Normalisieren von Digitalaufnahmen: Vorteile, Nachteile?
#9
Der wesentliche Punkt wurde noch nicht genannt, denn die Normalisiererei ist namentlich dann durchaus unerfreulich, wenn man mit 16 Bit arbeitet und das Problem nicht kennt, "96 dB Betriebsdynamik" hört und glaubt, Spitzenpegel bei -20 dB ansiedeln zu können, da man danach wegen des dann mit 76 dB immer noch DOLBY-tauglichen Geräuschspannungsabstandes "ohne Rücksicht hochziehen" zu können.

Bekanntlich reagiert die digitale Technik sehr viel harscher auf ein Übersteuern des Übertragungskanales als die analoge, weshalb man bei der Wahl eines digitalen Kanales jede auftretende Spitze -und sei sie noch so kurz- 'fangen' muss, denn sonst explodiert der k3. Die mittlere Aussteuerung liegt demnach bedeutend niedriger als bei vergleichbaren analogen techniken.
Weiterhin nimmt die Auflösung einer digitalen Wandlung von der Vollaussteuerung (allerbeste Qualität, da niedrigster Klirrfaktor) zum niedrigen Pegelbereich durchaus nennenswert ab. Bei 16 Bit muss man sorgfältig hinhören, ob Pegel unterhalb von -50 dB -wenn man den "Headroom", also die Aussteuerungsreserve, auf etwa 30 dB setzt, kommt man da bei klassischer Musik und akustischem Jazz sehr schnell hin!- nicht schon zu unsauber werden. Bei 14 Bit (daran dachte man zunächst bei der Konzipierung der CD), treten diese klanglichen Unsauberkeiten (erhöhter Klirrfaktor) schon im üblichen Dynamikbereich auf, bei 16 Bit nur bei ungünstiger Ausnützung des Leistungsangebotes; bei 20 Bit muss man oben schon sehr viel Luft gelassen haben, um bei einer sinnvollen (!) 'Normalisierung' für minderwertige Signale zu sorgen. Doch macht man sich keine Vorstellung davon, was 'so alles' in der 'lebendigen Praxis' angestellt wird.

Bei 24 Bit hat man oberhalb der mit 16 Bit zu verbindenden Qualität bei Vollaussteuerung noch 48 dB Headroom, womit auch ein Paukist zu 'fangen' sein sollte, wenn der einmal unerwartet heftig zuschlägt...

Jener Headroom ist einer der zentralen Gründe, warum man im Profibereich doch auf 24 Bit umgestiegen ist; man kann sich Headrooms genehmigen, die bei 16 Bit umgehend an die Wand führen. Der zweite Grund ist die Tatsache, dass bei jeder 'digitalen Operation' der Bitcode verlängert wird.

Grundsätzlich kann man 'normalisieren', doch sollte man zur Wahrung hoher Qualität auch und gerade bei digitaler Arbeit bei der voraufgehenden Aufnahme grundsätzlich so hoch wie möglich aussteuern, ohne an der Quantisierungsgrenze anzulaufen.

Zur Sache gibt es zwei schöne Aufsätze von Prof. Martin Fouqué in den Tagungsberichten der Tonmeistertagungen 1978 und 1981 (!). Trotz dieser steinalten(?) Aufsätze wird bei der Normalisiererei bis heute viel gesündigt.

Merke: Auch die digitale Technik kommt nicht ohne Hinhören aus.

Hans-Joachim
(wieder zuhause)
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
[Kein Betreff] - von Michael Franz - 29.06.2005, 16:49
[Kein Betreff] - von timo - 29.06.2005, 17:06
[Kein Betreff] - von Michael Franz - 29.06.2005, 17:37
[Kein Betreff] - von Matze - 29.06.2005, 18:11
[Kein Betreff] - von timo - 29.06.2005, 19:36
[Kein Betreff] - von dl2jas - 29.06.2005, 21:50
[Kein Betreff] - von cdj74 - 30.06.2005, 15:28
[Kein Betreff] - von dieter - 01.07.2005, 09:21
[Kein Betreff] - von PhonoMax - 01.07.2005, 12:08

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste