Andere Welten
#4
Diesigen Samstag,

übertreiben kann man es leider nicht, weil ein beachtlicher Teil der Rundfunkarbeit Produktionsarbeit ist (sein sollte), an der ein Apparat beachtlicher Dimension hängt, den man lieber nicht leer laufen lässt. Ein Symphonieorchester mit 80 bis 120 Mann/Frau kostet geradezu maßlos Geld, ein aus Tokio eingeflogener Solistensatz nochmals. Und ins Hotel nicht gerade des Jugendherbergsniveaus wollen die ja auch. Wenn das alles hochgeht, nur weil ein Band nicht tat/tun wollte, geht das klassisch sinnlos ans Vermögen, das man heute zwar lieber in die Kapitalmarktspekulation steckt, nicht ins eigene Unternehmen, klar, aber billiger wird eine Aufnahme deshalb auch nicht. Man macht sie heute deshalb lieber gar nicht erst und schickt das eigene Orchester um die Welt (dann zahlen nämlich andere das Hotel und die Reise), was auch eine Lösung darstellt.

In der Tat wurden -meines Wissens bei der Rundfunkbetriebstechnik RBT in Nürnberg- zeitweise sämtliche Bänder, die die Industrie lieferte, einzeln geprüft, weil man einigen Grund dafür hatte.

Allgemeine Pflichtenhefte entwickelten sich seit der RRG-Zeit Schritt für Schritt. Im Grund genommen sind bereits die bis in die 1980er Jahre fortlebende Tradition der Braunbuchbeschreibungen (nebst Vorgaben) des Ende der 1920er-Jahre geründeten Reichsrundfunks als diese Schritte anzusehen. Amsonsten dauerte es erkleckliche Zeit, bis sich die Hörfunkbetriebsleiterkonferenzen in Deutschland über so manches geeinigt hatten. Bei den über die 1950er hin immer wieder erfolgenden Ringmessungen ergaben sich auch beachtliche Abweichungen von eigentlich bereits bestehenden Vereinbarungen, was nicht zuletzt mit der noch immer unüblichen Delta-10-kHz-Messmethode in Zusammenhang stehen dürfte, die wohl Friedrich Krones mit der Einführung der Stereofonie endgültig durchdrückte.

Schon die Reichsrundfunkgesellschaft untersuchte das bei ihr angelieferte Bandmaterial individuell, weil man Grund dazu hatte. Friedrich berichtete einmal davon, dass nach im Werksarchiv der BASF erhaltennen Informationen dabei von 2000 gelieferten Bandwickeln ganze 10 Prozent Gnade fanden. Der Rest wanderte zurück an den Hersteller IG Farben. Die werden damit einige Freude gehabt haben.

Auch in meinen Tagen gab es Bänder zweiter Klasse, die von den bekannten Herstellern in Originalverpackung und günstigen Preisen in "weniger kritische" Abnehmerbereiche, also das ferne Ausland, dem man nur geringere Ansprüche zubilligte, verschoben, von wo sie aber durch das schon immer lebendige und eigenen Gesetzen folgende Marktgeschehen schnell den Weg ins Ursprungsland und seine Märkte zurückfanden, wo dann Mängelrügen aufkamen. Deren Ursache fand der Hersteller dann natürlich anhand der Chargennummer schnell heraus:

"Dieses Band dürften Sie aber gar nicht in Händen halten...!"
"Es liegt bei mir aber auf dem Tisch!"
"Aha."

Schließlich:
Ein Cat22-Einschub enthält 87 Transistoren und etwa halb soviel Dioden, schaffte es aber in den Sendebetrieb bei Rundfunks hierzulande aus oben genannten Gründen nie. Die allgemeine, marktseitige Vorstellung von Dolby A erfolgte auf der 32. AES-Convention Los Angeles im April 1967 durch Ray M. Dolby selbst, weshalb sich in dieser Zeit die Aufsätze zum Thema häuften. Auch ich besitze einen solchen aus der Feder des Entwicklungsleiters von AEG-Telefunken, Klaus Bertram. Die Telefunken AG hatte die "Dolby-Stretcher' nach Typ A in ihrem Vertriebsprogramm, weshalb es nicht wenige 360er gab, die die Telefunkenraute trugen.

Hans-Joachim
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[Kein Betreff] - von Matthias M - 08.09.2007, 01:45
[Kein Betreff] - von Zelluloid - 08.09.2007, 09:21
[Kein Betreff] - von DB - 08.09.2007, 09:48
[Kein Betreff] - von PhonoMax - 08.09.2007, 14:22

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