Telefunken M10
#1
Die a) vielen schönen Gerätebeschreibungen und b) meine netten Kisten vor Augen habe ich mir gedacht, ich steuere mal was zu dem Gerät bei, das Friedrich Engel / Gerhard Kuper / Frank Bell (Zeitschichten – Magnetbandtechnik als Kulturträger) mit Blick auf die Zeit vor 50 Jahren so schön „Arbeitspferd“ der ARD-Anstalten genannt haben – die Telefunken M10.
Falls jemand darüber hinaus was hinzufügen oder mich richtigstellen möchte – immer gerne (ich bin kein Ingenieur und kein Elektroniker, sondern nur liebender Anwender).

Um es nicht ausufern zu lassen, breite ich jetzt mal nicht noch die Sachen aus, die Frank Stegmeier und Friedrich Engel & Co. schon ausführlich geschildert haben, sondern beschränke mich mal auf eine Art Erfahrungsbericht, der auch gern allen möglichen Ergänzungen/Korrekturen offenstünde.
(N.B. Die meisten Fotos habe ich nicht mit [img] eingebunden, weil sie jeweils an die 500 kB haben und das Fenster sprengen.)

Für Unbedarfte ist die M10 erst mal ein Kulturschock Wink

[Bild: M10senkrecht.jpg]

Wer von den auf mich fast schon hifimäßig wirkenden Studer A807 oder PR99 kommt, den erwartet hier geradezu eine panzerplattenmäßig-grobschlächtig wirkende Technik; und wer zuvor nur die Generation der M15/M15A kannte, der muß sich immer noch an den kühlschrankgroßen Koloß gewöhnen, der hier vor einem steht. Die M10 besteht aus dem 65 kg schweren Laufwerk (das zwar relativ handlich ist, aber zwei Leute wissen trotzdem hinterher, was sie geschleppt haben) und den separaten Verstärkern (die in meinem Fall auch noch mal an die 20 kg Kampfgewicht auf die Waage bringen).

Die hier vorgestellten Kombinationen (Laufwerk-Nr. 5568 und 5573) stammen vom Saarländischen Rundfunk, von wo sie offenbar in ein privates Tonstudio im Saarland wanderten und dann 2004 über das bekannte Auktionshaus bei mir landeten. Einigen Details nach zu urteilen (Daten der Elkos, Beschriftung der Laufwerkstasten, Form des Betriebsstundenzählers) stammen sie nicht aus den frühesten Serien, sondern irgendwann aus den frühen 60ern.
Sie arbeiten mit Siemens V296/297-Transistorverstärkern, die laut einigen M10-Kennern, die ich gefragt habe, relativ selten sein sollen. Offenbar war Siemens beim SR gut im Rennen, denn ein Konvolut von Ersatz-Kassettenverstärkern, an das ich später mal gekommen bin, hat ebenfalls die Etiketten des Senders. Wer die bekannten Sitral-Geräte mit ihren charmanten hellgrauen Metallgehäusen kennt Wink, der fühlt sich direkt zuhause. Anders als beim Telefunken V396/397 werden keine Karten eingesteckt, sondern man setzt die kompletten Kassetten in den Einschubträger, wo sie dann an den bekannten 31poligen Stiftleisten landen. Die Zusammensetzung aus Aufnahme-, Wiedergabeverstärkern, Löschstufen etc. ähnelt den Telefunken-Paralleltypen; ich bin mit nicht sicher, ob es in der „Aufgabenverteilung“ zwischen den Modulen evtl. den einen oder anderen kleinen Unterschied gibt.

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Im ganzen sind die Siemens-Kassetten bei Stereo-Bestückung natürlich um einiges voluminöser und bringen auch ein paar Pfund mehr auf die Waage als die Telefunken-Verstärkerkarten. Man kann die M10 also zwar aufstellen, ohne die zugehörige Truhe zu haben (die mit ihrem grauen Blech-Layout auch nicht gerade zu den Glanzstücken des technischen Designs zählt – aber in Sachen Ästhetik hat die M10 ohnehin ihre eigenen Gesetze Wink ), aber man muß gucken, daß man z.B. unterhalb des auf Tischhöhe stehenden Laufwerks noch einen Platz für die ziemlich unhandlichen Siemens-Verstärker läßt.

