Bezugsbänder - damals und heute
#1
Hallo Tonjäger, Magnetbandfreunde, Mess-Spezialisten ...

Ich möchte gleich zu Anfang warnen: Dieser Bericht wird eine längere Arie!

Vielleicht interessiert den einen oder anderen von euch aber doch, welche Qualität und Genauigkeit Bezugsbänder aus dem vorigen Jahrtausend heute noch besitzen (können).

Anlass dafür war die größtenteils guterhaltene Bezugsbandsammlung eines Bekannten (diesem Forum allerdings nicht bekannt), aus der er mir einen Teil zuschickte, von dem ich annahm, dass er sich für vergleichende Untersuchungen eignen könnte: Bezugsbänder für den Studiobereich [Geschwindigkeit 19/38], sowie quasi als Dreingabe ein DIN-Bezugsband für 9,5cm/s.

Diese Gelegenheit nutzte ich, um auch mein eigenes Bezugs- und Messbandsortiment entsprechend unter die Lupe zu nehmen. Zunächst eine Übersicht der Prüflingssammlung:

[Bild: Sammlung.jpg]

Ich werde fast ausschließlich Bänder aus den linken beiden Reihen besprechen, da die Geschichte sonst noch länger und womöglich unübersichtlicher werden würde. Auch werde ich mich auf die Kernparameter eines Bezugsbands beschränken: Pegel, Kanalbalance, Azimut und Frequenzgang >1kHz. (Letzteres hat damit tun, dass der Frequenzgang zu den Tiefen hin schwer kalkulierbar wird, sobald eine vollspurige Aufzeichnung mit schmaleren Spuren wiedergegeben wird.)

Etwaige Trennspuraufzeichnungen habe ich geprüft, werde sie hier aber nicht eigens dokumentieren, weil sie sich erstens fast durchweg als hochpräzise herausstellten und zweitens sich durch Alterung nicht ändern können, sofern mit den Bändern kein grober Missbrauch getrieben wird.

Apropos Missbrauch: Eines der Bänder befand sich bei der Ankunft in einem ziemlich bedauernswerten Zustand. So jedenfalls entspricht der Wickel in keiner Weise artgerechter Bezugsbandhaltung:

[Bild: Bezugsbandqu_lerei_1.jpg]

[Bild: Bezugsbandqu_lerei_2.jpg]

Vergleiche dazu den entsprechenden Hinweis auf BASF-Bezugsbändern der 1990er Jahre:

Nach Benutzung soll es in einem kontinuierlichen Lauf so umgespult werden, dass ein glatter Wickel entsteht. Lagerung mit stufigem Wickel und/oder ausgeschossenen Windungen kann zu bleibenden Banddeformationen führen, die zu deutlich verschlechterter Reproduzierbarkeit bei den Einstellungen führen.

Dies ins Stammbuch aller Bezugsbandquäler.

Nun zu den Kandidaten. Am Start lagen:

  1. ein sogenanntes "Spaltnormal",
  2. DIN Bezugsband 38 (Agfa 1971) - hier Agfa BB38 genannt,
  3. lt. Ansage ein "Stereotestband", das vom Anwender mit einem DIN-Bezugsband für 19 und 38 kombiniert wurde (beides BASF, Anfang 1980er Jahre),
  4. Bezugsband 19s (BASF 1996) - ab hier BASF BB19s,
  5. "ARD/ZDF-Betriebsbezugsband 38-6 nach IRT-Empfehlung" (BASF No 75, 1992) - ab hier BBB 75-92,
  6. BBB 164-92,
  7. BBB 209-92,
  8. BBB 210-92 (aus meinem Bestand, im Übersichtsbild oben rechts),
  9. und außer Konkurrenz: Bezugsband 9 (BASF 1980) - BASF BB9.

