Genauigkeit der Bandgeschwindigkeit
#6
Der Schlupf ist die eine Sache, die relativ großzügige Einhaltung der prinzipiellen Bandgeschwindigkeit eine andere, bei der wir im Blick behalten müssen, dass die Netzfrequenz über lange Zeit das einzige Normal zur Stabilisierug der Bandgeschwindigkeit war. Die Netzfrequenz wurde -in Europa allemal- mit professioneller Umsicht 'gewartet', da sich hier schon bald relativ große Verbundnetze entwickelt hatten, bei denen Frequenzabweichungen naturgegeben zum erheblichen Problem mutieren können.

Infolgedessen war der Asynchronmotor bzw. Synchronmotor (mit den jeweiligen, hier bereits diskutieren Vor- und Nachteilen) Tonmotor der Wahl schon der frühen Bandgerätekonstrukteure. Die verhältnismäßig groben Werte der einschlägigen Normen für langfristige Geschwindigkeitsabweichungen sind also weitgehend und unabänderlich fremdbestimmt (gewesen).

Mit dem Aufkommen der Transistortechnik zu Beginn der 60er Jahre wandelt sich das Bild, in das dann auch gleich unser Willi Studer -vertreten durch Paul Zwicky- eingreift, denn die B62 erhielt erstmals jene 'bewusste' elektronische Tonmotorregelung eines Asynchronmotors, die dann mit der A77-Generation weltweit reüssierte. Quarzstabil war da noch nichts, weil entsprechende digitale Teiler noch zu teuer und zu aufwändig gewesen wären. Nachdem man keine Neuauflagen der Pflichtenhefte erwarten musste, bestand zunächst auch kein Anlass, die Genauigkeitsgrößenordnung der Netzfrequenz (erfahrungsgemäß jene ± 1%) als unzureichend anzusehen; darüber hinaus begannen Geräteexporte im geldbringenden professionellen Bereich erst anzulaufen. Hier dürfte wohl auch einer der Hauptgründe zu suchen sein, warum man den elektronischen Weg zu wählen begann. Noch bei der in den USA weithin verkauften G36 musste man eigene Tonwellen und einen eigenen Phasenschieberkondensatorsatz vorhalten. Vor allem die eigens gedrehte Welle verteuerte die Fertigung erheblich. Mit der nächsten, vollelektronischen Generation löste sich das Problem dann in jeder Hinsicht völlig; -- na ja, das Pfeifen kam dazu und musste aus der Audio-Elektronik herausgehalten werden....

Das Beethoven-Klavierkonzert aus den RRG-Stereos, die im Originalzustand wohl nie geschnitten wurden, enthalten an charkteristischen Stellen, die im heutigen Bänderzusammenschnitt deutlich werden, Tonhöhenabweichungen (ca. 1/8 Ton), deren Ursache zum einen im frequenzmäßig sicher instabilen Netz des Berlin der letzten Kriegsmonate zu suchen ist; zum anderen könnte aber auch das unterschiedlichen Drehmomentverhalten der wahrscheinlich eingesetzten beiden Magnetofone K4 (Ansynchron-Maschine) und K7 (Synchronmotor) für jene 'Stöße' verantwortlich gemacht werden, weil sich die Tonhöhenabweichungen über den Modulationsverlauf hin 'zurechtwachsen'.

Ein letztes: Willi Studer steckt auf eine zweite Weise in der Netzfrequenzüberwachung drin: Er lieferte neben seinem Audiokram auch Hochspannungsoszilloskope, die zeitweise recht gerne für die Frequenzsynchronisation zusammenzuschaltender Netze des Euroverbundes verwendet wurden. 1974 (so meine ich mich richtig zu erinnern) lieferte Studer das letzte Gerät aus: Die Elektronik begann das Geschäft zu übernehmen; und das nicht nur in den Bandgeräten, die im anderen Stockwerk des Hauses Studer zusammengeschraubt wurden.

Hans-Joachim
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