Mit dem Laufwerk verbunden werden die Verstärker über zwei 16polige Tuchel-Steckerleisten. Die Kabelbäume sind nicht die flexibelsten, sodaß ich da immer etwas vorsichtiger zu Werke gehe. Netzschalter sind getrennt, für die Verstärker am Netzteil N224a, für das Laufwerk vorn links auf einer kleinen „Schalttafel“ (so in der Serviceanleitung genannt).
Ein dritter Anschluß auf der Rückseite des Laufwerks dient zum Anschluß eines 16poligen Steckers für die Fernsteuerung. Falls man nicht zu den Glücklichen gehört, die so was einsetzen können (Reglerstart :engel: ) , muß hier ein Blindstecker rein, der die Kontakte b8-a8 und a4-b3 kurzschließt. Sonst bekommt der rechte Wickelmotor keinen Saft.
An diesem Stecker läßt sich übrigens eine rudimentäre Handumdrehens-Fernsteuerung einsetzen, die mich an diejenige der Philips-Heimgeräte aus den späten 70ern erinnert Wink : setzt man zwischen b5 und a7 nämlich einen Taster (Hand- oder Fuß-), dann kann man die Maschine von „Halt“ auf „Wiedergabe“ schalten (zurück wie bei Philipsens geht’s leider nicht). Wenn man also kein Mischpult mit Reglerstart hat, kann man zumindest gleichzeitig mit dem Regler-Aufziehen auch die Maschine (per Fuß) starten. Der Startvorgang geht bei diesem Laufwerk übrigens sehr schnell, das Band ist ratzfatz an den Köpfen und auf Sollgeschwindigkeit.

Zurück zum Laufwerk: Beim Blick von unten stößt man erst mal auf ziemlich aufgeräumte Verhältnisse:

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Relativ weit hinten in der Mitte das Netzteil mit zwei Trafos (fürs Netz und für die Wickelmotoren) und einer ganzen Batterie von Gleichrichtern. Die sind auch nötig, denn mit Netzspannung werden nicht nur die Motoren befeuert, sondern auch die Magnete, die die beiden Andruckrollen betätigen, den Zugmagneten für den Tonmotor und auch die kompletten Bremssysteme.
Links und rechts vom Netzteil sitzen die Wickelmotoren, von denen jeder mal locker seine zwei bis drei Kilo auf die Waage bringt. An ihrer Unterseite jeweils ein zweiteiliges Bremssystem mit einer hart zur Sache gehenden Schnellbremse für Bandende und Bandriß (die zupackt, sobald der linke Bandfühlhebel in seine Ausgangsstellung zurückfedert, weil also kein Band mehr da ist, was ihn davon abhalten könnte) und einer Betriebsbremse für alle normalen Lebenslagen wie Abbremsen aus dem Umspulen etc.

Hier gibt’s schon (laut Aussage eines WDR-Technikers) die erste notorische Macken-Stelle (auf die man also achten sollte, wenn man eine M10 kaufen will): wenn nämlich (wie bei einer meiner Maschinen) der Zylinder der Betriebsbremse an dem der Auslaufbremse festgebacken ist (die beiden sind nur durch einen Filz getrennt, und da kann sich in 40 Jahren schon mal [rheinisch] Knööß bilden). Resultat: Die harte Auslaufbremse wirkt auch, wenn man aus dem Umspulen bremst – undankbar fürs Band. Will man eine M10 auf diesen Fehler hin testen, merkt man das, wenn man ohne Band den rechten Bandteller im Uhrzeigersinn und den linken entgegengesetzt dreht. Wenn es sehr schwer geht, packen gerade die Bandauslaufbremsen (die eigentlich längst wieder abgefallen sein sollten).

Hinter dem Netzteil sitzt unter einer Metallabschirmung eine ganze Batterie von Relais – was für meine Begriffe ein Stichwort für den Charme der M10 wäre, denn anders als bei der M15A kann auch ein Elektronik-Laie noch halbwegs erahnen, was in dieser Maschine passiert, wenn man Start, Wiedergabe, Halt etc. drückt. Damit läßt sie sich natürlich auch leichter reparieren. Reparieren ist allerdings auch ab und an ein Thema – aber dazu gleich mehr.

