der Emphase, während die Amerikaner immer wieder CDs sogar mit den Gewinnen beim Emphasen/Deemphasen-Verfahren bewarben. Hierzulande erfreute sich die Produktion eher an den erstmals bestehenden Möglichkeiten, ohne jede Berücksichtigung einer Höhenaussteuerbarkeit des Speicherverfahrens arbeiten zu können, was letztlich auch inernational obsiegt hat, während die von der Deutschen Grammophon, Hannover-Langenhagen (Burkowitz, Blüthgen) weiland beim Entwurf des CD-Subcodes vorgesehene zweite Anwahlebene (Indies) heute letztlich out ist. Auch ich nütze bzw. nützte den Index sehr gerne, musste mir aber von so manchem Nutzer die Frage stellen lassen, wie er denn damit umgehen solle. Selbst bei den CD-Playern, die im Besitze der Anwahl dieser zweiten Ebene sind, kennt kaum ein Besitzer den tieferen Sinn dahinter. Andererseits entfaltet der Index auch eher in der Klassik sein segensreiches Wirken, womit man schon mit Aplomb ein sehr schmales und immer schmaler werdendes Kundesegment anspricht. Weiterhin benötigen die einschlägig befähigten CD-Player teilweise einige (und vor allem gerätespezifisch unterschiedlich lange) Zeit, bis nach einer Indexanwahl der Ausgang freigegeben wird. Dadurch wird bei der erstmaligen Anwahl das Signal recht oft angeschnitten, während beim zweiten Anlauf bereits zu früh freigegeben wird. Die Sache ist also zweischneidig, weshalb sie der eng kalkulierende Anbieter gleich einmal kippt.

Ein analoges Deemphasisfilter ist sehr billig zu realisieren, weshalb da selbst im einfachen Walkman Vorsorge getroffen sein sollte. Andererseits leben wir im Zeitalter des fast amoralisch gehandhabten Sounds, weshalb ich mir durchaus vorstellen kann, dass man darauf verzichtet und die 'Brillanz' potenzieller CDs 'etwas artfremd' nützt. So werden dann manchmal "Referenzaufnahmen" über die Hintertür in diese Welt geboren.

Übrigens dauert auch die fliegende Umschaltung vom Linear- in den Deemphasisbetrieb bei laufender CD durchaus ihre Zeit, was bei einer an eine Linearphrase zu knapp angeschnittenen Deemphasispassage dazu führen kann, dass die ersten 500 bis 1000 ms ohne Höhenabsenkung wiedergegeben werden. An den Digitalausgängen wird manchmal -professionelles Gerät- nach Wahl per Menü oder Mäuseklavier eine digitale Deemphasis durchgeführt oder das entsprechnde Bit im Signalcode, bei Amateurgeräten stattdessen einfach nur das Deemphasisbit gesetzt, sofern nicht durch das Vorhandensein des zusätzlichen Copyprohibit-Bits eine Kopie sowieso verhindert wurde. Eine Anzeige der Flagbitstatus ist nur in der professionellen Technik prinzipiell üblich, weil dort natürlich eigentlich jederzeit erfahrbar gewusst werden sollte, was man anrührt.

Bestimmte Geräte aber (z. B. Lexicons L300 oder Behringers SRC2000) gestatteten, an den Flag-Bits herumzuschrauben, was zu lebhaft vorstellbaren und daher auch vielfältig bekannten Szenenchaoserscheinungen führte, von denen die Produktionsszene nun keinesfalls frei ist. Es gibt da nichts, was nicht vorkäme.

Hans-Joachim
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[Kein Betreff] - von andreas42 - 22.05.2009, 12:24
[Kein Betreff] - von uk64 - 22.05.2009, 14:45
[Kein Betreff] - von PhonoMax - 22.05.2009, 15:23
[Kein Betreff] - von Rick Monson - 22.05.2009, 23:23
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