Uherosaurus Rex
#21
Hallo!



Ich hole diesen thread aus der Versenkung, weil ich in Sachen Stereo Record III

seit Kurzem selbst involviert bin. Hier mein Bericht (Teil 1):



Auferstanden aus einer Ruine - ein,  in den letzten Jahrzehnten nicht gerade gut

behandeter UHERosaurus-Rex, alias UHER Stereo Record III. Das Flaggschiff der

UHER-Tonbandgeräte Ende der 50er Jahre.



Dank der Aufmerksamkeit von Bernd B., der mich auf das SRIII ganz in meiner

Nähe aufmerksam gemacht hat. So wies es die Kleinanzeige eines Auktionshaus-

ablegers aus.



Aus trifitigen Gründen meide ich diese Seiten, da tun es Andere für mich. Bin

hin und her gerissen, ob ich dankbar oder "Schlimmeres" sein soll. in diesem Fall

habe ich mich für Ersteres entschieden.



Auch wenn das SRIII zum Teil in einem schlechten Zustand war. Ich hätt´s ja nicht

erwerben müssen.



Bestandsaufnahme:

Äußerlicher Zustand -> wie aus einem alten Schuppen, ganz unten hinten, wo sich

später der Humus aus dem Eingelagerten bildet.




Deckel ab (die Scharniere sind immerhin intakt) und geschaut, ob sich dort in grauer

Urzeit eingenistetes Getier mumifiziert hat. Nein, außer zwei Spulen mit Band und

dem Netzkabel ist da nichts.



NICHTS???????  Doch, doch ,  doch! Einer der Vorbesitzer hat doch tatsächlich die

Frontplatte mit einem dicken Metall-Knebelschalter verschönert verhunzt. Was

für ein Frevel! Und diese in mattgold schimmernde Metallabdeckung - orginal ist

das bestimmt nicht. Dass alle Abdeckungen, Knöpfe, Tasten und Unterlegfolien

vorhanden, und größtenteil OK sind, ging im Frust vorerst etwas unter.



Angefressen, habe ich das SRIII auf die harte Tour unter Spannung gesetzt. Den

Knebelschalter ungelegt - und es rührt sich etwas im Inneren. Kein Scheppern,

aber die akustischen Signale des Reibrades (rumpel, rumpel, rumpel ...). Die

Röhren-Doppelanzeige erstrahlt hell und  abgegrenzt. Erster positiver

Befund. Mutig die Wiedergabetaste gedrückt - nichts bewegt sich. Damit hatte

ich gerechnet. Das aufliegende Band per Hand durchgezogen, um den Kombi-

kopf und den Verstärkerteil zu testen. Der Kombikopf ist OK. Alle Spuren werden

wiedergegeben. Der Verstärker begnügt sich im Stereo-Modus allerdings mit  nur

einer einwandfreien Kanalwiedegabe. Der andere Kanal schräbelt und ist mächtig

heiser. Da besteht später noch Handliungsbedarf.



Warum es bis hierher keine Bilder zu sehen gibt, liegt einfach daran, daß ich im
Überschwang meines Forscherdrangs einfach vergessen habe, die Kamera zu

zü zücken. Erst nachdem die Demontage schon fortgeschritten war, dachte ich

an die Bilddokumentation - sorry.



Zuerst gilt es aber die völlig verbogene und teilweise zerbröselte Mechanik, die

sich der Abdeckplatte lauerte, auszubauen und instand zu setzen.



Ach Herrjeh! Was für ein Trauerspiel. Zwei Geschwindigkeiten ließen sich, auch

mit (etwas)Gewalt, nicht einlegen. Dafür zerlegte sich dabei der Einschaltknopf.

Na toll!  Jetzt reicht es mir. Alles muß raus - aus dem verpekten Gehäuse. Dabei

haben mir Peters Bericht und seine gemailten Tipps sehr geholfen. Beim Ausbau

zerfielen die LS-Abdeckungen aus dünnem Schaumstoff zu Staub. Die freie Sicht

auf die nackigen LS verschonte mich mit weiteren unliebsamen Überraschungen.

Keine "Motten-"Löcher in den beiden LS. Endlich wieder etwas Positives zu ver-

melden.



Ach ja, eine (eigentlich zwei) heftige negative Überraschung ergab sich, als ich die

beiden Spulen entfernte. Wo sich einst zwei Dreizack um die Spulen kümmerten,

waren davon nur nackige Stümpfe übrig. Was ist da passiert? Sieht abgekaut aus...

