Artikel über Tonabnehmer von Reto Luigi Andreoli
#1
Von Mister_Q wurde im TAZ/LP-thread dieser Artikel erwähnt, Holger hat den Link gestiftet:

Zitat:StormyMonday postete
Hier ist ein Link zu dem Artikel, der übrigens von Reto Luigi ANDREOLI stammt.

http://mitglied.lycos.de/carawu/hifiscen...el_RLA.pdf
Immerhin 43 Seiten quellen aus dem Drucker. Der Artikel ist sehr umfangreich und erschien zweigeteilt in einer mir unbekannten Zeitschrift namens "HiFi-Scene", nämlich in den Nummern 17 und 18. Einen Hinweis auf den Jahrgang konnte ich nicht finden. Ebenso ist mir die Person Andreolis unbekannt.

Evtl. kann hier jemand die Wissenslücken schliessen?

Ich kann nur empfehlen, diesen Artikel zu lesen. Ihn Detail für Detail zu besprechen würde bedeuten, mehr Text zu verfassen als durch den Artikel vorliegt. Ich versuche also eine auf das wesentlichste beschränkte Inhaltsangabe mit persönlicher Meinung zu verfertigen. Erschwert wird mir das durch die schlechte Qualität der Bilder, die auf ihrem Weg aus dem Magazin zur computergelagerten pdf sehr gelitten haben.

Andreoli bewegt sich auf 3 Ebenen, die er permanent wechselt.


a) Die Ebene der Selbstdarstellung

Der Artikel beginnt mit einem Titelbild (Arnie mit Affenkopf?), das wohl auf bestimmte Fantasy-Romane hinweisen soll, die ich aber nicht kenne. Der darauffolgende Text lobhudelt einem Helden namens "Lucky" der als einziger die Unbequemlichkeit auf sich nimmt, die Wahrheit zu verkünden. Die Ähnlichkeit von "Luigi" zu "Lucky" ist dabei durchaus gewollt. Meiner Meinung nach überflüssiger Text, der Gag wird durch's Auswalzen zwar breit aber nicht besser. Diese Pose des "lonely wolf" scheint Andreoli sehr zu gefallen, er nimmt sie immer wieder ein.



b) Angriffe auf die etablierte HiFi-Scene und deren Protagonisten, unter besonderer Berücksichtigung der AAA in Deutschland und der Schweiz sowie bestimmter Hersteller insbesondere aus den Niederlanden

Immerhin wird er konkret, schildert den Anlass, nennt Ross und Reiter. Dabei beißt er sich an wenigen ausgewählten Feindbildern fest. Neben Herrn Suchy von Clearaudio hat es ihm besonders Herr van den Hul angetan, den er abschätzig nur den "Holländer" nennt. Er bezichtigt van den Hul der vorsätzlichen massenweisen Zerstörung hochwertiger Tonabnehmer durch Ausrüstung derselben mit seinen Nadeln. Nun sind Verrisse auch persönlicher Art in einer Zeitschrift durchaus angebracht. In britischen Zeitschriften gehört das zur Schreibkultur. Nur sollte man dann auch die entsprechenden Schreibfähigkeiten haben. Andreoli hat sie meiner Meinung nach nicht. Das Wort "sagen" durch "lallen" zu ersetzen ist schon beim ersten Mal nicht originell, bei der 20sten Wiederholung erst recht nicht.

Gut möglich, daß bei Erscheinen des Artikels die Hintergründe klarer waren, die auslösenden Fakten geläufiger als heute. So will ich nicht abstreiten, daß diese Aussagen in ihrer auf Personen gezielten Direktheit damals evtl. ihre Berechtigung hatten. Heute jedoch ist das Verfallsdatum definitiv abgelaufen. Das ist umso bedauerlicher, weil durchaus wichtige Aussagen dahinter stecken. Es wäre dringend nötig, eine sachliche Zusammenfassung abseits der persönlichen Animositäten zu schreiben.

