Telefunken M15a Wiedergabe geht nicht.
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(28.05.2024, 14:55)bitbrain2101 schrieb: "Bevor ich etwas Falsches sage, sage ich lieber nichts" hört man leider viel zu oft. Ich weiß nicht, wie so eine Haltung entsteht.

Aus meiner Erfahrung bin ich mir ziemlich sicher, dass ein allmählicher Verlust (oder Ablegen) angeborener kindlicher Neugier, von Lust zum Lernen und Experimentieren mit der Aussicht, damit möglicherweise coram publico krachend zu scheitern, mit unserem "normalen" Erziehungsparadigma vor allem in Schulen anderen (Aus-)Bldungsstätten zu tun hat, das von Lernenden meistens verlangt, eine als richtig vorgegebene Antwort widerspruchslos zu schlucken und bei passender Gelegenheit wieder auszuspucken, statt sich - auch z.B. in Arbeitsgruppen - wirklich in Themen zu vertiefen, bereit zu sein, Fehler zu machen und fähig zu werden, aus der Einsicht eigener Fehler zu lernen, ohne sich dafür schlecht zu fühlen (denn Lernen und Fehler machen werden ein Leben lang Geschwister bleiben, die die Chance haben, lebenslang gemeinsam zu reifen).

Dies geschieht zum Beispiel dadurch, dass Fehler mit "Strafen" aller Art beantwortet werden, seien es schlechte Noten, gegenseitiges Hänseln, sich über den anderen erheben, was auf die Dauer dazu führt, dass Lernende anfangen zu glauben, Fehler zu machen wäre das Schlimmste, was einem widerfahren könnte. (Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich spreche hier ausdrücklich nicht von Verbrechen oder dergleichen.)
Dabei ist es genau umgekehrt: Sobald jemand ernsthaft, unablässig, unbefangen und angstfrei arbeitet, sich nicht darum schert, was andere denken oder sagen (könnten) und auf diese Weise kontinuierlich seine Gaben entdeckt und schult, wird er ziemlich sicher das werden, was man landläufig Genie nennt, oder besser gesagt, sein bereits vorhandenes, oft latentes Genie wird mehr und mehr nach außen hin sichtbar werden. Wer lediglich alles "richtig" machen will, nicht darauf vorbereitet ist, Fehler zu machen, auf dem Holzweg zu sein, grandios zu "scheitern" etc., wird kaum jemals irgend etwas Ursprüngliches, Neuartiges - auch Schöpferisches - eigenständig entdecken, entwickeln und präsentieren können. Wahrscheinlicher ist es, dass er immer wieder und immer mehr damit beschäftigt sein wird, seine individuelle Vorstellung von "Richtig" gegen alle "Angriffe" von außen zu verteidigen und dabei möglicherweise übersieht, dass das Richtige von heute nicht selten der Witz von übermorgen ist.

Sehr hinderlich für das Verständnis von Naturvorgängen ist nicht nur die Überbewertung bestimmter, mit Siebenmeilenstiefeln modernster Techniken erzielter Teilerkenntnisse, sondern auch das notorische Herumschleppen alter, längst zu eng gewordener Schuhe.
Früher einmal entwickelte und aus gewissen Gründen während eines bestimmten Zeitraums als zutreffend bewertete Vorstellungen werden anschließend oftmals wie ein Dogma vertreten und verbreitet. Meist von einer besonders geachteten und bewunderten Autorität in die Welt gesetzt, halten sich diese Ideen bisweilen jahrhundertelang.
Solange diese Theorien Modelle die Realitäten zutreffend und umfassend beschreiben, ist dagegen nichts einzuwenden. Da das aber eher selten der Fall ist, werden die meisten Theorien mit der Zeit zu einem immer schwerer zu tragenden Hemmschuh, der ganz vorn am meisten drückt. Nicht von ungefähr stammt die Erkenntnis, dass die wahre Größe und Bedeutung einer Theorie oder eines Modells daran zu erkennen ist, wie sehr und wie lange sie zukünftige Forscher daran hindert, irgendetwas zu tun, was diese Theorie oder dieses Modell womöglich ins Wanken bringen könnte.
Grüße
Peter


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Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
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RE: Telefunken M15a Wiedergabe geht nicht. - von Peter Ruhrberg - 28.05.2024, 16:07

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