Zwergentest...
#10
Moin, moin,

da ich die letzte Nacht mit Musikhören verbracht hatte, war ich heute etwas früher als gewöhnlich auf dem Flohmarkt. Dabei ist mir zwei Brüllwürfel in die Hände gefallen, die ganz gut in diesen Vergleich zu passen schienen.
Jetzt kaufe ich schon Boxen, die ich eigentlich sowieso nicht haben / hören will, nur um Euch zu berichten, daß dem so ist...

Eines der letzten eigenen Produkte der Hannoveraner Telefunken in Sachen Lautsprecher war die im Jahre 1978 auf dem Festival du Son in Paris vorgestellte Serie TLX Professional. Konstruktiv zeichnete sich sie durch die Magnetofluid-Technologie im Hoch- und Mitteltonbereich und die Verwendung von Kalotten-Hochtönern in Aluminium-Sandwich Bauweise aus. Darüberhinaus waren die TLX mit Hochton-Pegelsteller, LED-Überlastungsanzeige und Sensistor-Schutzschaltung ausgestattet.
Sie repräsentierten den Versuch der Telefunken, ihr Image zu verändern: Ende der Siebziger Jahre versuchte der Hersteller eher biederer Receiver zur Marke für moderne HiFi-Technologie zu mutieren, was jedoch nur teilweise gelang. Die TLX-Boxen sollten diese Ambition nicht nur durch innovative Technik, sondern auch durch modernes Design im „professional Look“ unterstreichen. Die Front besteht aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Sie ist zweigeteilt: In eine „Kalotteneinheit“ für Hoch-, Mitteltöner und Elektronik und in einen Träger für das Tiefton-Chassis, das nur vierfach mit dem Gehäuse verschraubt ist, was ich nicht eben für ein passendes Umfeld für innovative Technologie halte, weil ich (nicht nur) den Eindruck habe, diese Träger könnten sich verziehen. Die Chassis besitzen jeweils eigene Metallgitter-Abdeckungen; optional konnte ein Frontbespannungsrahmen erworben werden.

Magnetofluid-Technik meint, daß die Schwingspule in einer mit Ferrit-Partikeln gesättigten Flüssigkeit (Ferrofluid, http://www.uni-saarland.de/fak7/hartmann...fluide.php), anstatt in Luft schwingt. Die Ferrit-Partikel – heute läuft so etwas unter Nano-Technologie - haben eine bessere magnetische Leitfähigkeit als Luft, die Flüssigkeit würde darüberhinaus für eine Optimierung der Wärme-Ableitung von der Spule sorgen, was die Gefahr thermischer Gegenkopplung vermindert. Die Bewegung der Spule würde durch ihr Bad gegen unerwünschte Taumelbewegungen bedämpft, Eigenresonanzen verringert und ein Kalotten-System könnte durch die Verbesserung ihres Wirkungsgrades zudem tiefere Frequenzbereiche reproduzieren, als bei belüfteten Systemen.
http://telefunken.pytalhost.eu/1978/telefunken78-24.jpg
Ein Effekt dieser Technologie sei ein geradezu idealer Frequenzverlauf der Chassis.
Allerdings war Telefunken nicht der einzige Hersteller, der sich der Ferrofluide in der Chassis-Herstellung bediente. Es scheint, die Mitbewerber haben das Konzept lediglich nicht so laut beworben. Zudem scheinen die Flüssigkeits-gelagerten Spulen auch einen Nachteil zu besitzen: Es gibt offensichtlich Chassis, bei denen die Ferrofluide „eindicken“. Keine Ahnung, ob die Ferrit-Partikel verklumpen oder das Fluid dehydriert. Die Konsequenz ist jedenfalls eine Erhöhung des mechanischen Wiederstandes des Fluides. Eine Box mit Ferrofluid-Hochtöner würde daher unter Verlust hoher Töne leiden. Dieter Fricke räumt diese Gefahr zum Beispiel für seine LQL80 ein.
Interessant also die Frage, ob das auch den Telefunken passiert!

Die HiFi-Stereophonie hat die Box im Jahre 1979 getestet. Man kam zu dem Ergebnis, die Telefunken TLX-1 professional (HiFi Jahrbuch 9 S.10-354, HiFi Stereophonie JB 80/81) klänge „etwas eng und gedeckt“ und im Grundtonbereich „zur Fülle neigend“ Die untere, noch hörbar abgestrahlte Grenzfrequenz hätte bei 40 Hz gelegen. Bei 70 Hz wäre ein Pegel von 84dB noch sauber abgestrahlt worden. Die durch Zenerdioden fixierte Ansprechschwelle der LED-Übersteuerungsanzeige habe bei einem Pegel von 100dB gelegen, was die TLX1 zu einer „hochbelastbaren“ Box mache.
Die Messungen scheinen darüberhinaus bestätigt zu haben, daß der Pegelregler für den Hochtonbereich zwischen 2000 und 20000 Hz mit +/- 3dB zu wirken scheint.