Alle Bänder mit Ausnahme des BASF BB9 (LP 35 LH) und das Agfa BB38 (PER 525) mussten wegen mehr oder weniger starken Abriebs zunächst durch die Sauna (2 Std. bei 60°) mit zwei anschließenden Trockenreinigungsdurchgängen. Danach blieben die Anzeigewerte größtenteils stabil.

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[1] "Spaltnormal"

Hierbei handelt es sich offenbar um eine Art "Urwinkel", von dem vermutlich nach wie vor ein weiteres Exemplar (analog zum "Ur-Bezugspegelband") bei der PTB in Braunschweig aufbewahrt wird. Jedenfalls haben von einem solchen Normal vorher weder ich noch Friedrich Engel je etwas gewusst. Dieses Band nahm ich mir als allererstes vor: einmal weil ich damit zunächst die Genauigkeit der Messeinrichtung prüfen wollte, und dann weil ich vorhatte, dieses Normal als Referenz für die Azimutpräzision aller anderen Bezugsbänder zu verwenden. So sieht dieses Band aus:

[Bild: Spaltnormal_1992_1.jpg]

Hier die beiliegende Phasenmesskurve (in optisch restaurierter Form). In den drei Abschnitten sind 10 kHz bei 38 cm/s vollspurig aufgezeichnet. Die Azimutpräzision ist mit 0,1 Winkelminuten angegeben, was bei 0,75 mm Trennspurbreite, 38 cm/s und 10 kHz einem Stereo-Phasenwinkel von knapp 1° entsprechen würde. Der Mittelwert der tatsächlich ermittelten Phasenabweichungen ist zwar erkennbar höher, doch immer noch um eine glatte Größenordnung geringer als nach letztgültiger Fassung der DIN 45513 (1982) gefordert wurde (= 20° bei 10 kHz):

[Bild: Spaltnormal_1992_2.jpg]

Vor meinen eigentlichen Messungen prüfte ich meine M15A - mit für die Messungen speziell modifiziertem Kopfträger - auf Bandlaufstabilität, und zwar per Phasenmessung einer Eigenaufnahme mit anschließender Wiedergabe von 10kHz bei 38 cm/s. Dazu justierte ich (wie üblich) zunächst den WK nach dem Spaltnormal und danach den AK nach dem WK.
So sieht der Phasenverlauf aus. Die blaue Kurve zeigt die Pegeldifferenz, die rote Kurve die Phasendifferenz zwischen rechtem und linkem Kanal (genauer ausgedrückt: L-R). Die Skalen sind entsprechend eingefärbt. Die Messzeit betrug 1 Minute:

[Bild: M15_A_3016_AW_38_auf_PER_528_Phasengang_re_Spa.jpg]

(Anmerkung: Aus mir unerfindlichen Gründen liegt die "Nullmarke" bei 1,5° und nicht bei 0°, wo sie eigentlich hingehört. Für die relative Messgenauigkeit spielt dies aber keine Rolle.)

Mit dieser ermutigenden Startbilanz kamen als nächstes die drei Abschnitte des Spaltnormals an die Reihe. Hier die drei Schriebe über deren komplette Länge (jeweils 5 Minuten). Eine spätere zwiefache Wiederholung der Messungen zeigte, dass die Abweichungen über die Länge nicht etwa zufällig, sondern exakt reproduzierbar waren:

[Bild: M15_A_3016_Spaltnormal_38_10_k_Hz_Teil_1_Phasenga.jpg]

[Bild: M15_A_3016_Spaltnormal_38_10_k_Hz_Teil_2_Phasenga.jpg]

[Bild: M15_A_3016_Spaltnormal_38_10_k_Hz_Teil_3_Phasenga.jpg]

Magnetaufzeichnungen können je nach Gebrauchs- und Lagerungsbedingungen sich durchaus im Pegel ändern, doch prinzipiell nicht in der Phasenlage (massive Bandverformungen und dgl. nicht berücksichtigt). Die aktuell gemessene Phasenlage war also bereits bei der Aufzeichnung vorhanden. Dies wird bei der Betrachtung der Azimutabweichungen der anderen Bezugsbänder noch eine Rolle spielen.