Woher jetzt Ersatz dafür bekommen? Die UHER 7xx/SRx-Geräte werden nur noch

selten angeboten. Aber, bei so ziemlich hoffnungslosen Fällen, da gibt es ja noch

die "süddeutsche Geheimwaffe". Meinen Tonband-Freund Bernd, den Mann mit

den begnadeten Händen (und den nötigen Maschinen). Auf meine vorsichtige An-

frage, kommt ohne zu Zögern seine Zusage, mir zu helfen. Die desolaten Teile,

inklusive der Bandteller-Unterteile, zuschicken. So wird´s flugs gemacht. Viel eher,

als gedacht, kommt ein Päckchen retour. Drinnen Nachfertigungen, die für die Ewig-

keit geschaffen wurden. Solide matt schimmernde und präzise Metall-Dreizack-

teller. Was für eine tolle handwerkliche Arbeit! Dafür konnte und kann ich Bernd

(Besoe) gar nicht genug danken.



   



   



   



   



Das beflügelte meinen Tatendrang, mich um die desolate Gangschaltung zu küm-

mern, enorm. Jetzt gilt´s - so mein Gedanke.



Jäh eingebremst wurde ich allerdings, als ich die Einheit (mit Entzerrerplatine)

aus dem Chassis gefummelt hatte. Völlig verbogenen Metallteile und sich in Auf-

lösung befindlicher Kunststoff. Wie diese Einheit funktionsfähig aussieht, dafür

hatte ich leider kein Vorbild.



   



   



   



Fortsetzung folgt sogleich (wegen der Limitierung von Bildern pro Beitrag muß

ich den Bericht aufteilen)



Gruß

Wolfgang


Teil 2:



Wie auf mich gewartet, tauche in der Bucht ein "734-Schlachtschiff" auf. Ein 4-Spur

Mono-Röhrenkoffer. Ebenfalls mit 3 Bandgeschwindigkeiten und gleicher Antriebs-

einheit. Das hatte ich bei meiner Recherche nach Ersatzteilen schon herausbekommen.



Das sämtlich Knöpfe fehlten, speilte keine Rolle. Wichtig war nur, daß die "inneren

Werte" vorhanden sind. Und das war dann auch der Fall. So konnte ich meine defekte

Einheit einfach austauschen. Dachte sich "Klein Fritzchen"! Natürlich nicht. Denn, 1.

war der Kunststoffschieber noch stärker zerfallen, und 2. war die Entzerrerplatine

ganz anders bestückt. Daß sie im Innenleben auch gravierende Unterschiede zu der

SRII-Platine aufweist, darauf stieß ich erst bei der Zerlegung der beiden Platinen.

Aber, die Mechanik, inklusive des angeflanschten Netzschalters, ließ sich butter-

weich bewegen. Endlich ein weiterer Lichtblick.



Warum die Nocken der Kunststoffschieber in beiden Fällen defekt waren, liegt

in der abenteuerlichen Verbindung von eckigem Kunststoff und der runden

Metallstange der Ge-schwindigkeitskulisse. Das kann nicht 60 Jahre funktionieren!



   



   



   



   



   



   



   



Im ersten Schritt habe ich den zerbröselnden Nocken auf dem Unterteil verklebt.

Der nächste Schritt war die Rekonstruktion des rudimentären Nocken durch 2-K

Knetmasse. Nach dem Aushärten habe ich die Urform mittels Schlüsselfeilen

wieder hergestellt. Schritt 3 war das Ermitteln der Eingriffsposition von der Metall-

stange. Dann sägte ich mir 2 Stückchen Messingwinkel zurecht, die die Verbindung

zur Metallstange herstellen. Habe dazu mittels Dremel und Fräsern (kam mir vor

wie ein Zahntechniker) die Vertiefungen aus dem Nocken gearbeitet, um die Win-

kelstückchen bündig einkleben zu können. Die Funktionsprobe war erfolgreich.



   



   



   



   



   



   




Jetzt mußte "nur noch" die Entzerrereinheit wieder zusammengebaut und mit der

Geschwindigkeitskulisse verheiratet werden. "Warum einfach, wenn es auch kompli-

ziert geht" - daß muß das Motto der UHER-Konstrukteure gewesen sein, als sie die

Entzerrereinheit entworfen haben. Alles kleine, zum Teil lose, und filigrane Bau-


teile. Mit einem simplen Platzhalter und der nötigen Portion Fingerspitzengefühl

gelang mir der Zusammenbau. Wäscheklammern ersetzten zwei zusätzliche Hände,

die sonst nötig gewesen wären, um die Blechlaschen, die alles zusammenhalten,

umzubiegen. Platine und Kulisse zusammenzufügen, war dann ein Kinderspiel.