Ob man das Design der Telefunken wirklich als „professional“ bezeichnen will, das muß jeder selber wissen. Zumindest waren die Hannoveraner mit Ihrem Stil nicht allein und blieben verhältnismäßig dezent; es hat seit dem deutlich Geschmackloseres gegeben.
Die Gehäuseform erinnert leicht an die GLE-Serie von Canton. Leider ist die Folierung der Telefunken – zumindest aus heutiger Sicht – deutlich schlechter gelungen als die Oberfläche der Schwarzwälder. Doch macht das Gehäuse insgesamt einen sehr massiven Eindruck.

Die Heco SM 630 ist älter. Um 1974 dürfte sie auf dem Markt gewesen sein (HiFi JB 7 S.570, HiFi Report 74/75) und hatte zumindest im HiFi Jahrbuch 8 von 1976 bereits einen Nachfolger gefunden.
Die Heco gehört zu der Kategorie der Flachboxen, die generell keinen guten Leumund genießen, weil das flache Gehäuse eigentlich nicht nur eine vernünftige Dämpfung oder Ableitung der Reflexionen im Gehäuse verhindert. Die reflektierten Wellen treten schneller und massiver durch die Membran aus, als bei tieferen Boxen. Dafür läßt sich die Heco platzsparend an die Wand hängen.

Marke: Telefunken / Heco
Modell: TLX-1 professional / SM 630
Bauzeit: 1978-80 / ca. 1974
Bauart: geschlossen / geschlossen
Wege: 2 / 2
HT (Membran/Spule): Kalotte 25/25mm / Kalotte 25
TT (Membran/Spule): Langhuber 180/25mm / 175mm
Induktion/Magn. Fluß: HT 1791mT/434µWb, TT 1150mT/563µWb
Übergangsfrequenz: 1.500 Hz / 1.800 Hz
Sinus-Leistung: 50 Watt / 25 Watt
Musikleistung: 75 Watt / 35 Watt
Impedanz: 4 Ohm / 4 Ohm
Frequenzbereich: 40-25.000 Hz / 45-25.000 Hz
Baßeigenresonanz: 85 Hz / 90 Hz
Anschluß: DIN Kabel / DIN-Buchse
Brutto-Volumen: 16l / 12,4l
Maße: 230x357x196 mm / 275x450x100 mm
Gewicht: 6 kg / 6 kg
Neupreis: DM 308,00 (1979) / ca. DM 200

[Bild: Zwergengruppe_3k.JPG]

Für meine kleine Test-Fortsetzung habe ich auf die gleichen Geräte und CDs, dazu zum Vergleich auf die Kücke und Canton zurückgegriffen, die beim ersten Durchgang die besten Ergebnisse erzielt hatten.

Ich erwartete von der Telefunken ähnliche Leistungen wie von den beiden Referenzen, von der Heco hingegen eigentlich kaum etwas. Zudem sich bei einem der Chassis scheinbar die Sicken aufzulösen beginnen.

Die Realität sah etwas anders aus. Trotz ihrer Einschränkung spielte die Heco überraschend frei auf. Ihr Klangbild ist recht hell und wenig voluminös. Bässe hat sie keine, ebenso spielt sie kaum tiefe Töne, präsentiert aber ein recht stimmiges Klangbild, liegt – wenn den ein Vergleich aus dem Gedächtnis erlaubt ist – vor der Eltax LX-70 und auch noch vor der Elac LK25. Ihr Metier ist natürlich eher die Hintergrund-Musik als ein Solo.

Die Telefunken präsentierte sich hingegen indifferent. Auf den ersten Hör ähnelt sie der Canton mehr als der Kücke, ohne allerdings die Breite des Vortrages der Canton zu versuchen. Allerdings klingt sie auch noch nach einer Stunde und bei unterschiedlichem Material hallig und hohl. Habt Ihr schon einmal in eine Gitarre hinein gesungen? Nicht zuletzt daher dürfte ihr auch das Auflösungsvermögen der Canton fehlen. Die oberen Mitten beziehungsweise unteren Höhen schaukeln sich bohrend auf, die Stimme von Amy Lee von der Korn unplugged CD klingt nervig.
Überraschenderweise spielt die Telefunken bei klassischer Musik deutlich überzeugender auf. Zumindest solange sie keine angehaltenen Töne reproduzieren muß. Hier deutet sie an, daß sie ein größeres Frequenzspektrum gekonnt hätte, wenn ihre Entwickler sie gelassen hätten. So wie ich sie hören mußte, scheint sie jedenfalls zur Wiedergabe von Stimmen fast noch weniger geeigent, als die Transonic, die deutlich heller, aber dafür differenzierter spielt.

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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[Kein Betreff] - von Matthias M - 26.07.2008, 02:32
[Kein Betreff] - von revoxidiert + - 26.07.2008, 03:12
[Kein Betreff] - von Matze - 26.07.2008, 06:55
[Kein Betreff] - von outis - 26.07.2008, 10:48
[Kein Betreff] - von PeZett - 26.07.2008, 11:25
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[Kein Betreff] - von Matthias M - 28.07.2008, 01:03

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