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Um mit dem Blick von unten weiterzumachen: Vor den Wickelmotoren sitzt jeweils der Mechanismus für einen Bandzugfühlhebel. Beide sind mit effen Federn versehen, für die Dämpfung sorgt jeweils ein luftgefüllter Kolben. Wenn man ein Band einlegt und zunächst den linken Hebel nach außen drückt, schaltet der Hebel den Tonmotor ein. Solange die Maschine auf „Halt“ steht, wird der Hebel über ein kleines Metallplättchen fixiert, das in ein Zahnrädchen greift (noch ein Punkt für potentielle Käufer: das muß funktionieren; das Gelenk des Metallplättchens sollte nicht verharzt sein, sodaß das Zahnrädchen etwa keine Wirkung haben könnte). Das ist beim Schneiden ziemlich schlau, weil sich der Tonmotor dann nicht dauernd an- und abschaltet, je nachdem, ob Bandzug auf den Hebel wirkt, oder nicht.
Damit der Hebel frei schwingen kann, sobald nötig, verabschiedet sich die Fixierung (per Elektromagnet natürlich Wink ), sobald man auf Aufnahme/Wiedergabe oder Umspulen schaltet
Der rechte Bandzugfühlhebel hat als augenfälligste Funktion die, daß er, sobald das Band ausläuft, das Zählwerk bremst.
Gehen wir beim Blick von unten etwas weiter nach vorn, kommt links die Umlenkrolle. Hier sorgt eine Wirbelstrombremse für den passenden Bandzug.

Da sind wir auch schon beim nächsten Punkt, auf den man beim Kauf achten sollte: Links und rechts von der Achse der Umlenkrolle sitzen zwei Muttern, über die die graue Abdeckkappe der Rolle befestigt wird. Wenn diese Muttern festsitzen (und das tun sie bei meinen Maschinen), kriegt man die Abdeckkappe nicht ab, damit auch nicht die große obere Abdeckplatte des Laufwerks – die Rollenabdeckklappe muß man aber abnehmen, wenn man etwa die Umlenkrolle schmieren oder auf der anderen Seite das Bandzählwerk wechseln möchte; die große Abdeckplatte muß runter, wenn man einen der Wickelmotoren ausbauen möchte.
Ich habe noch nicht probiert, ob man die neuralgischen Muttern mit WD-40 oder den üblichen Verdächtigen loskriegt; dafür muß man das Laufwerk umdrehen und braucht in jedem Falle zwei Leute, die gut heben können, außerdem mindestens vier passende Holzblöckchen, um das Laufwerk drauf abzulegen.

Wieder in die Mitte und etwas nach vorn, dann kommt dort ein kleines Element mit zwei Relais: die reagieren wechselweise, sobald man die Geschwindigkeit umschaltet. Weiter vorn wird es dann richtig spannend, denn dort kommt der Antriebsblock für die Tonwelle.

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Letztere ist dabei das Kernstück (und mit ihr hängt die Achillesferse zusammen, s.u.). Die M10-Tonwelle ist ein langer Metallstift mit einem Stroboskop auf der Oberseite, der konisch zuläuft und an dieser Stelle mit der Schwungmasse verbunden ist. Die stellt sich als mehrstufige runde, rote Metallscheibe dar. Angetrieben wird sie vom Tonmotor nach dem Reibradprinzip: Das Ritzel des Motors wirkt auf die Schwungscheibe über einen schwarzen Hartgummiring. In Ruhestellung ist das Ritzel einige Millimeter abgehoben; sobald der Tonmotor anläuft, wird er sofort von einem Zugmagneten (zu erkennen an der langen Zugstange) an die Schwungscheibe gezogen.

Und damit hätten wir die besagte Achillesferse, denn bei einer mindestens 30 bis 35 Jahre alten Scheibe (die Ersatzteilversorgung endete Mitte der 70er) kann man sich ausrechnen, wann der Gummi den Löffel abgibt. Das eine Problem ist das von Friedrich Engel et al. beschriebene, daß nämlich der Gummi mit der Zeit an Substanz verliert und deshalb die Drehzahl der Tonwelle gaaaanz langsam größer wird. Was man am Stroboskop auf deren Oberseite überprüfen kann. Das zweite Problem ist, daß sich im Gummi der Schwungscheibe Risse bilden können. Resultat: Die Maschine gibt erst ein leises Rumpeln von sich, später merkt man bei Härtetests Wink – 19 cm/s und langsame Klaviermusik oder Sinustöne – mehr oder weniger dezente Gleichlaufschwankungen.
Hier sieht man die Risse im Gummiring:

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In dieser Form geht es noch: Man hört es leise rumpeln, und bei besagtem Härtetest machen sich leise Schwankungen bemerkbar. Bei 38cm/s hört man nur noch seeehr wenig, bei Sprache ohnehin nix.