Als nächstes schaute ich mir die Bezugspegelaufzeichnungen aller BB an, wobei ich die BB mit Bezugspegel 320nWb/m entsprechend umrechnete. Bei von 1971...96 hergestellten BB in unterschiedlichem Erhaltungszustand sind gewisse Pegelabweichungen untereinander zu erwarten. Ich halte sie für vergleichsweise geringfügig:

[Bild: BB_Pegel.jpg]

Im weiteren Schritt stellte ich den Wiedergabefrequenzgang der M15A für 38 und 19 auf meine jeweiligen Referenz-BB ein (in der Tabelle gelb unterlegt). Für 38 wählte ich das BBB 210-92, weil ich es am besten kenne (Die Aufzeichnungen ab 4 kHz werden insgesamt dreimal wiederholt und stimmen ziemlich gut miteinander überein.)
Für 19 cm/s benutzte ich mein bestes Pferd im Stall: ein bis dahin originalverschweißtes BASF BB19h von ca. 1992 mit NAB Entzerrung (auf welche die M15A sich zum Glück umschalten lässt). Damit sahen die Wiedergabefrequenzgänge der Messmaschine so aus,

für 38:

[Bild: M15_A_3016_BASF_BBB_38_No_210_92_Vollspur_FG_1.jpg]

... und für 19:

[Bild: M15_A_3016_NAB_BASF_BB_19_H_No_866976_1992.jpg]

Die Frequenzgangjustage wurde während der gesamten Messreihe nicht mehr verändert. Der Wiedergabepegel bei 1 kHz hingegen wurde der leichteren Ablesbarkeit wegen für jeden Prüfling auf möglichst gleichen Wert für beide Kanäle eingestellt.

Anmerkungen:
In diesen ersten Pegelschrieben habe ich die Normfrequenzen noch per Hand bezeichnet. In den folgenden Schrieben habe ich mir diese Arbeit weitgehend erspart, soweit sie sich selbst erklären.
Ab 1 kHz besteht die Normfrequenzreihe aus folgenden Frequenzen:
2 · 4 · 6,3 · 8 · 10 · 12,5 · 14 · 16 · 18 · (20) kHz.
Wiederholungen des BB-Frequenzgangteils starten grundsätzlich erst ab 4 kHz.

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[2] DIN Bezugsband 38 (Agfa 1971) = Agfa BB38

Nun konnte ich mich dem ersten eigentlichen Messobjekt widmen. So schaut es von außen aus:

[Bild: BB_38_5513_71.jpg]

Der Abschnitt nach dem Gelbband ist der - damals noch angefügte - Bezugsbandleerteil (ca. 120 Sekunden PER 525 #1544), der einige kurze, säbelförmig verformte Bandpassagen enthält, die nicht glatt wickeln. Ansonsten schien das BB so gut wie nie benutzt worden zu sein. Hier der Frequenzgang (immer relativ zu meiner willkürlich gewählten Referenz):

[Bild: M15_A_3016_Agfa_BB_38_No_5513_71_FG_1_18k_Hz.jpg]

Besonders überrascht hat auch mich natürlich der starke Anstieg gegen 18 kHz und die in allen Aufzeichnungen vorhandene Pegeldifferenz zwischen L und R (was sich auch im entsprechend angepassten Maßstab der Y-Achse widerspiegelt).

Es ist natürlich durchaus möglich, dass meine "Referenz" schief ist und das Agfa BB 38 stimmt. Doch genau darum geht es hier: dass man eben nicht wissen kann, wer von den Kandidaten denn nun letztlich "stimmt" und welcher "spinnt". Abweichungen untereinander, die zweifellos vorhanden und nachweisbar sind, lassen sich jedoch so oder so klar demonstrieren.

