Sony TC850-2
#1
Wie bereits berichtet, habe ich mir am letzten Mittwoch eine via ebay gekaufte Sony TC 850 in Singen an der deutsch-schweizerischen Grenze abgeholt.

Der Verkäufer erzählte mir, die Maschine habe seinem Vater gehört, und der sei gestorben. Das klang glaubhaft, insbesondere, weil die Maschine zwar etwas verstaubt, aber sonst ordentlich aussah. Kein Mief nach Zigaettenrauch, kein Teerfilm auf der Maschine: der Vorbesitzer war offenbar Nichtraucher. Die Unterlagen: Bedienungsanleitungen in Deutsch und Englisch und ein Sony-Katalog von 1971 waren eingeheftet in einen Schnellhefter, der mit "Pensionskasse" beschriftet war. Das läßt den Schluß zu, daß der Vorbesitzer Beamter war.
Die Bänder waren unabhängig von der Maschine verkauft worden, es befanden sich 2 NAB-Adapter, einer von Sony, der andere von Akai, ein Maxell-Band auf Alu-Spule und eine Revox-Alu-Leerspule auf der Maschine.

Unter den Unterlagen fand sich zwar eine Rechnung über einen Nordmende-Fernseher, leider aber nicht die des TC850. Die Preislisten im Sony-Katalog waren aus den Jahren 1971 und 1972, und stammen offenbar aus einem Laden in Zürich: Musikhaus Hug & Co, 8022 Zürich, Füsslistrasse 4.
Ob die Maschine dort auch gekauft wurde, weiß ich nicht.
Der Listenpreis der TC850-2 betrug 3750.- Franken.

Ende der 60-iger und Anfang der 70-iger begannen die japanischen Firmen auf dem Audio-Sektor gerade in Deutschland Fuß zu fassen.
Es zeichnete sich ab, daß, was wenige Jahre zuvor bei Fotoapparaten geschehen war, sich jetzt auf diesem Gebiet wiederholen würde:
In den 60-igern hatte die japanischen Kameras die aus deutscher Fertigung verdrängt, die einst Weltgeltung besessen hatten.

Zunächst wurden hier kleine Taschenradios verkauft, gegen Ende der 60-iger aber zunehmend HiFi-Equipment.
Eine der ersten Audio-Firmen, die in den Markt drängten, war Akai: ich erinnere mich noch an einen Test einer kleinen einmotorigen Akai in der HiFi-Stereofonie so um das Jahr 1966: Technisch nicht unbedingt auf dem Stand der deutschen Konkurenz, aber robust, preiswert ( in diesem Testbericht wurde damals hervorgehoben, daß es Akai gelungen sei, mit dem Trick, daß das Gehäuse zur Stabiliserung des Chassis herangezogen wurde, eine vergleichbare Stabilität zu erreichen wie die deutschen Geräte dieser Preisklasse, die überwiegend Druckgußchassis verwendeten). Und noch einen "Vorteil" hatten die japanischen Geräte: sie sahen professionell aus, oder besser, sie sahen so aus, wie sich die Verbraucher professionelle Geräte vorstellten.

Nur mit Design kam man aber auf Dauer nicht weit, und da kommt Sony in´s Spiel: insbesondere mit der Vor-/Endverstärker-Kombination TA2000/TA3200F hatte man sich in den USA eine sehr große Reputation erworben:
http://www.thevintageknob.org/SONY/sonyv...A2000.html
http://www.thevintageknob.org/SONY/sonyv...3200F.html
Damit waren japanische Geräte auf einem Qualitätsniveau, daß sie mit anderen hochpreisigen und imageträchtigen Produkten, z.B. marantz, mithalten konnten.

Die nationalen Techniker und die Pioniere kamen erst später...und erst um 1975 Accuphase, das damals noch Kensonic hieß.

Ja, und zu den in den 60-igern eingeführten TA2000F/TA3200F kam 1971 die TC850.

[Bild: DSC01064.JPG]

Über die ersten Schwierigkeiten habe ich berichtet, mit Ausnahme des Zählwerks, das mangels geigneter Riemen nicht tut (leider hat die Sony 2 Riemen zum Antrieb des Zählwerks) funktoniert sie jetzt:
http://forum2.magnetofon.de/f2/showtopic...eadid=4207?) nicht.

Wie man auch auf den Bildern von Siamac in Andreas´ Page sehen kann, ist die Sony relativ kompakt, verglichen mit anderen japanischen Maschinen mit großen Spulen.
Hervorstechenstens Merkmal bei der ersten Betrachtung ist der Doppelcapstan-Antrieb.
Meines Wissens war die TC 850 die erste Maschine, in der Sony dieses Prinzip anwandte. Insbesondere anfangs habe man damit aber noch erhebliche Schwierigkeiten gehabt: den ersten Exemplaren wurden hohe Gleichlaufschwankungen nachgesagt (die ich nicht bestätigen, kann, s.u.)

Das TC850-2 ist ein 2-Spur-Gerät mit einem zusätzlichen vierten 4-Spur-Wiedergabekopf.
Es verfügt über die Geschwindigkeiten 9.5, 19 und 38 cm/sec., außerdem eine variable Geschwindigkeitsregelung. Über deren Regelbereich habe ich keine Angaben gefunden.

