Der K(r)ampf mit dem Rauschen?
#4
Lieber Jochen,

die Aufzeichnungsstörung "Rauschen", die ja naturgegeben sehr breitbandig auftritt, gehört nicht zuletzt deshalb zu den hochinteressanten Problemen/Phänomenen der medialen Übertragung, weil naturgesetzlich vergleichsweise sehr früh Grenzen erreicht werden, auf die wir keinen Einfluss nehmen können. Genauer gesagt: Wir können mit vertret- und realisierbarem Aufwand keinen Einfluss darauf nehmen.

Die fantastischen Zahlen, die da durch die Möglichkeiten der digitalen Technologie durch den Raum geistern, haben ja nichts (oder zumindest nicht viel) mit der Zerlegung und Wandlung eines prinzipbedingt analog auftretenden Schallfeldes in elektrische 'Kenngrößen', sondern viel eher mit einer ins fast Uferlose gesteigerten Verbesserung (produktions)betrieblicher Gerätebedienungseigenschaften zu tun. Man ist beispielsweise bei einem neuzeitlich digitalen Mischpult schlicht außerstande, den Knotenpunkt zu übersteuern. Zur analogen Zeit sah das geringfügig anders aus.

Die obigen engen Grenzen sind aber durch das thermische Rauschen eines Widerstandes gegeben, das die Übertragung analoger Dynamiken begrenzt, bzw. den grundsätzlich nicht zu unterschreitenden Rauschteppich temperaturabhängig definiert. Und analog beginnt es nun mal.

Diese Grenzen sind bei geringen Schalldrücken sehr schnell erreicht, zumal nicht nur ein (1) 'thermisch rauschender' Widerstand die frühe Übertragungskette kennzeichnet, da die eben auch sonst alles andere als 'ideal' ist. Die Grenzen waren schon zur kompanderlosen Analogzeit so früh erreicht, dass der Geräuschspannungsabstand eines hochwertigen Bandgerätes ohne psychoakustische Aufbesserung durch Kompander bei Sprachaufnahmen (1 µbar bzw. 0,1 Pa entsprechend 74 dB SPL sind da schnell unterschritten) besser war, als der des Mikrofonsignales selbst! Man behalf sich dann mit der Maskierung des Nutzsignales durch ein zweites, aufnahmegegenständlich völlig fremdes Signal, das man einmischte und so das Mikrofon- bzw. Mikrofonverstärkerrauschen überdeckte: Die professionelle Tontechnik arbeitet aus Kompromissabwägungen grundsätzlich mit Kondensatormikrofonen.

Unter betrieblich normalen Umständen ereicht man mit einem Einzelmikrofon schon elektrisch selten mehr als 85 dB Fremd- bzw. Geräuschspannungsabstand, wobei der in einem Konzertsaal durch Musiker- und oft ja auch Hörerradau noch einmal deutlich reduziert wird und bereits allerlei an Verstärkerlärm maskiert. Weiterhin nimmt man nicht nur mit einem Mikro, sondern seit der Stereozeit deinen Don Carlos/Don Carlo mit derer ein, zwei, ja drei Dutzend auf, die in ihrer Mehrzahl dann auch immer offen sind. Damit liefert hier auch mancher Verstärker nach überschaubar kalkulierbaren Gesetzen einen charakteristischen, aber unerfreulichen Beitrag zu dem Gesamtsignal, das das ursprüngliche Schallfeld repräsentieren soll.


Bei allgemeinerem Interesse diskutiere ich die hier summarisch skizzierten Engpässe gerne, denn die Hochwertigkeit so mancher historischen Aufzeichnung wird bezüglich des erreichten Geräuschspannungsabstandes nur dadurch erklärbar, dass man die Kenntnisse der Aufnehmenden beschreibt, die sich im Idealfall umsichtig und trickreich an den physikalischen Klippen vorbeimogelten. Mikrofonverstärker sind bezüglich des Restrauschens nämlich nicht so unterschiedlich wie die -namentlich heutigen- Kenntnisse der Nutzer dieser Verstärker.


Übrigens sprichst du. lieber Jochen, oben offenbar ein rein wiedergabeseitiges Korrektursystem an, das zum einen bei hohen qualitativen Ansprüchen zur 'Verbesserung' eines Übertragungskanales nicht in Frage kommen kann, weil Rauschstörungen so breitbandig sind wie das Originalsignal, und keine Information dazu vorliegt, wann nun zu beseitigendes Rauschen und wann unbedingt zu erhaltendes Nutzsignal auftritt. Man schädigt also das Original letztlich immer, wie denn auch die 'Verbesserung' durch Kompandersysteme psychoakustisch arbeitet, also einen Aufzeichnungsfehler durch andere, aber weniger hörbare(!) ersetzt.

Schließlich ist HighCom ein der Aufnahme- und Wiedergabesphäre angehörendes Kompandersystem, weshalb es für deinen obigen Lösungsansatz nicht verwendbar ist.


Hans-Joachim
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