Alle Frequenzgänge wurden übrigens im optimalen Azimut des jeweiligen Prüflings ermittelt. Die Phasenlage relativ zum Spaltnormal dagegen wurde (logischerweise) mit der Azimuteinstellung ermittelt, die dem Spaltnormal entspricht. Hier die Phasenlage des 10kHz-Spalteinstellungsteils des Agfa BB 38, ermittelt über die gesamte Länge von 60 Sekunden:

[Bild: M15_A_3016_Agfa_BB_38_No_5513_71_10_k_Hz_Phasen.jpg]

Wie schon im Frequenzgangdiagramm ist eine ziemlich gute Pegelkonstanz zu den höchsten Frequenzen zu erkennen - in blau wieder die L/R Pegeldifferenz -, was ein Indiz für seltene (falls überhaupt) Benutzung des BB darstellt. Die Azimutabweichung zum Spaltnormal liegt im Mittel bei 28...29°, mit relativ starken Abweichungen etwa im Umdrehungsrhythmus des linken Bandwickels. (Selbstverständlich wurden alle Bänder auf der Messmaschine vorher einmal vor- und zurückgespult.)

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[3] "Stereotestband", mit anschließenden DIN-Bezugsbandteilen für 19 und 38

So schaut es aus:

[Bild: Stereotestband_1982.jpg]

Frequenzgang für 19 (ohne Wiederholung):

[Bild: M15_A_3016_BASF_Stereotestband_BB_19_1982.jpg]

Die starken unregelmäßigen Pegelschwankungen bei den höheren Frequenzen sind untrügliche Anzeichen häufiger Benutzung.

Frequenzgang für 38 (mit einer Wiederholung):

[Bild: M15_A_3016_BASF_Stereotestband_BB_38_1982.jpg]

Bemerkenswert ist hier der Pegelanstieg der gesamten Wiederholung um 0,6...0,8 dB, und dass sich hierbei die Pegeldifferenz zwischen L und R praktisch umkehrt.

Nun die Phasenmessung. Zunächst der Spalteinstellungsteil bei 19 cm/s (wieder über die gesamte Länge der Aufzeichnung gemessen):

[Bild: M15_A_3016_BASF_Stereotestband_BB_19_1982.jpg]

Auch hier spiegelt sich die häufige Benutzung in relativ starken Schwankungen der LR-Pegeldifferenz. Die mittlere Phasendifferenz liegt stabil bei 30° mit mittlerer Streuung und unregelmäßigen starken "Ausreißern".
Für 38 cm/s ergibt sich folgendes Bild:

[Bild: M15_A_3016_BASF_Stereotestband_BB_38_1982.jpg]

Hier sind wieder einmal rhythmische Pegeldifferenzen erkennbar, während die Phasenlage so ziemlich der des Spaltnormals entspricht. Dies ist ein Beispiel dafür, dass Bezugsbänder, deren Pegelstabilität und -konstanz mit der Zeit unzuverlässig geworden sind, als Werkzeuge zur Azimuteinstellung noch durchaus brauchbar bleiben können.

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[4] Bezugsband 19s (BASF 1996) - BASF BB19s

Außenansicht:

[Bild: BB19s_96_007.jpg]

Dieses Exemplar scheint ziemlich häufig benutzt worden zu sein. Dies zeigen die häufigen Pegeleinbrüche, die bei Wiederholung der Messung auch immer an denselben Bandstellen auftraten. Außerdem hatte da wohl ein Anwender mal Pech mit einem Bandriss mitten in der Bezugspegelaufzeichnung gehabt, was er dann mit farblosem Klebeband (anscheinend gab es sowas mal) wieder zusammenfügte. Nicht wirklich schlimm, doch lässt es Vermutungen zu, was dieses Band sonst noch durchgemacht haben mag. Die Rissstelle habe ich später repariert, weil sie sich wegen des kurzen Klebebands so weit auseinandergezogen hatte, dass sie an der Nachbarwindung festhing.

