Schweres Blech im Holzmantel: Grundig TK 600
#1
Guten Tag,

wie schon angekündigt, wollte ich meine Meinung über die Grundig TK 2XX-Serie nochmal überprüfen.
Habe seit Jahren ein TK 248, dem ich aber nie Beachtung geschenkt habe und das irgendwo eingekellert ist.
Ich mochte das Laufwerk nicht besonders, darüberhinaus lahmes Umspulen, ein schnarrender Spaltpolmotor und nur ein
Aussteuerungsinstrument.
Nun, hier im Forum war ab und zu etwas vom TK600 zu lesen, dem grundigschen Topmodell von 1969.
Ordentlicher Synchronmotor, zwei Instrumente und gediegenes Gehäuse, das könnte was sein.
Haben und ausprobieren!

Klingeling, Post!
Ein ob des Gewichts etwas grimmig dreinschauender Mann gab mir einen großen Karton.
Schnell ausgepackt, der Verkäufer war zum Glück ein Verpackungskünstler, alles heil.

Scheint noch gut erhalten zu sein, keine groben Macken. Schauen wir mal weiter.
   

Von hinten große Klappe, das Teil. Der Griff ist aus Vollmetall, schwere Qualität.
   

Wie sehen denn die Köpfe aus, lohnt überhaupt ein Weitermachen?
   

Lohnt, nur wenig Abrieb, sehr schön!

Jetzt aber Deckel ab und die Innereien betrachtet:
   

Noch gut erhalten, obschon etwas vom Tabakrauch gegerbt.
Leider hängen die drei Riemen gerissen im Chassis herum.

Auch von unten macht dieses Gerät einen unverbastelten Eindruck:
   

Die Platine lässt sich servicefreundlich wegklappen:
   

Kurzer Funktionstest ohne Riemen, Band mit der Hand durchgezogen.
Spielt, aber bei Aufnahme und Wiedergabe ist der linke Kanal stumm.
Mithören vor Band aber auf beiden Kanälen möglich.
Nach viel Sucherei habe ich wieder mittels Signalverfolger den Fehler gefunden.
Der böse kleine Transistor hatte doch tatsächlich eine kalte Lötstelle.
Ohne Probieren, Fingerbrummtest, Signalpfadfinderei und Lupengegucke hätte ich das nicht rausgekriegt.

Auf jeden Fall funktioniert es wieder. Die vielen oxidierten Potis lasse ich in Frieden, solange man nicht dran herumfingert
tun sie es ja zur Zeit noch.
   

Die Mechanik kann mich immer noch nicht begeistern, unterdimensionierte Zwergenröllchen sollen die Spulen antreiben, ob das noch klappt?
Zunächst war bei "Start" viel Gewimmere zu hören, der rechte Spulenteller ruckte kraftlos vor sich hin.
Raus mit der Kupplung!
Das Rädchen vom Mitnehmer war hart geworden, ließ sich auch nicht mehr abschmirgeln, um an Weiches im Verborgenen zu gelangen.
   

Irgendwann läuft mir vielleicht die passende Rolle über den Weg. Vorerst gibt es Doppelbereifung (was beim LKW funktioniert, wird ja wohl bei einem Heim-Wohnzimmergerät auch gehen) per Wasserkrandichtung. Funktioniert bestens.
   

Hier sind die fiesen Zwischenräder fürs Umspulen, deren Bereifung auch gerne hart wird. Hier noch nicht, wundersamerweise.
Ersatz gibt es mittlerweile wieder zu kaufen, ein bekannter Gummilieferant hat welche aus neuester Produktion im Angebot.
Solche Rädchen für große Spulen? Da hat Grundig meiner Meinung nach aber zu sehr gespart!
Die Rechnung schien aufgegengen zu sein, bei der Nachfolgegeneration (TK 745 & Co. ) waren die Rädchen noch kleiner und deren Achsen noch
fippsiger. Fürchterlich!
   

Hier sogar versteckt ein Zwischenrad-Zwischenrad, zierlich klein. Ein Garant für lahmes Rückspulen.
   

Alles schön wieder eingebaut und neuen Hauptriemen eingefädelt. Nach
Abnehmen der Kopfträgerplatte kurz ebent durchfädeln, um die
Schwungscheibe legen und, schwupps, da liegt der Riemen schon wie von
selbst in seiner richtigen Position! Da brauchte ich die Axt ja gar
nicht mehr, die ich zwischenzeitlich schon aus dem Keller geholt hatte!
   

Aber es läuft jetzt, dank des schönen Synchronmotors und für den
Wiedergabebetrieb nicht vorhanderer Reib- oder Zwischenrollen fast
geräuschlos. Ein großer Pluspunkt beim TK 600.
   


Gereinigt, zusammengebaut, Ton ab!
   

Fertig! Nur noch etwas säubern.
   

Klingt nicht schlecht, der Specht. Typischer bassbetonter Grundigklang aus den
eingebauten Lautsprechern. Gut für 70er Jahre Schweinemusik in der
Schrankwand oder um sich mit einem Riesenkopfhörer das Hirn rauszublasen
wie der Mann in der zeitgenössischen Werbung "Das Topmodell".

Richtiger Mist ist für mich der Summenregler für Aufnahme, so ein Quatsch! Wozu
dann zwei Aussteuerungsinstrumente? Wahrscheinlich waren die nur zum
Schönfinden oder Angeben gedacht, der Grundiguser sollte damals gar
nicht von Hand aussteuern, sondern sich am besten noch der Automatik
bedienen um mit dem TK 600 ausgeliehene Schallplatten abzuklauen oder
aus dem Radio das Schlagerkarussell aufzunehmen.
Aus dem Grunde braucht die Uher RdL im Hintergrund auch keine Angst zu haben, dass ihr
Besitzer ihr untreu wird und ihr das TK 600 vorzieht.

Dennoch finde ich das Gerät nicht schlecht, sieht nett aus, klingt gut und spielt ohne große Laufgeräusche.
Der Antrieb ist jedoch verschleißanfällig und der Bandpfad sehr verschlungen, mit vielen Messingstiftchen gespickt, die allzu früh
abnutzen.
Dann noch das obligatorische beflockte Andruckband, ein Dreckfänger.
Ach so, bevor sich jemand über "klingt gut" aufregt: Rein subjektives
Empfinden meinerseits, ohne Beleg messtechnischer Ergebnisse.
Für meine kleine Grundigsammlung jedenfalls ein schönes Bonbon, das 600.


Gruß
Peter S.
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Nachrichten in diesem Thema
Schweres Blech im Holzmantel: Grundig TK 600 - von PSMS - 15.11.2014, 10:41
[Kein Betreff] - von frank1391 - 15.11.2014, 14:25
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