Warum begeistern sich Jungs heute nicht mehr für die Eisenbahn?
#38
zu Beginn der Industrialisierung war es so, dass Bildung ein Privileg für wenige war, und wenige "Gebildete" eine große Masse an unterpriviligierten Arbeitern befehligte.

Aus dem daraus resultierenden sozialen Elend entwickelte sich u.a. die Sozialdemokratie. Der große Denkfehler war, dass nicht die arbeitenden Berufe sozial besser gestellt wurden, ohne ihre grundsätzliche Existenz in Frage zu stellen, sondern vielmehr danach gestrebt wurde, die Arbeiter in reine Bildungsberufe zu bringen. Dieser dumme Ansatz, alle in akademische Berufe zu bringen, weil das irgendwann vor 150 Jahren im Feudalzeitalter funktioniert hat, hat genau zum Gegenteil von dem geführt, was die Sozialdemokratie mal erreichen wollte. Als ich jung war, konnte man mit Haupt- und Realschulabschlüssen noch respektable Berufe lernen, mit denen man als Alleinverdiener eine Familie versorgen konnte, und die in der Gesellschaft ein gewisses Ansehen hatten. Heute ist alles unterhalb Abitur nur noch für prekäre Tätigkeiten gut, und wenn das so weitergeht, leben die Leute, die sich für uns alle krummschuften, in wenigen Jahren wieder wie zum Beginn der Industrialisierung.

Ich lebe am nordöstlichen Ende des Ruhrgebiets - die Stadt Dortmund ( mit trditioneller sozialdemokratischer Mehrheit ) brüstet sich damit, zahlenmäßig mehr Arbeitsplätze neu geschaffen zu haben, als durch Kohle und Stahl verlorengegangen sind, vergisst dabei aber, dass die neuen Arbeitsplätze nichts für die gut ausgebildeten "Malocher" sind. Die sind mit ihren Familien mehrheitlich ins soziale Abseits gerutscht, und kommen da so einfach auch nicht mehr weg. Eigentlich ist es heute überall so - man kann den Leuten, die für uns das Land am Leben halten, nur jeden Tag dankbar sein, dass sie unter den herrschenden Bedingungen überhaupt noch morgens aufstehen. Vor diesem Hintergrund ist es doch kein Wunder, dass das niemand mehr machen will. Ich wäre damals auch am liebsten Radio- und Fernsehtechniker geworden, habe es dann aber sein gelassen, weil ich bei einem Freund meines Vater sehen konnte, wie der als Meister und Werkstattleiter noch schwarz arbeiten und seine Frau mitarbeiten lassen musste, um seiner fünfköpfigen Familie ein auskömmliches Dasein zu ermöglichen. Und so sieht es doch heute in fast allen Ausbildungsberufen aus - es werden Leute gesucht, nur bezahlen will bzw. kann sie niemand.

Und bevor jetzt eine politische Diskussion losgeht, ein kleiner "Disclaimer" - ich beziehe keine Stellung für oder gegen eine Partei, sondern stelle nur wertfrei ein Charakteristikum der Sozialdemokratie heraus, um etwas zu erklären.

Gruß Frank
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[Kein Betreff] - von Matthias M - 17.03.2015, 21:55
[Kein Betreff] - von timo - 18.03.2015, 19:14
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RE: Warum begeistern sich Jungs heute nicht mehr für die Eisenbahn? - von nick_riviera - 30.11.2022, 14:30

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