Frequenzgang mit 2 Wiederholungen (auf 20kHz erweitert):

[Bild: M15_A_3016_BASF_BB_19_S_6_no_96_007_FG_1_20k_Hz.jpg]

Hier unterscheiden sich die drei Frequenzdurchgänge im linken Kanal ziemlich stark voneinander (fast könnte man magnetische Bandführungsteile als Ursache vermuten). Wegen der zusätzlichen starken Pegelschwankungen wird sich die Frequenzgangjustage mit diesem BB kein reines Vergnügen, eher ein Vabanquespiel.
Die Phasenaufzeichnung:

[Bild: M15_A_3016_BASF_BB_19_S_6_no_96_007_10_k_Hz_Phas.jpg]

Mittlere Abweichung bei 35° mit relativ starken Ausreißern, Pegeldifferenzen in etwa wie nach dem Frequenzgangschrieb zu erwarten.

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[5] "ARD/ZDF-Betriebsbezugsband 38-6 nach IRT-Empfehlung" (BASF No 75, 1992), alias BBB 75-92:

[Bild: BBB_38_75_92.jpg]

Die "ARD/ZDF-Betriebsbezugsbänder" enthalten zur raschen Prüfung und Einstellung der Wiedergabeentzerrung grundsätzlich ein Multifrequenzsignal, außerdem die üblichen Normfrequenz-Aufzeichnungen, und zwar jeweils in Vollspur und Stereo-Halbspur (0,75mm Trennspurbreite). Zudem enthalten sie zur Azimuteinstellung eine hochgenaue Spezialaufzeichnung, die den Rahmen meiner Besprechung hier aber bei weitem sprengen würde. Ich beschränke mich daher auf die beiden Frequenzgänge für Vollspur und Stereo-Halbspur sowie den "klassischen" 10kHz-Spalteinstellungsteil, der bei den BBB auf 30 Sekunden verkürzt ist.

Frequenzgang (Vollspur):

[Bild: M15_A_3016_BASF_BBB_38_No_75_92_320_n_Wb_Voll.jpg]

... und in Stereo:

[Bild: M15_A_3016_BASF_BBB_38_No_75_92_320_n_Wb_Ster.jpg]

Die Übereinstimmung der Stereofassung mit der Referenz ist sehr gut, besser als in der Vollspurfassung (deren Wiederholung sich im rechten Kanal von der ersten Aufzeichnung unterscheidet). In beiden Versionen sind aber mit der Frequenz zunehmende rhythmische Pegelschwankungen des linken Kanals zu erkennen. Diese spiegeln sich auch in der Pegeldifferenzmessung wider:

[Bild: M15_A_3016_BASF_BBB_38_No_75_92_320_n_Wb_10_k.jpg]

Die Präzision der Azimutaufzeichnung dagegen würde ich als nahezu perfekt bezeichnen.

[6] BBB 164-92:

[Bild: BBB_38_164_92.jpg]

Frequenzgang Vollspur:

[Bild: M15_A_3016_BASF_BBB_38_No_164_92_Vollspur_FG_1.jpg]

Frequenzgang Stereo:

[Bild: M15_A_3016_BASF_BBB_38_No_164_92_Stereo_FG_1_1.jpg]

Angenehmerweise ist die Wiederholung der Vollspuraufzeichnung nahezu identisch mit dem ersten Durchgang. Die LR-Differenz sieht dramatischer aus als sie ist (max. 0,3 dB), was erforderlichenfalls durch entsprechende Korrektur zu berücksichtigen wäre. Die Stereoaufzeichnung im rechten Kanal vermag mich dagegen nicht zu überzeugen. Dessen Schwankungen sind auch hier als Pegeldifferenz in der Phasenaufzeichnung gut zu beobachten. Die Phasenlage dagegen erscheint mir relativ gut:

[Bild: M15_A_3016_BASF_BBB_38_No_164_92_10_k_Hz_Phasen.jpg]

*********

[7] BBB 209-92

[Bild: BBB_38_209_92.jpg]

