Arena und ein kleiner Verstärker
#1
Moin, moin,

ein hübscher kleiner Flohmarkt-Fund der Marke Arena animierte mich, ein wenig zu recherchieren. Tut man doch, wenn man ein neues Gerät hat, oder?

[Bild: ArenaF210_01k.JPG]

Seit 1906 war Leif Hede Nielsen Fahrrad-Fabrikant im dänischen Horsens. Nachdem das staatliche dänische Radio 1925 den Betrieb aufgenommen hatte, begannen die Hede Nielsen's Fabrikker A/S im Jahre 1928 die Radioherstellung unter dem Markennamen "Herofon". Nielsen kaufte das alte Werk von Crome & Goldschmidts und faßte dort 1931 die Radio- und Fahrradherstellung zusammen. Mitte der 30er Jahre war Nielsen mit 240 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber in Horsens und baute bereits 1939 10.000 Radiogeräte pro Jahr. Zwar brannte die Fabrik 1946 nieder, wurde aber von dem Architekten M. Preisler moderner als zuvor wieder aufgebaut; die Herofon wurden in den 50er Jahren die beliebtesten Radiogeräte im Lande und auch erfolgreich exportiert.
Ab 1955 baute Nielsen dann auch Fernsehgeräte, mit denen er den Namen "Arena" einführte; schon 1958 hatte Arena 500 Angestellte, wurde bald mit einem Marktanteil von 25% der größte Fernsehgeräte-Hersteller Dänemarks (50.000 Einheiten in 1960) und beschäftigte später insgesamt 1800 Angestellte. Trotz der großen Krise unter den dänischen TV-Geräte Herstellern - von einstmals 21 waren nur noch vier übrig - zog Arena 1966 in eine neue, größere Fabrik am Ortsrand um, die jedoch 1970 durch einen Brand total zerstört wurde.
Mit Hilfe der britischen Rank-Gruppe, die das Projekt zu 80% finanzierte, wurde das Werk wieder aufgebaut und Rank-Radio (Leak, Wharfdale, Heco) zugeordnet. Nils und Leif Hede Nielsen schieden 1971 aus der Gesellschaft aus. Die Produktion jedoch startete 1971 erneut. Arena baute vor allem Fernsehgeräte, Kompaktanlagen und Lautsprecher-Boxen für den Konzern; im HiFi-Bereich wurden unter dem neuen Markennamen "Rank-Arena" schon frühzeitig asiatische Produkte verkauft.
Das Werk produzierte aber nur für kurze Zeit, weil Rank die Arena als nicht lukrativ genug betrachtete: Die internationale Überproduktion und asiatische "Billigprodukte" setzten auch dem dänischen Hersteller zu: 1975 wurden erst 600 Mitarbeiter entlassen, das Werk schließlich wegen Unrentabilität geschlossen. Die eigene Belegschaft übernahm daraufhin den Betrieb und führte ihn mit der Fernsehgeräte-Produktion als Fabrikker 3F A/S ("Folke Fjernsyns Fabrikken") weiter. Schon im Herbst 1976 wurde die Firma von der ungarischen Tungsram übernommen, die damit in die Unterhaltungsindustrie einstieg. Die TV-Geräte liefen nun unter der Marke Tungsram vom Band, außerdem entstand eine neue HiFi-Serie der Marke "Dansk HiFi". Zumindest Receiver und Lautsprecherboxen dieses Namens sind mit bekannt.
Im Jahre 1979 wurde das Werk nach Konkurs endgültig geschlossen. Tungsram gehört inzwischen seit 1993 General Electric. Auch die Fahrradproduktion von Hede Nielsen endete 1979 nach einem kleinen - wieder einmal - Brand. Bis heute ist Hede Nielsen mit vier Produktionsstandorten in Dänemark als Hersteller Technischer Gase ein Begriff; ein Tätigkeitsfeld, mit dem der Gründer bereits 1919 begann.

Die Marke "Arena" ist wohl bei der Rank-Gruppe geblieben; zumindest habe ich im HiFi-Jahrbuch 8 von 1976 noch einen Rank-Arena Receiver gefunden.
Interessanterweise taucht, scheinbar vor allem in England, auch die Marke "Bush-Arena" auf; ebenfalls dänische Produkte der frühen Siebziger. Es scheint sich bei Bush also ebenfalls um ein Rank-Unternehmen zu handeln.