Alle Bandführungselemente, Tonköpfe, Capstan und Abdruckrollen sind auf einem massiven Träger montiert. Der Capstan.Motor sitzt zwischen den beiden Capstan und treibt diese mit einem Flachriemen an. Die Spulenteller sitzen direkt auf den Spulmotoren. Die Betriebsbremsen sind elektrisch, die Stop-Bremsen mechanisch. Der Capstan-Motor besitzt eine Servo-Steuerung. (Übrigens ist Sony damals bei einem Plattenspieler, dem PS-2250, einem ähnlichen Weg gegangen wie EMT: relativ leichter Plattenteller mit servogesteuertem Direktantriebsmotor: den High-Endern schwinden wahrscheinlich die Sinne…)

Bandschlaufenfänger sind nicht vorhanden, ähnlich den Revox bis zur Einführung der A77 Mk2.

Das mechanische Zählwerk wird vom linken Spulenteller angetrieben.

Eine Pausentaste ist nicht vorhanden. Nachdem man die Maschine auch bei stehendem Band aussteuern kann, halte ich die auch für entbehrlich.. Allerdings sind die Aufnahme- und die Wiedergabe-Taste relativ weit auseinander, weswegen ich zum Start einer Aufnahme Daumen und Kleinfinger brauche. Das ist aber nicht unbedingt ein Problem. Ich finde diese Anordung logischer und praktischer als z.B. die der TC755 mit der Pausentaste (ich würde mir auch nie in eine Revox eine rastende Pausentaste einbauen. Die Pausentaste der B77 halte ich für überflüssig, ob rastend oder nicht) .
Neben den Laufwerkstasten befindet sich noch eine Taste „APS“ „Automatischer Programm Sensor“ deren Funktion mir bisher noch nicht klar ist.
Unter dem Laufwerk ist der Verstärker eingebaut, der die Möglichkeit von Multiplay und Echo bietet, für die, die´s wollen.
Die Anschlüsse befinden sich seitlich links und rechts.
Die Maschine ist fernsteuerbar mittels einer Kabelfernsteuerung für die Laufwerksfunktionen.

Nimmt man die Maschine aus dem Holzkasten ( noch mit Echtholz furniert, nicht wie bei den späteren TC755 mit Plaste beklebt), ist das Chassis sehr aufgeräumt, übersichtlich, die Verstärker modular auf Einschubplatinen.
Die Befüchtungen,die fehlenden Bandschlaufenfänger führen zu einer hohen mechanischen Beanspruchung des Bandes, bestätigen sich nicht: das Band wird sanft beschleunigt und abgebremst, die mechanischen Stop-Bremsen werden erst bei völligem Stillstand des Bandes betätigt.
Überhaupt besitzt die Sony eine Laufwerkslogik, die es möglich macht, vom schnellen Umspulen nach Wiedergabe zu schalten. Das war 1971 noch nicht Standard.

Einzig beim schnellen Umspulen wirkt sich das Fehlen der Schlaufenfänger aus: das Band neigt dazu, zu flattern, und der Wickel ist beim Umspulen nicht schön (mit unbenutztem, vor 1 ½ Jahren neu gekauftem EMTEC LPR 35) .

Mit meinem Woelke ME 104C habe ich den Gleichlauf gemessen.
Gerät liegend, hoher Bandzug, 26.5 cm Spule, unbenutztes EMTC LPR 35, bewertete Messung:
38 cm/sec: Bandanfang: 0.02-0.03 %
Bandmitte: 0.02 %
Bandende: 0.02-0.03 %
19 cm/sec: Bandanfang: 0.03-0.05 %
Bandmitte: 0.04 %
Bandende: 0.04-0.06 %
9.5 cm/sec: Bandanfang: 0.08-012%
Bandmitte: 0.07-0.08%
Bandende: 0.08-012%
Laut DIN gelten die höheren Werte…

Ich finde das für eine 35 Jahre alte Maschine nicht schlecht…


In meiner Versuchsanordnung: CD nach Tape nach Kopfhörer höre ich eine leichte Zunahme des Grundrauschens , aber keine wesentliche Verschlechterung zwischen Vor- und Hinterband.

Fazit: wer meine Beiträge kennt, der weiß, dass ich mir 1973 von einer Bafögg-Nachzahlung ein Sony TC640 gekauft habe, das ich auch heute noch besitze. Nach viel Ärger mit einer Philips in den Jahren vorher war die Sony stabil, wenig störanfällig (einzige Ausnahme: im Tastensatz ( in der TC640 wird zwar elektrisch geschaltet, die Tasten werden aber mechanisch verriegelt.) war in der Anfangszeit eine Blattfeder gebrochen. Deswegen musste dieser Tastensatz ausgetauscht werden. Offenbar war diese Blattfeder aber als Schwachstelle erkannt worden und der neue Tastensatz hatte eine geänderte Mechanik zur Verriegelung der Tasten. Das ist jetzt sicher schon 30 Jahre her..) und sehr zuverlässig. Seither habe ich verschiedene Sony-Geräte besessen, und kann das So-nie nicht nachvollziehen.
Deswegen habe ich mir in der Vergangenheit neben TFK und Studer/Revox noch ein paar größere Brüder und auch Nachfolger der TC 640 gegönnt: die TC651, TC640A, TC755,
und jetzt eben die TC850-2, die für 157 Euro meiner Meinung nach eine günstige Gelegenheit war, auch, wenn ich 2*150 km fahren musste, um sie zu bekommen
Und wenn mir einmal eine bezahlbare TC880-2 über den Weg läuft….

Frank
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[Kein Betreff] - von Frank Stegmeier - 14.02.2006, 23:50
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