Abhilfe wurde von den Technikern des Hessischen Rundfunks im Jahre 1975 ausgeknobelt und wurde in diesem Forum auch schon behandelt – man braucht allerdings handwerkliches Geschick dazu: der Kunstgriff besteht in der Umstellung der Maschine auf Riemenantrieb.

Für die nicht so Ausgefuchsten (zu denen ich mich mal zähle) gibt’s zum einen wohl nur den Weg, daß man es vermeidet, den Tonmotor öfter als nötig an- und abzustellen (denn jedesmal wird die Schwungscheibe in Nullkommanix auf Sollgeschwindigkeit beschleunigt, was alles der arme Gummiring mitmachen muß – daß diese alten Ringe das überhaupt noch so mitmachen, wundert mich schon und spricht für die Qualität des Gummis).

Und zum anderen kann man die Schwungscheibe mit einer Wasserrohrzange und dem passenden Schraubenschlüssel wechseln. Das geht entweder bequem, indem man die komplette Tonwellen/Schwungscheiben-Einheit samt Lager ausbaut, um dann weiter an ihr herumzufuhrwerken. Dazu muß man allerdings vorher die oben erwähnte große Abdeckplatte abnehmen.

In meinem Falle, wo das nicht geht, hat sich die Alternative bewährt:

- Stecker auf der Rückseite des Laufwerks ausstöpseln, dann Laufwerk an den Holmen vorn kräftig anheben und aufrecht auf den Tisch stellen

- Kopfträger abnehmen (um hinterher die Tonwelle nach oben ziehen zu können)

- Zugstange vom Tonmotor trennen, vorher merken/markieren/fotografieren, wie weit die zugehörige Mutter auf die Stange aufgeschraubt war (denn die Mutter regelt über die Feder den Druck, mit dem das Tonmotor-Ritzel auf den Gummiring der Schwungscheibe wirkt). Glückliche Federwaagen-Besitzer sind fein raus, sie können alles bequem messen und in einem überprüfen, ob der Druck korrekt eingestellt war.

- An der Unterseite der Schwungscheibe wird ein verchromter Ring von drei Schrauben gehalten. Die drei Schrauben müssen raus, der Ring dann runter.

- Mutter unterhalb der Schwungscheibe mit Maulschlüssel lösen, Tonwelle dabei an ihrem unteren Ende (also NICHT da, wo sie mit dem Band in Kontakt kommt Wink ) mit Rohrzange festhalten (evtl. Gummistück o.ä. dazwischen, damit’s keine Kratzer auf der Welle gibt), Mutter abnehmen

- Schwungscheibe vorsichtig von der Tonwelle lösen (sitzt erst mal ziemlich fest, also Geduld mitbringen)

- wenn die Scheibe gelockert ist, Tonwelle nach oben ziehen, bis man die Schwungscheibe aus dem Gerät herausziehen kann. Dabei kullert einem eine schwarze Feder entgegen, die zwischen Tonwelle und Schwungscheibe sitzt.

- Neue Schwungscheibe auf die Tonwelle setzen – das ist der Friemel-Teil der Arbeit, weil nämlich auch die schwarze Feder wieder dazwischenkommen muß. Auch muß man gucken, daß man das Zwischenrad (zwischen Schwungscheibe und Filterwelle, von dem ist gleich noch näher die Rede) nicht malträtiert.

- Mutter unterhalb der Schwungscheibe wieder aufsetzen, festziehen – in Ermangelung passender Meß-/Prüfgeräte habe ich das nach Gefühl gemacht; die Scheibe muß so festsitzen, daß sich kein Schlupf zwischen ihr und der Tonwelle ergibt.

- verchromten Ring wieder auf die Scheibe setzen, Schrauben rein, festziehen

- Tonmotor wieder ranschwenken, Feder auf die Zugstange, Muttern so weit festziehen, wie sie vorher saßen bzw. Andruckkraft mit Federwaage messen

- Kopfträger wieder aufsetzen, fertig.

