Kb 100
#1
Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre, also in der Zeit der Nierentische und Tütenlampen, stand in so manchem DDR-Haushalt neben dem Röhrenradio ein Gerät mit einer elfenbeinfarbenen Kunststoff-Abdeckplatte. Es war das Tonbandgerät „KB 100“, welchen im „VEB Fernmeldewerk Leipzig“ im Rahmen der Konsumgüterproduktion hergestellt wurde. An diesem Gerät gab es kaum eine gerade Linie, es sei dann, sie war irgendwie technisch bedingt, so zum Beispiel der Schlitz für die Bandführung. Alle möglichen Ecken waren abgerundet. Auch auf der Deckplatte findet man diese runden, weichen Formen wieder. Auf dem Gerät geht es weitgehend symmetrisch zu. Eine Linie, gedacht zwischen den beiden Spulentellern von vorn nach hinten, lässt auch jeder Seite die gleichen Elemente spiegelbildlich erscheinen. Diese gedachte Linie wird noch unterstützt durch den Hebel für die Deckelentriegelung und hinten durch den Schiebeknopf für den Umschalter der Bandgeschwindigkeit. Von links angefangen findet man vorn eine Tastengruppe, welche aus vier Tasten besteht. Diese sind in Form eines „T“ angeordnet, drei nebeneinander und die vierte in der Mitte davor. Hier werden die Funktionen wie Aufnahme, Wiedergabe und Trick geschaltet. Links in der oberen Reihe ist die Mikrofon-Aufnahmetaste, rechts daneben die, für Rundfunkaufnahme. Die dritte im Bunde ist die Wiedergabetaste. Sie muß immer dann gedrückt sein, wenn ein Band abgespielt werden soll. Die Taste, in der Mitte davor, hebt die jeweils gewählte Funktion auf und dient zum Schutz vor Fehlbedienungen. Sie muß immer dann gedrückt werden, bevor man einer der Aufnahmetasten betätigt. Wird diese Taste zusammen mit einer der Aufnahmetasten gedrückt, erfüllt sie die Funktion der Tricktaste. Betätigt man beide Aufnahmetasten zugleich, lassen sich Radio- und Mikroeingang mischen. Rechts neben dieser Tastengruppe befindet sich das Bandzählwerk. Es ist, was wohl sehr selten ist, von unten durch eine kleine Skalenlampe durchleuchtet. Eine weitere Besonderheit dieses Zählers ist, das er nicht aus vier Walzen mit Zahlen besteht, sondern eher wie eine Uhr funktioniert. Eine kleine „Stundenscheibe“ und darunter eine größere „Minutenscheibe“. Nur zeigen diese nicht die reelle Spieldauer an. Die Stundenscheibe ist mit Buchstaben beschriften und die Minutenscheibe mit Zahlen. So könnte ein Eintrag im Archivbuch wie folgt aussehen: Titel 1 – Smockie –Alice – A1 bis C3. Gestellt wird das Zählwerk mit einem Rändel, wie man ihn auch bei einem alten mechanischen Weckern findet. Weiter nach rechts befinden sich zwei, übereinander liegende Drehregler. Sie sind so angeordnet, das sie etwa zu zwei Dritteln ihres Umfanges von der Abdeckplatte verdeckt sind. Der obere ist bei Aufnahme der Pegelsteller für den Mikroeingang und bei Wiedergabe der Lautstärkeregler. Der untere, etwas größere Knopf ist der Tiefenregler, kombiniert mit dem Schalter für den