Vorstellung DC-INTERNATIONAL
#1
Hallo Freunde der sich drehenden Spulen,

ich möchte euch gerne ein wenig bekanntes Kassetten–System und ein dazugehöriges Auto-Abspielgerät vorstellen.

[Bild: DC.1.JPG]
DC.1
Das Kassetten-Tonband-System

DC-INTERNATIONAL



Über dieses System ist nicht sehr viel bekannt. Aus den Quellen

http://www.grundig.de/index.php?id=514
http://www.drm-berlin.de/technikgeschich...haft2.html

lässt sich folgendes zusammenfassen:

Im Jahr 1965 brachten die Firmen Blaupunkt und Grundig ein alternatives Kassetten-Tonband-System, das DC-INTERNATIONAL, auf den Markt.


Dieses Kassetten-System soll im Folgenden zusammen mit dem Auto-Abspielgerät von Blaupunkt ??? vorgestellt werden:

[Bild: DC.2a.JPG]
DC.2
Die Kassette, hier zum Vergleich mit einer „Philips Compakt-Cassette“ abgebildet, maß (und mißt noch heute) 12cm Länge, 7,7cm Breite, und 1,2cm Höhe.

Auf ihrer Vorderseite hat sie Durchbrüche für den Ton- und Löschkopf, sowie die Tonwelle und die Andruckrolle. Wie bei der „Philips"-Cassette erfolgt der Andruck des Magnetbandes durch eine Blattfeder und ein Andruckfilzklötzchen innerhalb der Kassette. Der Andruckfilz wie auch die Blattfeder sind Bestandteil der Kassette. Die Präzision dieses heiklen Vorganges wird also von der Kassette und nicht vom Bandgerät bestimmt!

Die hintere Seite dieser Kassette ist durch eine in der Länge gewölbte dunkelgraue Kunststoffleiste völlig geschlossen. Mit dieser grauen Rückseite erinnert die Kassette an einen Taschenkalender. Hätte man mehrere Kassetten dieses Formates, ließe sich durch Aneinanderreihen eine kleine Hörbibliothek aufbauen, -- aber wer hat schon gleich mehrere dieser sehr seltenen Kassetten :-( Auf der Rückseite befinden sich nicht wie bei der Compakt-Cassette Durchbrüche, die ein versehentliches Löschen der Bandaufnahme verhindern. Auf der Vorderseite hingegen gibt es hingegen zwei weitere, relativ kleine Öffnungen, die evtl. als Löschsperre vorgesehen waren.

[Bild: DC.3.JPG]
DC.3
An den Kassettenführungsschienen der Kassette befinden sich je zwei halbkreisförmige Aussparungen, in die beim Einlegen der Kassette in ein Abspielgerät je ein federbelastetes Gegenstück eingreift, und so die Kassette (sehr) sicher hält.
[Bild: DC.4.JPG]
DC.4
Wie von der Compakt-Cassette bekannt, kann durch zwei Fensterchen auf der Ober- wie auf der Unterseite der Kassette abgeschätzt werden, wieviel Bandlänge für die Aufnahme oder Wiedergabe zur Verfügung steht.

In der Kassette befindet sich ein Magnetband mit einer Breite von ca. 3,75mm und damit wie bei der Compakt-Cassette genau der Hälfte eines 1/4"-Bandes wie es im Heim-Tonband-Bereich lange Standard ist.
Die Bandgeschwindigkeit beträgt gemessene 5,1cm/s und weicht damit von der Geschwindigkeit der Compakt-Cassette mit 4,75cm/s deutlich ab.
Die Bandlänge der vorhandenen DC-Kassette reicht für eine Aufnahme- / Wiedergabedauer von 90 Minuten



Das
Blaupunkt Kassetten-Abspielgerät


[Bild: DC.5.JPG]
DC.5

[Bild: DC.6.JPG]
DC.6

Dieses reine Abspielgerät für ein Kraftfahrzeug macht einen sehr wertigen und zeitlos eleganten Eindruck.
[Bild: DC.7.JPG]
DC.7

[Bild: DC.8.JPG]
DC.8
Die leicht trapezförmige Gerätefront besteht aus verchromten, massivem (Zink?) Druckguß. Dieser Frontrahmen allein wiegt etwa 200! Gramm.
An dieser Frontseite befindet sich über dem B L A U P U N K T - Schriftzug der Kassettenschacht, sowie darunter lediglich zwei gewaltig wirkende Druck„knöpfe" und eine rote Betriebsanzeige.
[Bild: DC.9.JPG]
DC.9
Auf der linken Geräteseite befindet sich dieser interessante Aufdruck:
[Bild: DC.10b.JPG]

[Bild: DC.10.JPG]
DC.10
In den kleinen Aussparungen sind zwei kleine Pertinax-Schieber zugänglich.

DC.10
Durch bloßes Drehen um 180 Grad kann die Gehäusepolung sowie die Betriebsspannung geändert werden. Ein tolles Detail für die in den 60er Jahren noch reichlich herumfahrenden 6Volt Fahrzeuglichtanlagen. Selbst in einem englischen MG oder Spitfire mit positiver Fahrzeugmasse lies sich dieses Kassettengerät integrieren.

