Selbstmagnetisierung
#2
Ja.

Fakt ist, und das wird jeder schon gehört haben, das sich im Laufe der Zeit sog. Echos bilden. Dabei wirkt der auf dem Band vorhandene Magnetismus durch die Trägerschicht auf die benachbarte Lage hin und kopiert sich selbst hinein. Auffällig sind in erster Linie die Vorechos, da diese in die meist leere Passage vor dem eigentlichen Titel hörbar sind. Vergleichbar mit den Vorechos auf Schallplatten, wenn mal wieder mit heißer Nadel geschnitten wurde (wird sowieso, wenn aber der Abstand zwischen benachbarten Rillen zu klein wurde, verformte sich beim Schneiden die vorher liegende Leerrille).

Übrigens wurde diese Kopierneigung in früheren Zeiten gezielt eingesetzt, um Kopien von Bändern zu machen. Dabei wurde das Masterband zusammen mit einem leeren Band an einem Tonkopf vorbeigeführt, dem lediglich die Hochfrequenz zugeführt wurde. Dadurch übertrug sich das Magnetfeld auf das leere Band und die Kontaktkopie war fertig. Allerdings mit 3dB Verlust an Rauschabstand ...

Maß für diese Echos ist die "Kopierdämpfung". Sie wird nach einer festgelegten Norm gemessen (ich müsste nachsehen ...) und in dB angegeben. Werte über 50 dB sind sehr gut, archivfeste Bänder liegen bei 55 bis 57 dB. Allgemein jedoch: je dünner das Band, desto schlechter die Kopierdämpfung (bei gleichem Magnetfluß). Das ist auch mit ein Grund warum im Rundfunk mit dickeren Bändern gearbeitet wurde. Neben der Reißfestigkeit kam hinzu, dass die Kopierdämpfung um Längen besser war als bei dünnen Bändern. Ganz übel wird es, wenn man DP26 oder TP18 auf Studiomaschinen voll aussteuert. Sowas kann nicht gutgehen ... (andersrum funktioniert es auch nicht so richtig, weil die Geräte für den Heimbereich keinen ausreichend hohen Magnetfluß bei hinreichend kleinem Klirrfaktor erzeugen konnten, um die gesamte Schicht des Normal- oder Standardbandes durchzumagnetisieren. Rauschen und ähnliches war die Folge.)

Das man bei MCs nicht so viele Echos hört, liegt schlichtweg daran, dass mit einem relativ geringen Magnetfluß gearbeitet wird (< 200 nWb/m). Telefunkens M-Serie und auch die Studers und Otaris erreichen locker 510 nWb/m (übrigens mit gleichem Klirrfaktor wie die MCs ...) oder mehr.

Die schlechte Höhenwiedergabe älterer Bänder liegt nicht allein an einer Entmagnetisierung. Viele Geräte konnten selbst bei 19 cm/sec nur bis 12.000 Hz aufzeichnen, weil einfach die Technik noch nicht weiter war. Die 20.000 Hz der 80er waren 20 Jahre vorher für den Heimanwender einfach utopisch. Auch gab es "damals" trotz Normung immer wieder Geräte, die die Entzerrungskonstanten nicht präzise einhielten. Das ist in diesem Fall kein "Verfall", sondern einfach nicht vorhandene Information.

Die an anderer Stelle bereits angesprochenen Stereoaufnahmen der RRG von 1943 zeigen problemlos einen Frequenzgang bis etwa 13/15 kHz auf einer für Hochfrequenzvormagnetisierung und Stereo umgebauten AEG-K4. Für damalige Verhältnisse sicherlich umwerfend. Selbst heute hören sich die Kopien dieser Aufnahme (das Original existiert leider nicht mehr) noch erstaunlich gut an. Selbst die Drittkopie vom Master, d.h. mit einem um ca. 5 dB verschlechterten Rauschabstand zum Original, ist noch absolut hörenswert.

Aber auch Willi Studer konnte es: eine existierende Aufnahme der Luzerner Musikfestspiele von 1952 auf einer Studer T27 (monaural) aufgenommen, zeigt einen Frequenzbereich weit über 20.000 Hz hinaus! Es ging also doch ...

Was bei älteren Bändern, die auch entsprechend oft abgespielt wurden, wohl das überwiegendste Problem ist, sind magnetische Tonköpfe und die dadurch hervorgerufene Löschung der Aufnahme. Die wenigsten Geräte wurden regelmäßig entmagnetisiert. Diese schleichende Magnetisierung löscht (besser: schwächt) aber dummerweise zuerst die direkt am Tonkopf liegende Magnetschicht. Die weiter "innen" liegenden Teilchen werden nicht beeinflußt (Versuch: Band falsch herum einlegen). Die Folge: ein mumpfig klingendes Band.

Gruß
Michael
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[Kein Betreff] - von highlander - 30.08.2004, 17:46
[Kein Betreff] - von ~MichaelB - 30.08.2004, 18:25
[Kein Betreff] - von Michael Franz - 30.08.2004, 18:28
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[Kein Betreff] - von PhonoMax - 31.08.2004, 16:15

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