Teac von innen
#1
Moin, moin

Zur Zeit sitze ich vor einer kleineren goßen, bisher eigentlich funktionsfähigen Teac ohne Gehäuse, um den Capstan-Motor auszubauen. Den will jemand anders ein Stückchen weiter südlich (von Deutschland, nicht im Gehäuse) wieder einbauen. In eine derzeit defekte Teac. Man nennt das Hobby. Oder Neudeutsch: 0-Euro-Job. Wäre das Beruf, hätte man einfach die heile kleinere große Teac nach Etwas weiter südlich (von Deutschland...) transportiert und von der Defekten das Gehäuse ergänzt. Aber wir gehen ja keinem Beruf, sondern dem Hobby nach.

Das Hobby besteht nun nicht im Transport, sondern im Zerlegen und wieder zusammen bauen. Darin habe ich, was nicht ganz so weit entfernt produzierte Geräte angeht - große kleine ASC, kleine große Grundig oder große Grundig und ASC - schon etwas Erfahrung. Bei denen geht das so: Rückwand abschrauben. Kabelstecker abziehen und Platine entnehmen. Nächsten Kabelstecker abziehen und Platine entnehmen. Nächsten Kabelstecker abziehen... Prinzip verstanden?
Nun sitze ich also vor der offenen Teac und begreife, warum mein Auto-Reparateur im letzten Jahr nicht an den Keilriemen vom Espace ran wollte. Das mache keinen Spaß, man würde sich die Finger abbrechen oder müsse das halbe Auto zerlegen. Der (Espace, nicht der Reparateur) ist wohl nicht servicefreundlich aufgebaut. Die Teac auch nicht.
Die Rückwand kann man, genauso wie die Seitenwangen, leicht abbauen. Wie bei den nicht so weit entfernt gebauten Geräten. Dann beginnt jedoch ein Suchspiel, das durch eine Vielzahl von in kurzen Abständen tief im Gehäuse mit Draht verdrillten Kabelbäumen kreativ erschwert wird. Genau eine Steckverbindung habe ich gefunden. Und ein paar Lüsterklemmen. Die zu lösen entwirrt das Dickicht jedoch in keiner Weise. Bei allen anderen Kabeln ist nämlich jede Litze einzeln verlötet. Davon in der Regel Dutzende pro Platine. Gleichmäßig über jede Platine verteilt. Findet man eine Platine, die sich von außen abschrauben läßt, verhindert die Länge - besser Kürze - der Kabel, daß sie weit genug aus dem Gerät herausgezogen werden kann, damit sich die Kabel ohne Verbrennungen (von wem oder was auch immer) entlöten ließen. Die Teac wehrt sich also. Und japanische Konstrukteure scheinen Dschungel-Fans zu sein.
Das Außensklett der Teac, das in Prinzip aus sechs miteinander verschraubten Teilen zu bestehen scheint, dient als Befestigung für die Platinen. Sinnvoll. Man könnte auf die Idee kommen, man solle einfach die Verbindungen der Skletteile zueinander lösen und könne die Teac dann, wie ein großes Origami, auseinanderziehen, entfalten, so daß am Ende alle Platinen und versorgten Bauteile nebeneinander und zugänglich auf dem Arbeitstisch lägen. Dann mal los.
Die Frontseite des Skletts ist von außen nach innen mit den Seitenteilen verschraubt. Manche Hersteller finden offenliegende Schraubenköpfe gut. Teac nicht. Eine dünne, hübsch polierte Metallplatte verblendet auch die Schraubenköpfe. Um sie abzunehmen, scheint man die Bandfühlhebel, den Kopfträger und natürlich die Andruckrolle abnehmen zu müssen. Der Deckel der Andruckrolle läßt sich einfach abschrauben, die Rolle abziehen, ein Umlenkhebel ebenfalls abschrauben. Diejenigen, die eine Teac hinterher wieder zusammensetzen können wollen, greifen jetzt zum Lötkolben: Der Kopfträger ist natürlich nicht mit Steckverbindungen ausgestattet. Stellt Teac eigentlich Lötkolben her? Die beiden übrigen Umlenkhebel sind von innen befestigt. So, daß man nicht direkt dran kommt. Danke Teac.
Um zum Beispiel den zuführenden Hebel abnehmen zu können, müsste man vorher einen großen Elko mit rückwärtig draufgepappter Platine abbauen. Dieses Bauteil sitzt so auf dem Träger des Capstan-Motors, daß man diesen komplett herausnehmen müsste, und ist mit vielfach verlöteten Kabeln verbunden. Stellt Teac eigentlich auch Lötzinn her? Es ist jedenfalls nichts mit Origami.

