Welche Bandgeschwindigkeit bei der Aufnahme
#20
Zitat:Frank postete
Bei Grundtönen ist da schon nicht viel oberhalb von 15 kHz, und die Obertöne sind, wenn überhaupt, mit sehr geringem Pegel vorhanden. Zudem spiegeln die Herstellerangaben nicht immer die wirklichen Verhältnisse wieder. Wenn man nicht grade ein Konzert für 4 Hundpfeifen und Ultraschallgerät aufzeichnen möchte, braucht man keine 30 kHz. Wobei es nicht viele Mikrofone gibt, die das noch aufnehmen können...
An Grundtönen ist da, lieber Frank, tatsächlich nicht mehr viel, nämlich gar nichts, da es sich mit ihnen nämlich schon sehr viel eher aufhört. So bildete c³ nicht nur über Jahrhunderte die Klaviaturgrenze vieler Tasteninstrumente, sondern markierte auch den Ort, den eine Sängerin notfalls, ein Bläser (Trompeter), ja auch ein Geiger in der Hofkapelle Jean-Baptiste Lullys so gerade noch ohne Stirnrunzeln erreichen wollten.

In der Regulärlage (der Instrumentenbauer spricht von der Äqual- oder orgelbauermäßig von 8-Fuß-Lage) drückt sich der Ton c³ bei einem Stimmton von 440 Hz für a1 um 1050 Hz herum. Hotteterre, der dem Vernehmen nach nicht ganz daneben Flöte spielte (, baute und für sein Instrument auch glänzend komponierte), kämpfte sein Lebtag darum, den französischen Opern-Stimmton seiner Zeit auf 370 Hz (!) für a1 abzusenken, womit c³ auf etwa 880 Hz gefallen wäre. Die Orgelbauer definierten bis weit ins 19. Jahrhundert hinein eine Pfeifenlänge von 1/8', die etwa 4 kHz entspräche, aus handwerklichen und akustischen Gründen gleichermaßen als "Baugrenze". So hoch endende Register jedoch werden vom Musiker schon längst nicht mehr in der klingenden Tonhöhe musikalisch genützt, sondern nurmehr als Klangfarben, also als 'diskrete' Realisationen von Partialtönen eingesetzt. Erreicht eine Pfeifenreihe jene "Baugrenze", repetiert sie traditionell, springt also eine Oktave abwärts, in baulich und klanglich unkritischeres Terrain.

Unter diesen Umständen kann man Geräuschspektren bis zum siebten, achten, ja zehnten Partialton recht differenziert erfassen, das heißt, die Empfindsamkeit für Klangfarben und Mischungsfähigkeitserwartungen bei Ensembleklängen sehr weit treiben. Signale bis 10 kHz sind noch nicht so kurzwellig, dass man sich bezüglich ihrer Übertragbarkeit nur noch auf den reinen Zufall verlassen darf. Darüber hinaus wird es aber sehr schnell sehr viel enger.

Mikrofone, die oberhalb von 20 kHz lebendige Praxis entfalten, gibt es natürlich, jedoch kämpfen sie mit einer Fülle eigener Probleme, die zusätzlich zu den oben angesprochenen akustischen Schwierigkeiten des Hochtonschallfeldes angegangen werden wollen. An sich ist das aber ein aussichtsloser Kampf um nichts und wieder nichts, weil musikalisch ebendort auch klangfarblich nichts mehr geschieht, was der Großteil der Hörer noch hörte.
Fast profan polternd wird man auf diesen Umstand aufmerksam gemacht, wenn man so manche Aufnahme analysiert, die "selbstverständlich" mit Bandbreitenerweiterung bis 50 kHz, so genannten Spitzenwandlern mit höchster Auflösung produziert wurde ("darunter fangen wir gar nicht erst an!"). Dass in solcherart Opera dann nicht weniger als drei (!) verschiedene Monitore im Aufnahmespektrum ihre Trittsiegel um 15 kHz herum hinterließen, wurde aber ohne Bedenken hingenommen. Mir ist unter diesen Voraussetzungen die 'zitierte' Aussage aus dem Booklet nur eines: Peinlich. Aber jedes Kamel benötigt eben sein eigenes Nadelöhr.

Ohne gezielte Fragen nach einem Warum, Wieso, Wofür mit tragfähigen Antworten sind schnell (und heute durchwegs unverstandene) Forderungen aufgestellt, deren Erfüllung man leider zu oft gar nicht kontrollieren kann, weil dazu neben der betriebsnotwendigen Einsicht (Weichware) noch immer (und natürlich bis auf weiteres!) die entsprechenden Wandler -die Lautsprecher nämlich- als Hartware fehlen. Mit Kopfhörern lässt sich zwar oft mehr machen, was dann aber die aufwendig auf die Lautsprecherwiedergabe hingebastelten 'stereofonen Erscheinungsbilder' der Aufnahmen ruiniert. Dass überdies unser Gehörssinn seinerseits schnell und lehrreich 'dicht macht' (der Klirrfaktor des menschlichen Ohres überschreitet beispielsweise im Nu ein Prozent und reicht bis gegen 10 Prozent hinauf), sollte man sich auch immer vor Augen(?, Ohren!) halten, um sich mit dem eigenen, monstranzengleich vorangetragenen Anforderungsspektrum nicht vor sich selbst lächerlich zu machen.

Dieters Frage vom Anfang ist eine der wesentlichen in der professionellen Musikproduktion und -reproduktion, zumal die Engpässe nicht nur hier zu gewärtigen sind.

Hans-Joachim
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