Deutsche Hersteller
#3
Der Preis alleine war's m.E. nicht, zumindest nicht im Sinne der heutigen "Geiz ist geil"-Mentalität. Die europäischen Geräte, die vor dem großen Siegeszug der Japaner den Markt dominiert haben, waren höchstwahrscheinlich im Schnitt billiger als die später üblichen japanischen. Die Japaner haben geschickt ein Marktsegment besetzt, das zwar preislich etwas höher angesiedelt war als jenes der Grundig-Holzkisten, aber qualitativ schon fast an den für Normalsterbliche unbezahlbaren europäischen Nobelmarken kratzte.

Was ich aber für viel wichtiger halte: Die Japaner waren flexibler und haben die Zeichen der Zeit und die Bedürfnisse des Marktes erkannt, während viele europäische (und insbesondere deutsche) Firmen sich viel zu lange an Traditionen und veraltete Qualitätsmaßstäbe geklammert haben. Warum wurde z.B. von Firmen wie Grundig, Saba, Uher, Philips und diversen andere (im Gegensatz z.B. zu Tandberg und Revox) noch bis in die 80er Jahre hinein ignoriert, daß Cinch- und Klinkenstecker längst DIN-Stecker als Standard abgelöst hatten? Warum führten europäische Firmen erst Anfang der 80er Jahre das übliche 42-cm-Rastermaß für Verstärker, Tuner und Cassettendecks (später auch für CD-Player) ein? Warum haben sich bei vielen europäischen Bandmaschinenherstellern, trotz der einwandfreien Vorteile, erst viel zu spät (wenn überhaupt) 3-Motoren-Laufwerke und Direktantrieb durchgesetzt? Warum galt unter deutschen Herstellern "Panzerbauweise" mit Alu-Druckgussrahmen und dicken Gehäusewandstärken immer noch mehr als vielleicht etwas weniger "massige", aber dafür auch im Detail standfeste Technik? Ja, über einen Saba 9241 konnte, nur so als Beispiel, vermutlich tatsächlich eine Planierraupe fahren, ohne daß das Gerät dadurch Schaden nahm - die Digitalanzeige für den Sender verabschiedete sich dagegen z.B. häufig schon im normalen Betrieb. Wobei der 9241 m.E. schon davon zeugte, daß man in Deutschland von den Japanern gelernt hatte. Leider zu spät.

Ich bin mir sogar, daß die Deutschen lange an dem Glauben an ihre eigenen Erzeugnisse festhalten und diese kaufen, auch wenn gleichwertige Produkte aus Fernost billiger sind (siehe z.B. Autos - und auch im HiFi-Bereich wurden hierzulande noch lange einheimische Produkte gekauft, als z.B. in den USA und England längst die Japaner den Markt aufgerollt hatten). Wenn es allerdings neben dem preislichen Unterschied auch noch ein extremes Gefälle bei Technologie und Qualität besteht, dann ist greift auch der letzte irgendwann zu "Made in Japan". Und um auf die Autos zurückzukommen: Ich hoffe, daß die Autoindustrie nicht die Fehler der Elektronik-Industrie in Europa wiederholt und deren Schicksal erleidet. Leider sind die Anzeichen unverkennbar - wenn Qualität an der Zahl der Alu-Applikationen und an den Karosserie-Spaltmaßen (dem einstigen Lieblingskind eines Herrn Ferdinand Piech) gemessen wird, während man in der Kundenzufriedenheitsstatistik, im Pannen- und im TÜV-Bericht von Toyota nicht nur überholt, sondern überrundet wurde, denke ich schon an Zeiten zurück, in denen Bandmaschinen verzweifelt mit dem Argument "... aber sie hat einen Alu-Druckgussrahmen!" verkauft werden mußten.

Und nun steinigt mich bitte. :-)
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[Kein Betreff] - von joki05 - 07.09.2004, 13:26
[Kein Betreff] - von highlander - 07.09.2004, 13:47
[Kein Betreff] - von timo - 07.09.2004, 17:16
[Kein Betreff] - von Michael Franz - 07.09.2004, 20:16
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[Kein Betreff] - von Frank Stegmeier - 07.09.2004, 22:46
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[Kein Betreff] - von timo - 16.07.2005, 16:50

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