Innenlautsprecher des Gerätes. Streicht man nun über den „Buckel“ der vorderen Kopfabdeckung hinweg, begegnet man genau in der Mitte der vorderen Kante der Deckplatte den Schieber der Deckelraste. Zieht man diesen nach vorn, zu sich heran, springt der Deckel über den Spulentellern auf. Dann folgt ein weiterer Doppelregler, dessen oberes Rad der Hochtonregler, kombiniert mit dem Netzschalter ist. Der untere Knopf ist der Eingangspegelregler für die Rundfunkaufnahme. Bevor man nun zu den Steuertasten für das Laufwerk kommt, findet man ein weiteres viereckiges Fenster, ähnlich dem, des Bandzählers. Hier verbirgt sich die Aussteuerungsanzeige. Sie wird durch eine Abstimmanzeigeröhre EM83 (Magische Waage) gebildet. Der vordere Balken steht fest auf etwa zwei Drittel der möglichen Länge des Leuchtfeldes und gibt so einen Richtwert für die Aussteuerung. Der hintere Balken sollte bei den lautesten Programmstellen diese Markierung nicht überschreiten. Um die Lebensdauer dieser Röhre zu erhöhen wird sie nur bei Aufnahme und Wiedergabe aktiviert. Bei Stop und schnellem Vor- und Rücklauf ist sie dunkel. Nun kommt man auf der rechten Seite zu den Steuertasten für das Laufwerk, die wieder in T-Form angeordnet sind. Die linke von den oberen dreien ist die Rücklauftaste, die mittlere setzt den Bandtransport für Aufnahme und Wiedergabe in Gang und die rechte ist die, für die schnellen Vorlauf. Die davor in der Mitte liegende, ist die Stoptaste, Sie hebt alle Lauffunktionen auf und sollte auch immer erst gedrückt werden, bevor man eine andere Funktion wählt. Das Laufwerk wird rein mechanisch durch Hebel und Federn gesteuert. Ein breiter Flachriemen überträgt die Kraft vom Motor zu den einzelnen Elementen des Laufwerks. Nach der „Wanderung“ über das Bedienfeld, kommen wir nun zum Bandlauf. Wie allgemein üblich kommt die volle Spule auf den linken und die Leerspule auf den rechten Bandteller. Was man sonst bei Heimtonbandgeräten selten findet, hier ist der Bandein- und auslauf durch drehend gelagerte Rollen gebildet, eine sehr Bandschonende Maßnahme, wie ich meine. Leider wird dieses Plus im Inneren der Bandlaufbahn teilweise wieder aufgehoben. Ein Fühlhebel der automatischen Endabschaltung, schleift auf der Trägerschicht des Bandes. Er erwischt schon mal eine schlechte Klebestelle und trennt diese gleich auf. Besonders beim schnellen Umspulen können da schon mal „die Fetzen fliegen“. Ist das Band alle oder zerreist es, was ja auch mal vorkommt, löst dieser Hebel einen elektrischen Kontakt aus, welcher leider nur die Stromzufuhr unterbricht. Ein Nachteil, weil hierbei die mechanische Funktion geschaltet bleibt. Die Auswirkungen auf Gummiteile dürften ja bekannt sein. Durch Drücken der Stoptaste kann man diesen Umstand auflösen und die Stromversorgung wird wieder eingeschaltet. Ich würde diese Einrichtung nicht als wirkliche Endabschaltung mit nachfolgend längeren Betriebspausen ansehen.