[Bild: DC.11.JPG]
DC.11
Nett anzusehen: Germanium Leistungstransistoren in „Beinkleidern“ für die elektronische Drehzahlregelung

[Bild: DC.12.JPG]
DC.12
Grobschlächtig wirkende, frühe Leiterbahnen, ordentlich verzinnt wirkt es Haarrissen durch Fahrzeugvibrationen entgegen.

Zwei Dinge galt es aber zu beachten:
Erstens benötigte man im ausersehenen Fahrzeug einen geeigneten Ort zur Montage dieses immerhin . . . Gramm wiegende Teilchens.
Zweitens musste ein Radio vorhanden sein, welches mit einem speziellen Anschlußkabel bereit war, der DC-International-Kassette wieder und immer wieder! Gehör zu verschaffen.
Was uns heute schon wieder antiquiert vorkommen mag, im Auto Kassetten abspielen zu können, war in den 60er Jahren ein absolutes Novum!

Auch einem besonderem Umstand, der mit dem Betrieb eines Kleintonbandgerätes in einem Kraftfahrzeug verbunden ist, haben die „Blaumänner" Rechnung getragen: Den Fahrzeugvibrationen.

DC.13
Ihnen begegneten sie mit einer elastischen „Aufhängung" des Gerätes über so genannte „Schwinggummis" oder Silentblöcke. Die gesamte Gerätemasse wurde von 4 dieser Gummiblöcke gehalten. Eine Stabilisierung gegen Taumelbewegungen wie bei der Uher Report durch gegensinnig drehende Massen war nicht verwirklicht.


[Bild: DC.14.JPG]
DC.14
Der 1/2-Spur Wiedergabekopf wirkt sehr grobschlächtig.

[Bild: DC.15.JPG]
DC.15
Interessantes Detail: Eine rechte Spulspindel gibt es nicht! Weil es keine Spulmöglichkeit gibt, befindet sich an Stelle der Spulspindel ein etwa gleichgroßer messingfarbener Kegelstumpf.


Zur Praxis:

1. Die zuvor bespielte Kassette wird mit der Breitseite, die Öffnungen voran in den Kassettenschacht eingeführt. Dieses gelingt sehr leicht und man spürt deutlich das Einrasten der Haltefedern und registriert eindeutig die korrekte Position der Kassette im Gerät. Der Kassettenschacht ist auf diese Weise optisch durch die eingelegte Kassette verschlossen, eine Verschlussklappe, wie bei heutigen Compakt-Cassetten-Geräten gewohnt, gibt es nicht.
Die Kassette befindet sich nun in ihrer Abspielposition.
[Bild: DC.16.JPG]
DC.16
2. Durch Drücken der breiten I/O Taste werden der Wickeldorn und die Tonwelle von unten, und die Andruckrolle von vorn in die Kassette eingeführt.
Da die Kassette nach dem Einschieben bereits Band-/Kopfkontakt hat, beginnt sogleich die Wiedergabe.

3. Durch abermaliges Drücken der I/O Taste wird die Wiedergabe gestoppt. Die Kassette bleibt dabei im Geräteschacht. Durch abermaliges Betätigen der I/O Taste beginnt erneut die Wiedergabe.

4. Nur wenn zuvor der Abspielvorgang unterbrochen wurde, kann durch Betätigen der linken Taste mit dem Tonbandsymbol die Kassette ausgeworfen werden.


Begrenztes Repetoir

Einer leider nicht vorliegenden Liste von Polydor gab es etwa 28 bespielte Kassetten im Angebot. Wer darüber hinaus gehende Wünsche hatte, musste sich selbst versorgen. Dazu bedurfte es eines zweiten (stationären) Gerätes, mit dem der Musikliebhaber auch seine Wunschtitel selbst zusammenstellen konnte.
Doch auch hier waren die Möglichkeiten durch die praktisch nicht vorhandene Auswahl an Recordern sehr begrenzt.


Resume:

Was bleibt ist die Frage, warum die DC-Kassette 2 Jahre nach Einführung der Compact-Cassette auf den Markt gebracht wurde.

Gab es vielleicht in der ersten Zeit der Einführung der Compact-Cassette eine auf 2x30 Min begrenzte Aufnahmekapazität, so dass die DC-Kassette im größeren Gehäuse mit 2x45 Min punkten konnte?

Warum gingen Grundig und Philips nicht zusammen? Oder haben sie sich getrennt?

Wollten die zwei größten Tonbandgeräte-Hersteller den Markt unter sich aufteilen?

War zu dieser Zeit überhaupt bereits absehbar, dass die Compakt Cassette das Rennen machen würde?

Wie auch immer, nach etwa 2 Jahren war Schluß und die DC-Kassette ist nur noch ein Thema für einige wenige unverbesserliche Enthusiasten
in einem uns wohl bekannten BANDMASCHINEN-FORUM.
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