Gerade war von einem Zwischenrad und einer Filterwelle die Rede. Damit sind wir bei einem nächsten Spezifikum dieses Monster-Laufwerks – das sich bei mir gut bewährt hat: Was von oben wie ein neandertaliger Doppel-Capstan aussieht, ist zum einen (rechts) die Tonwelle samt Andruckrolle. Zum anderen sitzt (links) die sog. Filterwelle. Die bildet ein letztes Glied der mehrstufigen Dämpfung zwischen den Köpfen und dem linken Bandteller. In Stellung Halt und Umspulen wird diese Welle (über besagtes Zwischenrad und die Schwungscheibe) vom Tonmotor angetrieben und damit auf Sollgeschwindigkeit gehalten. Sobald man auf Aufnahme/Wiedergabe schaltet, schwenkt das Zwischenrad zurück, und die Filterwelle wird lediglich vom Band mitgenommen.
Die offenkundigsten Folgen und Vorzüge dieser Konstruktion habe ich mit ganz schlimm zusammengeschnibbelten Bändern voller Katastrophen-Klebestellen erlebt, und zwar im Vergleich zur Tascam BR-20 (die in dieser Rubrik des Forums schon vorgestellt wurde). Wenn man mit der Tascam solche Bänder neu bespielt, ergeben sich an Klebestellen dieser Sorte kurze, aber hörbare Gleichlaufschwankungen – für Musik sind die Bänder erst zu brauchen, wenn man mühsam die Klebestellen „saniert“. Bei der M10 – nix dergleichen; sie wird selbst bei langsamer Klaviermusik mit solchen Schlonz-Stückel-Bändern spielend fertig. :respekt:
An zwei Punkten gibt’s hier was einzustellen: zum einen am Lager der Filterwelle, wenn man den Eindruck hat, daß die Welle vom Band nicht richtig mitgenommen wird - zum anderen läßt sich die Andruckrolle eintaumeln, für den Fall, daß das Band nicht korrekt läuft.

Mit dem Thema Filterwelle/Andruckrolle sind wir schon auf der (ziemlich aufgeräumten) Oberseite der M10 angekommen: Keine Spur von Memory-Zählwerk, Autolocator oder ähnlichem neumodischen Krimskrams :lachen:. Dafür hat die Maschine (links zwischen den Laufwerkstasten) eine sehr schöne Regelung der Umspulgeschwindigkeit, die mir FAST noch feiner vorkommt als die der M15A. Die Tasten für die Laufwerksfunktionen und für die 38/19-cm-Geschwindigkeitsumschaltung werden von handelsüblichen Birnchen beleuchtet. Wenn die mal gewechselt werden müssen, kann man die verchromten Metallrahmen, in denen die runden Tasten sitzen, nach oben abziehen (sie sind nur mit Federn befestigt), dann kommt man an die Lampen ran.
Die rechte Umlenkrolle ist mit dem Bandzählwerk kombiniert – das in der Anleitung passenderweise „Banduhr“ genannt wird. Die Uhr ist offenbar eine Art Black Box, man kann sie nur en bloc wechseln. Im Falle meiner Maschinen arbeiten die Uhren allerdings zum Glück korrekt. Ein ebenso einfaches wie zuverlässiges Meßinstrument, das übrigens bei Außenstehenden, die die Maschine zu Gesicht bekommen, mächtig Eindruck macht Wink.

Für Leute, die ihre Bänder schneiden, ist die M10 nicht das Unkomfortionöseste: Der Markierstempel hat nebenbei wieder mal ein telefunken-typisches Apercu zu bieten: nämlich eine Art Bremsvorrichtung, die ihn davon abhält, mit vollem Schmackes auf den Tonkopf zu krachen – er setzt nur auf das BAND seinen Abdruck, und fertich isses. Auffallend ist noch der kerzengerade Bandlauf zwischen den Umlenkrollen bei „Halt“ (solang man das Band nicht mit dem „Schnitt“-Drehschalter an den Tonkopf angelegt hat), und dann natürlich noch der Punkt, daß die Klebeschiene und die Schiene mit der Bandschere sozusagen ganz genau in der Schußlinie liegen – man zieht das Band mit der rechten Hand raus und landet automatisch direkt in der Schnitt- und Klebeschiene. Da scheinen die Entwickler in den 50er Jahren eng mit den Praktikern in den Funkhäusern kooperiert zu haben.