Wie schon erwähnt, befindet sich am hinteren Ende der gedachten Mittellinie, zwischen den beiden Spulen der Umschalter für die Bandgeschwindigkeit. Dieses geschieht auf rein elektrischem Wege durch Drehzahländerung des Motors. Diese Umschaltung wirkt sich auch auf das schnelle Umspulen aus. Gewählt kann zwischen 4,76 cm/s und 9,53 cm/s.

Ausgelegt ist das Laufwerk für die Verwendung von Magnetbandspulen mit einem maximalen Durchmesser von 15 Zentimetern. Die Bandteller sind aus Metall gefertigt, was wohl schon ein gewisses Maß an Ungeschicklichkeit voraussetzt, die drei Zacken der Mitnehmerachsen abzubrechen.

An der Rückseite des, mit Kunstleder bespannten Gehäuserahmens befindet sich das Anschlussfeld mit den zwei dreipoligen Din-Buchsen für Rundfunk und Mikrofon. Ein Bananensteckeranschluß für den Zusatzlaufsprecher und Erdung und der Stecksockel für das abnehmbaren Netzkabels. Außerdem findet man auf der Rückseite noch ein kleines Schiebetürchen, welches den Spannungswahlschalter und die Sicherungen hinter sich verbirg. Dieses Türchen kann allerdings nur geöffnet werden, wenn der Stecker vom Netzkabel aus dem Sockel gezogen wird.

Die Unterseite des Gerätes wird durch eine gelochte Pappe gebildet, wie sie auch für Radiorückwände üblich war. Transportiert wurde das Gerät in der mitgelieferten Tragetasche aus derben Stoff. Sie nahm auch das Zubehör, wie Mikrofon, Netzkabel und Bänder auf. Es konnte auch noch ein Schultergurt aus Leder in die vorhandenen Aussparungen des Gehäuses eingehängt werden. Ich würde aber mit dem ca, 14 kg schweren Gerät über der Schulter nicht unbedingt eine längere Wanderung unternehmen wollen. Aber was hat man damals nicht alles gemacht, nur um die so sehr gewünschte Schallplatte zu überspielen, die der Kollegen keinesfalls aus der Hand gab. Da musste man schon man „den Berg zum Propheten“ schleppen.

Endlich nun die elektrischen Eigenschaften, dieses Schätzchens. Es ist ein Monogerät in Halbspurtechnik. Der Verstärker ist mit den Röhren ECC83 (2x), EL95 und der Anzeigeröhre EM83 bestückt. Aufgebaut ist er in freier Verdrahtung, Leiterplatten findet man im KB 100 noch nicht. Aufgeteilt ist die elektrische Schaltung auf zwei Chassis. Eines trägt die Verstärkereinheit und das andere die Bauteile der Stromversorgung, Der Verstärker liefert eine Ausgangsleistung von ca. 2,5 VA an 4 Ohm. Auch bei der Wiedergabe über ein Radio oder Zusatzverstärker muß der Lautstärkeregler am Tonbandgerät etwa zwei Drittel weit aufgedreht werden. Damit der relativ kleine Innenlautsprecher nicht dauernd „mitplärrt“, kann man ihn, wie oben schon beschrieben, abschalten. Vorteilhaft finde ich das eingebaute einfache Mischpult für die Eingänge, so kann man ohne größeren Aufwand kleine Unterhaltungsprogramme oder auch, die von mir gern genutzten, gesprochenen Briefe gestalten. Der Frequenzgang umfasst bei „9“ 60 bis 10 000 Hz, bei „4“ 80 bis 5000 Hz, was für Sprachaufnahmen immer noch ausreichend ist. Wenn man bedenkt, das die BG19. die erste Heimtonbandmaschine der DDR bei 19 bis maximal 7000 Hz kam.

Während der Aufnahme kann das Programm im eingebauten Lautsprecher oder über Kopfhörer (bei Mikrofonaufnahmen empfohlen) mitgehört werden.

Da ein Tonbandgerät damals eine Anschaffung für einen längeren Zeitraum war, gestaltete sich der Anschluss an „modernere“ Rundfunkgeräte etwas schwierig. Bei Monogeräten, musste man nur den dreipoligen Diodenkabel weiter nutzen. Hatte man sich aber ein Stereoradio zugelegt, war ein entsprechender Adapter, der das Signal auf beide Kanäle verteilt, schon angebracht. Bei der Aufnahme vom Radio musste dieses dann nicht unbedingt auf Mono geschaltet werden. Meist hat man es aber trotzdem getan, um die Westsender rauschfrei aufnehmen zu können.

Ich finde, im Großen und Ganzen, für die damalige Zeit ein wohl ausgestattetes „Maschinchen“ für den Normalverbraucher. Vielleicht hätte man mit „9“ und „19“ einen besseren Frequenzgang erreicht aber dann hätten sich die kleinen 15er Spulen auf den Bandverbrauch wohl nich gut ausgewirkt.
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[Kein Betreff] - von snzgl - 29.05.2004, 23:50
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RE: Kb 100 - von TSF - 10.06.2021, 16:11

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