In der Vorstellung der meissten Konsumenten besteht die HiFi und High-End-Szene aus wissenschaftlichen Köpfen, die fachgerecht Produkte generieren und verbessern. Die hohen Preise müssen diese Idealisten leider-leider-leider den Konsumenten aufs Auge drücken, um das Überleben zu sichern und damit auch die Versorgungn der High-End-Junkies mit ihrem "H". Andreoli arbeitet hier durchaus wissenschaftlich, hält sich nicht lange an Details auf, sondern präsentiert als radikalen Gegenentwurf das Denkmodell einer ebenso inkompetenten wie geldgierigen Mafia aus Herstellern, Händlern und Zeitschriften. Dieses Modell setzt er auf die Schienen und voilà - es fährt besser als das altbekannte. Vieles, was man sich nicht erklären konnte, wird erklärbar. Diese Art der kritischen Berichterstattung und der Aufklärung gegen den kommerziellen Trend kann man nicht hoch genug einschätzen. Ich würde diesen Texten jedoch wünschen, sie wären von einem geschrieben worden, der das journalistische Handwerk beherrscht. Andreolis Kompetenzen liegen eindeutig auf dem Gebiet "Nadeltonverfahren", nicht im Schreiben. Daß man beim Lesen seiner Texte den Eindruck hat, die Platte würde springen und immer wieder in die selbe Lieblingsrille zurückhüpfen, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich um eine gute Platte handelt und daß es sich lohnt, die Nadel von Hand aus der Endlosrille zu nehmen und weiterzuhören. Damit wären wir bei



c) der fachlichen Ebene

Hier bin ich mit fast allem im wesentlichen einverstanden. Andreoli beginnt mit dem Masterband und legt dar, warum eine gute Platte schwerer zu produzieren ist als eine gute CD und um wie viel enger die analogen Systemgrenzen gegenüber den digitalen sind. Kein "die LP ist überlegen" sondern eher ein "die LP kann trotz allem wunderbar klingen". Nämlich dann, wenn man sich von der Vorstellung verabschiedet, eine perfekte Reproduktion eines Klangereignisses wäre möglich und es gäbe eine ultimative "Wahrheit" im Bereiche der Tonträger.

Bei den Nadelschliffen lehnt Andreoli die scharfen Formen (z. B. van den Hul) ab. Diese können zwar der Plattenrille präziser folgen, jedoch wurden seiner Aussage nach die Anpressungen mit Rundnadeln abgehört und auf diese hin klangoptimiert. Er plädiert also dafür, so zu hören wie es bei den Korrekturschleifen auch getan wurde. Nun mag diese Aussage prinzipiell stimmen, aber ganz logisch ist sie im Detail nicht. Es war ja nicht so, das van den Hul die Rundnadeln vom Markt gefegt hat. Schon lange vor seiner Zeit, als die High-Fidelity noch ein seriöses Geschäft war, gab es elliptische Schliffe, nicht ganz so extrem wie die aus den Niederlanden, aber immerhin mit dem Ziel auf den Markt gebracht, der Rille besser folgen zu können. Wurde in den produzierenden Tonstudions wirklich konsequent nur mit Rundnadeln abgehört, bis weit in die Zeit der nicht-sphärischen Schliffe hinein?

Immerhin zeigt uns Andreoli hier eine weitere Unsicherheit, einen weiteren Schwachpunkt des Nadeltonverfahrens auf. Er weisst weiter darauf hin, daß die Aufhängung des Schneidstichels ganz anders ist als die der Nadel im TA-System. Da die Aufhängung auch die Auslenkbewegung beeinflusst, scheint ihm jeder Versuch, die Bewegung des Stichels exakt "nachzufahren" als illusorisch.

Andreoli lässt sich abschliessend über die verschiedenen Bauarten aus. Er bekräftigt meine Abneigung gegen MC-Systeme und stellt durchaus schlüssig die MM-Systeme als bessere Lösung dar, fordert aber für diese eine optimale Anpassung. Manches was er schreibt, bleibt mir im Dunkeln wie der Inhalt der Fotos - hier wäre bessere Erkennbarkeit wichtig für das Verständnis. Manches scheint mir überzogen zu sein, aber in der Summe ist das schlüssig und nachvollziehbar.



d) Fazit

Ein unbedingt lesenswerter Artikel, nicht nur für Rundnadelfetischisten und Liebhaber der EMT-Tondose. Die kennen den Text sicher bereits auswendig. Eine gehörige Portion Realitätssinn ist ebenso notwendig, wie die Bereitschaft, sich von der einen oder anderen liebgewordenen high-endig-rosa gefärbten Sicht der Dinge zu verabschieden. Die Anti-High-Ender werden den Text unterm Kopfkissen parken, egal ob sie nun digital hören oder per Nadel. Der ganze unnötige Schwulst gemäß a) und z. T. auch gemäß b) kann aber sollte nicht über den durchaus wertvollen Restgehalt hinwegtäuschen.
Michael(F)
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