Im ganzen habe ich bei dieser Maschine den wehmütigen Wink Eindruck, daß hier ein (bis auf die Macke mit dem Gummiring) kompromißlos auf die Anforderungen der knallharten Funkhauspraxis ausgerichtetes Arbeitsgerät geschaffen wurde: ohne jeden überflüssigen Schnickschnack, straight ahead. Wehmütig ist der Eindruck deshalb, weil der Kontrast zur heutigen Sende-Software ins Auge springt: oft genug halbgar zusammengemurkstes Zeug, das (wie ich mir manchmal nicht verkneifen kann zu vermuten) den Funkhäusern von solchen Entwicklern (irgendwo kommen die Systeme dann doch wieder in Berührung mit Microsoft-Murks) angedreht worden ist, deren technisches Unvermögen nur durch ihre Fähigkeit zur Schaumschlägerei und ihre Gier nach dem sauer verdienten Geld anderer Menschen in den Schatten gestellt wird. :ugly2: (Nix für ungut. Wink )

An Reparaturfällen hat es bei meinen Maschinen bislang – vom Gummiring-Problem und von gelegentlichen Kontaktschwierigkeiten der Trimmer in den Verstärkern abgesehen – bislang nur Kleinigkeiten gegeben, und das auch nur bei einem der beiden Schätzchen:
- Verharzte Fixierung des linken Filterhebels
- Altersschwacher Gleichrichter für die Zugmagnete der Andruckrollen (wobei mir hier im Forum schon geholfen wurde)
- Neuester Gimmick ist vermutlich ein Kontaktproblem (oder ein altersschwacher Elko?) irgendwo beim Umspulen, das alle paar Monate mal kurz auftaucht. Dann reagiert die Maschine nicht auf den Geschwindigkeits- und Richtungshebel, sondern zieht einfach mit beiden Motoren gleich stark am Band – das sich folglich nicht bewegt. (Dem Fehler nachzugehen, hatte ich noch keine Muße.)

Apropos Gummiring – diese Macke brachte den Hersteller also offenbar auf den sinnvollen Trichter, der M10 einen Direktantrieb zu verpassen. Resultat: die M10A, von der hier im Forum auch schon oft die Rede war. Und die mir damit in Sachen Langlebigkeit als goldene Lösung vorkommt. Kein Wunder, daß sie offenbar so schwer zu bekommen ist...
Laut Listenpreis kostete die M10A mit Telefunken-Stereo-Bestückung übrigens um 1966 17.820,- DM. Was mich an den alten Ausspruch meines Vaters erinnert, wonach sein 1969 gekaufter Audi 100 LS mit ein paar Sonderausstattungen irgendwas zwischen 11.000 und 12.000 DM kostete. Wenn man sich die M10 von unten betrachtet, kann man sich vorstellen, wo das Geld geblieben ist...

Klanglich kann ich leider ob meiner etwas begrenzt guten Abhöre (Behringer 16-Kanal-Mischpult, Saba VS-100 Verstärker, Tannoy-Reveal-Passivboxen) nix Abschließendes sagen. Aber für meine Ohren ergeben sich mit PER528-Band zwischen der 15 Jahre jüngeren M15A und der M10 keine großartigen Unterschiede; das RTW-Peakmeter zeigt in Stellung „Halt“ ein paar dB Vorsprung beim Rauschen für die M15A, aber auch die M10 bewegt sich irgendwo jenseits der –55 dB. Und wo ich bei meinen Maschinen Unterschiede höre, hängen sie vermutlich eher damit zusammen, daß meine M10 nun vielleicht doch wohl mal wieder 100%ig eingemessen werden sollten. Mit anderen Worten: Für meine Ohren ist die fast 50 Jahre alte M10 auch im Jahre 2009 immer noch absolut rundfunk-tauglich.

Tips zum Weiterlesen:
- Der entsprechende Abschnitt im Buch von Friedrich Engel / Gerhard Kuper / Frank Bell, Zeitschichten – Magnetbandtechnik als Kulturträger: S. 354-360 mit vielen Details und Fotos
- Frank Stegmeiers Beitrag: http://forum2.magnetofon.de/f2/showtopic...eadid=7807
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[Kein Betreff] - von mk1967 - 16.01.2009, 18:19
[Kein Betreff] - von Zelluloid - 17.01.2009, 01:03
[Kein Betreff] - von mk1967 - 17.01.2009, 10:20
[Kein Betreff] - von Huubat - 17.01.2009, 10:26
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[Kein Betreff] - von Frank Stegmeier - 18.01.2009, 21:48
[Kein Betreff] - von mk1967 - 18.01.2009, 22:23
[Kein Betreff] - von Frank Stegmeier - 18.01.2009, 23:01
[Kein Betreff] - von Friedrich Engel - 19.01.2009, 11:54
[Kein Betreff] - von mk1967 - 17.01.2013, 18:08
[Kein Betreff] - von mk1967 - 24.02.2013, 19:11
[Kein Betreff] - von mk1967 - 30.04.2013, 23:41
Blick unter die Haube - von mk1967 - 03.09.2014, 13:54

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