Frequenzgang Vollspur:

[Bild: M15_A_3016_BASF_BBB_38_No_209_92_Vollspur_FG_1.jpg]

dto. in Stereo:

[Bild: M15_A_3016_BASF_BBB_38_No_209_92_Stereo_FG_1_1.jpg]

Auch hier wieder die rhythmischen Pegelschwankungen, diesmal rechts, außerdem ist der Pegel rechts bei beiden Spurlagen geringer. Das Phasenbild:

[Bild: M15_A_3016_BASF_BBB_38_No_209_92_10_k_Hz_Phasen.jpg]

Durchaus mittelprächtig, von der mittleren absoluten Phasenlage (15°) wie von den Abweichungen her betrachtet.


[8] BBB 210-92 (Referenz für diese Messreihe)

Den Referenz-Frequenzgang habt ihr zu Anfang bereits gesehen, doch ist das schon so lange her, daher hier einfach nochmal:

[Bild: M15_A_3016_BASF_BBB_38_No_210_92_Vollspur_FG_1.jpg]

Der zugehörige Phasenschrieb:

[Bild: M15_A_3016_BASF_BBB_38_No_210_92_10_k_Hz_Phasen.jpg]

Auch dieses Exemplar scheint mir nicht zu den Glanzstücken präziser Spaltlage zu gehören. Bei der mittleren Abweichung von 17,5° wäre es aber noch kein Problem, mit diesem BB den Frequenzgang optimal einzustellen und abschließend den korrekten Azimut mit einer anderen (präziseren) Spaltaufzeichnung.

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[9] Zugabe: Bezugsband 9 (BASF 1980) - BASF BB9

[Bild: BB9_1980_1.jpg]

[Bild: BB9_1980_2.jpg]

Da weder die Messmaschine noch meine M21 über 9,5cm/s verfügen, habe ich für die Messungen ersatzweise eine Nagra IV-S verwendet, die allerdings die Präzision der M15A weder im Frequenzgang noch im Azimut erreicht. Daher "außer Konkurrenz" hier der komplette Frequenzgangteil (mit 315 Hz als Bezugsfrequenz) und den üblichen zwei Wiederholungen ab 4kHz. Die Frequenzgangaufzeichnung endet bei 16 kHz. Die Normfrequenzreihe unterhalb 1 kHz lautet übrigens: 31,5 · 40 · 63 · 125 · 250 · 500 Hz.

[Bild: Nagra_IV_S_3214_BASF_BB_9_No_9792_1980_FG_3.jpg]

Die Wiederkehrgenauigkeit der Pegel in den Wiederholungen ist zwar nahezu vorbildlich, doch die Pegelschwankungen im rechten Kanal machen die Höhenjustage mehr oder weniger zur Glückssache. Übrigens waren die Höhenregler der Nagra IV-S (dort bezeichnet als "Head Loss") bereits auf Minimum eingestellt (passend für 38 cm/s CCIR). Ihre Grundentzerrung bei 9,5 cm/s ist angeblich dieselbe wie die des BB9 (= 90+3180µs). Tja ...
Hier der Phasengang (nach Justage der Nagra auf den Azimut des BB9):

[Bild: Nagra_IV_S_3214_BASF_BB_9_No_9792_1980_10_k.jpg]

Bei diesem Phasenbild kann ich nicht klar unterscheiden, welche Abweichungen eher dem BB und welche der Nagra zuzuschreiben sind. Ich enthalte mich daher der Meinungsäußerung.