Mein kleiner Vollverstärker Arena F210 stammt aus der Hede Nielsen Phase der Marke Arena. Einen passenden FM-Tuner F211 hat es übrigens auch gegeben.

Technische Daten lt. HiFi-Jahrbuch Nr. 3 (1967/68)
-Vorverstärker in Modultechnik und Kraftverstärker integriert
-2x 10 Watt Sinusleistung an 4 Ohm
-2x 15 Watt Musikleistung
-Klirrgrad 0,6%
-Intermodulation (250/8000Hz): 0,4%
-Frequenzgang über alles: 20 - 20.000 Hz +/- 3dB
-Fremdspannungsabstand (Vollaussteuerung): 50 dB / 45 dB (nieder- / hochpegelige Eingänge)
-Regelumfang: Balance: +/- 6dB, Bässe: +/- 10 dB bei 100 Hz, Höhen: +/- 15 dB bei 15 kHz
-Richtpreis DM 448,--
-Maße: 266 x 74 x 196 mm, Gewicht 3,4kg

Der kleine Verstärker ist in einem Blechrahmen aufgebaut, der in eine verleimte Holzzarge geschoben und am Boden verschraubt wird. Die Verarbeitung ist sorgfältig. Befeuert wird das Gerät mit vier RCA-Transistoren 2N2148 FX 8K

[Bild: ArenaF210_04k.JPG]

Eingänge sind für Plattenspieler mit Magnet- und Kristall-System, für Tuner und Bandgerät vorhanden. Zeitgemäß nach DIN-Norm. Einen extra Monitor-Eingang gibt es nicht.

[Bild: ArenaF210_03k.JPG]

An der Front läßt sich der Verstärker zwischen Stereo- und Mono-Betrieb umschalten. Lautstärke, Balance, Höhen und Bässe sind regelbar. Ein Lämpchen signalisiert die Funktion. Die Drucktasten funktionieren z.T. als Wechselschalter.

Der kleine Arena-Verstärker konkurrierte Ende der Sechziger Jahre vielleicht am ehesten mit dem Perpetuum Ebner HSV 20T und dem etwas kräftieren Grundig SV 40, die ähnlich ausgestattet waren. Das Gros der Mitbewerber hatten entweder ein Empfangsteil integriert oder waren deutlich teurer und leistungsfähiger.

Als ich den Verstärker auf einem Flohmarkt gefunden hatte, habe ich mir auf dem nächsten natürlich gleich die Arena HT-231 Boxen gegriffen.

[Bild: ArenaF210_02k.JPG]

A product of Rank-Arena A/S. A division of the Rank Organisation. Made in Denmark. Danish Furnituremakers Control. (250 x 325 x 115 mm, 2,3 kg, 9l, 10/15 Watt, 4Ohm, 60-20.000 Hz, 1972). Heute sagt man dazu wohl Breitbänder.

[Bild: ArenaHT231k.JPG]

Und sieh mal einer kuck: Die Geräte funktionieren.

Wirklich Spaß machen diese Lautsprecher aber auch an einem Arena nicht. Also habe ich sie durch ein Paar zeitgenössischer Isophon HSB 30/8 von 1969 ersetzt. Und sieh mal da! Der F210 klingt besser als erwartet. Baß-Wunder hat das Duo nicht produziert; es fehlt Kraft. Was aber kam, klang viel weniger "warm", als ich es erwartet hatte.
Hede Nielsens Einsteigermodell hat mich positiv überrascht. Er darf bleiben.

Tschüß, Matthias

Quellen:
Funkschau vom 21.10.1977
HiFi-Jahrbuch 3
"Bella" og alle de andere - Bjarne Dahlin Nielsen
http://www.radiomuseum.org
http://ing.dk/artikel/43315
http://www.industrimuseet.dk/app/doc/mat...857973.pdf
http://www.klub37.dk/Historie/100jubi/Bogen/04.htm
http://www.kulturarv.dk/kulturarv/indust.../index.jsp


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[Kein Betreff] - von Matthias M - 28.04.2008, 23:09
[Kein Betreff] - von Michael-Otto - 29.05.2008, 17:34
[Kein Betreff] - von Matthias M - 29.05.2008, 18:25

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