Damit die Funktion dauerhaft gelingt, muß Metall in Metall greifen.


   



Fortsetzung folgt...




Teil 3 (Ende):



Zwischenzeitlich habe ich noch beide Reibräder (auch das Reibrad der 734 hatte

eine Delle) moderat heruntergeschliffen,  bis die  Dellen egalisiert waren. Das

war nur möglich,  weil diese Reibräder mur einen kleinen Metallkern haben,

auf den viel Gummi aufvulkanisiert ist. Das wurde bei den Nachfolgemodellen

784/RdL/SG5xx leider zum Nachteil verändert.



Beide Antriebsriemen waren natürlich arg geweitet. Der kurze, linke Riemen

ließ sich leicht durch einen passenden Präzisions-O-Ring ersetzen. Für den

rechten, längeren Riemen hätte ich die Kopfbrücke und noch viel mehr demon-
tieren müssen. Bloß das nicht!!!



Da hat mir ein Tipp von Peter (PSMS) mir diesen Haufen Arbeit zu ersparen. Frei nach

dem Motto: "Ist der Antriebsriemen zu lang, wird eben die Umlaufstrecke ver-

längert." Die SRIII hat dafür sogar einen passenden Fixpunkt, um den der Riemen

dann zusätzlich läuft. So hat es Peter bei seiner o. a. SRIII realisiert. Wie sein

gemailtes Video mir demonstrierte.



Auf der Suche nach einer Umlenkrolle, erinnerte ich mich an Kleinst-Kugellager
nebst Aufnahmedorn, die ich einmal bei Pollin mitgekauft hatte (ohne damals

eine Verwendung dafür zu haben). Nach kurzer Suche tatsächlich gefunden,

genau das Richtige für die Riemenumlenkung. Einzig der starre Umlenkpunkt,

der zu nah am Chassis sitzt, gefiel mir nicht. Und warum starr? Flexibel ist alle

Mal besser. Ein 10mm AMP-Masseanschluß aus meinem Auto-Elektriksortiment

soll´s sein. Der hat schon die passende Bohrung für den Drehpunkt (Faulheit

siegt!). Nur noch das 3mm-Gewinde-Loch rein, den Stehbolzen mit den beiden

Kugellagern reinschrauben und von unten kontern - fertig ist die Hilfskonstruktion.

Zwei Kugellager, die so weit auf Distanz montiert wurden, daß der Riemen wie in


einer Rille darin geführt wird. Ein Abspringen wird dadurch verhindert. Über die

mögliche Ausschwenkung habe ich den Riemen so gestrafft, daß der Kraftschluß

an Bandteller und Schwungmasse dem eines neuen Riemens entspricht.



   



   



   



Der Einbau und Ersatz der zerbröselten LS-Abdeckungen waren dann nur  noch

Formsache.



Das Loch in der Abdeckplatte habe ich mit einer Kunststoffkappe eines Variocord

(verschließt sonst das Loch, wo eine optionale Aussteuerungs-Automatik fehlt)

verschlossen. Das und die abweichende "Mattgold-Lackierung" bleibt erst einmal

so. Gehört zur Historie dieser SRIII. Jederzeit kann durch die fast identische Or-

ginalplatte der 734 quasi der Auslieferungszustand wieder hergestellt werden.

Dazu muß nur links ein Ausbruch für den linken Kanal-Umschalter geschaffen werden.



   



   



   



Die Elektrik habe ich bis dato nur gesäubert, aber kein Bauteil ersetzt.



   



   



   



Seine Mono-Klangqualitäten durfte das SRIII vor der Auslagerung in´s Museum

durch Abspielen einiger 4-Spur Mono-Bänder (19cm/s) unter Beweis stellen.

Die Aufnahmefunktion habe ich nur testweise ausprobiert, um festzustellen

ob sie gegeben ist. Sie ist es, im Rahmen ihrer unrevidierten Elektrik.

Der fehlerhafte Stereo-Kanal wird erst repariert, wenn das SRIII im Museum

in eine Ausstellung über UHER Röhren-Bandgeräte kommt.



Jetzt warten andere Baustellen, wie ein 734 aus Erstbesitz, ein Beocord 2000

und ein Saja M40,, auf ihre Aufarbeitung...



Gruß



Wolfgang





PS.:


Die SN meiner SRIII

   



...und alle o. a. "Baustellen" sind erledigt...



Ich geb´s auf! Warum erneut die vielen Leerzeilen auftauchen, obwohl ich

sie jetzt schon 2x versucht habe zu eliminieren, ist mir rätselhaft...
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Uherosaurus Rex - von PSMS - 19.01.2014, 18:46
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