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Meine - vermutlich wenig überraschende - Quintessenz aus dieser Momentaufnahme:

  • Je nach Lagerungsbedingungen sowie Häufigkeit und Sorgfalt beim Gebrauch können angejahrte Bezugsbänder in sehr unterschiedlichem Zustand sein.
  • Verlässliche und exakte Referenzbänder für den reibungslosen Programmaustausch zwischen Studios werden immer seltener.
  • Ein tadelloses Bezugsband zu ergattern ist zum großen Teil Glückssache.
  • Vor allem ältere Bezugsbänder (1970er Jahre und früher) lassen bei der Präzision ihrer Hauptparameter (Pegel, Azimut, Frequenzgang) nicht selten zu wünschen übrig.
  • Die Genauigkeit, welche im regulären Programmaustausch früherer Jahrzehnte erforderlich war und durch genormte BB mit garantierten Eigenschaften sichergestellt wurde, lässt sich heute allenfalls durch erheblichen messtechnischen Aufwand, Vergleich und Bewertung verschiedener erhaltener BB-Exemplare erreichen.
  • Ohne technisch aufwendige Absolutmessungen - für die heutzutage auch kein Equipment mehr zur Verfügung stünde - lässt sich nicht genau bestimmen, allenfalls intelligent raten, woran man eigentlich ist. Ob Bezugsbänder schon bei der Herstellung ungleich waren, es durch Gebrauch oder Lagerung wurden oder beides - keiner kann es mehr genau sagen.
  • Übergroße Genauigkeit vor allem bei der Frequenzgangjustage an den Tag zu legen wäre in etwa so, als wenn man seine Uhr sekundengenau nach einer defekten Zeitreferenz stellen würde.
  • Bei Messungen im 0,2dB-Bereich entwickeln Bänder und Geräte ein gewisses Eigenleben, was auch ich bei meinen Messungen deutlich zu spüren bekam. Friedrich Engel konnte mir zudem ein Lied davon singen, wie die Präzisionsfanatiker in Willstätt und München bei den ständigen, unerklärlichen und nicht zu eliminierenden Pegelschwankungen, vor allem im Videobereich, schier verrückt wurden.
  • Ein sorgfältig gefertigtes Messband kann zumindest ein brauchbares Vergleichsnormal zum gegenseitigen Abgleich der Bandmaschinen innerhalb der eigenen vier Wände liefern, obgleich ihre Hersteller sich über die Toleranzen auffällig ausschweigen, von irgendwelchen Garantien erst gar nicht zu reden. Bezugsbänder waren - zumindest seit den frühen 1980er Jahren - im Auslieferungszustand zwar erheblich genauer als jedes heute hergestellte Messband, doch kann nach mittlerweile 30...40 Jahren keiner mehr für ihre jetzige Verfassung garantieren.

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Ich möchte meinen Bericht - für diejenigen, die bis hierhin durchgehalten haben thumbsup - nicht ohne eine kleine Anekdote schließen.

Während meiner Messungen bekam ich Besuch von einem Audio-Enthusiasten, der sich während der letzten Monaten für Studio-Magnetbandtechnik zu interessieren begann - so sehr, dass er zur Reproduktion der Einstellungen einer "auf Kimme und Korn" eingemessenen M15A mit dieser Maschine ein möglichst genaues Messband herstellen wollte, also mit Pegel-, Azimut- und Frequenzgangteil. Ich fand das einen ausgezeichneten Einfall: Wie sonst als durch Praxis könnte jemand effektiver und intensiver lernen, worauf man bei einem solchen Vorhaben achten muss und in welchen Details der berüchtigte Teufel überall stecken kann? Und die prinzipielle Vorgehensweise ist ja so simpel wie einleuchtend: Man spielt zunächst das nachzubildende Bezugsband (BB) auf einer Referenzmaschine mit zeitstabilen Einstellungen ab (deren Spaltlage zuvor natürlich auf dieses BB exakt justiert wurde) und notiert sämtliche Abweichungen im Frequenzgang (beider Kanäle, falls in Stereo). Dann wird die Normfrequenzreihe auf einem zweiten Band aufgezeichnet und dabei die Einzelfrequenzen so ausgesteuert, dass sich wieder der Frequenzgang des BB - mit sämtlichen notierten Abweichungen - ergibt, womit im Idealfall der Frequenzgang des BB exakt reproduziert wurde. So weit so gut die Theorie - wenn es denn auch in der Praxis so einfach wäre ...

