einmessen: ein buch mit sieben siegeln?
#3
Lieber Felsenstern,
lieber Michael,

den Frequenzzähler benötigt man allein in Ausnahmesituationen, dafür kann man aber auf ein Oszilloskop nicht verzichten, weil es für die Kontrolle/Justage der Spaltsenkrechstellung des Wiedergabezuges erforderlich, wenigstens aber sehr hilfreich ist. Dies Gerät muss dann auch einen im Audiobereich für diese Zwecke akzeptablen (also sehr guten) Phasengang zwischen X- und Y-Verstärker besitzen.
Weiterhin sind die Datenblätter der eingesetzten Bänder von Nöten, wenn man von einer -sehr lästigen- Ermittlung der Betriebsdaten des vorgesehenen Bandmateriales absehen möchte.

Beschrieben sind Einmessungen nach der 'offiziellen' Delta-10kHz-Methode in praxi tatsächlich in den Service-Anleitungen, wobei die von Studer (also der professionellen Seite und möglichst vor der Steuerungsdigitalisierung) besonders viel für sich haben. Man vergleiche aber auch die unten angegebenen Internetseiten.

Und wieder kommt meine Empfehlung antiquarischer Grundlagenliteratur:

Friedrich Engel, Schallspeicherung auf Magnetband. Leverkusen 1975 (wohl auch später; AGFA-Bändchen)
Peter van Bommel, Die Entzerrung in der magnetischen Schallaufzeichnung. Leverkusen 1973. (Ebenfalls AGFA-Bändchen.)

Die Durchsicht der Kennlinienscharen z.B. des BASF- bzw. EMTEC-Bestandes zeigt für den Kundigen bereits, worauf eine solche Einmessung hinausläuft, welcherart Probleme sie zu bewältigen und zu umschiffen hat. Sorgfalt und Umsicht sind immer angebracht, ein Schrauben hier und Schrauben da hat zu unterbleiben, man muss wissen, was man tut; dann geht die Einmessung auch sehr schnell von der Hand und kann bei angemessenen Geräten -also auch über Mischpulte ordentlicher Ausstattung [mit Filterabschaltung und anständiger Monitorsektion, Lichtzeigern oder Plasmaanzeigen entsprechenden Dynamikbereiches] + Oszi- tadellos durchgeführt werden.

Über anderthalb Jahrzehnte habe ich meine analogen Bandmaschinen und die DOLBY-A-Prozessoren über mein seit 1997 gestohlenes Studer 269 (mit zwei RTW 1109) eingemessen, egal, wo ich mich befand: Im zugigen Kreuzgang, dem Vorraum einer Toilette, einer staubigen Sakristei oder zu Hause. Die durchgängig erstklassige Qualität der Bezugstöne auf meinen alten Bändern beeindruckt mich noch heute. Derlei 'geht' also, wenn die Geräte in gutem Zustand sind (und nur mit solchen ging ich auf Reisen):

1. Tadellose Einmessung des Wiedergabekanales anhand des Bezugsbandes:
a) Spaltsenkrechtstellung bei 1 kHz, dann 10 kHz
b) Pegeleinstellung gem. mag. Fluss des Magnetbandes und der prinzipiellen Pegelung des Bandgerätes
c) Frequenzgangeinstellung über Frequenzteil/Gleittonteil des Bezugsbandes
d) Pegel- und Frequenzgangkontrolle mit Hilfe des Gleittonteiles des Bezugsbandes. Muss den Spezifikationen des Bandgeräteherstellers entsprechen. Wenn nicht, Wiederholung a)-d).

2. Tadellose Einmessung des Aufnahmekanales bei -20 dB. Ggflls. Tiefpass in den Messleitungen am Ausgang des Wiedergabezuges zur Ausfilterung vagabundierender Hf vorsehen.
a) Kontrolle, Justage des Spaltsenkrechtstellung bei 1 kHz
b) Einstellung der Vormagnetisierung auf Pegelmaximum bei 1 kHz.
c) Kontrolle, Justage der Spaltsenkrechtstellung bei 1 kHz, dann 10 kHz
d) Pegeleinstellung des Aufnahmezuges nach Spezifikation (1 kHz)
e) Einstellung der VM auf Pegelmaximum bei 10 kHz und Erhöhung des VM-Stromes bis der Ausgangspegel gegenüber Maximum um den vom Bandhersteller empfohlenen Wert gefallen ist. (Delta-10-kHz-Methode)
f) Pegel- und Frequenzgangkontrolle mit ca. sechs Festfrequenzen (40, 100, 1 kHz, 10 kHz, 15 kHz, 18 kHz o.ä.) und Einstellung anhand der Spezifikationen des Bandgeräteherstellers. Wer einen pegelstabilen Gleitton aufbieten kann, möge den nützen.
g) Abschließende Kontrolle der Spaltsenkrechtstellung bei 1 kHz, 10 kHz. Sollte dabei nicht alles o.k. sein, arbeitet man die obige Liste ab b) noch einmal durch.

Die Spaltsenkrechtstellungen der Hersteller sind meist nicht optimal (auch auch bei Studer), weil die Kopfträger offenbar auf separaten Werkzeugen, nicht aber im Laufwerk selbst eingerichtet wurden. Hat man die Spalteinstellung aber einmal hin, so ist meist über Jahre keine Korrektur mehr notwendig. Ich spreche hier von professionellen Bandgeräten, nicht von Cassettenrecordern.

Grundlegend steht einstweilen immer noch allerlei bei der Deutschen Welle auf Abruf bereit (, also beizeiten downloaden!):

http://www9.dw-world.de/rtc/infotheque/m...agrec.html
http://www9.dw-world.de/rtc/infotheque/m...dures.html

Das solide Durcharbeiten der technischen Prinzipien und die regelmäßig gewartete betriebliche Verfassung eines analogen Speichers sind in meinen Augen unabdingbare Voraussetzungen seines artgemäßen Betriebes, denn sorgfältig und kundig arbeitende Service-Institute muss man heute mehr denn je suchen und vor allem bezahlen. Zudem ist für den Nutzer zu lernen, dass einem analogen Speicher nicht mit digitalen Anforderungen (Bedienung und Einsatz!) zu begegnen ist. Allein der Wechsel des Bandtyps reicht aus, um ein Bandgerät vollständig aus seinen Spezifikationen zu manövrieren.

So das war es wieder einmal.
Stimme des Predigers in der Wüste (???), bitte um Verständnis, meine Arien wiederholen sich halt.

Hans-Joachim

Boschd schkribdum:
Ich habe etwas wichtiges vergessen. Vor der gesamten Prozedur sind die Tonkopfanlage und das in Kopfnähe eingesetzte Werkzeug sorgfältigst zu entmagnetisieren, will man das recht teure 'Bezugsband' nicht bleibend ruinieren.
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