Aber zunächst ist ja sowieso der Capstan das Ziel der Demontage. Dessen Träger ist mit drei Schrauben mit der massiven Frontplatte verschraubt. Mit einem ausreichend langen Schraubendreher bekommt man die gelöst und träumt dabei davon alb, wie man sie bei sonst zusammengebauter Maschine jemals wieder eingefädelt bekommen soll.
Dann hängen Motor, Elko und deren Halterung in einem Sicherheitsnetz aus Kabeln. Frei schwebend und doch sicher gehalten. Beweglich gelagert und doch fest verzurrt. Und dann steht da noch die Platine "Power Sub PCB" im Weg, die nicht etwa mit den beiden Schrauben an ihrem unteren Rand befestigt ist. Die verbinden ein Paar Transistoren mit ihrem Kühlkörper. Um die Platine aus dem Weg zu nehmen, schraubt man natürlich die Halterung der Netzkabelzuführung ab. Was sonst? Was aber nicht wirklich weiterhilft, denn man kommt danach genau nirgendwo ran. Danke Teac.
Also legt man die Maschine auf die Seite oder stellt sie auf den Kopf und schraubt beide unteren Gehäuseplatten ab: Die vordere, die die Bedienungselemente trägt, und die hintere, die die Anschlüsse beherbergt. Theoretisch würde es Sinn machen, könnte man die beiden Teile auseinanderziehen. Wären die sie verbindenden Kabel mit Steckanschlüssen versehen, oder die Kabel zumindest etwas länger, könnte man das auch. Sind sie aber nicht. Danke Teac. Liegt die Maschine auf der Seite, kann man zumindest die beiden Platten etwas auseinander und zusammenhängend nach unten und hinten ziehen. Sie stehen dann gegeneinander gelehnt selbstständig.
Spätestens jetzt beginnt eine ganz besondere Arbeit. Es gilt die Kabelbäume zu untersuchen. Erstens nach Woher, zweitens nach Wohin und drittens nach Verdrillungen und sonstigen Befestigungen der Kabel miteinander oder mit Dingen, die momentan eigentlich niemand interessieren. Denn natürlich ist zwar nicht der Träger, sind aber wohl der Capstan-Motor und der Elko und dessen Platine mit Kabeln mit allem Möglichen sonst verbunden. Wer nun hofft, seine Teac zu einem späteren Zeitpunkt wieder zusammensetzen zu können und erwartet, daß sie dann auch noch etwas tut (außer zu schmoren), der sollte Vorkehrungen treffen, daß er nachvollziehen kann, welches Kabel auf welchem Wege verläuft und welches Kabel mit was verbunden ist. Oder was mit welchem Kabel verbunden ist.
Es macht Sinn, die seitliche Steuerplatine zu lösen, damit man an die Lötstellen an den Schaltern für Spulengröße und Geschwindigkeit kommt. Alternativ bräuchte man einen Lötkolben, der so umfassend isoliert ist, daß er nichts mehr lötet.

Um's zu verdeutlichen: Um den Capstan auszubauen, muß man die unteren vorderen und hinteren Gehäuseplatten und die Platine an der rechten Gehäuseseite lösen. Dann kommt man zwar noch immer nicht mit dem Lötkolben an die nach innen gerichteten Lötstellen an den Schaltern, hat aber schon einmal das Gefühl, etwas geleistet zu haben. Um jetzt wirklich gezielt an den Schaltern löten zu können, baut man diese aus. Dazu löst man zwei Schrauben und weitere Kabelverdrillungen.
Von Vorteil sind übrigens Tendenzen zur gespaltenen Persönlichkeit beim Bastler. Die eine trifft Vorsorge, das ganze später wieder zusammenbauen zu können. Die andere macht sich genau darüber keine Gedanken, weil sie sich sonst fragen müsste, wie sie die kurzen Kabel im Gehäuse wieder zusammengelötet bekommt, zumindest ohne sich die Finger oder andere Dinge zu verbrennen.
Jetzt kann man die drei Schrauben der Motorhalterung lösen und den Motor herausziehen. Und wenn dann der Motor mit seinem Elko weg ist. Und die großen Platinen mit den vielen Kabeln aus dem Gehäuse baumeln, dann scheint auch der Rest etwas Struktur zu haben. Der Dschungel ist gelichtet. Jedenfalls, wenn man nicht so genau auf die vielen Kabel schaut, die die einzelnen Bauteile immer noch miteinander verbaumeln. Der Dschungel ist wohl doch nur verschoben..

Es mag sein, daß es einen einfachen Weg gibt, das Teac-Origami zu entfalten. Ich kenne den nicht. Aus diesem Grunde plane ich auch nicht, die Teac wieder zusammenzubauen, sondern nehme sie weiter auseinander, damit andere ihrem Hobby nachgehen können. Hardcore-mäßig. Mir hat die Teac den großen Gefallen getan, mir zu verdeutlichen, wieviel mehr Spaß es machen könnte, jetzt gleich, gewissermaßen zur Erholung, die große Grundig aufzuschrauben. Oder die große ASC, die kleine große Grundig oder die große kleine ASC. Oder sonst was, solange es steckbare Kabelbäume und möglichst auch solche Platinen hat. Egal wie weit weg gebaut.
Als Frage an Teac bleibt mir, ob man schon damals der Meinung war, daß Geräte nicht repariert, sondern neu gekauft werden sollten, sobald ein Defekt auftritt.

Warum ich das schreibe? Als kleine Anleitung zur Teac-Vernichtung? Wenn man sie übrigens umdreht - rückwärts liest? - ist sie eine Anleitung zum Zusammenbau!
Vielmehr aus einem Impuls heraus, weil ich mich angesichts dieser unübersichtlichen 3300SX an so viele hingebungsvolle Liebesbezeugungen zu japanischen Bandgeräten (und Cassetten Decks und Receivern etc. Natürlich immer nur zu den Topmodellen) erinnere und anderseits an die scheinbare pauschale Abneigung gegen die hiesige Technik. Sicher haben die meisten Anwender ihre Teac noch nie von innen gesehen und wollen das eigentlich auch nicht tun. Wenn ich aber heute die alten Jahrbücher der HiFi-Stereophonie durchblättere und feststelle, daß dort in den Siebzigern nur verhältnismäßig wenig europäische Technik getestet worden ist, und das von Leuten, die die Geräte wohl ziemlich sicher aufgemacht haben, wundert mich das schon irgendwie. Ist das Fernweh?

Was ist das bei Euch?

P.S.: Ich will hier keineswegs die japanischen Bandgeräte oder gar japanische Technik pauschal verTeac'en. Ich kann nur grad nicht anders. Angesichts des Kabelbaums, den ich in der nächsten Maschine sehe.

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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[Kein Betreff] - von Matthias M - 29.06.2007, 03:20
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