Wie auch immer, das Ergebnis bekam ich nach einigen Tagen. Hier der Pegeldifferenz- und Phasenschrieb für die Frequenzen 4...18kHz:

[Bild: M15_A_3016_BB_Fake_38_2016_FG_4_18k_Hz_Phasenga.jpg]

Einerseits haben mich bei diesem ersten Messbandversuch der Frequenzgang und die relative Azimutkonstanz angenehm überrascht (letztere in ganz besonderem Maße, Chapeau!). Andererseits konnte etwas mit der absoluten Azimuteinstellung nicht ganz gestimmt haben, denn mit höherer Frequenz stiegen auch die Phasendifferenzen an. Zudem schien mein Bekannter mit der Wahl seiner Aufnahmebandcharge nicht das Optimum erwischt zu haben: bei den höchsten Frequenzen machen sich auch rhythmische LR-Pegeldifferenzen bemerkbar. Die mittlere LR-Differenz im Frequenzgang fand ich wiederum eher verzeihlich, das passiert praktisch jedem Anfänger.

Aus diesem - hoffentlich lehrreichen - Versuch zeigt sich einmal mehr drastisch der klare Heimvorteil firmeneigener Bezugsbandabteilungen, die für ihre Aufgaben der laufenden Produktion selbstverständlich die besten der besten Güsse entnehmen konnte, denn schließlich gehörten Bezugsbänder zu den wichtigsten Aushängeschildern für die Produktionsqualität einer Magnetbandfabrik.

Eventuelle Patzer oder Fehler, die bei der Länge des Textes und der Vielfalt der Themen leicht unterlaufen können, bitte ich anzumerken (oder gnädig zu ignorieren) :whistling:

Grüße, Peter
Grüße
Peter


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Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
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Nachrichten in diesem Thema
Bezugsbänder - damals und heute - von Peter Ruhrberg - 15.02.2016, 23:38
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[Kein Betreff] - von Peter Ruhrberg - 27.04.2016, 12:30
[Kein Betreff] - von Ragnar_AT - 27.04.2016, 23:39
Jack Mullin - von Friedrich Engel - 30.04.2016, 21:13
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[Kein Betreff] - von andreas42 - 18.01.2020, 16:10
[Kein Betreff] - von t20 - 18.01.2020, 16:36
[Kein Betreff] - von kaimex - 18.01.2020, 17:13
[Kein Betreff] - von Peter Ruhrberg - 18.01.2020, 17:17
[Kein Betreff] - von besoe - 18.01.2020, 18:02
[Kein Betreff] - von kaimex - 18.01.2020, 19:48
[Kein Betreff] - von besoe - 18.01.2020, 20:03
[Kein Betreff] - von andreas42 - 18.01.2020, 20:38
[Kein Betreff] - von kaimex - 18.01.2020, 20:46
LGS26 - Halbspur ? - von JUM - 31.01.2020, 10:28
[Kein Betreff] - von Peter Ruhrberg - 31.01.2020, 10:32
[Kein Betreff] - von Baruse - 31.01.2020, 11:48
[Kein Betreff] - von t20 - 22.02.2020, 03:27
[Kein Betreff] - von JUM - 22.02.2020, 07:25
[Kein Betreff] - von Peter Ruhrberg - 22.02.2020, 09:32
[Kein Betreff] - von kaimex - 22.02.2020, 10:18
[Kein Betreff] - von Peter Ruhrberg - 22.02.2020, 11:17
[Kein Betreff] - von kaimex - 22.02.2020, 12:15
[Kein Betreff] - von Peter Ruhrberg - 22.02.2020, 12:27
[Kein Betreff] - von peter_l - 26.02.2020, 01:12
[Kein Betreff] - von Peter Ruhrberg - 26.02.2020, 08:32
[Kein Betreff] - von kaimex - 26.02.2020, 17:25

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